L 29 B 1031/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AS 603/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 B 1031/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 10. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch SGB II – für den Zeitraum vom 01. September 2006 bis zum 31. Oktober 2006.

Der 1952 geborene Antragsteller bezog bis zum 22. Juli 2005 Arbeitslosengeld. Am 21. Juli 2005 beantragte er bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. In dem Antragsformular gab er an, seit dem 01. Mai 2005 dauernd getrennt lebend zu sein. Ferner legte er einen Mietvertrag über eine Wohnung in der R in S vor. Ausweislich dieses Mietvertrages vom 03. Juni 2005 mietete der Antragsteller die Wohnung ab dem 01. Juni 2005 zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 314,05 EUR. Der Antragsgegner bewilligte daraufhin dem Antragsteller mit Bescheid vom 12. August 2005 für die Zeit vom 21. Juli 2005 bis zum 31. Januar 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers vom 29. Dezember 2005 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 6. Januar 2006 für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Juli 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 637,67 EUR monatlich.

Im Rahmen seines weiteren Antrages auf Fortzahlung der Leistungen vom 04. Juli 2006 legte der Antragsteller u.a. eine Einzelabrechnung der Firma T vom 03. Februar 2006 vor, aus der sich für den Nutzungszeitraum vom 01. Juni 2005 bis zum 30. September 2005 kein Warmwasserverbrauch und ein Kaltwasserverbrauch lediglich im Umfang von 0,04 m³ ergab. Mit Bescheid vom 07. August 2006 bewilligte der Antragsgegner zunächst Leistungen für den Zeitraum von August 2006 bis einschließlich Oktober 2006 in monatlicher Höhe von 651,67 EUR einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 306,67 EUR monatlich.

Aufgrund der vorgelegten Abrechnung der Firma T veranlasste der Antragsgegner einen Hausbesuch zur Prüfung, ob der Antragsteller sich tatsächlich in der angegebenen Wohnung aufhält. Im Zeitraum vom 24. Juli 2006 bis zum 17. August 2006 wurden zu unterschiedlichen Tageszeiten insgesamt sechs Hausbesuche veranlasst, bei denen der Antragsteller in der Wohnung in der R Straße nicht angetroffen wurde. Der Antragsgegner hob daraufhin mit Bescheid vom 23. August 2006 den Bewilligungsbescheid vom 07. August 2006 ab dem 01. September 2006 auf. Gegen diesen Aufhebungsbescheid vom 23. August 2006 erhob der Antragsteller am 14. September 2006 Widerspruch. Am 01. September 2006 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Neuruppin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Weiterzahlung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende für den Zeitraum vom 01. September 2006 bis zum 31. Oktober 2006 beantragt. Er hat erklärt, er halte sich im Sommer vielfach auf seinem Gartengrundstück auf. Dort stehe eine Laube, die so eingerichtet sei, dass er in ihr sowohl übernachten als auch seiner Körperhygiene nachgehen könne. Zudem habe er sich auf diesem Gartengrundstück um seine Kaninchen und Geflügel zu kümmern.

Während des Verfahrens hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 07. September 2006 seinen Aufhebungsbescheid vom 23. August 2006 teilweise aufgehoben und für den Zeitraum vom 01. September 2006 bis zum 31. Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in monatlicher Höhe von 345,00 EUR (Regelsatz) bewilligt.

Nach dem Bescheid vom 07. September 2006 hat der Antragsteller seinen Antrag in Höhe von monatlich 345,00 EUR für erledigt erklärt.

Mit Beschluss vom 10. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Neuruppin den Antrag abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei bereits kein nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz SGG notwendiger Anordnungsgrund ersichtlich. Der Antragsteller erhalte monatlich weiterhin 345,00 EUR und könne sich zudem in seinem Kleingarten aufhalten und sich daraus versorgen. Zudem sei die Drohung mit einer Kündigung oder einer Mahnung wegen eines rückständigen Mietzinses nicht vorgetragen.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 16. Oktober 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 07. November 2006 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht Neuruppin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit seiner Beschwerde vertritt der Antragsteller weiterhin die Auffassung, ihm stünden Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

Das Sozialgericht Neuruppin hat im Ergebnis zutreffend einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist vorliegend zwar nicht § 86 b Abs. 2 SGG einschlägig. Denn der Antragsteller wendet sich gegen den Aufhebungsbescheid vom 23. August 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 07. September 2006 und begehrt nach der Bewilligung des Regelsatzes (345,00 EUR monatlich) nunmehr noch Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01. September 2006 bis zum 31. Oktober 2006 in monatlicher Höhe von 306,67 EUR. Für dieses Begehren ist ein Antrag nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft, da mit einer Stattgabe die Leistungsbewilligung für den streitigen Zeitraum aus dem Bescheid vom 07. August 2006 wieder aufleben würde.

Auch die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG sind vorliegend jedoch nicht gegeben.

Nach § 39 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Das Gericht entscheidet hierbei aufgrund einer Interessenabwägung, wobei die gesetzliche Regelung, dass grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung bestehen soll, zu berücksichtigen ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 86 b Rdnr. 12). Ist ein Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinem subjektiven Recht verletzt, so wird die aufschiebende Wirkung regelmäßig anzuordnen sein. Ist die Klage demgegenüber aussichtslos, kommt die Anordnung einer aufschiebenden Wirkung grundsätzlich nicht in Betracht. Sind Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens aber mitberücksichtigt werden können (Keller, a. a. O., Rdnr. 12 c).

Danach ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 23. August 2006 nicht gerechtfertigt, weil sich dieser Bescheid in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 07. September 2006 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweist.

Ein Anspruch auf Kosten der Unterkunft besteht nach §§ 19, 22 SGB II nur, wenn eine entsprechende Hilfebedürftigkeit vorliegt. Diese Hilfebedürftigkeit setzt zum einen voraus, dass der Hilfebedürftige seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln aufbringen kann, wobei das Einkommen und Vermögen des Partners anzurechnen ist (vgl. § 9 SGB II). Zum anderen setzt er notwendige tatsächliche Aufwendungen im Sinne von § 22 SGB II voraus.

Vorliegend ist bereits nicht erkennbar, dass der Antragsteller die angegebene Wohnung überhaupt bewohnt und somit ein Leistungsanspruch für Unterkunfts- und Heizungskosten im Sinne von § 22 SGB II mit diesbezüglichen notwendigen Kosten begründet werden kann. Gegen diese Behauptung des Antragstellers spricht, dass nach der Abrechnung der Firma T innerhalb eines Zeitraumes von einem Vierteljahr kein Warmwasserverbrauch und nur ein äußerst geringfügiger Kaltwasserverbrauch (0,04 m³) festzustellen ist. Solche Verbrauchswerte sind nicht vorstellbar, wenn die Wohnung tatsächlich bewohnt wird. Ein Wasserverbrauch von 40 Litern innerhalb von drei Monaten, also nicht einmal einem halben Liter pro Tag, ist auch bei der vom Antragsteller behaupteten Wasser sparenden Lebensweise nicht denkbar. Allein für eine Toilettenspülung werden durchschnittlich fünf bis zehn Liter Wasser benötigt. Gegen ein tatsächliches Bewohnen durch den Antragsteller spricht weiter, dass dieser innerhalb eines Zeitraums von rund einem Monat bei sechs Besuchen an verschiedenen Wochentagen und zu verschiedenen Zeiten in der Wohnung nicht anzutreffen war.

Danach kann dahinstehen, ob der Antragsteller grundsätzlich einen Leistungsanspruch nach dem SGB II hat. Hieran hat der Senat im Hinblick auf das Vorliegen einer Hilfebedürftigkeit Zweifel. Hält der Antragsteller sich nicht in der von ihm angemieteten Wohnung auf, so kommt neben einem Aufenthalt auf dem Gartengrundstück auch einer in der mit einer Partnerin bis Ende Mai 2005 bewohnten Wohnung in der K in Betracht. Dann könnte jedoch von einem Getrenntleben, wie es der Antragsteller behauptet hat, keine Rede sein. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass der Antragsteller nach seinen eigenen Angaben gerade seit dem Auslaufen des Arbeitslosengeldanspruches getrennt lebend sein will. Zum 1. Mai 2005 soll die Trennung erfolgt sein, zum 1. Juni 2005 mietete er die Wohnung an und beantragte zum 21. Juli 2003 Leistungen nach dem SGB II. Diese Angaben zur Trennung sind nicht belegt und im Hinblick auf die späteren Feststellungen zum tatsächlichen Aufenthalt des Antragstellers zumindest zweifelhaft. Sollte er jedoch in einer Partnerschaft leben, so wäre das Einkommen und Vermögen der Partnerin anzurechnen (§ 9 Abs. 2 SGB II).

Abgesehen von der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit der Leistungsaufhebung ist für das Begehren die erforderliche Eilbedürftigkeit nicht erkennbar. Gegen eine Eilbedürftigkeit spricht, dass der Antragsteller nach seiner eigenen Erklärung weder eine Mahnung noch gar eine Kündigung des Vermieters erhalten hat und Freunde und Bekannte ersucht, ihm das Geld zu leihen. Ist der Kläger in der Lage, zumindest vorübergehend die finanziellen Mittel für den streitigen Zeitraum von zwei Monaten aufzubringen oder zeichnen sich aus der fehlenden Mietzahlung konkrete Nachteile noch nicht ab, so erscheint es auch aus diesem Grunde für den Antragsteller als zumutbar, die Entscheidung über die Kostenübernahme im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers, welches die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen könnte, ist nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved