L 16 R 171/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 13 RA 5672/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 171/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 2005 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten des Klägers vom 01. September 1959 bis zum 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.

Der 1934 geborene Kläger erwarb nach einem Studium an der Ingenieurschule für Bauwesen E in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (Zeugnis vom 04. Juli 1959). Er war ab 01. September 1959 bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) I (I) B als Projektingenieur beschäftigt. Der VEB I B wurde im Jahr 1968 zu einem unselbständigen Betriebsteil des VEB B- und M (B) K und E. Hier war der Kläger ab 01. April 1969 als Gruppenleiter Technische Gebäudeausrüstung (TGA) und nach Umwandlung des Betriebsteils in einen selbständigen Kombinatsbetrieb (KB) Forschung und Projektierung B des VE B K und E (Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft am 24. März 1971) ab 01. April 1973 als Brigadeleiter TGA und ab 01. Februar 1975 als Chef-Ingenieur TGA tätig (vgl. Änderungsverträge vom 02. April 1973 und 21. Januar 1975). Der KB F und P B des VE B K und E wurde nach Maßgabe der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften (Umwandlungsverordnung – UmwVO) vom 01. März 1990 (GBl. I S. 107) in die I B GmbH – Bauplanung und Beratung umgewandelt; die Eintragung der GmbH in das Register beim Staatlichen Vertragsgericht der DDR erfolgte am 25. Juni 1990. Der Kläger war auch noch am 30. Juni 1990 und darüber hinaus bei der I B GmbH als Fachgruppenleiter beschäftigt. Er war mit Wirkung vom 01. Februar 1974 der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten. Eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.

Den Antrag des Klägers auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur AVTI vom 01. September 1959 bis zum 30. Juni 1990 lehnte die Beklagte ab, weil das AAÜG auf den Kläger nicht anwendbar sei. Er sei am Stichtag, dem 30. Juni 1990, nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen (Bescheid vom 21. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2003).

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat im sich anschließenden Klageverfahren Registerauszüge der I B GmbH und des KB F und P B des VE B K und E sowie den Gesellschaftsvertrag und den Gründungsbericht der I B GmbH beigezogen und Niederschriften über die Vernehmung der Zeugen D (im Folgenden: D.), L (im Folgenden: L.) und S (im Folgenden: S.) aus dem Verfahren – S 13 RA 3977/04 – (SG Berlin) in das Verfahren eingeführt. Mit Urteil vom 28. November 2005 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, die Zeit vom 01. September 1959 bis 30. Juni 1990 als eine Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur AVTI und die insoweit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Vormerkung der im Tenor bezeichneten Daten gemäß den §§ 5, 8 Abs. 2 und 3 AAÜG. Das AAÜG sei auf ihn anwendbar. Denn er sei am 30. Juni 1990 als Ingenieur in einem nach § 1 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur AVTI-Verordnung vom 24. Mai 1951 (GBl. Nr. 62 S. 487) den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Konstruktionsbüro ingenieurtechnisch beschäftigt gewesen. Bei der I B GmbH habe es sich um einen rechtlich selbständigen Betrieb gehandelt, dem die technische Gestaltung von Produktionserzeugnissen, insbesondere durch Anfertigung technischer Entwurfszeichnungen, das Gepräge gegeben habe. Die Gleichstellung nach der 2. DB sei von einer bestimmten Rechtsform unabhängig. Nach dem Vorbringen des Klägers und der Verwertung der in das Verfahren eingeführten Vernehmungsniederschriften aus dem Verfahren – S 13 RA 3977/04 – stehe fest, dass die I B GmbH am Stichtag – wie auch die Beschäftigungsbetriebe des Klägers zuvor – die technische Entwicklung von Bauwerken zum Gegenstand gehabt habe. Dieser Feststellung stehe nicht entgegen, dass der Betrieb im Namen den Begriff "Projektierung" geführt habe. Insbesondere aus dem Gründungsbericht der GmbH ergebe sich, dass dieser Begriff bereits während der Zeit des KB entgegen der sonstigen Verwendung in der DDR nur im Sinne einer bautechnischen Projektierung verstanden worden sei. Der überwiegende Teil der Mitarbeiter sei mit der Erstellung von bautechnischen Entwürfen und der Anfertigung entsprechender Konstruktionszeichnungen befasst gewesen. Die betrieblichen Voraussetzungen seien auch für die gesamten Beschäftigungszeiten des Klägers bei dem KB F und P B des VE B K und E, bei dem VE B K und E selbst sowie bei dem VEB I B erfüllt. Das Tätigkeitsprofil des Betriebs habe sich während der gesamten Beschäftigungszeit des Klägers nicht wesentlich geändert.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG sei der Kläger am Stichtag in einem Projektierungsbetrieb beschäftigt gewesen. Anders als die Konstruktionsbüros seien jedoch Projektierungsbetriebe den volkseigenen Produktionsbetrieben in der 2. DB nicht gleichgestellt worden. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers sei im statistischen Betriebsregister der DDR zudem der Wirtschaftsgruppe 63350 - bautechnische Projektierungsbetriebe – zugeordnet gewesen. Diese Systematik der Volkswirtschaftszweige sei ein geeignetes Indiz für die Feststellung des Hauptzwecks eines Betriebes im Wirtschaftssystem der DDR. Das SG verkenne insoweit bei seiner Entscheidung, dass es einen Unterschied zwischen Konstruktion und Projektierung gebe. Wenn der Kläger in einem Projektionsbüro beschäftigt gewesen wäre, hätte dieses auch als solches bezeichnet werden müssen. Auf den zur I B GmbH ergangenen Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 26. Januar 2006 (- L 22 R 244/05 -) werde Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Zusatzversorgungsakte der Beklagten, die Rentenakte des Rentenversicherungsträgers sowie die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie gegebenenfalls der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 01. September 1959 bis zum 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 01. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Der Kläger war aber auch am 01. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat auch in den angefochtenen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen.

§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. z. B. Urteile vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und – B 4 RA 3/02 R = SGb 2002, 379 sowie – B 4 RA 18/01 R – veröffentlicht in juris). Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R – veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R – veröffentlicht in juris). Allein maßgebend sind insoweit die Texte der Verordnung über die AVTI in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. S. 844) und der 2. DB dazu. Die genannten Vorschriften der DDR sind unabhängig von deren Verwaltungs- und Auslegungspraxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – veröffentlicht in juris). Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch auf eine Versorgungszusage nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung; vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).

Der Kläger war zwar am 30. Juni 1990 berechtigt, die ihm durch staatlichen Zuerkennungsakt verliehene Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Unabhängig davon, ob er im Hinblick auf seine Tätigkeit als Fachgruppenleiter die sachliche Voraussetzung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit bzw. Beschäftigung am 30. Juni 1990 erfüllt hat, fehlt es jedoch in jedem Fall an der betrieblichen Voraussetzung für eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVTI. Denn die I B GmbH war schon aufgrund ihrer Rechtsform kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Ein in der Rechtsform der GmbH geführtes Unternehmen unterliegt gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, nicht dem Anwendungsbereich des zu Bundesrecht gewordenen § 1 Abs. 1 der 2. DB und damit der AVTI, weil es sich schon nicht um einen volkseigenen Betrieb handelte (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 2006 – B 4 RA 41/05 R – veröffentlicht in juris – mit weiteren Nachweisen). Die I B GmbH war auch allein auf Grund ihrer Rechtsform kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB (vgl. hierzu BSG aaO). Denn die GmbH als solche wird in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht als gleichgestellter Betrieb genannt.

Die IB GmbH, die am 30. Juni 1990 Arbeitgeberin des Klägers war, war aber auch nicht nach ihrem Unternehmens- und Betriebszweck ein gleichgestellter Betrieb. Sie war insbesondere kein Konstruktionsbüro, das in § 1 Abs. 2 der 2. DB als gleichgestellter Betrieb ausdrücklich benannt wird. Andere der dort genannten Betriebsarten sind – was zwischen den Beteiligten im Übrigen unstreitig ist – ohnehin nicht einschlägig. Die Auslegung des Begriffs "Konstruktionsbüro", wie er in § 1 Abs. 2 der 2. DB genannt wird, hat sich dabei strikt am Wortlaut zu orientieren, so dass – in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht aufgeführte - Projektierungsbetriebe schon aus diesem Grunde versorgungsrechtlich keine gleichgestellten Betriebe sein können (vgl. BSG aaO). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht aber fest, dass der Kläger am 30. Juni 1990 nicht in einem Konstruktionsbüro, sondern in einem Projektierungsbetrieb beschäftigt war.

Schon nach dem Sprachverständnis der DDR wurde ausdrücklich zwischen Konstruktions- und Projektierungsbüros unterschieden. Ausgangspunkt für die Feststellung des am Stichtag maßgeblichen Sprachverständnisses der DDR ist der "Beschluss über die Errichtung eines technischen Projektierungs- und Konstruktionsbüros der Energiewirtschaft" vom 29. Juni 1949 (ZVOBl 1949 Teil 1 Nr. 59 S. 1). Danach wurde für die Aufgabenbereiche der Projektierung und Konstruktion zwar nur ein Büro errichtet, dennoch wurde deutlich zwischen den beiden Funktionen unterschieden. Die Projektierungsaufgabe bestand darin, in allen Kraftanlagen alle Teile, Anlagenteile und Anlagen zu "bearbeiten", also die "Projektierung der Verteilung, der Erweiterungen und der Neuanlagen einschließlich der Verbesserungsvorschläge" vorzunehmen, dagegen betraf die Konstruktion "die Herstellung und den Betrieb der Teile, Anlagenteile und Anlagen". Hieraus erhellt, dass Konstruktionsarbeiten Fragen der technischen Herstellung von Einzelteilen oder auch ganzer Anlagen und ihres betrieblichen Einsatzes zu beantworten hatten, während die Projektierung sich nicht mit der Lösung derartiger Probleme befasste, sondern sie voraussetzte, um ein technisches Gesamtkonzept zu erstellen, das die optimale Realisierung des Unternehmenszweckes gewährleistete (vgl. BSG aaO). Die Projektierung hatte somit im Vergleich zur Konstruktion eine übergeordnete Funktion (vgl. auch die Begriffsbestimmung der Projektierungsleistung in der Verordnung über das Projektierungswesen – Projektierungsverordnung – vom 20. November 1964 – GBl. II S. 909). Danach gehörten zu den Projektierungsleistungen u.a. die Ausarbeitung von Aufgabenstellungen, von Projekten, Teilprojekten und Projektteilen, die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen, die Ausarbeitung von Studien und Variantenuntersuchungen. Auch die Anordnung über die Einführung der Rahmenrichtlinie für die Neugliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens vom 10. Dezember 1974 (GBl. I S. 1), die noch am 30. Juni 1990 galt, unterschied zwischen Konstruktion und Projektierung. Hieran knüpfen auch die Definitionen im "Ökonomischen Lexikon" der DDR (3. Auflage 1979) an. Danach waren Gegenstand von Konstruktionsarbeiten die Gestaltung der Erzeugnisse im Prozess der Vorbereitung der Produktion, die Anfertigung von Konstruktionszeichnungen, die Aufstellung von Stücklisten und die Funktionserprobung des Erzeugnisses. Projektierungen im weiteren Sinne waren alle Leistungen, die von Projektierungseinrichtungen insbesondere für die Lösung von Investitionsaufgaben erbracht wurden. Sie umfassten im Wesentlichen die Mitwirkung an "grundfondswirtschaftlichen" Untersuchungen, Aufgabenstellungen für die Vorbereitung von Investitionen, die Ausarbeitung von Dokumentationen zur Vorbereitung von Investitionsentscheidungen, die Erarbeitung der Ausführungsprojekte, die Lösung von Aufgaben des "Planes Wissenschaft und Technik", die Vorbereitung von Reparaturen und die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen. In einem engeren Sinn wurde unter Projektierung die Ausarbeitung des Investitionsprojekts verstanden (vgl. BSG aaO).

Nach Maßgabe dieser Differenzierungskriterien war der Kläger am Stichtag nicht in einem Konstruktionsbüro, sondern in einem Projektierungsbetrieb beschäftigt. Gegenstand der I B GmbH war nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 31. Mai 1990 die Erstellung von und der Handel mit planungs- und ingenieurtechnischen Leistungen sowie die Erbringung von Beratungsleistungen für Industrie- und Gesellschaftsbauten sowie Verkehrsanlagen. Hiermit korrespondiert, dass dieser Betrieb wie auch die Vorgängerbetriebe im statistischen Betriebsregister der DDR der Wirtschaftsgruppe 63350 (Bauprojektierung) zugeordnet waren. Die vom SG in das Verfahren eingeführten und im Wege des Urkundenbeweises zu verwertenden Aussagen der Zeugen D., L. und S., die umfangreiche, nachvollziehbare und im wesentlichen übereinstimmende Angaben zu den Aufgabenbereichen und betrieblichen Tätigkeitsfeldern der I B GmbH und auch deren Vorgängerbetriebe gemacht haben, bestätigen, dass am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990) der Hauptzweck der I B GmbH nicht die Erbringung von Konstruktionsleistungen war, sondern die Planung technischer Gesamtkonzepte für Industrie- und Gesellschaftsbauten sowie andere Anlagen. Der I B GmbH oblag damit die Gesamtplanung, die sich nicht nur in der Entwicklung und Fertigung von Konstruktionszeichnungen erschöpfte, sondern die Planung und Entwicklung der gesamten Anlage umfasste. Der Zeuge D. hat diesbezüglich ausdrücklich bestätigt, dass der Betrieb ein "Planungsbüro" gewesen sei, wofür damals der Begriff "Projektierung" verwandt worden sei. Der Zeuge hat auch anschaulich geschildert, dass die eigentliche Planung in der Gewinnung einer Vorstellung vom Aussehen des Gebäudes, der Abklärung mit den Bauherren, der Anfertigung der technischen Zeichnungen und teilweise in der Qualitätsüberwachung und dem Eingriff in die Bauablaufpläne bestanden hätten. Dies sind mit Ausnahme der Anfertigung technischer Zeichnungen typische Projektierungsarbeiten. Auch der Zeuge S. hat ausgesagt, dass die Tätigkeit der IB GmbH eine "typische Planungstätigkeit" für bautechnische Planungen "in allen Fachgebieten in allen Leistungsphasen" gewesen sei. Die I B GmbH war somit mit der gesamten Ausarbeitung des konkreten Investitionsprojekts (Ausführungsobjekts) befasst, nicht nur mit dessen technischer Gestaltung im Vorfeld. Unter Berücksichtigung dessen, dass sich nach den Angaben der Zeugen der Unternehmens- und Betriebszweck der I B GmbH von dem des KB F und P B des VE B K und E nicht unterschieden hatte, ergibt sich auch aus dem vom SG beigezogenen Aufsatz über die "Leistungsentwicklung im KB F und P B in den 40 Jahren seines Bestehens" (W H) nicht anderes. Dort wird vielmehr unter teilweiser Nennung der konkreten Projektierungsobjekte anschaulich dargelegt, dass die Aufgaben zur Projektierung von Vorhaben im Anlagen- und Gesellschaftsbau "stets im Mittelpunkt" des Betriebes standen, und zwar zuletzt nach Maßgabe des "Programmes zur weiteren Entwicklung als Beispielbetrieb der Projektierung im Industriebau der DDR für die komplexe durchgängige Rationalisierung der bautechnischen Projektierung" vom 14. März 1988. Insoweit wird ausdrücklich an das sich aus den genannten abstrakt-generellen Regelungen der DDR ergebende staatliche Sprachverständnis angeknüpft, das zwischen "Konstruktion" und "Projektierung" eine deutliche Unterscheidung getroffen hatte. Im Ergebnis steht somit fest, dass der Kläger am Stichtag nicht in einem Konstruktionsbüro, sondern in einem Projektierungsbetrieb beschäftigt war.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahinstehen, ob am 30. Juni 1990 in der DDR überhaupt noch Konstruktionsbüros als selbstständige Betriebe oder Betriebsteile eines Kombinats existierten, die als solche Arbeitgeber und damit versorgungsrechtlich gleichgestellte Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB hätten sein können (vgl. hierzu zweifelnd BSG aaO). In Bezug auf Konstruktionsbüros wäre dann die Gleichstellungsnorm des § 1 Abs. 2 der 2. DB bereits am 30. Juni 1990 objektiv gegenstandslos gewesen und insoweit schon deshalb kein Bundesrecht geworden. Da Projektierungsbüros in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht aufgeführt werden, sind sie versorgungsrechtlich in jedem Fall keine gleichgestellten Betriebe. Eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung ist insoweit nicht zulässig (vgl. BSG aaO).

Andere Rechtsgrundlagen, auf die der Kläger sein Begehren stützen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere verstößt es nicht gegen Verfassungsrecht, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR und deren Differenzierungen angeknüpft hat. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz gebietet es nicht, von den historischen Gegebenheiten in der DDR, aus denen sich Ungleichheiten ergeben könnten, abzusehen und sie rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezogenen hat der Bundesgesetzgeber als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. BVerfGE 100, 138, 190 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1). Zu einer "Totalrevision" des aus der DDR stammenden Versorgungsrechts war er über die mit der ständigen Rechtsprechung des BSG vorgenommene Modifikation von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hinaus nicht verpflichtet (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 1/03 R –). Zwischenzeitlich hat auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Auslegung der Texte der Zusatzversorgungsordnungen durch die Fachgerichte, insbesondere durch das BSG, nicht willkürlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. August 2004 – 1 BvR 1557/01 = SozR 4-8570 § 5 Nr. 4; Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 = SozR 4-8560 § 22 Nr. 1).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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