L 16 R 1110/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 RJ 1673/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1110/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. April 2005 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2004 verurteilt, der Klägerin große Witwenrente ab 01. Juli 2003 aus der Versicherung des H L zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im gesamten Verfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von großer Witwenrente ab 01. Juli 2003 aus der Versicherung des am 07. Juni 2003 verstorbenen Versicherten H L(Versicherter).

Die 1924 geborene Klägerin lebte seit 1984 mit dem am 18. Februar 1920 geborenen Versicherten in häuslicher Gemeinschaft. Sie bezieht aus eigener Versicherung eine Rente mit einem Zahlbetrag von 181,31 EUR und bezog aus der Versicherung ihres früheren Ehegatten K K (K.) eine große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten mit einem Zahlbetrag von 701,08 EUR sowie von der OGmbH aus Anwartschaften des K. ein Witwengeld mit einem Zahlbetrag von 88,45 EUR (Angaben jeweils für März 2003). Der Versicherte bezog im März 2003 von der Beklagten eine Rente aus eigener Versicherung mit einem Zahlbetrag von 970,07 EUR und eine Rente der Versorgungsanstalt der Deutschen Post (VAP) mit einem Zahlbetrag von 624,42 EUR. Seit 1. Januar 2004 bezieht die Klägerin wieder eine große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten (Bescheid vom 24. Februar 2005).

Seit 1974 bestand bei dem Versicherten eine Amaurosis (Erblindung infolge eines Arterienverschlusses) auf dem linken Auge. Bereits mit Bescheid vom 22. August 1996 hatte das Versorgungsamt Berlin bei dem Versicherten unter anderem einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 und die Notwendigkeit einer ständiger Begleitung bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln festgestellt. Vom 11. bis 29. November 2001 wurde der Versicherte stationär im V W Klinikum behandelt (Hauptdiagnose: Rechtsherzinsuffizienz; Nebendiagnosen: Linksherzinsuffizienz, dekompensierte Herzinsuffizienz, Aortenklappenstenose, Mitralklappeninsuffizienz, Koronarsyndrom, chronische Niereninsuffizienz, Refluxösophagitis, Varikosis). Die Klägerin und der Versicherte schlossen am 07. März 2003 die Ehe. Der Versicherte wurde vom 16. bis 25. April 2003 stationär im V A-V-Klinikum (AVK) behandelt (Diagnosen: linksführende dekompensierte Herzinsuffizienz, chronische Niereninsuffizienz, Aortenklappenstenose, Refluxösophagitis, Verdacht auf dilatative Kardiomyopathie, Linksschenkelblock, Harnwegsinfekt). Am 2003 verstarb der Versicherte.

Mit Bescheid vom 17. November 2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin aus Juli 2003 auf Gewährung von Witwenrente gemäß § 46 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) ab. Zur Begründung führte sie aus, dass besondere Umstände, die die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nach § 46 Abs. 2 a SGB VI – bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr – widerlegen könnten, nicht vorlägen. Der Versicherte sei bereits vom 11. bis 29. November 2001 wegen eines schweren kardial dekompensierten Zustandes stationär behandelt worden. Danach habe nach dem vorgelegten Attest der Dr. K (Hausärztin und Ärztin für Innere Medizin) vom 28. April 2003 wieder ein stabiler gesundheitlicher Zustand bestanden, der sich im April 2003 akut verschlechtert und bei linksführender dekompensierter Herzinsuffizienz in der Zeit vom 16. bis 25. April erneut eine stationäre Behandlung erforderlich gemacht habe. Im Hinblick auf diesen Krankheitsverlauf und das Alter des verstorbenen Versicherten sei dieser somit weder plötzlich noch unvermutet verstorben. Vor allem sei er zur Zeit der Eheschließung nicht ständig pflegebedürftig gewesen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Attest der Dr. K als auch aus dem Bericht des AVK. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass der Vorwurf einer Versorgungsehe schon im Hinblick auf ihren Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung aus erster Ehe sowie in Anbetracht ihres Alters nicht zutreffend sei. Außerdem habe sie mit ihrem verstorbenen Ehemann seit über 18 Jahren in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt und ihn, nicht zuletzt wegen seines Augenleidens (über 90 % Sehbehinderung), die letzten Jahre betreut und gepflegt. Wenn die Eheschließung aus Gründen der Hinterbliebenenversorgung hätte geschlossen worden sollen, hätte diese schon nach dem ersten Krankenhausaufenthalt im Jahr 2001 erfolgen können. Dass keine "Eilbedürftigkeit" für eine Eheschließung bestanden habe, ergebe sich auch daraus, dass das Aufgebot bereits am 10. Dezember 2002 bestellt worden sei. Dr. K habe in ihrem Attest vom 17. September 2003 bescheinigt, dass "vor dem 16. April 2003 aus internistischer Sicht keinerlei Grund zu der Annahme bestand, dass in absehbarer Zeit eine erhebliche gesundheitliche Instabilität eintreten würde". Gerade im Hinblick auf den Krankheitsverlauf und die Tatsache, dass der Versicherte im gebesserten Zustand entlassen worden sei, sei er am 07. Juni 2003 sehr wohl plötzlich und unerwartet verstorben. Der medizinische Dienst der Krankenversicherung habe aufgrund eines Antrags des AVK die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit des Versicherten nach der Pflegestufe II festgestellt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2004 zurück und führte zur Begründung aus: Die Klägerin habe nicht hinreichend klar gestellt, dass bei der Eheschließung auf absehbare Zeit der Tod des Ehegatten nicht zu erwarten gewesen sei. Der Widerspruchsausschluss habe sich nicht davon überzeugen können, dass unter Würdigung der festgestellten Diagnosen im Attest der Frau Dr. K vom 17. September 2003 von einem stabilen gesundheitlichen Zustand auszugehen gewesen sei, zumal schon damals im Entlassungsbericht vom 26. November 2001 ausdrücklich ausgeführt worden sei, dass die Gesamtsituation eine Herzoperation nicht angezeigt erscheinen lasse. Das langjährige eheähnliche Zusammenleben unterstreiche die Rechtsvermutung einer Versorgungsehe. Zur Pflege oder Betreuung hätte es einer Eheschließung nicht bedurft.

Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen: Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei der Gesundheitszustand des Versicherten stabil und tödliche Folgen einer Krankheit seien nicht zu erwarten gewesen. Die Betriebsrente sei durch die Eheschließung weggefallen und auch nicht mehr aufgelebt. Nach der schweren Erkrankung des Versicherten im November 2001 habe sie mit ihm viele gemeinsame Reisen unternommen. Dies lasse ebenfalls nicht auf eine instabile Gesundheit schließen. Sie hätten sich vom 10. Januar bis 01. Februar 2003 zu einem Kuraufenthalt in der Slowakei aufgehalten. Die am 28. Oktober 2002 gebuchte Kreuzfahrt nach S vom 15. bis 31. Juli 2003 habe infolge der stationären Behandlung des Versicherten im April 2003 storniert werden müssen. Die Eheschließung habe der Beendigung des eheähnlichen Zusammenlebens gedient und überwiegend aus einer moralischen Verpflichtung zwischen ihr und dem Verstorbenen hergerührt, da er inzwischen pflegebedürftig geworden und nicht mehr nur auf die dauernde Begleitung angewiesen gewesen sei. Durch die Eheschließung habe auch die Bindung auf eine höhere Ebene gestellt und im Hinblick auf die Pflege gefestigt werden sollen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 13. April 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Besondere Umstände, die gegen die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sprächen, hätten nicht festgestellt werden können. Soweit die Klägerin geltend mache, sie habe den Versicherten im Hinblick auf seine Pflegebedürftigkeit geheiratet, habe dies nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachvollzogen werden können. Seine Pflege sei schon im Rahmen des nichtehelichen Zusammenlebens gesichert gewesen. Nach der Argumentation der Klägerin hätte es nahe gelegen, spätestens nach dem Auftreten der schweren kardialen Dekompensation im November 2001 die Ehe zur Sicherung der Pflege des Versicherten zu schließen. Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin durch ihre eigene Rente und eine Hinterbliebenenrente nach dem ersten Ehegatten abgesichert sei. Die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung belegte Einsetzung als Alleinerbin des Versicherten bereits 1984 besage nichts, denn das Testament hätte jederzeit widerrufen werden können. Aus der von der Klägerin überreichten Rentengegenüberstellung ergebe sich eine günstigere Versorgung der Klägerin mit einer Witwenrente nach dem Versicherten. Die Angabe der Klägerin, ihre Beziehung zum Versicherten sei positiv verlaufen und sie hätten sich gern gehabt, erkläre nicht, weshalb die Ehe erst kurz vor dem Tod des Versicherten und nicht bereits wesentlich früher geschlossen worden sei.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rentenbegehren weiter und trägt vor: Die von ihr erstellte Rentengegenüberstellung sei nicht korrekt. Durch die Eheschließung hätten beide dauerhaft auf ein Drittel der Summe ihrer Renten verzichtet. Außerdem habe der Versicherte sie im Falle seines plötzlichen oder unvermuteten Ablebens vor einer finanziellen Katastrophe bewahren wollen, da eine Erbschaft nur im Fall der Eheschließung erbschaftssteuerfrei gewesen wäre. Da der Nachlass auf ca. 150.000 EUR geschätzt worden sei, wäre eine Erbschaftssteuer in Höhe von ca. 33.000 EUR zu zahlen gewesen. Der Versicherte sei nach dem 25. April 2003 nicht mehr stationär behandelt worden und am Pfingstsamstag im Wohnzimmer seines Einfamilienhauses vor dem Fernseher während der Sportschau verstorben. Es sei keine Obduktion vorgenommen worden. Die Todesursache sei nie geklärt worden. Sie gehe als Todesursache von Hitzschlag oder Herzversagen aus.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. April 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr große Witwenrente ab 01. Juli 2003 aus der Versicherung des H L zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Gründe der Vorentscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von großer Witwenrente ab 01. Juli 2003 aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehegatten H L.

Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder Witwerrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des Versicherten und hatte im Zeitpunkt seines Todes das 45. Lebensjahr vollendet. Der Versicherte bezog im Sterbemonat eine Altersrente. Daraus ergibt sich, dass auch die allgemeine Wartezeit (§ 50 SGB VI) erfüllt ist. Aufgrund des Rentenbezugs im Sterbemonat beginnt die große Witwenrente gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 SGB VI am 01. Juli 2003.

Entgegen der vom SG und der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung steht dem Anspruch auf große Witwenrente die Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht entgegen. Danach haben Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI greift zunächst ein; denn die nach dem Inkrafttreten dieser Norm (vgl. zum Übergangsrecht § 242a Abs. 3 SGB VI) am 7. März 2003 geschlossene Ehe dauerte nicht mindestens ein Jahr. Der Versicherte verstarb am 2003. Die gesetzliche Vermutung ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens allerdings widerlegt. Es steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass der Versorgungsgedanke nicht der überwiegende und erst recht nicht der alleinige Zweck der Heirat gewesen ist.

Wenn sich nach der Lebenserfahrung und dem von der Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung am 20. März 2007 berichteten Motiv einer Vermeidung von Erbschaftssteuer auch nicht ausschließen lässt, dass der Versorgungsgedanke für den Entschluss, nach fast 20 Jahren des Zusammenlebens die Ehe einzugehen, eine Rolle gespielt haben mag, ist der - zumindest überwiegende - Versorgungszweck dennoch als widerlegt im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI anzusehen. Dafür spricht schon, dass weder im Zeitpunkt der Bestellung des Aufgebots (10. Dezember 2002) noch im Zeitpunkt der Eheschließung (7. März 2003) Anhaltspunkte für die Besorgnis eines vorzeitigen Ablebens des Versicherten bestanden (vgl. KassKomm-Gürtner, § 46 SGB VI Rn. 46c unter Bezug auf BSGE 60, 204). Der Versicherte war zwar unstreitig bereits im November 2001 schwer erkrankt und musste vom 11. bis 29. November 2001 stationär im V W Klinikum wegen einer Rechtsherzinsuffizienz und weiteren Erkrankungen behandelt werden. Anschließend bestand aber nach dem Attest der Dr. K vom 17. September 2003 wieder ein reduzierter, aber stabiler gesundheitlicher Zustand des Versicherten. Dass sich der Versicherte nach seinem Krankenhausaufenthalt wieder erholt hatte, lässt sich auch daran ersehen, dass die Klägerin und der Versicherte in den Jahren 2002 und 2003 mehrtägige bis mehrwöchige Urlaubsreisen bzw. private Kuraufenthalte unternommen hatten. So reisten beide zwischen der Bestellung des Aufgebots und der Eheschließung vom 10. Januar bis 01. Februar 2003 in die Slowakei zu einem privaten Kuraufenthalt. Sie hatten auch noch vor der Bestellung des Aufgebots eine 10-tägige Kreuzfahrt nach S gebucht. Zu dieser Zeit war der Versicherte jedenfalls noch reisefähig. Insoweit bestätigt Dr. K in ihrem Attest vom 28. April 2003, dass seinerzeit aus medizinischer Sicht gegen eine Urlaubsreise keine Bedenken bestanden hatten. Erst Anfang April, also nach der Eheschließung, verschlechterte sich dann der Gesundheitszustand des Versicherten akut, und er musste vom 16. bis 25. April 2003 stationär im AVK wegen einer linksführenden dekompensierten Herzinsuffizienz, einer chronischen Niereninsuffizienz, einer Aortenklappenstenose, einer Refluxösophagitis, einem Verdacht auf dilatative Kardiomyopathie, einem Linksschenkelblock und einem Harnwegsinfekt behandelt werden. Nach der Entlassung aus dem AVK war allerdings eine weitere stationäre Behandlung nicht erforderlich. Der Versicherte verstarb nach den glaubhaften Angaben der Klägerin plötzlich und unerwartet am Pfingstsamstag im Wohnzimmer seines Einfamilienhauses vor dem Fernseher während der Sportschau. In Würdigung dieses Verlaufs hat dementsprechend die Fachärztin für Innere Medizin E in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte vom 09. Oktober 2003 gefolgert, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung am 07. März 2003 nicht mit dem Ableben des Versicherten auf absehbare Zeit zu rechnen gewesen war.

Hinzu kommt, dass zwischen den Ehegatten bereits vor der Eheschließung eine viele Jahre andauernde gefestigte Verbindung bestanden hatte. Dies beweist nicht nur die Dauer der seit 1984 bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern auch die testamentarische Erbeinsetzung der Klägerin durch den Versicherten bereits 1984. Zwar ist die Dauer des Zusammenlebens in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft allein nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI zu widerlegen. Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können aus den unterschiedlichsten Gründen eine Ehe nicht eingehen wollen. Umgekehrt ist die Eingehung einer Versorgungsehe auch nicht die logische Konsequenz einer langjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Maßgeblich sind vielmehr immer die Umstände des Einzelfalls. Davon ausgehend hatte sich faktisch bereits vor der Heirat eine dem Wesen der Ehe entsprechende Lebens- und Beistandsgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Versicherten entwickelt. Der Versicherte war stark sehbehindert und wurde nach dem Attest der Dr. K vom 17. September 2003 von der Klägerin liebevoll umsorgt. Hiermit in Übereinstimmung steht das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 20. März 2007, dass sie den Versicherten immer begleitet habe. Dass nach dem Vortrag der Klägerin durch die Eheschließung die bestehende Bindung der Partner auf eine höhere Ebene gestellt und im Hinblick auf die Pflege gefestigt werden sollte, erweist sich in Würdigung der Gesamtumstände als Konsequenz aus der gefestigten Lebenspartnerschaft. Dieser Beweggrund der engeren Beziehung zeigt sich schließlich auch darin, dass der Versicherte, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert hat, sich noch enger an die Familie der Klägerin hatte binden und auch bei ihrem ersten Ehemann auf dem Friedhof hatte bestattet werden wollen.

Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin erfordern schließlich keine andere Bewertung der Beweggründe für die Eheschließung im Rahmen der Gesamtwürdigung. Denn zur Sicherung ihrer bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse war die Klägerin auf die Witwenrente aus der Versicherung des H L nicht angewiesen. Sie bezieht eine Rente aus eigener Versicherung und bezog bis zur Eheschließung eine große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten sowie ein Witwengeld ("Osram-Rente"). Durch die Eheschließung trat objektiv zunächst eine Minderung in den laufenden Einnahmen der Eheleute ein; denn die Klägerin verlor auf zunächst nicht absehbare Zeit ihren Anspruch auf die große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten und endgültig den Anspruch auf Witwengeld. Daraus, dass nach dem Tod des Versicherten dann der Anspruch auf große Witwenrente aus der Versicherung des früheren Ehegatten wieder auflebte (Bescheid vom 24. Februar 2005), erhellt vielmehr, dass sie zur Sicherung ihres Lebensunterhalts auf die - streitige - große Witwenrente nicht angewiesen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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