L 18 B 113/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 34 AS 10441/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 113/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2006 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern zu 1. bis 3. für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis zum 28. Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 103,- EUR zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen. Die weitergehende Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im gesamten Verfahren.

Gründe:

Angesichts der Dringlichkeit der Sache war über die Beschwerde in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Vorsitzenden zu entscheiden.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist sie nicht begründet und war zurückzuweisen.

Das Gericht geht davon aus, dass nicht nur ein Rechtsschutzantrag auf Erlass einer Regelungsanordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG der Antragsteller zu 1. und 2., sondern auch der Antragstellerin zu 3. und – für die Zeit vom 14. November 2006 bis zum 30. November 2006 – der Antragstellerin zu 4. vorliegt. Zumindest bis zum Ablauf einer Übergangsfrist (30. Juni 2007) ist anzunehmen, dass die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen Anträge bzw. Klagen regelmäßig in der Weise erheben, dass die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt erstrebten (höheren) Leistungen geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R -). Dabei ist davon auszugehen, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 1. und 2. den Rechtsschutzantrag auch für die Antragstellerinnen zu 3. und 4. gestellt haben. Eine Bevollmächtigung der Antragstellerin zu 2. durch die Antragstellerinnen zu 3. und 4. ist dabei nach § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG zu unterstellen (vgl. hierzu BSG aaO).

Ein Anordnungsanspruch der Antragsteller auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten der Unterkunft nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit ab Antragseingang bei dem Sozialgericht (14. November 2006) bis zum 30. November 2006 ist nicht ersichtlich. Insoweit ist für die vier Antragsteller von einem monatlichen Regelbedarf von 1.105,- EUR auszugehen (vgl. die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Seite 6 2. Absatz). Für die Kosten der Unterkunft können allerdings nach den vorgelegten Nachweisen und unter Berücksichtigung dessen, dass der Antragsgegner zwischenzeitlich Heizkosten für die Heizperiode 2006/2007 in Höhe von 500,50 EUR übernommen hat (Bescheid vom 29. November 2006), für November 2006 nur 59,78 EUR in Ansatz gebracht werden. Dieser Betrag errechnet sich aus dem anteiligen Abschlag für Wasser (22,50 EUR; vgl. Festsetzung der Abschläge in der Turnusrechnung der B W vom 27. September 2006), den anteiligen Schornsteinfegerkosten (8,29 EUR; vgl. Abrechnung für das 1. Halbjahr 2006 vom 8. Mai 2006) und den anteiligen Grundsteuern (28,99 EUR). Die Kosten der Müllentsorgung haben die Antragsteller bislang nicht belegt; die vorgelegte Mahnung der Stadtreinigungsbetriebe vom 14. September 2006 bezieht sich auf eine Rechnung vom 27. Januar 2006. Es ist nicht erkennbar, auf welche Abrechnungszeiträume sich diese Mahnung bezieht. Hinzu kommt, dass der Antragsteller zu 1. diese Rechnung ausweislich des vorgelegten Kontoauszuges Nr. 11 der Postbank vom 13. Oktober 2006 bereits am 10. Oktober 2006, mithin außerhalb des streitigen Zeitraums, beglichen hat. Nur ein tatsächlicher aktueller Bedarf zählt aber zu den Aufwendungen für die Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. BSG aaO).

Der sich nach vorstehender Berechnung ergebende Gesamtbedarf für November 2006 von 1.164,78 EUR (1.105,- EUR zzgl. 59,78 EUR) ist durch eigene einsetzbare Mittel der Antragsteller in einer Gesamthöhe von 1.193,31 EUR gedeckt gewesen. Auf die insoweit zutreffende Berechnung des SG in dem angefochtenen Beschluss (Seite 7 Zeile 2 bis Zeile 8) wird Bezug genommen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass eine Einkommensberücksichtigung grundsätzlich lediglich einseitig im Hinblick auf hilfebedürftige Kinder bei überschießenden Elternmitteln stattfindet, nicht aber umgekehrt bei einer Hilfebedürftigkeit des in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Da das Kindergeld aber nur insoweit als Einkommen des Kindes zu berücksichtigen ist, als es zur eigenen Bedarfsdeckung benötigt wird (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II), gilt überschießendes Kindergeld als Einkommen der Antragstellerin zu 2. Deren Einkommen ist aber bei dem Antragsteller zu 1. zu berücksichtigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis zum 28. Februar 2007 – über darüber hinausgehende Zeiträume hat das SG keine Entscheidung getroffen – stehen den Antragstellern zu 1. bis 3. – die Antragstellerin zu 4. ist zum 1. Dezember 2006 aus der Bedarfsgemeinschaft ausgeschieden - monatliche Leistungsansprüche in einer Gesamthöhe von aufgerundet (vgl. § 41 Abs. 2 SGB II) 103,- EUR zu. Der Gesamtbedarf ermäßigt sich durch den Wegfall der Antragstellerin zu 4. auf 888,78 EUR (Regelbedarf von 829,- EUR zzgl. Kosten der Unterkunft von 59,78 EUR). Dem steht ein einsetzbares Einkommen der Antragsteller zu 1. bis 3. in Höhe von 786,05 EUR gegenüber (bereinigtes Einkommen der Antragstellerin zu 2. - 359,76 EUR - zzgl. Halbwaisenrente Antragstellerin zu 3. - 148,29 - EUR abzgl. 30,- EUR Versicherungspauschale Antragstellerin zu 3. zzgl. Kindergeld Antragstellerin zu 3. und 4. von insgesamt 308,- EUR). Dabei ist davon auszugehen, dass das Kindergeld für die Antragstellerin zu 4. als Einkommen der Antragstellerin zu 2. anzusehen ist, solange es nicht nachweislich an die nicht mehr im Haushalt lebende volljährige Antragstellerin zu 4. weitergeleitet wird (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 8 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung). Danach verbleibt ein ungedeckter Bedarf der Antragsteller zu 1. bis 3. von 102,73 EUR, aufgerundet 103,- EUR. Die Berechnung des Antragsgegners in seinem im Klageverfahren (S 34 AS 10441/06) eingereichten Schriftsatz vom 15. Januar 2007 verkennt, dass es sich bei dem dort in Ansatz gebrachten Einkommen der Antragstellerin zu 2. von 588,95 EUR um den unbereinigten Nettoverdienst handelt. Der Antragsgegner hatte hierzu bereits in dem Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2006 zutreffend ausgeführt, dass hiervon nach Bereinigung (§§ 11,30 SGB II) nur ein monatlicher Betrag von 359,76 EUR angerechnet werden kann.

Durch die Entscheidung im Beschwerdeverfahren hat sich der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss gemäß § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG, den der Antragsgegner mit seinem Schriftsatz vom 29. Januar 2007 sinngemäß gestellt hat, erledigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Antragsteller zumindest teilweise mit ihrem Begehren haben durchdringen können. Zudem hat der Antragsgegner ein Anerkenntnis hinsichtlich der Übernahme von Heizkosten abgegeben, das sich auch auf den vorliegend streitigen Zeitraum bezieht.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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