Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 6 KN 241/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 KN 29/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. August 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1952 geborene Kläger, der nach seinen Angaben den Beruf eines Maschinisten für Transportmittel und Hebewerkzeuge erlernte, arbeitete bis 1974 in diesem Beruf, dann bis Dezember 1991 als Kraftfahrer, bis Juni 1997 als Kranführer und zuletzt bis Juni 2001 als Werker in der Bandüberwachung. Danach war er arbeitsunfähig erkrankt und arbeitslos.
Am 10. Juli 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies damit, wegen Beschwerden der Wirbelsäule sei er seit November 2000 außerstande, irgendeine Tätigkeit auszuüben. Ursache hierfür sei ein Unfall. Die Beklagte, die dem Kläger eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation wegen eines Lumbalsyndroms bei Zustand nach Fraktur des dritten Lendenwirbelsäulenkörpers im Jahre 1981 vom 26. Oktober 1999 bis zum 16. November 1999 gewährt hatte, zog den Reha Entlassungsbericht bei, nach dem der Kläger als arbeitsfähig und vollschichtig arbeits- und leistungsfähig entlassen worden war. Darüber hinaus ließ sie den Kläger durch die Chirurgin Dr. W begutachten, die unter dem Datum vom 06. September 2001 folgende Diagnosen stellte:
1. leistungsmindernde Schmerzen bei chronischem Lumbalsyndrom infolge LWS Skoliose und alter Fraktur des 3. Lendenwirbelkörpers 2. rezidivierende Kniegelenksbeschwerden, wahrscheinlich auf der Basis einer beginnenden Gonarthrose 3. reaktives depressives Syndrom
Wegen der Wirbelsäulenerkrankung könne der Kläger nur noch leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit der Möglichkeit des Wechsels der Haltungsarten vollschichtig verrichten. Die Tätigkeit als Werker Bandüberwacher sei nicht leidensgerecht und könne ihm nicht mehr abverlangt werden. Er könne jedoch im Bergbau, zum Beispiel als Werkzeugausgeber für Kleinteile, Verwaltungshilfskraft im technischen Bereich, als Telefonist oder Bürohilfskraft, und außerhalb des Bergbaus als Pförtner, Telefonist, Werkschutzposten oder Bürohilfskraft eingesetzt werden.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2001 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, gewährte aber mit Bescheid vom 14. November 2001 Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 01. Juli 2001.
Den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsminderung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2002 zurück, weil weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege.
Hiergegen hat sich die am 20. November 2002 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen vorgetragen hat, die Beklagte habe die bei ihm vorhandenen Leiden unzutreffend bewertet, tatsächlich sei er nicht in der Lage, eine Tätigkeit auszuüben.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2002 zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung beziehungsweise teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Das Sozialgericht hat auf beruflichem Gebiet eine Arbeitgeberauskunft der L S eingeholt. Danach war der Kläger dort vom 13. Mai 1976 bis 30. Juni 2001 im Betrieb S tätig. Das Arbeitsverhältnis sei durch Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Klägers wegen dessen Gesundheitszustandes beendet worden. Der Kläger habe zuletzt als Werker Bandüberwachung gearbeitet, wofür eine einjährige Anlernzeit erforderlich gewesen sei. Er sei in die Tarifgruppe 5 des Manteltarifvertrages der Lausitzer und Mitteldeutschen Braunkohleindustrie eingruppiert gewesen.
Auf medizinischem Gebiet hat das Sozialgericht Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt und sodann mit Beweisanordnung vom 05. Mai 2003 den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. W zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen beauftragt. In dem am 30. Juni 2003 beim Sozialgericht eingegangenen Gutachten hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt:
1. mittelschwerer Verschleiß der Halswirbelsäule mit leichter bis mittelschwerer Bewegungseinschränkung ohne Hinweise für Nervenkompressionssyndrome oder sonstige Nervenwurzelreizungen 2. Hohlrundrückenbildung und anlagebedingte Seitenverbiegung (Skoliose) der Wirbelsäule mit schweren Verschleißerscheinungen im Sinne der Spondylose im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule und mit entzündlichen Veränderungen im Bereich des rechen Kreuzdarmbeingelenks mit insgesamt mäßiger Bewegungseinschränkung der Brust- und Lendenwirbelsäule ohne Anhaltspunkte für Nervenwurzelreizung 3. Zustand nach Fraktur des 3. Lendenwirbelkörpers mit der Folge der Verstärkung der Seitverbiegung und der Minderung der statischen Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule 4. beginnender Hüftgelenksverschleiß mit leichter Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, rechts etwas deutlicher als links 5. Zustand nach Weichteilverletzung im Bereich des rechten Sprunggelenkes ohne derzeit nachweisbare Funktionsstörungen und ohne sonstige röntgenologische Veränderungen 6. in Behandlung befindliches Glaukom mit derzeit nur gering fassbaren Sehstörungen 7. reaktive, depressive Verstimmungszustände 8. Verdacht auf beginnende wirbelsäulenunabhängige Nervenschädigungen im Bereich der Füße (Polyneuropathie im Anfangsstadium)
Die hauptsächlichen Gesundheitsstörungen bestünden im Bereich der Halswirbelsäule sowie der Brust- und Lendenwirbelsäule und der Hüftgelenke. Hierbei deckten sich die radiologischen mit den klinischen Befunden. Es bestünden leichte Bewegungseinschränkungen und einer Herabsetzung der statischen Belastbarkeit des Achsorgans, so dass der Kläger nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten verrichten könne. Solche Tätigkeiten jedoch könne der Kläger, der wegefähig sei, noch vollschichtig ausüben.
Mit Urteil vom 20. August 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nicht berufsunfähig, da er ausgehend von dem Hauptberuf des Werkers in der Bandüberwachung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei und dort nach den medizinischen Feststellungen noch vollschichtig leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten verrichten könne. Dementsprechend sei er auch weder voll noch auch nur teilweise erwerbsgemindert.
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27. August 2003 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 02. September 2003, die damit begründet wurde, der Sachverständige Dr. W habe das Leistungsvermögen des Klägers unzutreffend beurteilt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. August 2003 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 26. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Ermittlungen des Senats für bestätigt.
Der Senat hat Befundberichte des Augenarztes Dipl. Med. K, der Neurologin und Psychiaterin Dr. W, der Allgemeinmedizinerin Dr. N, des Orthopäden Dr. S und des Orthopäden Prof. Dr. S beigezogen und diese dem Sachverständigen Dr. W zur Erstellung eines Gutachtens zugeleitet. Dieses ging am 08. September 2004 beim Gericht ein. Dr. W legt dar, dass diese Unterlagen nicht geeignet seien, von seiner Auffassung abzuweichen. Auch sei weder ein neurologisches noch ein augenärztliches Gutachten erforderlich. Das augenärztlicherseits festgestellte Glaukom sei heutzutage gut behandelbar. Auch aus dem entsprechenden Befundbericht ergebe sich, dass der Augendruck mit Augentropfen normalisiert sei. Dies sei jedoch das Hauptkriterium für die erfolgreiche Behandlung eines Glaukoms. Da auch keine Hinweise auf gröbere Nervenwurzelschädigungen ersichtlich seien, sei eine neurologische Zusatzbegutachtung nicht notwendig.
Der Kläger hat daraufhin beantragt, Prof. Dr. S gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz SGG zum Sachverständigen zu ernennen.
Dem ist der Senat gefolgt und Prof. Dr. S hat sein Gutachten am 15. Juni 2005 verfasst. Er hat folgende Diagnosen gestellt:
1. Zustand nach Kompressionsfraktur des 3. Lendenwirbelsäulenkörpers mit ventrolateraler Keilbildung und geringer dorsaler Elongation 2. Fehlstatik der Wirbelsäule mit rechtskonvexer Lumbaleinstellung und dorsaler Gegenkrümmung im Sinne einer Torsionsskoliose bei Beckenschiefstand infolge Beinlängendifferenzen und Wirbelfraktur mit Funktionseinschränkungen 3. ausgeprägte Spondylochondrose der Lendenwirbelsäule insbesondere von L3 ab nach distal mit Bandscheibenprotrusionen und knöchernen Abstützreaktionen 4. ausgeprägte Spondylose und Spondylochondrose der Brustwirbel von Th 7 nach distal bis Th 12 mit überbrückenden Spondylophytenbildungen mit Funktionseinschränkungen 5. ausgeprägte Spondylochondrose mit abstützenden Spondylophytenbildungen der Halswirbelsäule von C4 nach distal bis C7 mit wechselseitigen Neuroforamenstenosen und Funktionseinschränkungen 6. Coxarthrose beidseits mit Funktionseinschränkungen 7. Chondropathia patellae beidseits 8. Sacroilitis rechts 9. behandlungsbedürftiges Glaukom
Er könne vollschichtig ohne zumutbare Schmerzen keine Tätigkeiten mehr ausüben. Bei den ausgedehnten Veränderungen der Wirbelsäule komme es bei einer durchschnittlichen kontinuierlichen Belastung des Bewegungsapparates von vier Stunden zu funktionellen Dekompensationen, so dass Entspannung vor allem im Liegen oder durch eine entsprechende Gymnastik erforderlich werde. In Bezug auf einen Einsatz als Pförtner, Telefonist, Wachmann oder Bürohilfskraft träfen die Voraussetzungen wie teilschichtig sitzend, stehend, leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne Publikumsverkehr bei begrenzter Einsatzfähigkeit kaum zu.
Hierzu hat Dr. W unter dem Datum vom 02. September 2005 Stellung genommen, dass der Kläger bei einer noch ausreichenden Beweglichkeit des gesamten Achsorgans ohne gravierende neurologische Ausfälle bis auf Missempfindungen in den Fußsohlen noch vollschichtig erwerbstätig sein könne.
Der Senat hat mit Beschluss vom 17. Oktober 2005 den Orthopäden Dr. R zum weiteren Sachverständigen ernannt, der sein Gutachten unter dem Datum vom 17. Februar 2006 erstattet hat. Er hat folgende Diagnosen gestellt:
1. verminderte Trag- und Bewegungsfunktion und Belastbarkeit der Wirbelsäule bei - degenerativen HWS Veränderungen mit Betonung C4/5 und C5/6 mit wiederkehrender pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung - statisch muskulärer Wirbelsäulenfehlhaltung bei muskulärer Dysbalance - Zustand nach LWK 3 Rraktur mit resultierender skoliotischer Fehlhaltung mit fortgeschrittener Segmentdegeneration - Spondylosis deformans der BWS - Beinlängendifferenz rechts ( links um 3 cm mit resultierender skoliotischer Fehlhaltung der Wirbelsäule - ISG Arthrose beidseits 2. Hüftgelenksabnutzung rechts II° und links I° mit belastungsabhängigem Schmerzsyndrom 3. beginnende Kniegelenksabnutzung beidseits mit Betonung im Kniescheibengleitlager/Kniescheibengleitrinne 4. senk-Spreiz-Fußfehlhaltung mit belastungsabhängiger Metatarsalgie ohne statische Auswirkungg am Rückfuß 5. Zustand nach reaktiver depressiver Phase 6. Glaukom beidseits ohne Beeinträchtigung der Sehfähigkeit
Mit diesen gesundheitlichen Störungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, als Werker Bandüberwachung zu arbeiten. Er könne jedoch seit Antragstellung leichte Arbeiten wie Kontroll- und Überwachungsaufgaben in wechselnder Köperhaltung, eine Tätigkeit als Pförtner, leichte Büro- und Verwaltungsarbeiten vollschichtig verrichten, da leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten dem wegefähigen Kläger zugemutet werden könnten.
Die Kernaussage des Gutachtens des Prof. Dr. S, das der Kläger nur noch vier bis fünf Stunden täglich arbeiten könne, sei nicht nachvollziehbar und werde nicht hinreichend begründet. Schwere Schmerzzustände, dauerhafte Einnahme von Schmerzmedikamenten, Auftreten neurologischer Defizite von Wurzelreizsyndromen, welche derartige Störungen bedingen könnten, seien nicht beschrieben. Prof. Dr. S hat hierzu dahingehend Stellung genommen, dem Sachverständigen Dr. R sei ein deutlicher Realitätsverlust über das mögliche Verhalten von Erwerbstätigen am Arbeitsplatz zu bescheinigen, da der Kläger die von Dr. R geforderten Bedingungen dort nicht antreffen könne.
Ein weiteres Gutachten hat der Chirurg und Sozialmediziner Dr. B unter dem Datum vom 18. Mai 2006 erstattet und sich darin den Ausführungen der Sachverständigen Dres. W und R angeschlossen, den Ausführungen des Prof. Dr. S in Bezug auf die quantitative Leistungsminderung widersprochen.
Der Senat hat Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit (BIK BO 784 und 734 sowie 793) und des ehemaligen Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder) sowie ein Gutachten des Sachverständigen L von Dezember 2000 (Landessozialgericht für das Land Brandenburg - L 1 RJ 213/97) zu den Tätigkeiten Bürohilfskraft, Hausmeister und Pförtner in das Verfahren einbezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten () verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid vom 26. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2002 ist rechtmäßig. Der Kläger ist nicht erwerbsgemindert, insbesondere auch nicht berufsunfähig.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die
1. vor dem 02. Januar 1961 geboren sind und 2. berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI).
Berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die Versicherte durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).
Der Kläger ist hiernach nicht einmal teilweise erwerbsgemindert, insbesondere nicht berufsunfähig. Er kann zwar nicht mehr als Werker Bandüberwachung tätig sein. Darauf kommt es jedoch nicht an, denn der Kläger muss sich ausgehend von dieser Tätigkeit, die nicht das Facharbeiterniveau erreicht, auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, insbesondere die eines Pförtners beziehungsweise einer Bürohilfskraft verweisen lassen, die er noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Das ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130).
Maßgeblicher Beruf des Klägers ist die Tätigkeit eines Werkers in der Bandüberwachung in der Braunkohleindustrie. Der Kläger hat am 31. August 1970 ein Facharbeiterzeugnis als Maschinist für Transportmittel und Hebezeuge erlangt, dann jedoch von 1976 bis 2001 als Kraftfahrer, Kranfahrer und zuletzt als Werker Bandüberwachung gearbeitet. Diese wurde als die eines angelernten Arbeiters bezeichnet und entsprechend entlohnt. Diese Tätigkeit kann der Kläger nicht mehr ausüben, da sie mittelschwere körperliche Anforderungen stellte.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N. zur insoweit wortgleichen Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung).
Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe in vier Gruppen eingeteilt, nämlich die des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung beziehungsweise Einweisung von weniger als drei Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45).
Hiernach ist der Kläger in die Gruppe der angelernten Arbeiter mit einer Ausbildung von mehr als drei Monaten, aber nicht über zwei Jahren einzuordnen. Der Arbeitgeber hat bescheinigt und der Kläger dem im Übrigen auch nicht widersprochen, dass für die Tätigkeit des Klägers eine Anlernzeit von einem Jahr erforderlich sei und dass die Tätigkeit dementsprechend auch als Anlerntätigkeit entlohnt worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich von dem erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen, etwa wegen des im Jahre 1980 erlittenen Unfalls mit Fraktur des dritten Lendenwirbelkörpers, abgewandt hat, ergeben sich nicht. Zum einen war der Kläger seit 1976 bei seinem letzten Arbeitgeber tätig und dort von Anfang an nicht als Facharbeiter eingesetzt, zum anderen erfolgte der Wechsel des Arbeitsplatzes nicht nach dem Unfall 1980, sondern erstmals im Jahre 1985 und dann im Jahre 1997 zur jetzigen Tätigkeit. Zum anderen war die Tätigkeit als Werker Bandüberwachung mittelschwer, so dass es sich nicht um einen Schonarbeitsplatz gehandelt hat. Ausgehend davon ist der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, wobei ihm grundsätzlich keine Verweisungstätigkeit benannt werden muss. Die Beklagte hat dies dennoch getan und unter anderem Tätigkeiten eines Pförtners oder einer Bürohilfskraft benannt. Diese entsprechen zur Überzeugung des Senats dem Leistungsvermögen des Klägers, da es sich hierbei um leichte Tätigkeiten mit dem Wechsel der Haltungsarten handelt, die dem Leistungsvermögen, das dem Kläger verblieben ist, entsprechen.
Das Leistungsvermögen wird vornehmlich durch den Zustand der Wirbelsäule betroffen. Die dortigen Veränderungen führen dazu, dass dem Kläger nur noch Arbeiten in dem von den Sachverständigen beschriebenen qualitativen Umfang zumutbar sind. Diese sind leichte Tätigkeiten mit Möglichkeiten zum Wechsel der Haltungsarten. In Bezug auf die quantitative Leistungsbeurteilung folgt der Senat den Gutachten der Dres. W, R und B und nicht der entgegenstehenden Auffassung des Prof. Dr. S, da nicht ersichtlich ist, weshalb beim Kläger, wenn er eine leichte Tätigkeit bis zu vier Stunden täglich verrichten kann, sich bei Beachtung der dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen eine quantitative Leistungseinschränkung dahingehend ergibt, dass ihm die Ausübung einer solchen Tätigkeit über sechs Stunden täglich unmöglich wäre. Durch eine solche Tätigkeit wird das Achsorgan nicht stärker belastet, als ohne diese Tätigkeit. Wenn der Sachverständige Prof. Dr. S meint, solche Arbeiten gäbe es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht, so überschreitet er seine Kompetenz als medizinischer Sachverständiger.
Ob der Kläger einen Arbeitgeber findet, der ihn für eine entsprechende Tätigkeit einstellt, ist für den Rentenanspruch nicht von Bedeutung. Diese Frage trifft allein die Vermittelbarkeit. Das Risiko eines Versicherten, der eine Tätigkeit vollschichtig verrichten kann, einen entsprechenden Arbeitsplatz auch zu erhalten, fällt grundsätzlich in den Bereich der Arbeitslosenversicherung (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 139).
Kann der Kläger somit vollschichtig und damit mindestens sechs Stunden täglich in den genannten Berufen arbeiten, so liegt weder Berufsunfähigkeit noch teilweise Erwerbsminderung vor.
Dementsprechend kann der Kläger erst recht nicht voll erwerbsgemindert sein, da dies noch weitergehende Beeinträchtigungen des körperlichen Leistungsvermögens voraussetzte. Hierfür gibt es im Übrigen keine Hinweise.
Die Berufung des Klägers konnte somit insgesamt keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1952 geborene Kläger, der nach seinen Angaben den Beruf eines Maschinisten für Transportmittel und Hebewerkzeuge erlernte, arbeitete bis 1974 in diesem Beruf, dann bis Dezember 1991 als Kraftfahrer, bis Juni 1997 als Kranführer und zuletzt bis Juni 2001 als Werker in der Bandüberwachung. Danach war er arbeitsunfähig erkrankt und arbeitslos.
Am 10. Juli 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies damit, wegen Beschwerden der Wirbelsäule sei er seit November 2000 außerstande, irgendeine Tätigkeit auszuüben. Ursache hierfür sei ein Unfall. Die Beklagte, die dem Kläger eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation wegen eines Lumbalsyndroms bei Zustand nach Fraktur des dritten Lendenwirbelsäulenkörpers im Jahre 1981 vom 26. Oktober 1999 bis zum 16. November 1999 gewährt hatte, zog den Reha Entlassungsbericht bei, nach dem der Kläger als arbeitsfähig und vollschichtig arbeits- und leistungsfähig entlassen worden war. Darüber hinaus ließ sie den Kläger durch die Chirurgin Dr. W begutachten, die unter dem Datum vom 06. September 2001 folgende Diagnosen stellte:
1. leistungsmindernde Schmerzen bei chronischem Lumbalsyndrom infolge LWS Skoliose und alter Fraktur des 3. Lendenwirbelkörpers 2. rezidivierende Kniegelenksbeschwerden, wahrscheinlich auf der Basis einer beginnenden Gonarthrose 3. reaktives depressives Syndrom
Wegen der Wirbelsäulenerkrankung könne der Kläger nur noch leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit der Möglichkeit des Wechsels der Haltungsarten vollschichtig verrichten. Die Tätigkeit als Werker Bandüberwacher sei nicht leidensgerecht und könne ihm nicht mehr abverlangt werden. Er könne jedoch im Bergbau, zum Beispiel als Werkzeugausgeber für Kleinteile, Verwaltungshilfskraft im technischen Bereich, als Telefonist oder Bürohilfskraft, und außerhalb des Bergbaus als Pförtner, Telefonist, Werkschutzposten oder Bürohilfskraft eingesetzt werden.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2001 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, gewährte aber mit Bescheid vom 14. November 2001 Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 01. Juli 2001.
Den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsminderung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2002 zurück, weil weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege.
Hiergegen hat sich die am 20. November 2002 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen vorgetragen hat, die Beklagte habe die bei ihm vorhandenen Leiden unzutreffend bewertet, tatsächlich sei er nicht in der Lage, eine Tätigkeit auszuüben.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2002 zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung beziehungsweise teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Das Sozialgericht hat auf beruflichem Gebiet eine Arbeitgeberauskunft der L S eingeholt. Danach war der Kläger dort vom 13. Mai 1976 bis 30. Juni 2001 im Betrieb S tätig. Das Arbeitsverhältnis sei durch Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Klägers wegen dessen Gesundheitszustandes beendet worden. Der Kläger habe zuletzt als Werker Bandüberwachung gearbeitet, wofür eine einjährige Anlernzeit erforderlich gewesen sei. Er sei in die Tarifgruppe 5 des Manteltarifvertrages der Lausitzer und Mitteldeutschen Braunkohleindustrie eingruppiert gewesen.
Auf medizinischem Gebiet hat das Sozialgericht Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt und sodann mit Beweisanordnung vom 05. Mai 2003 den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. W zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen beauftragt. In dem am 30. Juni 2003 beim Sozialgericht eingegangenen Gutachten hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt:
1. mittelschwerer Verschleiß der Halswirbelsäule mit leichter bis mittelschwerer Bewegungseinschränkung ohne Hinweise für Nervenkompressionssyndrome oder sonstige Nervenwurzelreizungen 2. Hohlrundrückenbildung und anlagebedingte Seitenverbiegung (Skoliose) der Wirbelsäule mit schweren Verschleißerscheinungen im Sinne der Spondylose im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule und mit entzündlichen Veränderungen im Bereich des rechen Kreuzdarmbeingelenks mit insgesamt mäßiger Bewegungseinschränkung der Brust- und Lendenwirbelsäule ohne Anhaltspunkte für Nervenwurzelreizung 3. Zustand nach Fraktur des 3. Lendenwirbelkörpers mit der Folge der Verstärkung der Seitverbiegung und der Minderung der statischen Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule 4. beginnender Hüftgelenksverschleiß mit leichter Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, rechts etwas deutlicher als links 5. Zustand nach Weichteilverletzung im Bereich des rechten Sprunggelenkes ohne derzeit nachweisbare Funktionsstörungen und ohne sonstige röntgenologische Veränderungen 6. in Behandlung befindliches Glaukom mit derzeit nur gering fassbaren Sehstörungen 7. reaktive, depressive Verstimmungszustände 8. Verdacht auf beginnende wirbelsäulenunabhängige Nervenschädigungen im Bereich der Füße (Polyneuropathie im Anfangsstadium)
Die hauptsächlichen Gesundheitsstörungen bestünden im Bereich der Halswirbelsäule sowie der Brust- und Lendenwirbelsäule und der Hüftgelenke. Hierbei deckten sich die radiologischen mit den klinischen Befunden. Es bestünden leichte Bewegungseinschränkungen und einer Herabsetzung der statischen Belastbarkeit des Achsorgans, so dass der Kläger nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten verrichten könne. Solche Tätigkeiten jedoch könne der Kläger, der wegefähig sei, noch vollschichtig ausüben.
Mit Urteil vom 20. August 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nicht berufsunfähig, da er ausgehend von dem Hauptberuf des Werkers in der Bandüberwachung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei und dort nach den medizinischen Feststellungen noch vollschichtig leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten verrichten könne. Dementsprechend sei er auch weder voll noch auch nur teilweise erwerbsgemindert.
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27. August 2003 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 02. September 2003, die damit begründet wurde, der Sachverständige Dr. W habe das Leistungsvermögen des Klägers unzutreffend beurteilt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. August 2003 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 26. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Ermittlungen des Senats für bestätigt.
Der Senat hat Befundberichte des Augenarztes Dipl. Med. K, der Neurologin und Psychiaterin Dr. W, der Allgemeinmedizinerin Dr. N, des Orthopäden Dr. S und des Orthopäden Prof. Dr. S beigezogen und diese dem Sachverständigen Dr. W zur Erstellung eines Gutachtens zugeleitet. Dieses ging am 08. September 2004 beim Gericht ein. Dr. W legt dar, dass diese Unterlagen nicht geeignet seien, von seiner Auffassung abzuweichen. Auch sei weder ein neurologisches noch ein augenärztliches Gutachten erforderlich. Das augenärztlicherseits festgestellte Glaukom sei heutzutage gut behandelbar. Auch aus dem entsprechenden Befundbericht ergebe sich, dass der Augendruck mit Augentropfen normalisiert sei. Dies sei jedoch das Hauptkriterium für die erfolgreiche Behandlung eines Glaukoms. Da auch keine Hinweise auf gröbere Nervenwurzelschädigungen ersichtlich seien, sei eine neurologische Zusatzbegutachtung nicht notwendig.
Der Kläger hat daraufhin beantragt, Prof. Dr. S gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz SGG zum Sachverständigen zu ernennen.
Dem ist der Senat gefolgt und Prof. Dr. S hat sein Gutachten am 15. Juni 2005 verfasst. Er hat folgende Diagnosen gestellt:
1. Zustand nach Kompressionsfraktur des 3. Lendenwirbelsäulenkörpers mit ventrolateraler Keilbildung und geringer dorsaler Elongation 2. Fehlstatik der Wirbelsäule mit rechtskonvexer Lumbaleinstellung und dorsaler Gegenkrümmung im Sinne einer Torsionsskoliose bei Beckenschiefstand infolge Beinlängendifferenzen und Wirbelfraktur mit Funktionseinschränkungen 3. ausgeprägte Spondylochondrose der Lendenwirbelsäule insbesondere von L3 ab nach distal mit Bandscheibenprotrusionen und knöchernen Abstützreaktionen 4. ausgeprägte Spondylose und Spondylochondrose der Brustwirbel von Th 7 nach distal bis Th 12 mit überbrückenden Spondylophytenbildungen mit Funktionseinschränkungen 5. ausgeprägte Spondylochondrose mit abstützenden Spondylophytenbildungen der Halswirbelsäule von C4 nach distal bis C7 mit wechselseitigen Neuroforamenstenosen und Funktionseinschränkungen 6. Coxarthrose beidseits mit Funktionseinschränkungen 7. Chondropathia patellae beidseits 8. Sacroilitis rechts 9. behandlungsbedürftiges Glaukom
Er könne vollschichtig ohne zumutbare Schmerzen keine Tätigkeiten mehr ausüben. Bei den ausgedehnten Veränderungen der Wirbelsäule komme es bei einer durchschnittlichen kontinuierlichen Belastung des Bewegungsapparates von vier Stunden zu funktionellen Dekompensationen, so dass Entspannung vor allem im Liegen oder durch eine entsprechende Gymnastik erforderlich werde. In Bezug auf einen Einsatz als Pförtner, Telefonist, Wachmann oder Bürohilfskraft träfen die Voraussetzungen wie teilschichtig sitzend, stehend, leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne Publikumsverkehr bei begrenzter Einsatzfähigkeit kaum zu.
Hierzu hat Dr. W unter dem Datum vom 02. September 2005 Stellung genommen, dass der Kläger bei einer noch ausreichenden Beweglichkeit des gesamten Achsorgans ohne gravierende neurologische Ausfälle bis auf Missempfindungen in den Fußsohlen noch vollschichtig erwerbstätig sein könne.
Der Senat hat mit Beschluss vom 17. Oktober 2005 den Orthopäden Dr. R zum weiteren Sachverständigen ernannt, der sein Gutachten unter dem Datum vom 17. Februar 2006 erstattet hat. Er hat folgende Diagnosen gestellt:
1. verminderte Trag- und Bewegungsfunktion und Belastbarkeit der Wirbelsäule bei - degenerativen HWS Veränderungen mit Betonung C4/5 und C5/6 mit wiederkehrender pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung - statisch muskulärer Wirbelsäulenfehlhaltung bei muskulärer Dysbalance - Zustand nach LWK 3 Rraktur mit resultierender skoliotischer Fehlhaltung mit fortgeschrittener Segmentdegeneration - Spondylosis deformans der BWS - Beinlängendifferenz rechts ( links um 3 cm mit resultierender skoliotischer Fehlhaltung der Wirbelsäule - ISG Arthrose beidseits 2. Hüftgelenksabnutzung rechts II° und links I° mit belastungsabhängigem Schmerzsyndrom 3. beginnende Kniegelenksabnutzung beidseits mit Betonung im Kniescheibengleitlager/Kniescheibengleitrinne 4. senk-Spreiz-Fußfehlhaltung mit belastungsabhängiger Metatarsalgie ohne statische Auswirkungg am Rückfuß 5. Zustand nach reaktiver depressiver Phase 6. Glaukom beidseits ohne Beeinträchtigung der Sehfähigkeit
Mit diesen gesundheitlichen Störungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, als Werker Bandüberwachung zu arbeiten. Er könne jedoch seit Antragstellung leichte Arbeiten wie Kontroll- und Überwachungsaufgaben in wechselnder Köperhaltung, eine Tätigkeit als Pförtner, leichte Büro- und Verwaltungsarbeiten vollschichtig verrichten, da leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten dem wegefähigen Kläger zugemutet werden könnten.
Die Kernaussage des Gutachtens des Prof. Dr. S, das der Kläger nur noch vier bis fünf Stunden täglich arbeiten könne, sei nicht nachvollziehbar und werde nicht hinreichend begründet. Schwere Schmerzzustände, dauerhafte Einnahme von Schmerzmedikamenten, Auftreten neurologischer Defizite von Wurzelreizsyndromen, welche derartige Störungen bedingen könnten, seien nicht beschrieben. Prof. Dr. S hat hierzu dahingehend Stellung genommen, dem Sachverständigen Dr. R sei ein deutlicher Realitätsverlust über das mögliche Verhalten von Erwerbstätigen am Arbeitsplatz zu bescheinigen, da der Kläger die von Dr. R geforderten Bedingungen dort nicht antreffen könne.
Ein weiteres Gutachten hat der Chirurg und Sozialmediziner Dr. B unter dem Datum vom 18. Mai 2006 erstattet und sich darin den Ausführungen der Sachverständigen Dres. W und R angeschlossen, den Ausführungen des Prof. Dr. S in Bezug auf die quantitative Leistungsminderung widersprochen.
Der Senat hat Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit (BIK BO 784 und 734 sowie 793) und des ehemaligen Arbeitsamtes Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder) sowie ein Gutachten des Sachverständigen L von Dezember 2000 (Landessozialgericht für das Land Brandenburg - L 1 RJ 213/97) zu den Tätigkeiten Bürohilfskraft, Hausmeister und Pförtner in das Verfahren einbezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten () verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Bescheid vom 26. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2002 ist rechtmäßig. Der Kläger ist nicht erwerbsgemindert, insbesondere auch nicht berufsunfähig.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die
1. vor dem 02. Januar 1961 geboren sind und 2. berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI).
Berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die Versicherte durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).
Der Kläger ist hiernach nicht einmal teilweise erwerbsgemindert, insbesondere nicht berufsunfähig. Er kann zwar nicht mehr als Werker Bandüberwachung tätig sein. Darauf kommt es jedoch nicht an, denn der Kläger muss sich ausgehend von dieser Tätigkeit, die nicht das Facharbeiterniveau erreicht, auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, insbesondere die eines Pförtners beziehungsweise einer Bürohilfskraft verweisen lassen, die er noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Das ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130).
Maßgeblicher Beruf des Klägers ist die Tätigkeit eines Werkers in der Bandüberwachung in der Braunkohleindustrie. Der Kläger hat am 31. August 1970 ein Facharbeiterzeugnis als Maschinist für Transportmittel und Hebezeuge erlangt, dann jedoch von 1976 bis 2001 als Kraftfahrer, Kranfahrer und zuletzt als Werker Bandüberwachung gearbeitet. Diese wurde als die eines angelernten Arbeiters bezeichnet und entsprechend entlohnt. Diese Tätigkeit kann der Kläger nicht mehr ausüben, da sie mittelschwere körperliche Anforderungen stellte.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N. zur insoweit wortgleichen Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung).
Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe in vier Gruppen eingeteilt, nämlich die des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung beziehungsweise Einweisung von weniger als drei Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45).
Hiernach ist der Kläger in die Gruppe der angelernten Arbeiter mit einer Ausbildung von mehr als drei Monaten, aber nicht über zwei Jahren einzuordnen. Der Arbeitgeber hat bescheinigt und der Kläger dem im Übrigen auch nicht widersprochen, dass für die Tätigkeit des Klägers eine Anlernzeit von einem Jahr erforderlich sei und dass die Tätigkeit dementsprechend auch als Anlerntätigkeit entlohnt worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich von dem erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen, etwa wegen des im Jahre 1980 erlittenen Unfalls mit Fraktur des dritten Lendenwirbelkörpers, abgewandt hat, ergeben sich nicht. Zum einen war der Kläger seit 1976 bei seinem letzten Arbeitgeber tätig und dort von Anfang an nicht als Facharbeiter eingesetzt, zum anderen erfolgte der Wechsel des Arbeitsplatzes nicht nach dem Unfall 1980, sondern erstmals im Jahre 1985 und dann im Jahre 1997 zur jetzigen Tätigkeit. Zum anderen war die Tätigkeit als Werker Bandüberwachung mittelschwer, so dass es sich nicht um einen Schonarbeitsplatz gehandelt hat. Ausgehend davon ist der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, wobei ihm grundsätzlich keine Verweisungstätigkeit benannt werden muss. Die Beklagte hat dies dennoch getan und unter anderem Tätigkeiten eines Pförtners oder einer Bürohilfskraft benannt. Diese entsprechen zur Überzeugung des Senats dem Leistungsvermögen des Klägers, da es sich hierbei um leichte Tätigkeiten mit dem Wechsel der Haltungsarten handelt, die dem Leistungsvermögen, das dem Kläger verblieben ist, entsprechen.
Das Leistungsvermögen wird vornehmlich durch den Zustand der Wirbelsäule betroffen. Die dortigen Veränderungen führen dazu, dass dem Kläger nur noch Arbeiten in dem von den Sachverständigen beschriebenen qualitativen Umfang zumutbar sind. Diese sind leichte Tätigkeiten mit Möglichkeiten zum Wechsel der Haltungsarten. In Bezug auf die quantitative Leistungsbeurteilung folgt der Senat den Gutachten der Dres. W, R und B und nicht der entgegenstehenden Auffassung des Prof. Dr. S, da nicht ersichtlich ist, weshalb beim Kläger, wenn er eine leichte Tätigkeit bis zu vier Stunden täglich verrichten kann, sich bei Beachtung der dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen eine quantitative Leistungseinschränkung dahingehend ergibt, dass ihm die Ausübung einer solchen Tätigkeit über sechs Stunden täglich unmöglich wäre. Durch eine solche Tätigkeit wird das Achsorgan nicht stärker belastet, als ohne diese Tätigkeit. Wenn der Sachverständige Prof. Dr. S meint, solche Arbeiten gäbe es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht, so überschreitet er seine Kompetenz als medizinischer Sachverständiger.
Ob der Kläger einen Arbeitgeber findet, der ihn für eine entsprechende Tätigkeit einstellt, ist für den Rentenanspruch nicht von Bedeutung. Diese Frage trifft allein die Vermittelbarkeit. Das Risiko eines Versicherten, der eine Tätigkeit vollschichtig verrichten kann, einen entsprechenden Arbeitsplatz auch zu erhalten, fällt grundsätzlich in den Bereich der Arbeitslosenversicherung (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 139).
Kann der Kläger somit vollschichtig und damit mindestens sechs Stunden täglich in den genannten Berufen arbeiten, so liegt weder Berufsunfähigkeit noch teilweise Erwerbsminderung vor.
Dementsprechend kann der Kläger erst recht nicht voll erwerbsgemindert sein, da dies noch weitergehende Beeinträchtigungen des körperlichen Leistungsvermögens voraussetzte. Hierfür gibt es im Übrigen keine Hinweise.
Die Berufung des Klägers konnte somit insgesamt keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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