L 17 R 372/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 15 RA 2392/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 R 372/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Die 1944 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit von 1. Juli 1961 bis 31. März 1962 eine neunmonatige Ausbildung zur Kosmetikerin. Sie war von April 1962 bis Mai 1964 und nach einer Kindererziehungszeit von Mai 1974 bis September 1976 als Kosmetikerin tätig. Von 1978 an war sie mit Unterbrechungen bei verschiedenen Firmen als Kontoristin bzw. Bürogehilfin, zuletzt vom 1. Juni 1991 bis 31. Oktober 1995 als Kontoristin bei der H Apotheke mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden, beschäftigt.

Die Klägerin stellte im Juli 1997 einen Rentenantrag. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte Gutachten der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W vom 19. Oktober 1997, die ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Kontoristin und für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sah, und des Internisten Dr. H, erstellt im Oktober 1997, ein. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 5. Dezember 1997 den Rentenantrag der Klägerin ab. Den dagegen von der Klägerin eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach Beiziehung des Befundberichtes der Ärztin Dr. H und des für das Arbeitsamt erstellten Gutachtens von Dr. Z vom 19. Februar 1997, der ein Leistungsvermögen von täglich bis 6 Stunden für leichte Arbeit in den Haltungsarten Stehen, Gehen und Sitzen unter Ausschluss von Nässe, Kälte, Zugluft, Temperaturschwankungen und Zwangshaltungen sah, mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 1998 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 4. Juni 1998 Klage erhoben und geltend gemacht, der Schweregrad ihrer Erkrankungen sei verkannt worden. Bei der Leistungsbeurteilung seien nicht alle Gesundheitsstörungen berücksichtigt worden.

Das Sozialgericht hat die Befundberichte der Ärztin für Augenheilkunde Dr. S vom 4. September 1998, der Fachärztin für Innere Medizin Dr. H vom 6. Oktober 1998 und des Facharztes für Nervenheilkunde Dr. B vom 16. Oktober 1998 eingeholt. Es hat den Arzt für Arbeitsmedizin Dr. Dr. D zum Sachverständigen ernannt. Dieser stellte in seinem nach einer Untersuchung der Klägerin am 28. Mai 1999 erstellten Gutachten vom 31. Mai 1999 die Diagnosen: - degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Belastungsinsuffizienz der Lendenwirbelsäule ohne akute Nervenwurzelreizung; - Restzustände einer Cervicobrachialgie und Epicondylitis rechts; - migräneartiges Kopfschmerzsyndrom; - Verdacht auf phobische Neurose; - Verdacht auf Neurasthenie mit Schlafstörungen, Affektlabilität und sah für die Tätigkeiten als Kosmetikerin und Kontoristin ein Leistungsvermögen von regelmäßig 6 Stunden täglich. Die Beklagte hat durch ihre ärztliche Abteilung zu dem Gutachten von Dr. Dr. D geltend gemacht, dass nach den mitgeteilten Befunden mit den ausgeschlossenen oder bestätigten oder vermuteten Diagnosen eine Leistungsminderung nicht anzunehmen sei. Das Sozialgericht holte einen weiteren Befundbericht von Dr. H vom 1. Mai 2000 ein. Die Klägerin reichte ein ärztliches Attest des Internisten und Rheumatologen Dr. H vom 17. Juni 2000 ein, der ein Fibromyalgiesyndrom diagnostizierte. Das Sozialgericht hat sodann zwei ergänzende gutachterliche Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. Dr. D eingeholt. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 9. Oktober 2000 angegeben, insbesondere aus der Berufsgeschichte der Klägerin gehe hervor, dass eine vollschichtige Berufstätigkeit der Klägerin stets vom Leistungsbild her ausgeschlossen gewesen sei. In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 18. Dezember 2000 führte er aus, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule führten zu einer qualitativen und quantitativen Einschränkung, eine Ausdauerbelastung sei ausgeschlossen, die Diagnose Fibromyalgiesyndrom unterstreiche die Feststellungen.

Das Sozialgericht bestellte den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B zum Sachverständigen. In seinem Gutachten vom 15. August 2001 stellte er die Diagnosen: - cervicocephales Syndrom mit Spannungskopfschmerzen bei degenerativen Halswirbelsäulenveränderungen und Analgetikaabusus sowie Migräne ohne Aura; - mäßig degenerative Lendenwirbelsäulenveränderungen mit mäßigen Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule; - Agoraphobie und Neurasthenie; - rezidivierende Epicondylitiden beidseits; - Polyarthrose der Fingergelenke bei Verdacht auf rheumatoide Arthritis; - arterielle Hypertonie und führte zum Leistungsvermögen aus, die Klägerin könne ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten, täglich noch leichte körperliche Arbeiten im Freien und in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft im Wechsel der drei Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen verrichten. Einseitige körperliche Belastungen seien nicht zumutbar, ebenso Akkord- und Fließbandtätigkeiten. Wechselschichten unter Ausschluss von Nachtschichten seien möglich. Tätigkeiten an laufenden Maschinen seien ausgeschlossen, das Heben und Tragen von Lasten solle auf 5 bis 10 Kilogramm eingeschränkt werden, Überkopfarbeiten seien nicht zumutbar, ebenso das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, wie auch Tätigkeiten unter ständigem oder häufigem Bücken, Hocken oder Knien. Die Klägerin sei in der Lage, einfache und mittelschwere geistige Arbeiten zu verrichten. Besonderheiten für den Weg zur Arbeit seien, abgesehen von der fehlenden Möglichkeit der Nutzung der U-Bahn, nicht zu berücksichtigen. Das verbliebene Leistungsvermögen der Klägerin reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von 8 Stunden täglich aus.

Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht den Arzt Dr. H zum Sachverständigen nach § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ernannt. In seinem Gutachten vom 20. Oktober 2003 auf die Untersuchung vom 11. Oktober 2002 gab er als Diagnosen an: - Fibromyalgie-Syndrom - Zervikobrachialsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule - Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule - metabolisches Syndrom - depressive Episoden und Angstzustände (anamnestisch) und führte zum Leistungsvermögen aus, die Klägerin könne täglich nur noch körperlich leichte Arbeiten verrichten. Diese sollten vor Witterungseinflüssen, Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit geschützt durchgeführt werden können. Die Klägerin könne nicht lange sitzen oder stehen und solle ihre Arbeit im willkürlichen Wechsel der Haltungsarten, auch mit gelegentlichem Gehen, durchführen können. Einseitige körperliche Belastungen seien nicht zumutbar, ebenso Arbeiten unter Zeitdruck oder einem von außen vorgegebenen Arbeitsrhythmus. Dagegen sei die Überwachung laufender Maschinen möglich, wenn Zwangshaltungen vermieden werden könnten. Das Heben und Tragen von Lasten bis 10 Kilogramm sei möglich, Tragen von Lasten schwerer als 5 Kilogramm über eine längere Strecke sei nicht zumutbar. Wechsel- oder Nachtschichtarbeit verschlimmere erfahrungsgemäß das Schmerzsyndrom der Fibromyalgie. Frühschicht oder Spätschicht sei möglich, wenn kein ständiger Wechsel vorliege. Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sei nicht möglich. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht beeinträchtigt, aber die Kraft der Hände und Finger. Die Belastbarkeit von Armen und Beinen sei schmerzbedingt eingeschränkt. Die Ausübung geistiger Arbeiten im Rahmen der Bildung und Ausbildung der Klägerin sei nicht beeinträchtigt. Für den Weg zur Arbeitsstelle sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin anamnestisch unter Angstzuständen in engen Räumen (Aufzügen und U-Bahnen) leide. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche für die volle übliche Arbeitszeit von 8 Stunden täglich nicht mehr aus, und zwar an keinem Tag der Arbeitswoche. Die tägliche Arbeitszeit müsse wegen der erheblichen Schmerzsymptomatik mit vegetativen Begleitsymptomen im Rahmen des Fibromyalgiesyndroms kombiniert mit Zervikobrachialgien und Lumbalgien mit degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule auf drei Stunden täglich eingeschränkt werden. Dies gelte für alle noch möglichen Verrichtungen. Er gehe davon aus, dass die weitere Leistungseinschränkung im März 2000 eingetreten sei.

Die Beklagte hat durch ihre ärztliche Abteilung zu dem Gutachten von Dr. H geltend gemacht, in dem internistisch-rheumatologischen Gutachten seien keine Funktionsdefizite nachgewiesen worden, mit denen eine weitergehende - als bis dahin auch von der Beklagten angenommene - Leistungsminderung begründet werden könne.

Das Sozialgericht hat sodann den Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie Dr. S zum Sachverständigen bestellt. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 10. Mai 2004 die Diagnosen: - subjektiv multiple Gelenk- und Muskelschmerzen ohne funktionelle Einschränkung (DD: Fibromyalgie-Syndrom) - leichtgradiges Cervicalsyndrom ohne neurologische Beeinträchtigung und funktionelle Defizite - leichtgradiges Lumbalsyndrom bei Synostose beider Ileosacralgelenksfugen - metabolisches Syndrom mit Stammfettsucht - depressive Verstimmung mit Angstzuständen und führte zum Leistungsvermögen der Klägerin aus, diese könne, ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten, noch täglich regelmäßig leichte Arbeiten im Freien und in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von Hitze, Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft ausführen. Die Arbeiten seien im Gehen, Stehen oder Sitzen, möglichst im Wechsel dieser Haltungsarten, durchzuführen. Einseitige körperliche Belastungen sowie Arbeiten unter festgelegtem Arbeitsrhythmus und unter Zeitdruck seien ihr aufgrund ihrer psychischen Konstellation nicht zuzumuten. Das Heben und Tragen von Gewichten bis 10 Kilogramm sei körpernah durchführbar, ebenfalls das kurzfristige Besteigen von Leitern und Gerüsten. Es bestehe keine Einschränkung bei Arbeiten, die Fingergeschicklichkeit sowie Belastbarkeit der Arme und Beine voraussetzen. Die festgestellten Leiden beschränkten die Klägerin nicht in der Ausübung einfacher, mittelschwerer und schwieriger geistiger Arbeiten. Es bestehe keine Einschränkung für das Reaktionsvermögen, die Lern- und Merkfähigkeit, das Gedächtnis, für die Konzentrationsfähigkeit und für die Entschlussfähigkeit. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen. Das hierdurch verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens 8 Stunden täglich aus.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28. Februar 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig. Die Klägerin habe zunächst eine Tätigkeit aus dem oberen angelernten Bereich und zuletzt eine solche aus dem Anlernbereich ausgeübt, sodass ihr mit Ausnahme der einfachsten sämtliche Tätigkeiten aus dem Bereich der ungelernten Arbeiten sozial zumutbar seien. Derartige Arbeiten seien der Klägerin auch gesundheitlich zuzumuten. Aufgrund der insbesondere orthopädischen und psychischen Leiden der Klägerin könne diese nicht mehr schwere oder mittelschwere, dagegen noch körperlich leichte Arbeiten verrichten. Das Sozialgericht ist bei der Beurteilung des Leistungsvermögens den Gutachten der Sachverständigen Dr. Braun und Dr. S gefolgt. Es hat ausgeführt, dass deren Einschätzung auch nicht durch die Gutachten der Sachverständigen Dr. Dr. D und Dr. H ernstlich in Frage gestellte werde. Der Sachverständige Dr. Dr. D habe weitgehend die selben Leiden diagnostiziert, die Begründung der Leistungseinschränkung durch diese Leiden sei indes nicht überzeugend, da sie sich nicht auf objektiv nachweisbare Befunde bezögen. Der Sachverständige Dr. H habe neben den von den anderen Sachverständigen festgestellten Diagnosen ein Fibromyalgiesyndrom festgestellt. Soweit dieser aus den bereits von den anderen Sachverständigen festgestellten Leiden eine andere Einschätzung der Leistungsfähigkeit vornehme, seien die objektiv feststellbaren und festgestellten medizinischen Befunde nicht geeignet, diese zu stützen. Das von Dr. H diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom könne die Einschätzung des Restleistungsvermögens nicht überzeugend begründen. Es bestünden bereits Zweifel an dem Vorliegen des Krankheitsbildes, da dieses weder von dem Sachverständigen Dr. S noch von dem Sachverständigen Dr. B habe nachgewiesen werden können. Eine atypische Summierung von Leistungsbeeinträchtigungen lasse sich ebenfalls nicht feststellen.

Gegen das ihr am 20. oder 21. April 2005 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 26. April 2005 eingelegten Berufung. Der Leistungsbeurteilung durch die Sachverständigen Dr. Sund Dr. B könne nicht gefolgt werden. Gegen die Überzeugungskraft beider Gutachten spreche, dass beide Sachverständige die Existenz des Krankheitsbildes Fibromyalgiesyndrom bestreiten und andererseits behaupten würden, die Klägerin leide nicht an dieser Krankheit. Das Sozialgericht hätte nicht die Beweisanregung der Klägerin übergehen dürfen, dem Sachverständigen Dr. H Gelegenheit zu geben, sich zu den umstrittenen Ausführungen der Sachverständigen Dr. Sund Dr. B zu äußern.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 1998 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihr seit August 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise seit Januar 2001 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, hilfsweise ein rheumatologisches Gutachten einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat dem Sachverständigen Dr. H die von der Klägerin angekündigten Fragen gestellt, die dieser dahingehend schriftlich beantwortet hat, die Krankheitsbezeichnung Fibromyalgiesyndrom sei nunmehr anerkannt. Die Diagnose Fibromyalgiesyndrom gründe sich nicht nur auf die Feststellung sogenannter tender points. Die klinische Diagnose könne auch gestellt werden, wenn weniger als 12 ACR-Druckschmerzpunkte festgestellt würden, aber die übrigen Kriterien, zum Beispiel andere typische Druckschmerzpunkte (Referenzpunkte), allgemein erhöhte Schmerzempfindlichkeit, Muskel-, Gelenk- und Sehnenschmerzen in mindestens drei Körperregionen, lange bestehende chronische Schmerzen (mindestens sechs Monate), Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, vegetative Organbeschwerden und andere bestünden. Die Diagnose des Fibromyalgiesyndroms für sich allein erlaube noch nicht die Annahme einer quantitativen Einschränkung oder Aufhebung der Leistungsfähigkeit auch für leichte Tätigkeiten, sondern erst dann, wenn es nach allgemeinen Kriterien zu einem glaubhaften chronischen Schmerzsyndrom gekommen sei. Dies sei bei der Klägerin der Fall. Die Beschwerdeschilderung wirke plausibel. Die Glaubwürdigkeit des chronischen Schmerzsyndroms werde ferner durch die regelmäßige Inanspruchnahme verschiedener Ärzte durch die Klägerin unterstrichen.

Die die Klägerin betreffenden Rentenakten sowie die Prozessakten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 15 RA 2392/98 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichtes Berlin vom 28. Februar 2005 ist nicht zu beanstanden, denn der Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 1998 ist rechtmäßig.

Die Klägerin hat weder Anspruch auf Rente wegen Berufs- noch wegen Erwerbsunfähigkeit nach §§ 43, 44 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: SGB VI a. F.). Ihr steht auch Rente wegen Erwerbsminderung nach dem geltenden § 43 SGB VI oder aus § 240 SGB VI ab 1. Januar 2001 nicht zu. Das Leistungsvermögen der Klägerin ist nicht in rechtlich erheblicher Weise herabgesunken.

Als Anspruchsgrundlagen kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 SGB VI in der Fassung vor dem am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-Reformgesetz) vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I 2000, Seite 1827) in Betracht. Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereits im Juli 1997 gestellt.

Nach § 44 Abs. 1 SGB VI in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I Seite 1824) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie 1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt und ausgehend vom Datum des Rentenantrages im Juli 1997 ausreichend zeitnahe Pflichtbeiträge entrichtet.

Die Klägerin ist weder erwerbs- noch berufsunfähig.

Erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Diese gesetzlichen Kriterien erfüllt die Klägerin nicht, sie erfüllt nicht einmal die weniger strengen Kriterien der Berufsunfähigkeit.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a. F.).

Die Klägerin ist hiernach nicht berufsunfähig.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 9. April 2003 - B 5 RJ 38/02 R - zitiert nach juris). Grundsätzlich ist dies die letzte ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben gewesen ist oder der Arbeitnehmer sich von einer früheren ausgeübten höherwertigen Tätigkeit gelöst hat. Hat sich der Versicherte von einer - höherwertigen - Beschäftigung oder Tätigkeit gelöst, ist diese nicht mehr der bisherige Beruf im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. Eine Lösung von einem Beruf liegt vor, wenn der Versicherte nicht nur vorübergehend eine andere - geringerwertige - Tätigkeit aufnimmt und die Aufgabe der höherwertigen Tätigkeit vom Willen des Versicherten getragen ist, das heißt, wenn der Versicherte einer Tätigkeit in diesem Beruf erkennbar nicht mehr nachgehen will und sich endgültig einer anderen Berufstätigkeit zuwendet (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 1978 - 5 RKn 9/77 - SozR 2600 § 45 Nr. 22; Urteil vom 30. Oktober 1985 - 4a RJ 53/84 - SozR 2200 § 1246 Nr. 130). Für die Hinwendung zu einer anderen versicherungspflichtigen Tätigkeit reicht es nicht allein, dass objektiv eine Tätigkeit durch Kündigung oder aus nicht gesundheitsbedingten Gründen beendet worden ist. Der insoweit maßgebende innere Wille ist anhand äußerer Umstände festzustellen (BSG, Urteil vom 30. Juli 1997 - 5 RJ 20/97 - zitiert nach juris). Musste der Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden, liegt grundsätzlich keine Lösung im Sinne des Rentenrechts vor, weil gerade solche Gründe zu einer Lösung geführt haben, für die die gesetzliche Rentenversicherung einzustehen hat (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1988 - 8/5a RKn 9/86 - SozR 2200 § 1246 Nr. 158).

Zuletzt hat die Klägerin den Beruf der Kontoristin/Bürogehilfin ausgeübt, ohne eine entsprechende Ausbildung absolviert zu haben. Die betriebliche oder schulische Ausbildung in dem Büro der Bürogehilfin betrug zwei Jahre, ausgebildet wurde in diesem Beruf bis Ende 1991. Die Ausbildung zur Kosmetikerin war nicht bundeseinheitlich geregelt und schwankte in den einzelnen Bundesländern zwischen 10 Monaten und zwei Jahren. Die Ausbildung und ihre Dauer waren in Berlin nicht geregelt. Die Klägerin absolvierte eine neunmonatige Ausbildung in diesem Beruf an einer Kosmetik-Fachschule und war im Anschluss daran 25 Monate und nach einer mehrjährigen Unterbrechung erneut 28 Monate in diesem Beruf tätig.

Die Klägerin hat im Rahmen der Begutachtungen geäußert, den Beruf der Kosmetikerin aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben zu haben.

Dies lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen. Im Rentenantrag nannte die Klägerin Arbeitslosigkeit als Grund für die Aufgabe der Tätigkeit als Kosmetikerin im Jahr 1976. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit von ca. zwei Jahren nahm die Klägerin 1978 die Tätigkeit als Kontoristin auf, die sie mit kurzzeitigen Unterbrechungen bis zum 31. Oktober 1995 ausübte. Die Klägerin nannte später gegenüber dem Sachverständigen Dr. H als Grund dafür, dass sie ihren Beruf als Kosmetikerin nicht mehr ausübe, etwa 1978 eingetretene Schmerzen im rechten Arm. Jedoch spricht die zeitliche Abfolge gegen eine krankheitsbedingte Aufgabe des Berufes als Kosmetikerin, da die Klägerin bereits zwei Jahre vor Eintreten der Schmerzen ihre Tätigkeit als Kosmetikerin beendete.

Der von der Klägerin absolvierte Schreibmaschinenkurs als Vorbereitung für die dann aufgenommene Tätigkeit als Kontoristin und die verschiedenen Tätigkeiten als Kontoristin und Bürogehilfin bei verschiedenen Arbeitgebern über einen Zeitraum von 17 Jahren sind ausreichender Anhalt dafür, dass die Klägerin sich damit abgefunden hat, dass eine Rückkehr zum Beruf der Kosmetikerin nicht mehr möglich ist. Es kann letztlich dahinstehen, ob auf die Tätigkeit als Kosmetikerin oder Kontoristin als bisheriger Beruf abzustellen ist, da bei Beachtung der Grundsätze des BSG zur Zumutbarkeit der Tätigkeit die Klägerin sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als Bürogehilfin verwiesen werden kann.

Zur Beurteilung der Zumutbarkeit einer Tätigkeit ist von der Rechtsprechung des BSG zunächst für die Arbeiterberufe und im Anschluss daran auch für die Angestellten eine Einstufung nach Berufsgruppen (sogenanntes Mehrstufenschema) entwickelt worden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Ausbildung überragende Bedeutung für die Qualität eines Berufes hat. Ausgehend von der am geringsten qualifizierten Tätigkeit gibt es - soweit im vorliegenden Fall von Bedeutung - die Gruppen mit dem Leitbild des unausgebildeten Arbeiters/Angestellten (Ungelernter), des Arbeiters/Angestellten mit einer Ausbildung von bis zu zwei Jahren (Angelernter) und des Arbeiters/Angestellten mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung (Facharbeiter/Ausgebildeter). Die Gruppe der Angelernten wird in einen oberen und in einen unteren Bereich zusätzlich unterteilt. Dem oberen Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von über 12 bis zu 24 Monaten zuzuordnen. Die Dauer der Ausbildung ist zwar ein wesentliches, jedoch nicht das allein bestimmende Merkmal zur Gruppenzuordnung. Ausschlaggebend sind die Qualitätsanforderungen der verrichteten Arbeit insgesamt, das heißt, der aus einer Mehrzahl von Faktoren ermittelte Wert der Arbeit für einen Betrieb. Für die Einstufung ist damit das Gesamtbild des "bisherigen Berufes" maßgebend. Steht die Zuordnung fest, dann ist zu beachten, dass grundsätzlich der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der jeweils niedrigeren Gruppe im Verhältnis zu seinem bisherigen Beruf verwiesen werden kann, soweit sie ihn weder nach seinem beruflichen Können und Wissen noch hinsichtlich seiner gesundheitlichen Kräfte überfordern (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 12. September 1991 - 5 RJ 34/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17). Entspricht die Qualifikation des bisherigen Berufes mindestens dem oberen Bereich der angelernten Tätigkeiten, ist eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen.

Ist auf den Beruf der Kosmetikerin abzustellen, so ist die Klägerin aufgrund der Ausbildungszeit von neun Monaten bestenfalls der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zuzuordnen. Ihr sind damit mit Ausnahme der einfachsten sämtliche Tätigkeiten aus dem Bereich der ungelernten Tätigkeiten sozial zumutbar. Auch wenn der Beruf der Kontoristin maßgebend ist, gehört die Klägerin dem Bereich der Angelernten im oberen Bereich an. Danach sind ihr gleichfalls alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sozial zumutbar, ausgenommen einfachste Tätigkeiten.

Der Klägerin ist die Tätigkeit einer Bürogehilfin/Kontoristin auch gesundheitlich zumutbar. Es kann dahingestellt bleiben, ob sie den Beruf einer Kosmetikerin wegen der bestehenden Gesundheitsstörungen noch ausüben kann.

Die Klägerin verfügt noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten. Dieses Leistungsvermögen kann den vom Sozialgericht eingeholten medizinischen Gutachten entnommen werden. Der Senat folgt dabei den Gutachten von Dr. B und Dr. S. Beide haben die Klägerin selbst untersucht, alle aus der Akte hervorgehenden medizinischen Äußerungen gesichtet und nachvollziehbare und somit überzeugende Erklärungen für das von ihnen festgestellte Leistungsvermögen abgegeben.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. S bestehen bei der Klägerin auf orthopädischem Gebiet ein leichtgradiges Zervikalsyndrom und ein leichtgradiges Lumbalsyndrom. Dr. B hat darüber hinaus eine Polyarthrose der Fingergelenke mit Verdacht auf rheumatoide Arthritis genannt. Dr. S hat eine rheumatische Erkrankung der Hände und Wirbelsäule im Sinne einer chronifizierten Polyarthritis ausgeschlossen. Zu diesem Ergebnis gelangte der Sachverständige nach einer Auswertung der laborchemischen Ergebnisse. Dies ist nachvollziehbar.

Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet liegen bei der Klägerin nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. B eine Neurasthenie (psychovegetatives Syndrom) und eine Agoraphobie vor. Dr. S diagnostizierte eine depressive Verstimmung mit Angstzuständen.

Ob die Klägerin an einem Fibromyalgiesyndrom leidet, kann dahinstehen. Der Sachverständige Dr. H hat ein solches nach ACR-Kriterien bejaht und die Ausprägung der Schmerzsymptomatik, der vegetativen Begleitsymptome und der resultierenden Einschränkungen im Alltagsleben der Klägerin als erheblich bezeichnet. Dr. S hat den diesbezüglichen Beschwerdekomplex befundlich zusammenfassend als subjektiv multiple Gelenk- und Muskelschmerzen ohne funktionelle Einschränkung bezeichnet, durchaus differenzial diagnostisch ("DD") aber auch die Zuordnung zu einem Fibromyalgie-Syndrom erwogen. Der Sachverständige Dr. B hat Hinweise auf ein Fibromyalgiesyndrom aufgrund der Anamnese, der Beschwerdebeschreibung und des Untersuchungsbefundes abgelehnt. Nicht bereits die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms, sondern erst die durch die gesundheitlichen Befunde bedingten funktionellen Leistungseinschränkungen sind für die Beurteilungen des Leistungsvermögens von Bedeutung.

Die dem orthopädischen Beschwerdekreis zuzurechnenden Befunde der Klägerin sind durch das Gutachten von Dr. S ausführlich auf ihre Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin untersucht worden. Die von der Klägerin geschilderten multiplen Gelenkbeschwerden und Muskelschmerzen, die sich vorwiegend auf Arme, Hände, Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule beziehen, führen zu keiner funktionalen Einschränkung. Das Gelenkspiel der Schulter, Ellbogen und Handgelenke, Fingergrund- und Endgelenke ist nicht eingeschränkt. Eine funktionale Einschränkung durch das von dem Sachverständigen angenommene Fibromyalgiesyndrom hat er nicht festgestellt. Es ist deshalb überzeugend, wenn von dem Sachverständigen angegeben wird, dass die Klägerin noch regelmäßig vollschichtig leichte Arbeiten mit den von ihm genannten Einschränkungen ausführen kann.

Die dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnenden Befunde der Klägerin sind durch das Gutachten von Dr. B auf ihre Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin untersucht worden. Die mäßiggradige rezidivierende depressive Störung mit weitergehender Somatisierungsneigung schränkt die Klägerin aufgrund der neurotischen Persönlichkeitsstörung mit der Neigung zu psychosomatisierender Überlagerung in ihrer Leistungsfähigkeit geringgradig ein. Diese bezieht sich auf Tätigkeiten mit Stressanforderungen unter Zeitdruck sowie auf schwere körperliche Tätigkeiten. Die psychischen Gesundheitsstörungen Agoraphobie und Neurasthenie begründen keine wesentlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens. Dabei sieht der Sachverständige die Möglichkeit, dass sich die Klägerin, die sich ihrer diesbezüglichen Fehlhaltung nicht in vollem Umfang bewusst ist, in einem Zeitraum von sechs Monaten aus ihrer Fehlhaltung lösen kann. Der Sachverständige stellt eine Einschränkung in qualitativer jedoch nicht in quantitativer Hinsicht fest.

Der Senat ist mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass die von dem Sachverständigen Dr. Dr. D angenommene qualitative Leistungseinschränkung von ihm nicht überzeugend begründet worden ist. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten und in seiner gutachterlichen Stellungnahme die Leistungseinschränkung auf die degenerativern Veränderungen der Wirbelsäule gestützt. Nach den auch von dem Gutachter aufgeführten Röntgenbefunden waren bei der Klägerin weder ein Bandscheibenprolaps noch eine Bandscheibenprotusion festgestellt worden. Auch neurologische Ausfallerscheinungen waren nach den Ausführungen im Gutachten nicht feststellbar. Funktionseinschränkungen des Haltungs- und Bewegungsapparates bestanden nicht, vielmehr hat der Sachverständige eine gute Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule, eine freie Beweglichkeit der Schulter- und Ellenbogengelenke und intakte Greiffunktionen der Hände und Finger festgestellt. Bei den geschilderten objektiven Untersuchungsergebnissen ist die Beurteilung des Leistungsvermögens durch den Gutachter nicht nachvollziehbar und deshalb nicht überzeugend. Zudem hat der Sachverständige den schlechten Trainingszustand der Klägerin als Begründung dafür herangezogen, dass diese nicht (sofort) vollschichtig leistungsfähig sei. In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 18. Dezember 2000 hat der Sachverständige die von ihm angenommene Leistungseinschränkung nicht mit objektiven Befunden, sondern im Wesentlichen mit den Beschwerdeangaben der Klägerin und deren Selbsteinschätzung begründet. Aus dem Umstand, dass die Klägerin in der Vergangenheit nicht vollschichtig gearbeitet hat bzw. vollschichtige Tätigkeiten abgebrochen hat, kann auf ein subjektives Leistungsvermögen, nicht jedoch auf ein objektives Leistungsvermögen geschlossen werden. Soweit er ausführt, es liege eine ausreichende sozialmedizinische Restleistungsfähigkeit zumindest für untervollschichtige Beschäftigung mit Einschränkungen vor, werden ausreichende, dieses Ergebnis stützende Befunde nicht genannt. Ferner hat er in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 9. Oktober 2000 ein untervollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin nicht näher begründet.

Auch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. H zur quantitativen Leistungseinschränkung überzeugen nicht. Neben qualitativen Leistungseinschränkungen, die teilweise so auch von den anderen Gutachtern gesehen werden, sieht der Sachverständige Dr. H wegen der erheblichen Schmerzsymptomatik mit vegetativen Begleitsymptomen im Rahmen des Fibromyalgiesyndroms, kombiniert mit Zervikobrachialgien und Lumbalgien bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ein Leistungsvermögen für eine Arbeitszeit von drei Stunden täglich als zumutbar. Der Sachverständige stellte abgesehen von einer geringfügig eingeschränkten Rumpfbeugung (Finger-Boden-Abstand fünf Zentimeter) keine Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule, der Bewegungsorgane oder der Gelenke fest. Die von ihm genannten vegetativen Begleiterscheinungen - Schlafstörung, Tagesmüdigkeit und rasche Erschöpfbarkeit, abdominielle Symptomatik mit chronischen Durchfällen und Mundtrockenheit, Steifigkeit der Hände in den Morgenstunden, rezidivierenden Fingergelenksbeschwerden sowie erhebliche Beeinträchtigungen im Alltag und bei der Haushaltsführung -, die seiner Auffassung nach für das Vorliegen eines Fibromyalgiesyndroms sprechen, lassen mangels objektiv feststellbarer und festgestellter medizinischer Befunde die von dem Sachverständigen vorgenommene Einschätzung des Leistungsvermögens nicht überzeugend begründen. Der Sachverständige hat nicht nachvollziehbar aufgezeigt, dass die Schmerzsymptomatik ihrer Schwere nach geeignet ist, eine solche reduzierte Leistungsfähigkeit herbeizuführen.

Die geistige Leistungsfähigkeit ist nach den weitgehend übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. Dr. D, Dr. S und Dr. B sowie Dr. H nicht eingeschränkt. Die Klägerin kann unter Berücksichtigung der schulischen Ausbildung und der bisherigen beruflichen Tätigkeit mindestens einfache bis mittelschwere geistige Arbeiten verrichten. Die festgestellten Leiden wirken sich nicht auf das Reaktionsvermögen und die Kontaktfähigkeit aus. Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit sind nicht reduziert. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit ist erhalten. Auch der Sachverständige Dr. H sieht keine Einschränkungen als gegeben an. Er stellt lediglich die Überlegung an, dass bei chronischen Schmerzerkrankungen mentale Fähigkeiten, wie Auffassungsgabe, Lern- und Merkfähigkeit, Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit, Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, Kontaktfähigkeit und Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit beeinträchtigt sein können. Eine solche Einschränkung stellt er bei der Klägerin jedoch nicht fest.

Das vollschichtige Leistungsvermögen der Klägerin ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auszugehen wäre.

Die Klägerin kann nach den von dem Sachverständigen Dr. B getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls noch leichte körperliche Arbeiten im Freien und in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft, im Wechsel der drei Haltungsarten Stehen, Gehen und Sitzen, Wechselschichten, Heben und Tragen bis zu 10 Kilogramm ausführen. Nicht möglich sind einseitige körperliche Belastungen, Akkord- oder Fließbandarbeit, Nachtschichten, Tätigkeiten an laufenden Maschinen, Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie unter ständigem oder häufigem Bücken, Hocken oder Knien. Die Leistungseinschätzung von Dr. B stimmt im Wesentlichen mit der Einschätzung von Dr. H überein, der jedoch Wechselschichten ausschließt sowie mit der Einschätzung von Dr. S, der ein kurzfristiges Besteigen von Leitern und Gerüsten für möglich ansieht.

Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen besteht weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5/4 RA 58/97 R - veröffentlicht in juris). Eine solche liegt nur dann vor, wenn die Fähigkeit der Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Unter dem Begriff schwere spezifische Leistungsbehinderung werden vom BSG diejenigen Fälle erfasst, in denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hingegen trägt das Merkmal Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang weiter einengen können. Jede qualitative Leistungseinschränkung, beispielsweise der Ausschluss von Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, versperrt dem Versicherten eine Gruppe von Arbeitsplätzen, das heißt, alle Tätigkeiten, bei denen - und sei es auch nur gelegentlich - die nicht mehr mögliche Leistungserbringung gefordert wird. Jede weitere Leistungseinschränkung schließt ihrerseits einen anderen Bereich des Arbeitsmarktes aus, wobei sich diese Bereiche überschneiden, aber auch zu einer größeren Einengung des Arbeitsmarktes addieren können. Mit jeder zusätzlichen Einengung steigt die Unsicherheit, ob in dem verbliebenen Feld noch ohne weiteres Beschäftigungsmöglichkeiten unterstellt werden können.

Nach diesen Grundsätzen liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bei der Klägerin vor. Der Ausschluss einseitiger körperlicher Belastungen ist bereits vom Begriff leichte Tätigkeit umfasst (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - a. a. O.). Die Beschränkung des Hebens und Tragens auf Gegenstände mit einem Gewicht bis zu 10 Kilogramm und der Ausschluss des körpernahen Tragens von Gegenständen mit einem Gewicht von mehr als fünf Kilogramm über eine längere Wegstrecke zählen zu dem Bereich leichter Arbeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 Nr. 13). Der Ausschluss der Arbeiten unter Zeitdruck zählt nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen (vgl. Großer Senat des BSG in seinem Beschluss vom 19. Dezember 1995 - GS 2/95 - NZS 1997, Seite 421 ff). Dagegen bedeutet der Ausschluss des Arbeitens bei Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft eine zusätzliche Leistungseinschränkung, da leichte Arbeiten grundsätzlich auch bei solchen Umwelteinflüssen möglich sind (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 21; Urteil vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97 - zitiert nach juris). Diese qualitativen Leistungseinschränkungen engen das Feld körperlich leichter Arbeiten weiter ein, sie wirken sich jedoch zusammen genommen nicht so auf die Einsetzbarkeit der Klägerin auf dem Arbeitsmarkt aus, dass von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen auszugehen ist. Auch bei einem Ausschluss von Arbeiten bei Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft ist eine Tätigkeit als Bürogehilfin möglich, die regelmäßig in geschlossenen, wohltemperierten Räumen zu erbringen ist.

Anhaltspunkte für eine spezifische Leistungsbehinderung der Klägerin sind nicht ersichtlich.

Die Klägerin ist auch wegefähig. Zur Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gehört auch seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab. Danach muss der Versicherte grundsätzlich fähig sein, vier mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand, das heißt in weniger als jeweils 20 Minuten, zu Fuß zu bewältigen und zwei mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen und Beförderungsmöglichkeiten, beispielsweise eigener PKW) zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2002 - B 5 RJ 36/01 R - und Urteil vom 28. August 2002 - B 5 RJ 12/02 R -, jeweils zitiert nach juris).

Weder die Agoraphobie noch die Klaustrophobie schränken die Wegefähigkeit der Klägerin in rechtlich erheblichem Umfang ein. Aufgrund der Klaustrophobie kann die Klägerin zwar nicht mit der U-Bahn fahren, die Benutzung des sonstigen öffentlichen Personennahverkehrs ist jedoch nicht eingeschränkt. Die Agoraphobie schließt nach den Angaben der Klägerin und ihren Schilderungen des Tagesablaufes gegenüber den Sachverständigen ein Verlassen der Wohnung und Aufsuchen eines Arbeitsplatzes nicht grundsätzlich aus.

Danach kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch die Tätigkeit einer Bürogehilfin ausüben. Diese Tätigkeit erfordert ein Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeit, die in vorwiegend geschlossenen, temperierten, zum Teil klimatisierten Räumen und überwiegend in sitzender Haltung, zeitweise im Gehen und Stehen erbracht wird, sowie Fingergeschicklichkeit und Bildschirmtauglichkeit. Die bei der Klägerin bestehenden Leistungseinschränkungen lassen sich mit dem zuvor genannten Belastungsprofil einer Bürogehilfin in Einklang bringen.

Zur Durchführung weiterer Ermittlungen sah sich der Senat nicht gedrängt, da die Klägerin keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend gemacht hat und Anhaltspunkte dafür nach Aktenlage auch nicht bestehen. Die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen war nicht erforderlich. Die Klägerin war unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Fachgebieten zuzurechnenden Erkrankungen auch von Ärzten der jeweiligen Fachgebiete begutachtet worden. Die Einholung eines - weiteren - rheumatologischen Gutachtens, wie von der Klägerin beantragt, war nicht erforderlich, da sowohl Dr. H ein rheumatologisches Gutachten (gemäß § 109 SGG) als auch Dr. S ein orthopädisch-rheumatologisches Gutachten erstellt haben. Zudem war Dr. H im Anschluss an die Erstellung des Gutachtens von Dr. S befragt worden. Eine - rheumatologische - Diagnose, die nicht von den Gutachtern diagnostiziert worden war, ist vorliegend nicht nach Erstellung der Gutachten bekannt geworden. Auch eine weitere Befragung des Sachverständigen Dr. H war nicht erforderlich, denn er hat die von der Klägerin gestellten Fragen umfassend beantwortet. Weitere an den Sachverständigen zu richtende Fragen hat die Klägerin nicht angekündigt.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung erhalten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben sowie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Versicherte unter den genannten Bedingungen nicht mindestens drei Stunden erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch dann Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach Abs. 2 der genannten Vorschrift Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist schon nicht teilweise erwerbsgemindert, da ihr, wie oben ausgeführt, eine zumutbare Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich mindestens sechs Stunden trotz ihrer krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen noch möglich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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