Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 3010/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 B 536/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), der das Sozialgericht (SG) Berlin nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet.
Der Senat nimmt zum Sach- und Streitstand sowie zur Begründung zunächst Bezug auf die angefochtene Entscheidung des SG vom 10. November 2006 (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Im Beschwerdeverfahren haben sich keine Gesichtspunkte gezeigt, die zu einer anderen Beurteilung Anlass geben könnten:
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird, die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Die Voraussetzungen für eine solche Regelungsanordnung liegen hier nicht vor:
Ein Anspruch des Antragstellers auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied besteht mit großer Wahrscheinlichkeit nicht, so dass es schon an einem Anordnungsanspruch fehlt. Auch er selbst geht davon aus, dass die Frist zum Beitritt nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch V. Buch (SGB V) -drei Monate nach Ende der Mitgliedschaft-, nicht eingehalten ist. Die Mitgliedschaft als Bezieher von Leistungen der Agentur für Arbeit endete nach § 190 Abs. 12 SGB V (also per Gesetz und unabhängig von der bisherigen Dauer) mit Ablauf des letzten Tages, für den die Leistungen bezogen wurden, hier des 31. Dezember 2005. Eines Bescheides bedurfte es ebenso wenig wie beim Normalfall des Endes mit dem letzten Tage eines Arbeitsverhältnisses (vgl. § 190 Abs. 1 SGB V; anders Bayerisches LSG, Urteil vom 29.06.2006 -L 4 KR 359/05- für den speziellen Fall des Endes der Familienversicherung durch den Tod des Versicherten unter Bezugnahme auf BSGE 77, 86, 91). Der Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft ist erst im September 2006 bei der Antragsgegnerin eingetroffen.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin Wiedereinsetzung gewähren muss. Eine Wiedereinsetzung setzt voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert gewesen ist, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, die Frist unverschuldet versäumt zu haben. Er hat vielmehr fahrlässig die Hinweise der Arbeitsagentur zum Ende der gesetzlichen Krankenversicherung unbeachtet gelassen (vgl. seine Stellungnahme vom 4. Februar 2007).
Ob neben der Wiedereinsetzung ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch möglich wäre, braucht hier nicht entschieden zu werden. Da der Antragsteller die Fristversäumnis selbst verschuldet hat, könnte –wie dies für einen Herstellungsanspruch erforderlich wäre- einer unterstellten Beratungspflichtverletzung keine entscheidende Bedeutung für die Rechtsbeeinträchtigung zugemessen werden. Die Verletzung der Hinweispflicht müsste nämlich die wesentliche Bedingung für die Versäumnis der Frist sein (BSG, Urteil vom 26. April 2005 – B 5 RJ 6/04 R – JURIS Rdnr. 32 mit Nachweisen früherer Entscheidungen; Urteil des Senats vom 10. Februar 2006 – L 1 RA 24/03 –).
Der Antragsteller hat schließlich auch das Vorliegen eines nach § 86b Abs. 2 SGG erforderlichen Anordnungsgrundes nicht mit der für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Denn die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihn bis zur Entscheidung in der Hauptsache als freiwilliges Mitglied zu führen, ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller nicht nötig. Der Antragsteller ist derzeit durch seine private Krankenversicherung gegen das Risiko der Erkrankung abgesichert. Weiter ist nicht glaubhaft gemacht, dass eine freiwillige Krankenversicherung wesentlich billiger wäre als die vom Antragsteller abgeschlossene Privatversicherung, die ausweislich der eingereichten Unterlagen sogenannte Wahlleistungen enthält. Der Antragsteller müsste grundsätzlich bei einer freiwilligen Krankenversicherung -unabhängig von seinen tatsächlichen Einkünften- nach § 240 Abs. 4 SGB V Beträge zumindest nach einem fiktiven Mindesteinkommen leisten (90. Teil der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch IV. Buch).
Mit einer solchen Anordnung würde überdies jedenfalls für den Zeitraum zwischen dem Erlass der einstweiligen Anordnung und dem Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache diese vorweggenommen, weil insoweit eine Statusfeststellung ausgesprochen würde, die sich bei einem eventuellen Misserfolg im Hauptsacheverfahren kaum mehr rückgängig machen ließe. Die Tatsache, dass mit einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Hauptsache vorweggenommen würde, schließt den Erlass einstweiliger Anordnungen zwar nicht in jedem Falle aus. "Vorläufiger" Rechtschutz muss jedoch auch im Lichte von Art. 19 Absatz 4 Satz 1 Grundgesetz nur dann gewährt werden, wenn dem betroffenen Antragsteller das Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier –wie ausgeführt- nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden. (§ 177 SGG).
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), der das Sozialgericht (SG) Berlin nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet.
Der Senat nimmt zum Sach- und Streitstand sowie zur Begründung zunächst Bezug auf die angefochtene Entscheidung des SG vom 10. November 2006 (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Im Beschwerdeverfahren haben sich keine Gesichtspunkte gezeigt, die zu einer anderen Beurteilung Anlass geben könnten:
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird, die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Die Voraussetzungen für eine solche Regelungsanordnung liegen hier nicht vor:
Ein Anspruch des Antragstellers auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied besteht mit großer Wahrscheinlichkeit nicht, so dass es schon an einem Anordnungsanspruch fehlt. Auch er selbst geht davon aus, dass die Frist zum Beitritt nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch V. Buch (SGB V) -drei Monate nach Ende der Mitgliedschaft-, nicht eingehalten ist. Die Mitgliedschaft als Bezieher von Leistungen der Agentur für Arbeit endete nach § 190 Abs. 12 SGB V (also per Gesetz und unabhängig von der bisherigen Dauer) mit Ablauf des letzten Tages, für den die Leistungen bezogen wurden, hier des 31. Dezember 2005. Eines Bescheides bedurfte es ebenso wenig wie beim Normalfall des Endes mit dem letzten Tage eines Arbeitsverhältnisses (vgl. § 190 Abs. 1 SGB V; anders Bayerisches LSG, Urteil vom 29.06.2006 -L 4 KR 359/05- für den speziellen Fall des Endes der Familienversicherung durch den Tod des Versicherten unter Bezugnahme auf BSGE 77, 86, 91). Der Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft ist erst im September 2006 bei der Antragsgegnerin eingetroffen.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin Wiedereinsetzung gewähren muss. Eine Wiedereinsetzung setzt voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert gewesen ist, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, die Frist unverschuldet versäumt zu haben. Er hat vielmehr fahrlässig die Hinweise der Arbeitsagentur zum Ende der gesetzlichen Krankenversicherung unbeachtet gelassen (vgl. seine Stellungnahme vom 4. Februar 2007).
Ob neben der Wiedereinsetzung ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch möglich wäre, braucht hier nicht entschieden zu werden. Da der Antragsteller die Fristversäumnis selbst verschuldet hat, könnte –wie dies für einen Herstellungsanspruch erforderlich wäre- einer unterstellten Beratungspflichtverletzung keine entscheidende Bedeutung für die Rechtsbeeinträchtigung zugemessen werden. Die Verletzung der Hinweispflicht müsste nämlich die wesentliche Bedingung für die Versäumnis der Frist sein (BSG, Urteil vom 26. April 2005 – B 5 RJ 6/04 R – JURIS Rdnr. 32 mit Nachweisen früherer Entscheidungen; Urteil des Senats vom 10. Februar 2006 – L 1 RA 24/03 –).
Der Antragsteller hat schließlich auch das Vorliegen eines nach § 86b Abs. 2 SGG erforderlichen Anordnungsgrundes nicht mit der für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Denn die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihn bis zur Entscheidung in der Hauptsache als freiwilliges Mitglied zu führen, ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller nicht nötig. Der Antragsteller ist derzeit durch seine private Krankenversicherung gegen das Risiko der Erkrankung abgesichert. Weiter ist nicht glaubhaft gemacht, dass eine freiwillige Krankenversicherung wesentlich billiger wäre als die vom Antragsteller abgeschlossene Privatversicherung, die ausweislich der eingereichten Unterlagen sogenannte Wahlleistungen enthält. Der Antragsteller müsste grundsätzlich bei einer freiwilligen Krankenversicherung -unabhängig von seinen tatsächlichen Einkünften- nach § 240 Abs. 4 SGB V Beträge zumindest nach einem fiktiven Mindesteinkommen leisten (90. Teil der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch IV. Buch).
Mit einer solchen Anordnung würde überdies jedenfalls für den Zeitraum zwischen dem Erlass der einstweiligen Anordnung und dem Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache diese vorweggenommen, weil insoweit eine Statusfeststellung ausgesprochen würde, die sich bei einem eventuellen Misserfolg im Hauptsacheverfahren kaum mehr rückgängig machen ließe. Die Tatsache, dass mit einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Hauptsache vorweggenommen würde, schließt den Erlass einstweiliger Anordnungen zwar nicht in jedem Falle aus. "Vorläufiger" Rechtschutz muss jedoch auch im Lichte von Art. 19 Absatz 4 Satz 1 Grundgesetz nur dann gewährt werden, wenn dem betroffenen Antragsteller das Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier –wie ausgeführt- nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden. (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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