L 18 B 167/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 1032/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 167/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Dezember 2006 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 22. November 2006 bis zum 30. April 2007 eine monatliche Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 276,- EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im gesamten Verfahren.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers, mit der dieser seinen erstinstanzlich gestellten Antrag weiter verfolgt, den Antragsgegner im Wege einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, ihm für die Zeit ab 13. September 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung der ab 1. August 2006 angemieteten Wohnung zu gewähren, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist die Beschwerde nicht begründet und war zurückzuweisen.

Soweit der Antragsteller Leistungen für die Zeit vor dem Eingang seines Rechtsschutzantrages bei dem Sozialgericht (22. November 2006) geltend macht, fehlt es schon deshalb an einem Anordnungsgrund, weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als einem Verfahren zur "Notfallhilfe" die Zuerkennung von Leistungen für Zeiträume vor der Antragstellung bei Gericht regelmäßig nicht in Betracht kommt. Ein besonderer Nachholbedarf des Antragstellers oder eine gegenwärtige Notlage durch die Fortwirkung der Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart sind nicht ersichtlich.

Auch soweit der Antragsteller die Übernahme von Kosten seiner ab 1. August 2006 angemieteten Wohnung für die Zeit ab 22. November 2006 (Antragseingang) begehrt, ist ein eiliges Regelungsbedürfnis nicht dargetan. Nach dem Vorbringen des Antragstellers droht diesem weder der Verlust der Wohnung noch eine Wohnungslosigkeit im Übrigen. Vielmehr erhält er zur Vermeidung einer Kündigung insoweit finanzielle Hilfe von seinem Großvater. Eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter auf Grund von Zahlungsrückständen steht somit nicht im Raum. Mangels Vorliegens eines Anordnungsgrundes kann dahinstehen, ob der Antragsteller überhaupt, und wenn ja in welcher Höhe, einen Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten durch den Antragsgegner hat, der eine entsprechende Übernahme nicht zugesichert hat (vgl. § 22 Abs. 2a Satz 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II – i.V. mit § 68 Abs. 2 SGB II). Nicht zu entscheiden war daher auch darüber, ob in der Person des Antragstellers ein Grund im Sinne von § 22 Abs. 2a Satz 2 SGB II vorliegt bzw. ob es dem Antragsteller aus einem wichtigen Grund nicht zumutbar war, die vorherige Zusicherung des Antragsgegners einzuholen (vgl. § 22 Abs. 2a Satz 3 SGB II).

Der Antragsgegner ist jedoch einstweilen für die Zeit vom Antragseingang bis zum 30. April 2007 verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen in Höhe von 80 v.H. der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts, mithin in Höhe von monatlich 276,- EUR, zu erbringen. Der Anspruch des Antragstellers, der das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, jedenfalls auf eine Leistung in dieser Höhe folgt aus § 20 Abs. 2a SGB II. Der Antragsgegner, der sich im Wesentlichen gegen die Übernahme der Unterkunftskosten wendet, hat diesbezüglich auch keine durchgreifenden Einwendungen vorgebracht. Da eine abschließende Sachaufklärung zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Antragstellers untunlich ist, war nach Maßgabe der Erklärungen des Antragstellers zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine Rechtsfolgenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05, Seite 8 mit weiteren Nachweisen). Danach bestünde im Falle der Ablehnung des Rechtsschutzantrages die Gefahr, dass die Existenz des Antragstellers zeitweilig nicht gesichert wäre. Dieser Nachteil wiegt aber im Verhältnis zu den dem Antragsgegner drohenden Nachteilen ungleich schwerer. Aus diesem Grund war der Antragsgegner zur Erbringung vorläufiger Leistungen im tenorierten Umfang zu verpflichten. Dabei geht der Senat davon aus, dass spätestens bis zum 30. April 2007 der Antragsgegner eine Verwaltungsentscheidung über den Leistungsantrag des Antragstellers vom 13. September 2006 getroffen haben wird. Da der Lebensunterhalt des Antragstellers durch die Leistung nach Maßgabe des § 20 Abs. 2a SGB II einstweilen gesichert ist, bedarf es auch keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob der Antragsteller, der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages am 10. Juli 2006 nach seinen eigenen Angaben nicht hilfebedürftig war, überhaupt verpflichtet gewesen ist, eine vorherige Zusicherung des Antragsgegners einzuholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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