Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 24 RJ 308/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 RJ 13/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2004 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte - nach vorangegangener Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit - verpflichtet ist, die der Klägerin weitergewährte Rente neu zu berechnen.
Die Beklagte erkannte bei der Klägerin auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit seit dem 25. Oktober 1994 an und gewährte ihr mit Bescheid vom 17. September 1998 unter Berücksichtigung von Übergangsgeld eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab 10. April 1996 bis zum 31. März 1999. Die Rente errechnete sie unter Zugrundelegung von 21,2267 persönlichen Entgeltpunkten (pEP). Auf den Weitergewährungsantrag vom 25. Oktober 1998 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 10. November 1998 den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. März 1999 hinaus auf Zeit bis zum 31. März 2002 an. In dem Bescheid heißt es - wie vermutlich sinngemäß auch in dem vorangegangenen -, die Rente falle mit dem 31. März 2002 weg, ohne dass es eines besonderen Wegfallbescheides bedürfe. Sie könne nur auf Antrag weitergezahlt werden, wenn Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit weiter vorliege.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch rügte die Klägerin die Übernahme des Zahlbetrages aus der bisher geleisteten Rente. Am 1. April 1999 sei aufgrund eines neuen Leistungsfalls ein eigenständiges Recht auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entstanden, das eine neue Bestimmung der Leistungshöhe erforderlich mache. Der Rentenzahlbetrag sei nicht einfach aus der vorangegangenen Zeitrente zu übernehmen, sondern es sei - nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – (insbesondere des Urteils vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 31/96 -) - ausgehend von einem neuen Leistungsfall eine erneute Rentenberechnung durchzuführen, die eine höhere Leistung zur Folge haben könne.
Durch Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1999 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Rentenversicherungsträger folgten dem zitierten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht. Mit der dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin die Neuberechnung der ihr ab 1. April 1999 gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit auf der Grundlage eines am 31. März 1999 eingetretenen neuen Leistungsfalls begehrt. Durch die Zeitrentenbewilligung sei nur eine bindende Regelung bis zum 31. März 1999 getroffen worden. Für die Zeit ab 1. April 1999 sei eine neue Entscheidung auf der Grundlage eines neuen Leistungsfalls vom 31. März 1999 zu treffen. Die Beklagte habe mit ihrem ursprünglichen Rentenbescheid nur einen die Klägerin begünstigenden Verfügungssatz des Inhaltes erlassen, dass eine Rente für eine begrenzte Dauer in festgesetzter Höhe bewilligt werde und im Übrigen den weitergehenden Anspruch auf eine zeitlich unbeschränkte Rente abgelehnt. Daher habe sie auf den Weitergewährungsantrag hin erneut zukunftsgerichtet über den Rentenantrag entscheiden müssen, ohne formell oder materiell durch den Ursprungsbescheid gebunden gewesen zu sein. Grundlage dafür seien allein die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse und damit auch das zu diesem Zeitpunkt geltende Recht gewesen.
Die Beklagte hat eine probeweise Rentenberechnung für einen Leistungsfall vom 31. März 1999 durchgeführt und dabei 24,9135 pEP ermittelt. Für die Klägerin bestätigt die Probeberechnung mit einer errechneten höheren Rente von monatlich 176,07 DM ihr Begehren.
Durch Urteil vom 26. März 2004 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, die der Klägerin ab 1. April 1999 gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ausgehend von einem Leistungsfall vom 31. März 1999 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei dem die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente regelnden Bescheid der Beklagten vom 10. November 1998 nicht nur um eine bloße Verlängerung des bis zum 31. März 1999 zuerkannten Rechts auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit handele. Vielmehr verlautbare der Bescheid einen Verfügungssatz des Inhalts, dass eine Rente bestimmter Art für eine begrenzte Dauer mit festgesetzter Höhe bewilligt werde. Wie das BSG durch Urteil vom 24. Oktober 1996 entschieden habe, entfalte der vorhergehende Bescheid keine Regelungswirkung mehr hinsichtlich der Rentenhöhe. Die Beklagte müsse erneut und zukunftsgerichtet darüber entscheiden, ob der Klägerin weiterhin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zustehe. Sie habe somit Anspruch auf Neufeststellung ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung eines am 31. März 1999 eingetretenen Leistungsfalls.
Gegen das am 13. April 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. April 2004 Berufung eingelegt. Dem Urteil des BSG vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 31/96 – werde aus folgenden Gründen nicht gefolgt: Die auf der Grundlage der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) vorgenommene Differenzierung zwischen Versicherungsfall und Leistungsfall könne nicht auf die Regelungen des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI) übertragen werden. Das SGB VI verwende die Begriffe nicht, es gehe allein darum, dass nur noch der Zeitpunkt maßgeblich sei, zu dem sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Folgte man der Auffassung des BSG, würde ein Zeitrentenempfänger rentenrechtlich besser gestellt als derjenige, dem Dauerrente bewilligt worden sei, weil Letzterer nicht in den Genuss für ihn günstiger Rechtsänderungen käme. Gegen die Auffassung des BSG spreche auch die Regelung des § 302 b Abs. 1 SGB VI i.d.F. ab dem 1. Januar 2001, wonach ausdrücklich bei Weitergewährung befristeter Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, auf die am 31. Dezember 2000 Anspruch bestanden habe, auch nach diesem Zeitpunkt das bisherige Recht anzuwenden sei. Weiterhin könne dem BSG nicht gefolgt werden, soweit es von einem eigenständigen Leistungstatbestand "Zeitrente" ausgehe. Es gebe nur die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, deren zeitliche Beschränkung sich als Nebenbestimmung darstelle. Im vorliegenden Fall habe das Stammrecht in Gestalt des Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit seit dem 10. April 1996 bestanden, so dass nicht ersichtlich sei, warum zwischenzeitlich "neues Recht" anzuwenden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beide Beteiligten haben erklärt, dass sie mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden seien.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem sich beide Beteiligte damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 SGG) Berufung der Beklagten, über die anstelle des nicht mehr bestehenden Landessozialgerichtes Berlin das in Übereinstimmung mit § 28 Abs. 2 SGG durch den Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 26. April 2004 errichtete Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden hat, auf das das Verfahren gemäß Artikel 28 des Staatsvertrages am 1. Juli 2005 in dem Stand, in dem es sich an diesem Tag befunden hat, übergegangen ist, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf Neufeststellung der ihr ab 1. April 1999 gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit nach den in diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften hat. Die Beklagte war nicht berechtigt, lediglich die bisher durch Bescheid vom 17. September 1998 bewilligte, bis 31. März 1999 befristete Zeitrente über diesen Zeitpunkt hinaus weiterzugewähren, vielmehr war die am 1. April 1999 beginnende Rente nach den zu diesem Zeitpunkt gültigen Berechnungsvorschriften neu zu berechnen.
Für die Klägerin ist mit dem 31. März 1999 aufgrund eines neuen Leistungsfalles ein neues eigenständiges Recht auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit entstanden. Die Beklagte war durch die vorangegangene Zeitrentengewährung weder formell noch materiell gehindert und im Gegenteil auf den im Jahre 1998 gestellten Antrag verpflichtet, für die Zeit nach Ablauf des früheren Leistungszeitraums zukunftsgerichtet über die so genannte "Weiter"-Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996, SozR 3-2600 § 300 Nr. 8). Grundlage der dadurch veranlassten Prüfung sind allein die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse, das heißt insbesondere die jetzt vorliegenden gesundheitlichen Umstände und ihre voraussichtliche Entwicklung, aber auch die Bestimmungen des nunmehr gültigen Rechts, so dass sich demgemäß auch die positive Reaktion der Verwaltung als eigenständige und vollinhaltlich erneute ("wiederholte") Bewilligung der beantragten Rente darstellt (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 77 SGG Nr. 1). Dem stehen auch abweichende Spezialvorschriften des SGB VI nicht entgegen. § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB VI stellt klar, dass eine befristete Rente längstens bis zum Ende der Befristung geleistet wird und danach kraft Gesetzes wegfällt, ohne dass es eines Entziehungsbescheides bedarf. Dieser Gesetzeslage hatte die Beklagte in dem Rentenbescheid vom 17. September 1998 auch Rechnung getragen. Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält der Bescheid vom 17. September 1998 nicht die mit einer zeitlichen Befristung versehene Anerkennung eines Stammrechts auf Erwerbsunfähigkeitsrente, sondern lediglich die Zuerkennung eines Rentenstammrechts für einen bestimmten Zeitraum. Mit Ablauf der zeitlich begrenzten Geltung am 31. März 1999 konnte der Bescheid vom 17. September 1998 keine Regelungswirkungen mehr entfalten. Er konnte daher auch keinen Hinderungsgrund für eine (neue) Entscheidung über das (Fort)Bestehen eines Rentenanspruchs der Klägerin für die Zeit nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes darstellen. Insoweit bestand aufgrund des Antrages der Klägerin vom 25.Oktober 1998 eine Verpflichtung der Beklagten, eine (neue) Entscheidung darüber zu treffen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungszeiträume nach dem 31. März 1999 (erneut) erfüllt sind. Grundlage der von der Beklagten durchzuführenden Prüfung sind die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse und gültigen Rechtsvorschriften ( BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996, SozR 3-2600 § 300 Nr. 8; Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 8. März 2002 – L 16 RJ 13/01 – und vom 12. Februar 2004 – L 3 RJ 26/02 –). Auch nach einer vorangegangenen Zeitrentengewährung hat der Rentenversicherungsträger die Rente auf der Grundlage des zuvor eingetretenen (einheitlichen) Versicherungsfalls nach den im Zeitpunkt des Beginns der weiteren Zeitrente geltenden Rechtsvorschriften neu zu berechnen und festzusetzen. Die Beklagte hatte somit nicht nur zu prüfen, ob bei der Klägerin ab 1. April 1999 weiterhin Erwerbsunfähigkeit vorlag und die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente dem Grunde nach erfüllt waren, sondern auch eine neue Rentenberechnung nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Berechnungsvorschriften vorzunehmen.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf § 302 b Abs. 1 SGB VI i.d.F des EM-ReformG vom 20.12.2000 (BGBl I S. 1835), wonach in Fällen, in denen am 31. Dezember 2000 Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung bestand, dieser Anspruch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter besteht, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren; dies gilt nach Satz 2 auch bei befristeten Renten für einen Anspruch nach Ablauf der Frist. Entgegen Auffassung der Beklagten, daraus und aus der Gesetzesbegründung lasse sich ableiten, dass im Rahmen der Verlängerung einer Zeitrente das bisherige Recht weiterhin gelte, und weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung lasse sich ableiten, dass mit § 302 b SGB VI eine Rechtsänderung eingetreten sei, spricht der Umstand, dass eine besondere Regelung zur Fortgeltung des bisherigen Rechts über den 31. Dezember 2000 hinaus für erforderlich gehalten wurde, dafür, dass ansonsten nach den allgemeinen Regelungen das bei Beginn der Rente maßgebliche Recht anzuwenden wäre, und zwar auch hinsichtlich der unter Umständen veränderten Anspruchsvoraussetzungen. Anderenfalls wäre § 302 b SGB VI überflüssig, weil bei der wiederholten Gewährung von Zeitrenten ohnehin das alte Recht weiterhin anzuwenden wäre. Die Berufung der Beklagten konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 SGG zugelassen. Die Rentenversicherungsträger folgen in ihrer Verwaltungspraxis der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. Oktober 1996 (aaO) nicht. Ihnen soll Gelegenheit gegeben werden, ihren Rechtsstandpunkt noch einmal überprüfen zu lassen, um künftig die Berechnung wiederholt gewährter Zeitrenten auch ohne Klagen im Einzelfall rechtmäßig durchzuführen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte - nach vorangegangener Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit - verpflichtet ist, die der Klägerin weitergewährte Rente neu zu berechnen.
Die Beklagte erkannte bei der Klägerin auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit seit dem 25. Oktober 1994 an und gewährte ihr mit Bescheid vom 17. September 1998 unter Berücksichtigung von Übergangsgeld eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab 10. April 1996 bis zum 31. März 1999. Die Rente errechnete sie unter Zugrundelegung von 21,2267 persönlichen Entgeltpunkten (pEP). Auf den Weitergewährungsantrag vom 25. Oktober 1998 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 10. November 1998 den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. März 1999 hinaus auf Zeit bis zum 31. März 2002 an. In dem Bescheid heißt es - wie vermutlich sinngemäß auch in dem vorangegangenen -, die Rente falle mit dem 31. März 2002 weg, ohne dass es eines besonderen Wegfallbescheides bedürfe. Sie könne nur auf Antrag weitergezahlt werden, wenn Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit weiter vorliege.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch rügte die Klägerin die Übernahme des Zahlbetrages aus der bisher geleisteten Rente. Am 1. April 1999 sei aufgrund eines neuen Leistungsfalls ein eigenständiges Recht auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entstanden, das eine neue Bestimmung der Leistungshöhe erforderlich mache. Der Rentenzahlbetrag sei nicht einfach aus der vorangegangenen Zeitrente zu übernehmen, sondern es sei - nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – (insbesondere des Urteils vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 31/96 -) - ausgehend von einem neuen Leistungsfall eine erneute Rentenberechnung durchzuführen, die eine höhere Leistung zur Folge haben könne.
Durch Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1999 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Rentenversicherungsträger folgten dem zitierten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht. Mit der dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin die Neuberechnung der ihr ab 1. April 1999 gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit auf der Grundlage eines am 31. März 1999 eingetretenen neuen Leistungsfalls begehrt. Durch die Zeitrentenbewilligung sei nur eine bindende Regelung bis zum 31. März 1999 getroffen worden. Für die Zeit ab 1. April 1999 sei eine neue Entscheidung auf der Grundlage eines neuen Leistungsfalls vom 31. März 1999 zu treffen. Die Beklagte habe mit ihrem ursprünglichen Rentenbescheid nur einen die Klägerin begünstigenden Verfügungssatz des Inhaltes erlassen, dass eine Rente für eine begrenzte Dauer in festgesetzter Höhe bewilligt werde und im Übrigen den weitergehenden Anspruch auf eine zeitlich unbeschränkte Rente abgelehnt. Daher habe sie auf den Weitergewährungsantrag hin erneut zukunftsgerichtet über den Rentenantrag entscheiden müssen, ohne formell oder materiell durch den Ursprungsbescheid gebunden gewesen zu sein. Grundlage dafür seien allein die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse und damit auch das zu diesem Zeitpunkt geltende Recht gewesen.
Die Beklagte hat eine probeweise Rentenberechnung für einen Leistungsfall vom 31. März 1999 durchgeführt und dabei 24,9135 pEP ermittelt. Für die Klägerin bestätigt die Probeberechnung mit einer errechneten höheren Rente von monatlich 176,07 DM ihr Begehren.
Durch Urteil vom 26. März 2004 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, die der Klägerin ab 1. April 1999 gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ausgehend von einem Leistungsfall vom 31. März 1999 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei dem die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente regelnden Bescheid der Beklagten vom 10. November 1998 nicht nur um eine bloße Verlängerung des bis zum 31. März 1999 zuerkannten Rechts auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit handele. Vielmehr verlautbare der Bescheid einen Verfügungssatz des Inhalts, dass eine Rente bestimmter Art für eine begrenzte Dauer mit festgesetzter Höhe bewilligt werde. Wie das BSG durch Urteil vom 24. Oktober 1996 entschieden habe, entfalte der vorhergehende Bescheid keine Regelungswirkung mehr hinsichtlich der Rentenhöhe. Die Beklagte müsse erneut und zukunftsgerichtet darüber entscheiden, ob der Klägerin weiterhin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zustehe. Sie habe somit Anspruch auf Neufeststellung ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung eines am 31. März 1999 eingetretenen Leistungsfalls.
Gegen das am 13. April 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. April 2004 Berufung eingelegt. Dem Urteil des BSG vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 31/96 – werde aus folgenden Gründen nicht gefolgt: Die auf der Grundlage der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) vorgenommene Differenzierung zwischen Versicherungsfall und Leistungsfall könne nicht auf die Regelungen des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI) übertragen werden. Das SGB VI verwende die Begriffe nicht, es gehe allein darum, dass nur noch der Zeitpunkt maßgeblich sei, zu dem sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Folgte man der Auffassung des BSG, würde ein Zeitrentenempfänger rentenrechtlich besser gestellt als derjenige, dem Dauerrente bewilligt worden sei, weil Letzterer nicht in den Genuss für ihn günstiger Rechtsänderungen käme. Gegen die Auffassung des BSG spreche auch die Regelung des § 302 b Abs. 1 SGB VI i.d.F. ab dem 1. Januar 2001, wonach ausdrücklich bei Weitergewährung befristeter Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, auf die am 31. Dezember 2000 Anspruch bestanden habe, auch nach diesem Zeitpunkt das bisherige Recht anzuwenden sei. Weiterhin könne dem BSG nicht gefolgt werden, soweit es von einem eigenständigen Leistungstatbestand "Zeitrente" ausgehe. Es gebe nur die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, deren zeitliche Beschränkung sich als Nebenbestimmung darstelle. Im vorliegenden Fall habe das Stammrecht in Gestalt des Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit seit dem 10. April 1996 bestanden, so dass nicht ersichtlich sei, warum zwischenzeitlich "neues Recht" anzuwenden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beide Beteiligten haben erklärt, dass sie mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden seien.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem sich beide Beteiligte damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 SGG) Berufung der Beklagten, über die anstelle des nicht mehr bestehenden Landessozialgerichtes Berlin das in Übereinstimmung mit § 28 Abs. 2 SGG durch den Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 26. April 2004 errichtete Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden hat, auf das das Verfahren gemäß Artikel 28 des Staatsvertrages am 1. Juli 2005 in dem Stand, in dem es sich an diesem Tag befunden hat, übergegangen ist, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf Neufeststellung der ihr ab 1. April 1999 gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit nach den in diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften hat. Die Beklagte war nicht berechtigt, lediglich die bisher durch Bescheid vom 17. September 1998 bewilligte, bis 31. März 1999 befristete Zeitrente über diesen Zeitpunkt hinaus weiterzugewähren, vielmehr war die am 1. April 1999 beginnende Rente nach den zu diesem Zeitpunkt gültigen Berechnungsvorschriften neu zu berechnen.
Für die Klägerin ist mit dem 31. März 1999 aufgrund eines neuen Leistungsfalles ein neues eigenständiges Recht auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit entstanden. Die Beklagte war durch die vorangegangene Zeitrentengewährung weder formell noch materiell gehindert und im Gegenteil auf den im Jahre 1998 gestellten Antrag verpflichtet, für die Zeit nach Ablauf des früheren Leistungszeitraums zukunftsgerichtet über die so genannte "Weiter"-Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996, SozR 3-2600 § 300 Nr. 8). Grundlage der dadurch veranlassten Prüfung sind allein die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse, das heißt insbesondere die jetzt vorliegenden gesundheitlichen Umstände und ihre voraussichtliche Entwicklung, aber auch die Bestimmungen des nunmehr gültigen Rechts, so dass sich demgemäß auch die positive Reaktion der Verwaltung als eigenständige und vollinhaltlich erneute ("wiederholte") Bewilligung der beantragten Rente darstellt (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 77 SGG Nr. 1). Dem stehen auch abweichende Spezialvorschriften des SGB VI nicht entgegen. § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB VI stellt klar, dass eine befristete Rente längstens bis zum Ende der Befristung geleistet wird und danach kraft Gesetzes wegfällt, ohne dass es eines Entziehungsbescheides bedarf. Dieser Gesetzeslage hatte die Beklagte in dem Rentenbescheid vom 17. September 1998 auch Rechnung getragen. Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält der Bescheid vom 17. September 1998 nicht die mit einer zeitlichen Befristung versehene Anerkennung eines Stammrechts auf Erwerbsunfähigkeitsrente, sondern lediglich die Zuerkennung eines Rentenstammrechts für einen bestimmten Zeitraum. Mit Ablauf der zeitlich begrenzten Geltung am 31. März 1999 konnte der Bescheid vom 17. September 1998 keine Regelungswirkungen mehr entfalten. Er konnte daher auch keinen Hinderungsgrund für eine (neue) Entscheidung über das (Fort)Bestehen eines Rentenanspruchs der Klägerin für die Zeit nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes darstellen. Insoweit bestand aufgrund des Antrages der Klägerin vom 25.Oktober 1998 eine Verpflichtung der Beklagten, eine (neue) Entscheidung darüber zu treffen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungszeiträume nach dem 31. März 1999 (erneut) erfüllt sind. Grundlage der von der Beklagten durchzuführenden Prüfung sind die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse und gültigen Rechtsvorschriften ( BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996, SozR 3-2600 § 300 Nr. 8; Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 8. März 2002 – L 16 RJ 13/01 – und vom 12. Februar 2004 – L 3 RJ 26/02 –). Auch nach einer vorangegangenen Zeitrentengewährung hat der Rentenversicherungsträger die Rente auf der Grundlage des zuvor eingetretenen (einheitlichen) Versicherungsfalls nach den im Zeitpunkt des Beginns der weiteren Zeitrente geltenden Rechtsvorschriften neu zu berechnen und festzusetzen. Die Beklagte hatte somit nicht nur zu prüfen, ob bei der Klägerin ab 1. April 1999 weiterhin Erwerbsunfähigkeit vorlag und die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente dem Grunde nach erfüllt waren, sondern auch eine neue Rentenberechnung nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Berechnungsvorschriften vorzunehmen.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf § 302 b Abs. 1 SGB VI i.d.F des EM-ReformG vom 20.12.2000 (BGBl I S. 1835), wonach in Fällen, in denen am 31. Dezember 2000 Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung bestand, dieser Anspruch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter besteht, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren; dies gilt nach Satz 2 auch bei befristeten Renten für einen Anspruch nach Ablauf der Frist. Entgegen Auffassung der Beklagten, daraus und aus der Gesetzesbegründung lasse sich ableiten, dass im Rahmen der Verlängerung einer Zeitrente das bisherige Recht weiterhin gelte, und weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung lasse sich ableiten, dass mit § 302 b SGB VI eine Rechtsänderung eingetreten sei, spricht der Umstand, dass eine besondere Regelung zur Fortgeltung des bisherigen Rechts über den 31. Dezember 2000 hinaus für erforderlich gehalten wurde, dafür, dass ansonsten nach den allgemeinen Regelungen das bei Beginn der Rente maßgebliche Recht anzuwenden wäre, und zwar auch hinsichtlich der unter Umständen veränderten Anspruchsvoraussetzungen. Anderenfalls wäre § 302 b SGB VI überflüssig, weil bei der wiederholten Gewährung von Zeitrenten ohnehin das alte Recht weiterhin anzuwenden wäre. Die Berufung der Beklagten konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 SGG zugelassen. Die Rentenversicherungsträger folgen in ihrer Verwaltungspraxis der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. Oktober 1996 (aaO) nicht. Ihnen soll Gelegenheit gegeben werden, ihren Rechtsstandpunkt noch einmal überprüfen zu lassen, um künftig die Berechnung wiederholt gewährter Zeitrenten auch ohne Klagen im Einzelfall rechtmäßig durchzuführen.
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