Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 1607/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 188/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugunsten der hinterbliebenen Witwe eines verstorbenen Ruhestandsbeamten findet eine Nachversicherung nach § 8 Abs. 2 S. 2 SGB VI auch dann nicht statt, wenn dieser keinerlei Hinterbliebenenversorgung nach dem BeamtVG gewährt wird.
Die Berufungen werden zurückgewiesen. Die Beklagte hat die gerichtlichen sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Im Übrigen werden Kosten nicht erstattet. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob der Kläger verpflichtet ist, den verstorbenen Versicherten Prof. Dr. S, den Ehemann der Beigeladenen, zu deren Gunsten nachzuversichern.
Der 1920 geborene Versicherte war Beamter beim Kläger. Er zahlte bis Juni 1953 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung bei der Beklagten ein, danach freiwillige Beiträge. Er war in erster Ehe seit 1944 bis zum Tode der Ehefrau am 17. Februar 1999 verheiratet. Er schied zum 30. Juni 1985 aus der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamter aus und erhielt ab dann vom Kläger Versorgungsbezüge. Gleichzeitig bezog er vom 1. Juli 1985 an von der Beklagten Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres (später Regelaltersrente).
Am 25. Juni 1999 heiratete er die am 1. September 1955 geborene Beigeladene. Er verstarb am 9. März 2000.
Im Januar 2001 beantragte die Beigeladene die Nachversicherung gemäß § 8 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Zuvor war ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung in Form vom Witwengeld oder Unterhaltsbeitrag nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) vom Kläger als Dienstherr abgelehnt worden. Nach Klagerücknahme der Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin – VG 26 A 221/00 – sind die entsprechenden Bescheide des Landesverwaltungsamtes bestandskräftig.
Die Beklagte schrieb am 14. Februar 2001 an den Kläger, der Nachversicherungsfall nach § 8 Abs. 2 SGB VI sei eingetreten, weil die Beigeladene aus dem Dienstverhältnis ihres verstorbenen Gatten weder Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung noch auf einen Unterhaltsbeitrag des Versicherten habe. Beigefügt war eine Ablichtung der Nummer 14 der Sitzung 3/2000 der Arbeitsgruppe des Fachausschusses für Versicherung und Rente des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger vom 22. August 2000. Darin sei festgestellt, dass bei Tod des Versorgungsempfängers eine Nachversicherung durchzuführen sei, wenn kein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bestehe. Zur Begründung des Beschlusses der Arbeitsgruppe wird zum einen auf die amtliche Begründung im Gesetzgebungsverfahren verwiesen (Bezugnahme auf BT-Drucksache 11/4124 Seite152 ff.), wonach der Begriff der Versorgung auch die Versorgung etwaiger Hinterbliebener umfasse. Nach dem Wortlaut der Vorschrift könne zwar darauf geschlossen werden, dass der Versorgungsverlust des bisherigen Versorgungsempfängers gemeint sei und nicht derjenige eines Hinterbliebenen, weil sich die Vorschrift nicht ausdrücklich auf Hinterbliebene der genannten Personen beziehe. Allerdings spreche zum anderen auch die Parallele zur fiktiven Nachversicherung nach § 72 b Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131) für eine Nachversicherung. Nach § 72 b Abs. 1 Satz 2 G 131 finde § 72 Anwendung, wenn ein durch entsprechende Wiederverwendung begründetes Dienstverhältnis ende, ohne dass dem Betroffenen eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung zustehe, bei deren Bemessung die für die Nachversicherung erheblichen Zeiten berücksichtigt würden.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2002 forderte die Beklagte den Kläger (Bezirksamt Mitte von Berlin) auf, die Nachversicherung durchzuführen. Der Kläger hat hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben. In dem parallel angestrebten Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes hat die Beklagte mit Schreiben vom 13. Mai 2002 erklärt, aus dem angefochtenen Bescheid zur Nachversicherung bis zum Abschluss der Hauptsache keine Vollziehung vorzunehmen (SG Berlin Az S 2 RA 1607/02 ER-). Zur Begründung der Klage hat der Kläger ausgeführt, es sei zwar richtig, dass die Beigeladene weder einen Anspruch auf Witwengeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG noch auf einen Unterhaltsbeitrag nach § 22 Abs. 1 BeamtVG habe. Ein Witwengeldanspruch sei aber bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung gesetzlich ausgeschlossen gewesen. § 22 Abs. 1 BeamtVG verfolge den Sinn, dem Dienstherrn die Versorgung der nachgeheirateten Witwe völlig oder teilweise zu ersparen, soweit ihm die Versorgung nicht zuzumuten oder soweit sie aus fürsorgerischen Gründen nicht geboten sei. Diese Regelung würde leer laufen, wenn in diesen Fällen der Nachversicherungsfall gemäß § 8 Abs. 2 SGB VI eintrete. Voraussetzung für eine Nachversicherung sei ein unversorgtes Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis. Im Todesfall sei eine Nachversicherung nur dann durchzuführen, wenn die nachversicherungsfähige Person durch Tod aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheide und die Hinterbliebenen keinen Anspruch auf Versorgung hätten. Der Versicherte hier sei nicht durch Tod aus dem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden, sondern durch seine Versetzung in den Ruhestand. In diesem Falle seien abschließend die Vorschriften aus dem Beamtenversorgungsrecht heranzuziehen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Versorgungsanspruch der ersten Ehefrau könne nicht angeführt werden. Diese sei bereits 1999 verstorben. Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten habe kein Versorgungsanspruch mehr für die erste Ehefrau bestanden. Damit sei der Nachversicherungsfall eingetreten.
Die Beigeladene hat der Annahme einer Versorgungsehe widersprochen. Die späteren Eheleute hätten bereits sei 1986, also insgesamt mindestens 14 Jahre, in einer Schicksalsgemeinschaft zusammengelebt. Sie hat beim Kläger im Oktober 2004 einen erneuten Antrag auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrages bzw. einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gestellt. Dies hat dieser abgelehnt.
Das SG hat mit Urteil vom 16. Dezember 2004 den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2002 aufgehoben. Die Klage sei zulässig und begründet, weil ein Nachversicherungsfall nach § 8 Abs. 2 SGB VI nicht vorliege. Der Anspruch ergebe sich zum einen nicht aus § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Der Versicherte sei zwar als Beamter versicherungsfrei gewesen, jedoch nicht ohne Anspruch auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden (1. Alternative). Der Verlust eines Anspruches auf Versorgung (2. Alternative) habe ebenfalls nicht vorgelegen. Ein Anspruch auf Nachversicherung folge auch nicht aus § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB VI. Satz 3 des § 8 Abs. 2 SGB VI stehe in Beziehung zu § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Dort sei das Ausscheiden aus der "Beschäftigung" geregelt. Auch bei dem nachfolgenden Satz 3 müsse deshalb die Beschäftigung durch den Tod ihr Ende finden. Die Formulierung "erfolgt eine Nachversicherung nur" mache deutlich, dass mit Satz 3 nicht etwa eine Ausdehnung der Nachversicherung, sondern im Gegenteil eine Einschränkung für den Fall gemeint sei, dass ein Ausscheiden aus der Beschäftigung durch Tod erfolge. Die versorgungsrechtlichen Vorschriften würden umgangen, wenn zwar eine Versorgung der nachgeheirateten Witwe ausgeschlossen sei, statt dessen aber zu deren Versorgung die Nachversicherung erfolgen müsse. Hierfür spreche auch die neue Regelung in § 46 Abs. 2 a SGB VI, wonach ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente von einer mindestens einjährigen Ehedauer abhängig gemacht werde.
Hiergegen richten sich die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen. Die Beklagte ist der Auffassung, der Tod eines Ruhestandsbeamten sei in § 8 Abs. 2 SGB VI nicht eindeutig geregelt. Die Vorschrift müsse deshalb ausgelegt werden. Die Witwen- bzw. Witwerrente der gesetzlichen Rentenversicherung solle den durch Tod des Ehegatten wegfallenden Unterhaltsanspruch (§ 1360 Bürgerliches Gesetzbuch) für den überlebenden Ehegatten ersetzen. Das Recht der Nachversicherung hingegen orientiere sich nicht am Beamtenversorgungsgesetz, sondern am Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies werde z. B. aus § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI deutlich, wonach eine widerrufliche Versorgung nur dann einen Aufschubgrund darstelle und damit dem Eintritt des Nachversicherungsfalles entgegenstehe, wenn die Versorgung der aus einer Nachversicherung erwachsenen Rentenanwartschaft mindestens gleichwertig sei. Die Beklagte wiederholt im Übrigen ihre Argumente.
Die Beigeladene betont, dass sie und der Verstorbene bereits seit 1993 hätten heiraten wollen, eine Scheidung des Versicherten von seiner ersten Ehefrau lediglich im Hinblick auf deren Suizidgefährdung unterblieben sei. Die Beigeladene habe darauf vertrauen dürfen, dass sie Witwenrente erhalte und der Kläger zur Nachversicherung verpflichtet sei. Die Änderungen der gesetzlichen Rentenversicherung seien erst zum Jahresbeginn 2002 eingeführt worden und vorliegend nicht anwendbar.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakte sowie die Versorgungsakte des Klägers verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind zulässig, jedochunbegründet. Das SG hat den Nachversicherungsbescheid der Beklagten zu Recht aufgehoben.
Eines Vorverfahrens hat es nach § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht bedurft.
Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und beschwert den durch ihn belasteten Kläger (§ 54 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG). Eine Pflicht zur Zahlung von Beiträgen für die Nachversicherung nach § 184 Abs. 1 SGB VI ist nicht entstanden. Der Nachversicherungsfall ist nicht eingetreten. Es fehlt, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, am Vorliegen der Voraussetzungen aller Nachversicherungstatbestände des § 8 Abs. 2 SGB VI. Der Versicherte Prof. Dr. S ist nicht ohne Anspruch auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden, sondern war normaler Ruhestandsbeamter (§ 8 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative). Er (selbst) hat auch seinen Anspruch auf Versorgung nicht verloren (2. Alternative).
Richtig hat das SG auch ausgeführt hat, dass es sich bei § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB VI bereits nach dem Wortlaut nicht um eine weitere Möglichkeit der Nachversicherung handelt (für Hinterbliebene), sondern um eine Einschränkung des Nachversicherungsfalles Ausscheiden aus der Beschäftigung (also der 1. Alternative). Auf die Ausführungen wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Wer als Ruhestandsbeamter stirbt, scheidet also nicht durch Tod aus dem Beschäftigungsverhältnis aus.
Mit dem Tod gehen für den Hinterbliebenen auch nicht alle Ansprüche auf Versorgung verloren. Anstelle der Ruhestandsbezüge treten nämlich Bezüge für den Sterbemonat (§ 17 BeamtVG), Sterbegeld (§ 18 BeamtVG), Witwen-/Witwer- bzw. Waisengeld (§§ 19ff, 28 BeamtVG). Außerdem gibt es § 22 BeamtVG (Unterhaltsbeitrag für nicht witwengeldberechtige Witwen und frühere Ehefrauen). Diese Versorgungsregelungen dienen dem Ersatz des wegfallenden Ehegattenunterhaltes, so dass das Argument der Beklagten (alleine) die Witwenrente nach dem SGB VI ersetze den Unterhalt, nicht zugkräftig ist. Die Versorgung des hinterbliebenen Ehegatten eines verstorbenen Beamten ist somit abschließend im Abschnitt 3 des BeamtVG geregelt (ebenso bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. März 2003 – L 13 RA 249/06 –; das Bundessozialgericht [BSG] hat die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen, B. v. 1.12.2003 –B 4 RA 136/03 B).
Das LSG Baden-Württemberg hat im zitierten Urteil zutreffend ausgeführt, dass sich die Beklagte für ihre Auffassung nicht auf § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI stützen kann. Die Vorschrift macht lediglich deutlich, dass ein die Nachversicherung ausschließender Anspruch auf Versorgung grundsätzlich nur ein unwiderruflicher lebenslanger Anspruch ist, die Nachversicherung also durch einen nur widerruflichen Anspruch auf Versorgung nicht ausgeschlossen wird.
Auch aus dem früheren § 72b G131 lässt sich nichts anderes ableiten. Das Gesetz gilt nicht mehr (vgl. Artikel 3 des Gesetzes vom 20. September 1994 [BGBl I 2442] Dienstrechtliches Kriegsfolgen-Abschlußgesetz § 1 Aufhebung von Kriegsfolgeregelungen). Auch ergibt sich aus der Regelung im ehemaligen § 72b Satz 2 G131 überhaupt nicht deutlich, dass im Falle des Versterbens eines Versorgungsempfängers für einen Hinterbliebenen immer die entsprechende Nachversicherung (der Zeiten bis 8. Mai 1945) auch dann erfolgen musste, wenn diese Zeiten nicht bereits im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung berücksichtigt worden waren. Die Vorschrift setzte nämlich das Ende des (aktiven) Dienstverhältnisses voraus, welches aber beim Ruhestandsbeamten bereits beendet gewesen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Über die Kosten war insgesamt von Amts wegen zu entscheiden. Die Beklagte hat als unterliegende Beklagte und Berufungsführerin die Kosten nach § 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 VwGO einschließlich der Gerichtskosten zu tragen. Der Grundsatz des Verschlechterungsverbotes (reformatio in peius) gilt hinsichtlich der Kostentragungslast im Berufungsverfahren nicht (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 8. Auflage 2005 § 197 a Rdnr. 21 mit Bezug auf BSGE 62, 131, 136). Der Beigeladenen sind Kosten nach § 197 a Abs. 2 Satz 2 SGG nicht aufzuerlegen, weil sie Hinterbliebenenleistungsempfängerin im Sinne des § 183 SGG ist, und der Verweis auf § 183 SGG nur im Rahmen einer entsprechenden Anwendung Sinn macht.
Die Revision ist zuzulassen. Der Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Die Frage einer etwaigen Nachversicherung unversorgter Witwen bzw. Witwer betrifft nach den Angaben der Beklagten nicht nur Einzelfälle. Eine Nachversicherung ist in § 8 Abs. 2 SGB VI nicht ausdrücklich ausgeschlossen, so dass sich die Auffassung des SG und des Senats auch nicht ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Der Personenkreis gehört nicht zu den Personen im Sinne der Übergangsvorschrift des § 233 Abs. 1 SGB VI. Dort wird nur für die Nachversicherung von Personen, die selbst vor dem 1. Januar 1992 aus einer Beschäftigung ausschieden oder selbst ihren Versorgungsanspruch verloren, auf das frühere Recht verwiesen.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob der Kläger verpflichtet ist, den verstorbenen Versicherten Prof. Dr. S, den Ehemann der Beigeladenen, zu deren Gunsten nachzuversichern.
Der 1920 geborene Versicherte war Beamter beim Kläger. Er zahlte bis Juni 1953 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung bei der Beklagten ein, danach freiwillige Beiträge. Er war in erster Ehe seit 1944 bis zum Tode der Ehefrau am 17. Februar 1999 verheiratet. Er schied zum 30. Juni 1985 aus der versicherungsfreien Beschäftigung als Beamter aus und erhielt ab dann vom Kläger Versorgungsbezüge. Gleichzeitig bezog er vom 1. Juli 1985 an von der Beklagten Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres (später Regelaltersrente).
Am 25. Juni 1999 heiratete er die am 1. September 1955 geborene Beigeladene. Er verstarb am 9. März 2000.
Im Januar 2001 beantragte die Beigeladene die Nachversicherung gemäß § 8 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Zuvor war ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung in Form vom Witwengeld oder Unterhaltsbeitrag nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) vom Kläger als Dienstherr abgelehnt worden. Nach Klagerücknahme der Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin – VG 26 A 221/00 – sind die entsprechenden Bescheide des Landesverwaltungsamtes bestandskräftig.
Die Beklagte schrieb am 14. Februar 2001 an den Kläger, der Nachversicherungsfall nach § 8 Abs. 2 SGB VI sei eingetreten, weil die Beigeladene aus dem Dienstverhältnis ihres verstorbenen Gatten weder Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung noch auf einen Unterhaltsbeitrag des Versicherten habe. Beigefügt war eine Ablichtung der Nummer 14 der Sitzung 3/2000 der Arbeitsgruppe des Fachausschusses für Versicherung und Rente des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger vom 22. August 2000. Darin sei festgestellt, dass bei Tod des Versorgungsempfängers eine Nachversicherung durchzuführen sei, wenn kein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bestehe. Zur Begründung des Beschlusses der Arbeitsgruppe wird zum einen auf die amtliche Begründung im Gesetzgebungsverfahren verwiesen (Bezugnahme auf BT-Drucksache 11/4124 Seite152 ff.), wonach der Begriff der Versorgung auch die Versorgung etwaiger Hinterbliebener umfasse. Nach dem Wortlaut der Vorschrift könne zwar darauf geschlossen werden, dass der Versorgungsverlust des bisherigen Versorgungsempfängers gemeint sei und nicht derjenige eines Hinterbliebenen, weil sich die Vorschrift nicht ausdrücklich auf Hinterbliebene der genannten Personen beziehe. Allerdings spreche zum anderen auch die Parallele zur fiktiven Nachversicherung nach § 72 b Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131) für eine Nachversicherung. Nach § 72 b Abs. 1 Satz 2 G 131 finde § 72 Anwendung, wenn ein durch entsprechende Wiederverwendung begründetes Dienstverhältnis ende, ohne dass dem Betroffenen eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung zustehe, bei deren Bemessung die für die Nachversicherung erheblichen Zeiten berücksichtigt würden.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2002 forderte die Beklagte den Kläger (Bezirksamt Mitte von Berlin) auf, die Nachversicherung durchzuführen. Der Kläger hat hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben. In dem parallel angestrebten Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes hat die Beklagte mit Schreiben vom 13. Mai 2002 erklärt, aus dem angefochtenen Bescheid zur Nachversicherung bis zum Abschluss der Hauptsache keine Vollziehung vorzunehmen (SG Berlin Az S 2 RA 1607/02 ER-). Zur Begründung der Klage hat der Kläger ausgeführt, es sei zwar richtig, dass die Beigeladene weder einen Anspruch auf Witwengeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG noch auf einen Unterhaltsbeitrag nach § 22 Abs. 1 BeamtVG habe. Ein Witwengeldanspruch sei aber bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung gesetzlich ausgeschlossen gewesen. § 22 Abs. 1 BeamtVG verfolge den Sinn, dem Dienstherrn die Versorgung der nachgeheirateten Witwe völlig oder teilweise zu ersparen, soweit ihm die Versorgung nicht zuzumuten oder soweit sie aus fürsorgerischen Gründen nicht geboten sei. Diese Regelung würde leer laufen, wenn in diesen Fällen der Nachversicherungsfall gemäß § 8 Abs. 2 SGB VI eintrete. Voraussetzung für eine Nachversicherung sei ein unversorgtes Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis. Im Todesfall sei eine Nachversicherung nur dann durchzuführen, wenn die nachversicherungsfähige Person durch Tod aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheide und die Hinterbliebenen keinen Anspruch auf Versorgung hätten. Der Versicherte hier sei nicht durch Tod aus dem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden, sondern durch seine Versetzung in den Ruhestand. In diesem Falle seien abschließend die Vorschriften aus dem Beamtenversorgungsrecht heranzuziehen.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Versorgungsanspruch der ersten Ehefrau könne nicht angeführt werden. Diese sei bereits 1999 verstorben. Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten habe kein Versorgungsanspruch mehr für die erste Ehefrau bestanden. Damit sei der Nachversicherungsfall eingetreten.
Die Beigeladene hat der Annahme einer Versorgungsehe widersprochen. Die späteren Eheleute hätten bereits sei 1986, also insgesamt mindestens 14 Jahre, in einer Schicksalsgemeinschaft zusammengelebt. Sie hat beim Kläger im Oktober 2004 einen erneuten Antrag auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrages bzw. einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gestellt. Dies hat dieser abgelehnt.
Das SG hat mit Urteil vom 16. Dezember 2004 den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2002 aufgehoben. Die Klage sei zulässig und begründet, weil ein Nachversicherungsfall nach § 8 Abs. 2 SGB VI nicht vorliege. Der Anspruch ergebe sich zum einen nicht aus § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Der Versicherte sei zwar als Beamter versicherungsfrei gewesen, jedoch nicht ohne Anspruch auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden (1. Alternative). Der Verlust eines Anspruches auf Versorgung (2. Alternative) habe ebenfalls nicht vorgelegen. Ein Anspruch auf Nachversicherung folge auch nicht aus § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB VI. Satz 3 des § 8 Abs. 2 SGB VI stehe in Beziehung zu § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Dort sei das Ausscheiden aus der "Beschäftigung" geregelt. Auch bei dem nachfolgenden Satz 3 müsse deshalb die Beschäftigung durch den Tod ihr Ende finden. Die Formulierung "erfolgt eine Nachversicherung nur" mache deutlich, dass mit Satz 3 nicht etwa eine Ausdehnung der Nachversicherung, sondern im Gegenteil eine Einschränkung für den Fall gemeint sei, dass ein Ausscheiden aus der Beschäftigung durch Tod erfolge. Die versorgungsrechtlichen Vorschriften würden umgangen, wenn zwar eine Versorgung der nachgeheirateten Witwe ausgeschlossen sei, statt dessen aber zu deren Versorgung die Nachversicherung erfolgen müsse. Hierfür spreche auch die neue Regelung in § 46 Abs. 2 a SGB VI, wonach ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente von einer mindestens einjährigen Ehedauer abhängig gemacht werde.
Hiergegen richten sich die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen. Die Beklagte ist der Auffassung, der Tod eines Ruhestandsbeamten sei in § 8 Abs. 2 SGB VI nicht eindeutig geregelt. Die Vorschrift müsse deshalb ausgelegt werden. Die Witwen- bzw. Witwerrente der gesetzlichen Rentenversicherung solle den durch Tod des Ehegatten wegfallenden Unterhaltsanspruch (§ 1360 Bürgerliches Gesetzbuch) für den überlebenden Ehegatten ersetzen. Das Recht der Nachversicherung hingegen orientiere sich nicht am Beamtenversorgungsgesetz, sondern am Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies werde z. B. aus § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI deutlich, wonach eine widerrufliche Versorgung nur dann einen Aufschubgrund darstelle und damit dem Eintritt des Nachversicherungsfalles entgegenstehe, wenn die Versorgung der aus einer Nachversicherung erwachsenen Rentenanwartschaft mindestens gleichwertig sei. Die Beklagte wiederholt im Übrigen ihre Argumente.
Die Beigeladene betont, dass sie und der Verstorbene bereits seit 1993 hätten heiraten wollen, eine Scheidung des Versicherten von seiner ersten Ehefrau lediglich im Hinblick auf deren Suizidgefährdung unterblieben sei. Die Beigeladene habe darauf vertrauen dürfen, dass sie Witwenrente erhalte und der Kläger zur Nachversicherung verpflichtet sei. Die Änderungen der gesetzlichen Rentenversicherung seien erst zum Jahresbeginn 2002 eingeführt worden und vorliegend nicht anwendbar.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakte sowie die Versorgungsakte des Klägers verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind zulässig, jedochunbegründet. Das SG hat den Nachversicherungsbescheid der Beklagten zu Recht aufgehoben.
Eines Vorverfahrens hat es nach § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht bedurft.
Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und beschwert den durch ihn belasteten Kläger (§ 54 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG). Eine Pflicht zur Zahlung von Beiträgen für die Nachversicherung nach § 184 Abs. 1 SGB VI ist nicht entstanden. Der Nachversicherungsfall ist nicht eingetreten. Es fehlt, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, am Vorliegen der Voraussetzungen aller Nachversicherungstatbestände des § 8 Abs. 2 SGB VI. Der Versicherte Prof. Dr. S ist nicht ohne Anspruch auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden, sondern war normaler Ruhestandsbeamter (§ 8 Abs. 2 Satz 1, 1. Alternative). Er (selbst) hat auch seinen Anspruch auf Versorgung nicht verloren (2. Alternative).
Richtig hat das SG auch ausgeführt hat, dass es sich bei § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB VI bereits nach dem Wortlaut nicht um eine weitere Möglichkeit der Nachversicherung handelt (für Hinterbliebene), sondern um eine Einschränkung des Nachversicherungsfalles Ausscheiden aus der Beschäftigung (also der 1. Alternative). Auf die Ausführungen wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Wer als Ruhestandsbeamter stirbt, scheidet also nicht durch Tod aus dem Beschäftigungsverhältnis aus.
Mit dem Tod gehen für den Hinterbliebenen auch nicht alle Ansprüche auf Versorgung verloren. Anstelle der Ruhestandsbezüge treten nämlich Bezüge für den Sterbemonat (§ 17 BeamtVG), Sterbegeld (§ 18 BeamtVG), Witwen-/Witwer- bzw. Waisengeld (§§ 19ff, 28 BeamtVG). Außerdem gibt es § 22 BeamtVG (Unterhaltsbeitrag für nicht witwengeldberechtige Witwen und frühere Ehefrauen). Diese Versorgungsregelungen dienen dem Ersatz des wegfallenden Ehegattenunterhaltes, so dass das Argument der Beklagten (alleine) die Witwenrente nach dem SGB VI ersetze den Unterhalt, nicht zugkräftig ist. Die Versorgung des hinterbliebenen Ehegatten eines verstorbenen Beamten ist somit abschließend im Abschnitt 3 des BeamtVG geregelt (ebenso bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. März 2003 – L 13 RA 249/06 –; das Bundessozialgericht [BSG] hat die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen, B. v. 1.12.2003 –B 4 RA 136/03 B).
Das LSG Baden-Württemberg hat im zitierten Urteil zutreffend ausgeführt, dass sich die Beklagte für ihre Auffassung nicht auf § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI stützen kann. Die Vorschrift macht lediglich deutlich, dass ein die Nachversicherung ausschließender Anspruch auf Versorgung grundsätzlich nur ein unwiderruflicher lebenslanger Anspruch ist, die Nachversicherung also durch einen nur widerruflichen Anspruch auf Versorgung nicht ausgeschlossen wird.
Auch aus dem früheren § 72b G131 lässt sich nichts anderes ableiten. Das Gesetz gilt nicht mehr (vgl. Artikel 3 des Gesetzes vom 20. September 1994 [BGBl I 2442] Dienstrechtliches Kriegsfolgen-Abschlußgesetz § 1 Aufhebung von Kriegsfolgeregelungen). Auch ergibt sich aus der Regelung im ehemaligen § 72b Satz 2 G131 überhaupt nicht deutlich, dass im Falle des Versterbens eines Versorgungsempfängers für einen Hinterbliebenen immer die entsprechende Nachversicherung (der Zeiten bis 8. Mai 1945) auch dann erfolgen musste, wenn diese Zeiten nicht bereits im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung berücksichtigt worden waren. Die Vorschrift setzte nämlich das Ende des (aktiven) Dienstverhältnisses voraus, welches aber beim Ruhestandsbeamten bereits beendet gewesen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Über die Kosten war insgesamt von Amts wegen zu entscheiden. Die Beklagte hat als unterliegende Beklagte und Berufungsführerin die Kosten nach § 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 VwGO einschließlich der Gerichtskosten zu tragen. Der Grundsatz des Verschlechterungsverbotes (reformatio in peius) gilt hinsichtlich der Kostentragungslast im Berufungsverfahren nicht (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 8. Auflage 2005 § 197 a Rdnr. 21 mit Bezug auf BSGE 62, 131, 136). Der Beigeladenen sind Kosten nach § 197 a Abs. 2 Satz 2 SGG nicht aufzuerlegen, weil sie Hinterbliebenenleistungsempfängerin im Sinne des § 183 SGG ist, und der Verweis auf § 183 SGG nur im Rahmen einer entsprechenden Anwendung Sinn macht.
Die Revision ist zuzulassen. Der Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Die Frage einer etwaigen Nachversicherung unversorgter Witwen bzw. Witwer betrifft nach den Angaben der Beklagten nicht nur Einzelfälle. Eine Nachversicherung ist in § 8 Abs. 2 SGB VI nicht ausdrücklich ausgeschlossen, so dass sich die Auffassung des SG und des Senats auch nicht ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Der Personenkreis gehört nicht zu den Personen im Sinne der Übergangsvorschrift des § 233 Abs. 1 SGB VI. Dort wird nur für die Nachversicherung von Personen, die selbst vor dem 1. Januar 1992 aus einer Beschäftigung ausschieden oder selbst ihren Versorgungsanspruch verloren, auf das frühere Recht verwiesen.
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