Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 RJ 2415/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RJ 33/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Mai 2004 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2005 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt im Berufungsverfahren noch die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 2000 statt einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. April 2003.
Die 1959 geborene Klägerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Nach Beschäftigungen bei der Post als Briefabfertigerin und als Betriebsarbeiterin (Wache) bei den Wasserwerken arbeitete sie zuletzt von Januar 1985 bis zum Konkurs der Firma im Juni 1991 als Wachfrau in einem Kunststoff verarbeitenden Betrieb. Bereits im September 1989 war der aufgrund eines Down-Syndroms zu 100 % schwerbehinderte Sohn der Klägerin zur Welt gekommen. Bei der Klägerin selbst erkannte das Versorgungsamt Berlin mit Bescheid vom 27. Oktober 1992 (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 09. Juli 1993) aufgrund einer angeborenen spastischen Parese beider Beine, wegen Funktionsbehinderungen der Beingelenke, Fußfehlstatik beidseits, Fehlstatik der Wirbelsäule und Adipositas einen Grad der Behinderung von 50 an und bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G". Nach Beendigung ihrer Beschäftigung als Wachfrau war die Klägerin arbeitslos. Sie bezog bis zum 27. Juni 1992 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. In der Folgezeit war sie arbeitslos gemeldet, ohne Leistungen zu beziehen. Ab dem 01. April 1995 weist ihr Versicherungskonto bis zum 31. Dezember 2000 Pflichtbeiträge für eine Pflegetätigkeit aus. Die Klägerin hatte sich in dieser Zeit der häuslichen Pflege ihres Sohnes gewidmet.
Am 06. Dezember 2000 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und gab zur Begründung an, aufgrund ihrer eigenen Behinderung sowie wegen der Pflege ihres behinderten Sohnes schon seit ihrer Geburt keine vollschichtige Tätigkeit ausüben zu können. Sie sei lediglich in der Lage, einer vierstündigen Beschäftigung in Wohnortnähe nachzugehen. Die Beklagte ließ sie daraufhin durch den Facharzt für Chirurgie, Sozialmedizin, Dipl.-Med. P untersuchen. Dieser diagnostizierte bei ihr in seinem Gutachten vom 07. Februar 2001 eine Coxalgie beidseits bei initialer Valguscoxarthrose, eine Arthralgie beider Sprunggelenke bei Teilsteife bei initialer Arthrose, eine Belastungsgonalgie beidseits bei Os¬teoarthrosis, einen Knick-Senk-Spreizfuß beidseits, einen Strabismus divergens links sowie eine Adipositas per magna. Weiter führte er aus, dass die Geh- und Stehfähigkeit der Klägerin durch die Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten gemindert sei. Die Wegefähigkeit sei jedoch nicht aufgehoben. Aus seiner Fachrichtung betrachtet könne die Klägerin weiterhin sechs Stunden und mehr leichten bis mittelschweren Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten bei überwiegendem Sitzen nachgehen, sofern diese nicht mit dem Erklimmen von Leitern und Gerüsten, häufigem Bücken oder Knien oder dem Transport von großen Lasten verbunden seien. Die Ärztin für Allgemeinmedizin – Sozialmedizin – Dr. G ging daraufhin in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme vom 22. Februar 2001 für die Beklagte von einem entsprechenden vollschichtigen Leistungsvermögen aus. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. März 2001 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 04. Oktober 2001 - die Gewährung einer Rente zunächst ab. Mit dem ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögen sei die Klägerin noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein, sodass sie weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Ebenso wenig lägen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vor.
Hiergegen richtet sich die am 24. Oktober 2001 erhobene Klage der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht Berlin hat einen Befundbericht bei der die Klägerin behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. W eingeholt und sodann den Facharzt für Orthopädie Dr. K mit der Erstattung eines entsprechenden Fachgutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30. Juli 2003 bei der Klägerin folgende Erkrankungen und Gesundheitsstörungen festgestellt: - Chronisches lumbales Pseudoradikulärsyndrom - Adipositas - Coxa valga et antetorta - Innenrotationsfehlstellung beider Beine - Valgusfehlstellung beider Beine - Verbliebene Spitzfußfehlstellung (rechts mehr als links) bei Zustand nach operativer Behandlung in der Kindheit - Ausgeprägter dekompensierter Knick-Spreiz-Fuß im Bereich beider Beine - Erysipel rechter Unterschenkel (Wundrose) - Beckenschiefstand nach links 2 cm, Beckenverwringung - Hyperlordose der Lendenwirbelsäule - Gleichgewichtsstörung unklarer Genese - Digitus quintus varus superductus links - Arthrose im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenks (rechts mehr als links) - Femoropatellararthrose beidseits - Coxalgie beidseits.
Aufgrund der orthopädischen Diagnosen könne die Klägerin auch leichte Arbeiten unter Berücksichtigung verschiedener qualitativer Einschränkungen nur für drei bis sechs Stunden täglich verrichten. Die Beurteilung der Gehfähigkeit sei problematisch. Im Schwerbehindertenverfahren sei inzwischen ein Grad der Behinderung von 70 anerkannt worden und die ständige Begleitung als erforderlich eingeschätzt worden. Dies stehe in Übereinstimmung mit seiner Wahrnehmung. Seit der Begutachtung im Verwaltungsverfahren im Jahre 2001 sei es zu einer allmählichen Progredienz der orthopädischen Befundausprägung gekommen. In einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 30. Dezember 2003 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der zahlreichen orthopädischen Erkrankungen und der daraus resultierenden Einschränkungen nicht mehr in der Lage sei, viermal täglich 500 Meter in 20 Minuten alleine, auch unter Verwendung von Hilfsmitteln, zu gehen, und bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln stark gehandicapt sei. Darüber hinaus sei anamnestisch seit 1998 eine Gleichgewichtsstörung bekannt, die allerdings bei der orthopädischen Einschätzung des Gehvermögens der Klägerin keine zusätzliche Beeinträchtigung mit sich gebracht habe.
Das Sozialgericht Berlin hat die Beklagte mit Urteil vom 06. Mai 2004 unter Abänderung des angefochtenen Bescheides und unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, der Klägerin ab dem 01. April 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zustehe, weil sie nicht mehr in der Lage sei, die notwendigen Wege zur Arbeitsstelle zurückzulegen. Dies sei nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. K bereits allein aufgrund der orthopädischen Beschwerden anzunehmen. Da der Sachverständige eine Verschlechterung seit der Begutachtung im Verwaltungsverfahren angenommen habe, Anhaltspunkte für einen früheren Leistungsfall nicht ersichtlich seien und die Klägerin nach eigenen Angaben 1999 noch öffentliche Verkehrsmittel habe alleine benutzen können, lege die Kammer als Leistungsfall den Zeitpunkt der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen (05. März 2003) zugrunde. Ein früherer Leistungsfall sei nicht nachgewiesen. Gemäß § 99 Abs. 1 SGB VI stehe der Klägerin daher eine Rente ab dem 01. April 2003 zu. Diese sei unbefristet zu leisten, da der Sachverständige eine Verbesserungsaussicht nicht gesehen habe.
Gegen dieses den Beteiligten jeweils am 11. Juni 2004 zugestellte Urteil hat zunächst die Beklagte am 24. Juni 2004 Berufung eingelegt, die Klägerin sodann am 02. Juli 2004, mit der letztere die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 2000 begehrt.
Der Senat hat Befundberichte bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H sowie der Ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. B angefordert. Sodann hat er den Arzt für Neurologie und Psychiatrie – Physikalische Therapie - Dr. B mit der Erstattung eines entsprechenden Fachgutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 19. Oktober 2005 auf seinem Fachgebiet Folgen einer frühkindlichen Hirnschädigung mit rechtsseitiger Spastik der unteren Extremität sowie einen phobischen Schwankschwindel nach vollständig abgeklungener Vestibulopathie rechts 2002 diagnostiziert. Auf internem Fachgebiet bestehe bei ihr ein latenter Hypertonus bei Adipositas per magna (116 kg). Aufgrund der Kombination von psychischen und körperlichen Leistungseinschränkungen seien der Klägerin auch leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen nur noch im Rahmen von drei bis sechs Stunden täglich zumutbar. Darüber hinaus sei sie nicht mehr in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Seit wann die quantitativen und qualitativen Einschränkungen vorlägen, sei nicht sicher zu beurteilen.
In Reaktion auf dieses Gutachten hat die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 19. Dezember 2005 ausgehend von einem am 05. März 2003 eingetretenen Leistungsfall ab dem 01. April 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer gewährt. Weiter hat sie mit Schriftsatz vom 05. Januar 2006 ihre Berufung zurückgenommen.
Auf Antrag der Klägerin, die an ihrem Begehren festgehalten hat, hat der Senat sodann bei der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie – Dr. B nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Gutachten eingeholt. Diese hat bei der Klägerin in ihrem Gutachten vom 28. August 2006 auf ihrem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt: - Folgen einer frühkindlichen Hirnschädigung mit spastischer, rechtsbetonter Paraparese der Beine und leichter intellektueller Beeinträchtigung. - Multifaktoriell bedingter Schwindel bei Zustand nach Vestibulopathie rechts 2002, phobischer Schwankschwindel unterschiedlicher Ausprägung und vertebragener Mitbeteiligung bei Fehlstellung der Halswirbelsäule und Abnutzungserscheinungen. - Chronisches, pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule auf der Grundlage degenerativer Veränderungen. Darüber hinaus seien die folgenden Diagnosen zu übernehmen bzw. zu stellen: - Coxalgie und Gonalgie beidseits bei Beinachsenfehlstellung, Coxarthrose beidseits, Femoropatellararthrose beidseits, Valgusstellung. - Belastungseinschränkung beider Beine durch Lymphödeme beidseits, rechtsseitig Zu- stand nach Erysipel 1999, Zustand nach Achillotomie beidseits 1967, Rezidivoperation rechts 1967 bei spastischem Spitzfuß beidseits, verbliebener Fußfehlform: Knick-Senk-Spreizfuß. - Alimentäre Adipositas per magna.
Wie die Vorgutachter ist auch diese Sachverständige davon ausgegangen, dass die Klägerin in ihrem physischen und psychischen Leistungsvermögen deutlich eingeschränkt sei, täglich auch unter Beachtung qualitativer Einschränkungen nur noch drei bis sechs Stunden arbeiten könne und nicht mehr viermal täglich einen Fußweg von mehr als 500 Meter in höchstens 20 Minuten zurücklegen sowie zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Dies sei auf eine überwiegend orthopädisch bedingte Gangunsicherzeit zurückzuführen, die durch eine Gleichgewichts- und Schwindelproblematik verstärkt werde. Eine genaue Feststellung des ersten Auftretens des Schwindels sei nicht zu treffen. Die Angaben der Klägerin zum Beginn der Schwindelsymptomatik variierten stark. Eine ärztliche Dokumentation aus dieser Zeit zum Gehvermögen selbst und den angegebenen Gleichgewichtsstörungen sei nicht aktenkundig. Eine regelmäßige neurologische Behandlung sei nicht erfolgt. Die Zuerkennung des Grades der Behinderung von 70 und die Vergabe der Merkzeichen "G" und "B" basiere allein auf dem ärztlichen Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. W. Auch dort werde jedoch der Zeitpunkt der deutlichen Verschlechterung mit Auftreten des Schwindels nicht näher benannt. Ein Verlust des Leistungsvermögens infolge Gleichgewichtsstörungen und Schwindels lasse sich bis April 2002 verfolgen. Nachdem von der HNO-Ärztin Dr. B im April 2002 von einem Abklingen des akuten Schwindels berichtet worden sei, beschreibe die Allgemeinmedizinerin Dr. W Ende April und im November 2002 den Fortbestand desselben als "Schwindelattacken" mit den Folgen der Verschlechterung des Gehvermögens im Zusammenhang mit den orthopädischen Leiden, fehlender Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes bei der Benutzung von Verkehrsmitteln und der Notwendigkeit fremder Hilfe bei Ein- und Ausstieg sowie Fahrt. Allerdings sei von ihr kein vollständiger neurologischer Status erhoben worden. Letztlich hätten sich Schwindel und Gangunsicherheit ausgehend von einer Störung der Labyrinthfunktion im Jahre 2002 und rezidivierenden Reizerscheinungen der Halswirbelsäule etabliert, die von der Klägerin in Phasen psychosozialer Belastung und Stresses übernachhaltig wahrgenommen und als allgemeine Unsicherheit und Hilfsbedürftigkeit verarbeitet würden.
Die Klägerin meint, aus dem Gutachten der Sachverständigen Dr. B folge jedenfalls der Eintritt eines im April 2002 eingetretenen Leistungsfalls.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Mai 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Oktober 2001, dieser in der Fassung des Bescheides vom 19. Dezember 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr statt der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. April 2003 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurück- und die Klage gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2005 abzuweisen.
Sie meint, der Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 05. März 2003 sei nicht nachgewiesen. Dieser ergebe sich auch aus dem Gutachten der Sachverständigen Dr. B nicht. Auch danach sei davon auszugehen, dass der Eintritt des Leistungsfalls aus medizinischer Sicht nach Aktenlage im Nachhinein nicht mehr zu bestimmen sei. Der Senat hat schließlich noch Kopien aus den Akten des Versorgungsamtes zu den Akten genommen. Diesen ist zu entnehmen, dass die Klägerin Ende 2001/Anfang 2002 beim Landesamt für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – eine Neufeststellung des Grades der Behinderung beantragt hatte. Als Ursache für ihre Behinderungen und Leiden hatte sie in diesem Zusammenhang ihre "angeborenen Leiden" sowie eine 1999 erlittene Wundrose benannt. Auf die Frage nach ihren Beschwerden hatte sie lediglich in allen Haltungsarten Schmerzen der rechten Hüfte angegeben. In einem eingeholten Befundbericht hatte die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. W ausgeführt, dass bei der Klägerin eine spastische Paraplegie seit der Geburt mit Gangstörung, Gleichgewichtsstörungen und Schwindelattacken sowie ein venöses Syndrom beider Beine bestehe. Mit Bescheid vom 12. Juni 2002 hatte daraufhin das Versorgungsamt bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 70 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkmale "B" und "G" anerkannt. Dabei hatte es als Funktionsbeeinträchtigungen neben der angeborenen spastischen Parese beider Beine, den Funktionsbehinderungen der Beingelenke, der Fußfehlstatik der Wirbelsäule sowie der Adipositas nunmehr auch Gleichgewichtsstörungen sowie ein Krampfaderleiden angenommen. Dies beruhte auf einer nach Aktenlage erstellten gutachtlichen Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. N. Die Klägerin selbst hat dort erstmals im Rahmen eines Antrages vom August 2005 auf Neufeststellung wegen Verschlimmerung bestehender Behinderungen und Hinzutretens neuer Behinderungen auf Gleichgewichtsstörungen und Schwindelattacken hingewiesen. Eine neue Feststellung nach dem Schwerbehindertenrecht hat das Versorgungsamt mit Bescheid vom 27. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Mai 2006 abgelehnt. Das Klageverfahren hierzu ist noch anhängig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der jeweiligen Befundberichte und Gutachten, die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 29. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Oktober 2001, dieser in der Fassung des Bescheides vom 19. Dezember 2005, der nach §§ 96 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist und über den der Senat kraft Klage zu entscheiden hat.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage in seinem angegriffenen Urteil im Ergebnis zutreffend.
Der angefochtene Bescheid ist in seiner letzten Fassung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem für sie im Hinblick auf ihren im Dezember 2000 gestellten Antrag gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI weiterhin anwendbaren § 44 Abs. 1 SGB VI in der bis zum 31. De¬zember 2000 geltenden Fassung. Ebenso wenig steht ihr ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 SGB VI in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung ab einem vor dem 01. April 2003 liegenden Zeitpunkt zu. Unstreitig erfüllt sie zwar die für die entsprechenden Renten jeweils erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Indes vermag der Senat sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit davon zu überzeugen, dass sie spätestens bis Ende Februar 2003 erwerbsunfähig bzw. erwerbsgemindert gewesen ist oder nicht mehr über die erforderliche Wegefähigkeit verfügt hat.
Erwerbsunfähig waren nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmung Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs. 2 SGB VI a.F.). Seit dem 01. Januar 2001 gelten nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI diejenigen Versicherten als teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nicht erwerbsgemindert ist hingegen nach § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Mit seiner Einschätzung, dass die Klägerin bis spätestens Februar 2003 weder diese Voraussetzungen mit der erforderlichen Sicherheit erfüllte noch ihre Wegefähigkeit bis zu diesem Zeitpunkt aufgehoben war, stützt der Senat sich im Wesentlichen auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. K und Dr. B. Die beiden Sachverständigen, die dem Senat als erfahrene und gewissenhafte Gutachter bekannt sind, haben unter sorgfältiger Auswertung der Vorbefunde und nach gründlicher Untersuchung der Klägerin die bei ihr bestehenden, im Tatbestand wiedergegebenen Gesundheitsstörungen sowie die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen dargestellt. Danach hat der Senat keine Zweifel, dass das Leistungsvermögen der Klägerin ab März 2003 nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ auf drei bis unter sechs Stunden täglich eingeschränkt ist und die Klägerin darüber hinaus nicht mehr über die erforderliche Wegefähigkeit verfügt, d.h. nicht mehr in der Lage ist, viermal täglich mindestens 500 Meter in 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen und dazwischen zweimal öffentliche Verkehrsmittel auch zu den Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Nicht hingegen ist den Gutachten zu entnehmen, dass dies bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Fall war. Im Gegenteil lassen sowohl die Gutachten der Sachverständigen Dr. K und Dr. B als auch das letztlich auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG bei der Sachverständigen Dr. B eingeholte Gutachten erkennen, dass die Einschätzung, ab wann das Leistungsvermögen der Klägerin rentenrechtlich relevant eingeschränkt war, in Nachhinein nicht mehr sicher zu treffen ist. Diese Unsicherheit geht zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Klägerin.
Dass bei der Klägerin überhaupt eine volle Erwerbsminderung angenommen wurde, ist im Wesentlichen auf die aufgehobene Wegefähigkeit zurückzuführen, während das ihr sowohl von Dr. K und Dr. B als auch schließlich von Dr. B bescheinigte Leistungsvermögen zunächst grundsätzlich nur zur Annahme einer teilweisen Erwerbsminderung und erst angesichts der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zu voller Erwerbsminderung – diese aber auch nur auf Zeit - führen würde. Hinsichtlich der aufgehobenen Wegefähigkeit steht für den Senat auf der Grundlage der Gutachten fest, dass diese ganz maßgeblich auf die bei der Klägerin zweifelsohne bestehenden erheblichen orthopädischen Leiden zurückzuführen ist, während der von ihr geltend gemachten Schwindelsymptomatik insoweit allenfalls untergeordnete Bedeutung zukommt.
So hat bereits Dr. K in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass die die Wegeunfähigkeit begründende Gangstörung der Klägerin im Wesentlichen auf orthopädischen Befunden beruhe. Einschränkend auf das Gehvermögen wirkten sich das festgestellte chronische lumbale Pseudoradikulärsyndrom bei Coxa valga et antetorta mit Innenrotationsfehlstellung beider Beine bei gleichzeitiger Valgusfehlstellung beider Beine mit zusätzlicher Spitzfußfehlstellung und zugleich ausgeprägtem dekompensiertem Knick-Senk-Spreizfuß im Bereich beider Beine aus. Ferner sei das Gehen durch eine degenerative Erkrankung mit Arthrose im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenkes, der Kniegelenke mit einer Femoropatellararthrose beidseits und der Hüftgelenke mit Coxalgie beidseits limitiert. Die Ausprägung der Befunde habe sich vor allem im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten im Vergleich zur Begutachtung der Klägerin im Verwaltungsverfahren allmählich progredient entwickelt. Soweit die Klägerin Gleichgewichtsstörungen geltend gemacht habe, habe er diese im Rahmen seiner Untersuchung nicht feststellen können. Diese hätten auch bei seiner Einschätzung zum Gehvermögen keine zusätzliche Beeinträchtigung mit sich gebracht.
Der Sachverständige Dr. B hat bestätigt, dass das Gehvermögen der Klägerin insbesondere durch die Gelenkfehlstellungen sowie die Abnutzungserscheinungen der Gelenke der unteren Extremitäten bedingt sei und insoweit auch das massive Übergewicht der Klägerin deutlich negative Auswirkungen habe. Allgemein bestehe aufgrund dieser Erkrankungen eine verminderte Belastbarkeit mit der Folge einer vorschnellen Ermüdbarkeit, insbesondere bei der Masse, die bewegt werden müsse. Weiter hat dieser Gutachter überzeugend und anschaulich geschildert, dass aus dem angegebenen Schwindel nebst Gleichgewichtsstörungen keine wesentlichen Auswirkungen auf das Gehvermögen der Klägerin abzuleiten seien. Nach April 2002 hätte seitens des Gleichgewichtsorgans kein pathologischer Befund mehr vorgelegen. Denn die Ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. B habe in ihrem Befundbericht vom Juni 2005 ausgeführt, dass bei der Klägerin zwar im Februar 2002 eine rechtsseitige Untererregbarkeit des Labyrinths vorgelegen haben, diese jedoch bei der Kontrolluntersuchung im April 2002 bereits nicht mehr nachweisbar gewesen sei. Auch bestünden insoweit bereits ganz erhebliche Zweifel am tatsächlichen Leidensdruck der Klägerin. Immerhin seien ihr – nach ihren eigenen Angaben - im Jahre 2002 von einer Nervenärztin Mittel gegen den Schwindel verschrieben worden, die zu einer Symptomunterdrückung hätten führen können, die Klägerin habe das entsprechende Rezept jedoch nie eingelöst. Schließlich hat er dargelegt, dass es nicht sicher zu beantworten sei, ab wann die quantitativen und qualitativen Einschränkungen vorlägen. Die Veränderungen der Gelenke der unteren Extremitäten seien als dynamisches Geschehen nicht eindeutig zeitlich zuzuordnen. Ende 2000 hätten zwar somatoforme Störungen in Form eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt, dieser hätte jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf die Wegefähigkeit.
Zur Überzeugung des Senats vermag auch das auf Antrag der Klägerin bei Dr. B eingeholte Gutachten nichts anderes – insbesondere keinen spätestens im April 2002 eingetretenen Leistungsfall – zu begründen. Diese Sachverständige hat die Einschätzung der Vorgutachter nicht nur hinsichtlich des Leistungsvermögens der Klägerin und ihrer aufgehobenen Wegefähigkeit be¬stätigt, sondern auch insoweit, als auch sie im Wesentlichen die orthopädischen Leiden für das eingeschränkte Steh- und Gehvermögen verantwortlich gemacht hat. Hinsichtlich des Auftretens des Schwindels hat sie zutreffend darauf hingewiesen, dass die Angaben der Klägerin insoweit deutlich differierten und den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht zu entnehmen sei, ab wann es zu einer deutlichen Verschlechterung mit Auftreten des Schwindels gekommen sei. Soweit sie über den bisher angenommenen Eintritt des Leistungsfalls im März 2003 hinausgehend diesbezüglich erwogen hat, "einen weiter zurückliegenden Verlust des Leistungsvermögens infolge Gleichgewichtsstörungen und Schwindels bis April 2002 zu verfolgen", vermag der Senat ihren Ausführungen – anders als offenbar die Klägerin - schon nicht zu entnehmen, dass die Sachverständige selbst von diesem Zeitpunkt ausgeht. Dies wäre nämlich nach ihren vorangehenden Darlegungen, dass die Wegefähigkeit im Wesentlichen durch die orthopädischen Leiden bedingt werde, die Angaben der Klägerin zum erstmaligen Auftreten der Schwindelanfälle widersprüchlich seien und diesbezüglich eine ärztliche Dokumentation fehle, kaum nachvollziehbar. Insbesondere aber hat die Gutachterin schließlich selbst zu Anlage II 1d. I (Seite 31 ihres Gutachtens) ausgeführt, dass sich Schwindel und Gangunsicherheit ausgehend von einer Störung der Labyrinthfunktion im Jahre 2002 und rezidivierenden Reizerscheinungen der Halswirbelsäule etabliert hätten, die von der Klägerin in Phasen psychosozialer Belastung und Stresses übernachhaltig wahrgenommen und als allgemeine Unsicherheit und Hilfsbedürftigkeit verarbeitet würden. Zu den damit von ihr als jedenfalls auch wesentlich angesehenen Halswirbelsäulenbeschwerden ist es jedoch erst deutlich später gekommen. So hat im Verwaltungsverfahren Dipl.-Med. P noch ausdrücklich festgestellt, dass die Halswirbelsäule physiologisch und schmerzfrei beweglich sei. Und noch im Sommer 2003 hat der orthopädische Sachverständige Dr. K im Hinblick auf die Halswirbelsäule keine Erkrankung diagnostiziert. Damit geht einher, dass auch die behandelnden Ärzte sich diesbezüglich offenbar erstmals im Frühjahr 2006 zu entsprechender Diagnostik veranlasst gesehen haben. Vor diesem Hintergrund kann zur Überzeugung des Senats auch nach den Angaben der Sachverständigen Dr. B keinesfalls von einer vor März 2003 eingetretenen Wegeunfähigkeit ausgegangen werden.
Dass das Versorgungsamt Berlin bei der Klägerin bereits mit Bescheid vom Juni 2002 das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" anerkannt hat, was für das Vorliegen aufgehobener Wegefähigkeit spricht, rechtfertigt zur Überzeugung des Senats keine andere Entscheidung. Dieser Einschätzung, die nicht auf einer eigenen Begutachtung der Klägerin im dortigen Verfahren, sondern allein auf einer nach Aktenlage erstellten gutachtlichen Stellungnahme des Allgemeinmediziners Dr. N beruht, die wiederum auf dem Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. W basiert, vermag er nicht das Gewicht beizumessen, dass den im hiesigen Verfahren eingeholten Gutachten zukommt, zumal Frau Dr. W mit dem Bestehen einer Paraplegie bereits – nach sämtlichen Gutachten – von einer falschen Diagnose ausgegangen ist.
Sonstige medizinische Unterlagen, denen sich überzeugende Anhaltspunkte für eine entweder bereits vor März 2003 bestehende auch quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens oder der Wegefähigkeit entnehmen lassen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere sind sie den eingeholten Befundberichten nicht zu entnehmen. Vielmehr hat Dr. B in ihrem Befundbericht lediglich die bereits von dem Sachverständigen Dr. B wiedergegebenen Angaben getätigt, während die Nervenärztin Dr. H mitgeteilt hat, dass die Klägerin sie – nicht wie diese gegenüber dem Sachverständigen Dr. B angegeben hat im Jahre 2002, sondern – einmal 2003 zum EMG aufgesucht habe und 2004 ein Rezept zu einer Psychotherapie erhalten habe. Weitergehende Informationen lassen sich diesen Befundberichten nicht entnehmen. Die Angaben der Allgemeinmedizinerin Dr. W sind schließlich durch die Gutachten der angesichts der hier wesentlichen Erkrankungen als erheblich fachkundiger anzusehenden Sachverständigen widerlegt.
Ist mithin davon auszugehen, dass die Klägerin erst ab März 2003 nicht mehr über ein vollschichtiges bzw. nur noch unter sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch nicht mehr über die erforderliche Wegefähigkeit verfügte, steht ihr die Rente – wie bereits das Sozialgericht Berlin zutreffend ausgeführt hatte - nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erst ab dem 01. April 2003 zu. Ihre Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt im Berufungsverfahren noch die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 2000 statt einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. April 2003.
Die 1959 geborene Klägerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Nach Beschäftigungen bei der Post als Briefabfertigerin und als Betriebsarbeiterin (Wache) bei den Wasserwerken arbeitete sie zuletzt von Januar 1985 bis zum Konkurs der Firma im Juni 1991 als Wachfrau in einem Kunststoff verarbeitenden Betrieb. Bereits im September 1989 war der aufgrund eines Down-Syndroms zu 100 % schwerbehinderte Sohn der Klägerin zur Welt gekommen. Bei der Klägerin selbst erkannte das Versorgungsamt Berlin mit Bescheid vom 27. Oktober 1992 (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 09. Juli 1993) aufgrund einer angeborenen spastischen Parese beider Beine, wegen Funktionsbehinderungen der Beingelenke, Fußfehlstatik beidseits, Fehlstatik der Wirbelsäule und Adipositas einen Grad der Behinderung von 50 an und bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G". Nach Beendigung ihrer Beschäftigung als Wachfrau war die Klägerin arbeitslos. Sie bezog bis zum 27. Juni 1992 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. In der Folgezeit war sie arbeitslos gemeldet, ohne Leistungen zu beziehen. Ab dem 01. April 1995 weist ihr Versicherungskonto bis zum 31. Dezember 2000 Pflichtbeiträge für eine Pflegetätigkeit aus. Die Klägerin hatte sich in dieser Zeit der häuslichen Pflege ihres Sohnes gewidmet.
Am 06. Dezember 2000 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und gab zur Begründung an, aufgrund ihrer eigenen Behinderung sowie wegen der Pflege ihres behinderten Sohnes schon seit ihrer Geburt keine vollschichtige Tätigkeit ausüben zu können. Sie sei lediglich in der Lage, einer vierstündigen Beschäftigung in Wohnortnähe nachzugehen. Die Beklagte ließ sie daraufhin durch den Facharzt für Chirurgie, Sozialmedizin, Dipl.-Med. P untersuchen. Dieser diagnostizierte bei ihr in seinem Gutachten vom 07. Februar 2001 eine Coxalgie beidseits bei initialer Valguscoxarthrose, eine Arthralgie beider Sprunggelenke bei Teilsteife bei initialer Arthrose, eine Belastungsgonalgie beidseits bei Os¬teoarthrosis, einen Knick-Senk-Spreizfuß beidseits, einen Strabismus divergens links sowie eine Adipositas per magna. Weiter führte er aus, dass die Geh- und Stehfähigkeit der Klägerin durch die Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten gemindert sei. Die Wegefähigkeit sei jedoch nicht aufgehoben. Aus seiner Fachrichtung betrachtet könne die Klägerin weiterhin sechs Stunden und mehr leichten bis mittelschweren Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten bei überwiegendem Sitzen nachgehen, sofern diese nicht mit dem Erklimmen von Leitern und Gerüsten, häufigem Bücken oder Knien oder dem Transport von großen Lasten verbunden seien. Die Ärztin für Allgemeinmedizin – Sozialmedizin – Dr. G ging daraufhin in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme vom 22. Februar 2001 für die Beklagte von einem entsprechenden vollschichtigen Leistungsvermögen aus. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. März 2001 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 04. Oktober 2001 - die Gewährung einer Rente zunächst ab. Mit dem ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögen sei die Klägerin noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein, sodass sie weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Ebenso wenig lägen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vor.
Hiergegen richtet sich die am 24. Oktober 2001 erhobene Klage der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht Berlin hat einen Befundbericht bei der die Klägerin behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. W eingeholt und sodann den Facharzt für Orthopädie Dr. K mit der Erstattung eines entsprechenden Fachgutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30. Juli 2003 bei der Klägerin folgende Erkrankungen und Gesundheitsstörungen festgestellt: - Chronisches lumbales Pseudoradikulärsyndrom - Adipositas - Coxa valga et antetorta - Innenrotationsfehlstellung beider Beine - Valgusfehlstellung beider Beine - Verbliebene Spitzfußfehlstellung (rechts mehr als links) bei Zustand nach operativer Behandlung in der Kindheit - Ausgeprägter dekompensierter Knick-Spreiz-Fuß im Bereich beider Beine - Erysipel rechter Unterschenkel (Wundrose) - Beckenschiefstand nach links 2 cm, Beckenverwringung - Hyperlordose der Lendenwirbelsäule - Gleichgewichtsstörung unklarer Genese - Digitus quintus varus superductus links - Arthrose im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenks (rechts mehr als links) - Femoropatellararthrose beidseits - Coxalgie beidseits.
Aufgrund der orthopädischen Diagnosen könne die Klägerin auch leichte Arbeiten unter Berücksichtigung verschiedener qualitativer Einschränkungen nur für drei bis sechs Stunden täglich verrichten. Die Beurteilung der Gehfähigkeit sei problematisch. Im Schwerbehindertenverfahren sei inzwischen ein Grad der Behinderung von 70 anerkannt worden und die ständige Begleitung als erforderlich eingeschätzt worden. Dies stehe in Übereinstimmung mit seiner Wahrnehmung. Seit der Begutachtung im Verwaltungsverfahren im Jahre 2001 sei es zu einer allmählichen Progredienz der orthopädischen Befundausprägung gekommen. In einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 30. Dezember 2003 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der zahlreichen orthopädischen Erkrankungen und der daraus resultierenden Einschränkungen nicht mehr in der Lage sei, viermal täglich 500 Meter in 20 Minuten alleine, auch unter Verwendung von Hilfsmitteln, zu gehen, und bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln stark gehandicapt sei. Darüber hinaus sei anamnestisch seit 1998 eine Gleichgewichtsstörung bekannt, die allerdings bei der orthopädischen Einschätzung des Gehvermögens der Klägerin keine zusätzliche Beeinträchtigung mit sich gebracht habe.
Das Sozialgericht Berlin hat die Beklagte mit Urteil vom 06. Mai 2004 unter Abänderung des angefochtenen Bescheides und unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, der Klägerin ab dem 01. April 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zustehe, weil sie nicht mehr in der Lage sei, die notwendigen Wege zur Arbeitsstelle zurückzulegen. Dies sei nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. K bereits allein aufgrund der orthopädischen Beschwerden anzunehmen. Da der Sachverständige eine Verschlechterung seit der Begutachtung im Verwaltungsverfahren angenommen habe, Anhaltspunkte für einen früheren Leistungsfall nicht ersichtlich seien und die Klägerin nach eigenen Angaben 1999 noch öffentliche Verkehrsmittel habe alleine benutzen können, lege die Kammer als Leistungsfall den Zeitpunkt der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen (05. März 2003) zugrunde. Ein früherer Leistungsfall sei nicht nachgewiesen. Gemäß § 99 Abs. 1 SGB VI stehe der Klägerin daher eine Rente ab dem 01. April 2003 zu. Diese sei unbefristet zu leisten, da der Sachverständige eine Verbesserungsaussicht nicht gesehen habe.
Gegen dieses den Beteiligten jeweils am 11. Juni 2004 zugestellte Urteil hat zunächst die Beklagte am 24. Juni 2004 Berufung eingelegt, die Klägerin sodann am 02. Juli 2004, mit der letztere die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 2000 begehrt.
Der Senat hat Befundberichte bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H sowie der Ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. B angefordert. Sodann hat er den Arzt für Neurologie und Psychiatrie – Physikalische Therapie - Dr. B mit der Erstattung eines entsprechenden Fachgutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 19. Oktober 2005 auf seinem Fachgebiet Folgen einer frühkindlichen Hirnschädigung mit rechtsseitiger Spastik der unteren Extremität sowie einen phobischen Schwankschwindel nach vollständig abgeklungener Vestibulopathie rechts 2002 diagnostiziert. Auf internem Fachgebiet bestehe bei ihr ein latenter Hypertonus bei Adipositas per magna (116 kg). Aufgrund der Kombination von psychischen und körperlichen Leistungseinschränkungen seien der Klägerin auch leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen nur noch im Rahmen von drei bis sechs Stunden täglich zumutbar. Darüber hinaus sei sie nicht mehr in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Seit wann die quantitativen und qualitativen Einschränkungen vorlägen, sei nicht sicher zu beurteilen.
In Reaktion auf dieses Gutachten hat die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 19. Dezember 2005 ausgehend von einem am 05. März 2003 eingetretenen Leistungsfall ab dem 01. April 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer gewährt. Weiter hat sie mit Schriftsatz vom 05. Januar 2006 ihre Berufung zurückgenommen.
Auf Antrag der Klägerin, die an ihrem Begehren festgehalten hat, hat der Senat sodann bei der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie – Dr. B nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Gutachten eingeholt. Diese hat bei der Klägerin in ihrem Gutachten vom 28. August 2006 auf ihrem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt: - Folgen einer frühkindlichen Hirnschädigung mit spastischer, rechtsbetonter Paraparese der Beine und leichter intellektueller Beeinträchtigung. - Multifaktoriell bedingter Schwindel bei Zustand nach Vestibulopathie rechts 2002, phobischer Schwankschwindel unterschiedlicher Ausprägung und vertebragener Mitbeteiligung bei Fehlstellung der Halswirbelsäule und Abnutzungserscheinungen. - Chronisches, pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der Hals- und Lendenwirbelsäule auf der Grundlage degenerativer Veränderungen. Darüber hinaus seien die folgenden Diagnosen zu übernehmen bzw. zu stellen: - Coxalgie und Gonalgie beidseits bei Beinachsenfehlstellung, Coxarthrose beidseits, Femoropatellararthrose beidseits, Valgusstellung. - Belastungseinschränkung beider Beine durch Lymphödeme beidseits, rechtsseitig Zu- stand nach Erysipel 1999, Zustand nach Achillotomie beidseits 1967, Rezidivoperation rechts 1967 bei spastischem Spitzfuß beidseits, verbliebener Fußfehlform: Knick-Senk-Spreizfuß. - Alimentäre Adipositas per magna.
Wie die Vorgutachter ist auch diese Sachverständige davon ausgegangen, dass die Klägerin in ihrem physischen und psychischen Leistungsvermögen deutlich eingeschränkt sei, täglich auch unter Beachtung qualitativer Einschränkungen nur noch drei bis sechs Stunden arbeiten könne und nicht mehr viermal täglich einen Fußweg von mehr als 500 Meter in höchstens 20 Minuten zurücklegen sowie zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Dies sei auf eine überwiegend orthopädisch bedingte Gangunsicherzeit zurückzuführen, die durch eine Gleichgewichts- und Schwindelproblematik verstärkt werde. Eine genaue Feststellung des ersten Auftretens des Schwindels sei nicht zu treffen. Die Angaben der Klägerin zum Beginn der Schwindelsymptomatik variierten stark. Eine ärztliche Dokumentation aus dieser Zeit zum Gehvermögen selbst und den angegebenen Gleichgewichtsstörungen sei nicht aktenkundig. Eine regelmäßige neurologische Behandlung sei nicht erfolgt. Die Zuerkennung des Grades der Behinderung von 70 und die Vergabe der Merkzeichen "G" und "B" basiere allein auf dem ärztlichen Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. W. Auch dort werde jedoch der Zeitpunkt der deutlichen Verschlechterung mit Auftreten des Schwindels nicht näher benannt. Ein Verlust des Leistungsvermögens infolge Gleichgewichtsstörungen und Schwindels lasse sich bis April 2002 verfolgen. Nachdem von der HNO-Ärztin Dr. B im April 2002 von einem Abklingen des akuten Schwindels berichtet worden sei, beschreibe die Allgemeinmedizinerin Dr. W Ende April und im November 2002 den Fortbestand desselben als "Schwindelattacken" mit den Folgen der Verschlechterung des Gehvermögens im Zusammenhang mit den orthopädischen Leiden, fehlender Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes bei der Benutzung von Verkehrsmitteln und der Notwendigkeit fremder Hilfe bei Ein- und Ausstieg sowie Fahrt. Allerdings sei von ihr kein vollständiger neurologischer Status erhoben worden. Letztlich hätten sich Schwindel und Gangunsicherheit ausgehend von einer Störung der Labyrinthfunktion im Jahre 2002 und rezidivierenden Reizerscheinungen der Halswirbelsäule etabliert, die von der Klägerin in Phasen psychosozialer Belastung und Stresses übernachhaltig wahrgenommen und als allgemeine Unsicherheit und Hilfsbedürftigkeit verarbeitet würden.
Die Klägerin meint, aus dem Gutachten der Sachverständigen Dr. B folge jedenfalls der Eintritt eines im April 2002 eingetretenen Leistungsfalls.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. Mai 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Oktober 2001, dieser in der Fassung des Bescheides vom 19. Dezember 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr statt der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. April 2003 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurück- und die Klage gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2005 abzuweisen.
Sie meint, der Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 05. März 2003 sei nicht nachgewiesen. Dieser ergebe sich auch aus dem Gutachten der Sachverständigen Dr. B nicht. Auch danach sei davon auszugehen, dass der Eintritt des Leistungsfalls aus medizinischer Sicht nach Aktenlage im Nachhinein nicht mehr zu bestimmen sei. Der Senat hat schließlich noch Kopien aus den Akten des Versorgungsamtes zu den Akten genommen. Diesen ist zu entnehmen, dass die Klägerin Ende 2001/Anfang 2002 beim Landesamt für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – eine Neufeststellung des Grades der Behinderung beantragt hatte. Als Ursache für ihre Behinderungen und Leiden hatte sie in diesem Zusammenhang ihre "angeborenen Leiden" sowie eine 1999 erlittene Wundrose benannt. Auf die Frage nach ihren Beschwerden hatte sie lediglich in allen Haltungsarten Schmerzen der rechten Hüfte angegeben. In einem eingeholten Befundbericht hatte die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. W ausgeführt, dass bei der Klägerin eine spastische Paraplegie seit der Geburt mit Gangstörung, Gleichgewichtsstörungen und Schwindelattacken sowie ein venöses Syndrom beider Beine bestehe. Mit Bescheid vom 12. Juni 2002 hatte daraufhin das Versorgungsamt bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 70 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkmale "B" und "G" anerkannt. Dabei hatte es als Funktionsbeeinträchtigungen neben der angeborenen spastischen Parese beider Beine, den Funktionsbehinderungen der Beingelenke, der Fußfehlstatik der Wirbelsäule sowie der Adipositas nunmehr auch Gleichgewichtsstörungen sowie ein Krampfaderleiden angenommen. Dies beruhte auf einer nach Aktenlage erstellten gutachtlichen Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. N. Die Klägerin selbst hat dort erstmals im Rahmen eines Antrages vom August 2005 auf Neufeststellung wegen Verschlimmerung bestehender Behinderungen und Hinzutretens neuer Behinderungen auf Gleichgewichtsstörungen und Schwindelattacken hingewiesen. Eine neue Feststellung nach dem Schwerbehindertenrecht hat das Versorgungsamt mit Bescheid vom 27. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Mai 2006 abgelehnt. Das Klageverfahren hierzu ist noch anhängig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der jeweiligen Befundberichte und Gutachten, die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 29. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Oktober 2001, dieser in der Fassung des Bescheides vom 19. Dezember 2005, der nach §§ 96 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist und über den der Senat kraft Klage zu entscheiden hat.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage in seinem angegriffenen Urteil im Ergebnis zutreffend.
Der angefochtene Bescheid ist in seiner letzten Fassung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem für sie im Hinblick auf ihren im Dezember 2000 gestellten Antrag gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI weiterhin anwendbaren § 44 Abs. 1 SGB VI in der bis zum 31. De¬zember 2000 geltenden Fassung. Ebenso wenig steht ihr ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 SGB VI in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung ab einem vor dem 01. April 2003 liegenden Zeitpunkt zu. Unstreitig erfüllt sie zwar die für die entsprechenden Renten jeweils erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Indes vermag der Senat sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit davon zu überzeugen, dass sie spätestens bis Ende Februar 2003 erwerbsunfähig bzw. erwerbsgemindert gewesen ist oder nicht mehr über die erforderliche Wegefähigkeit verfügt hat.
Erwerbsunfähig waren nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmung Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs. 2 SGB VI a.F.). Seit dem 01. Januar 2001 gelten nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI diejenigen Versicherten als teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nicht erwerbsgemindert ist hingegen nach § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Mit seiner Einschätzung, dass die Klägerin bis spätestens Februar 2003 weder diese Voraussetzungen mit der erforderlichen Sicherheit erfüllte noch ihre Wegefähigkeit bis zu diesem Zeitpunkt aufgehoben war, stützt der Senat sich im Wesentlichen auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. K und Dr. B. Die beiden Sachverständigen, die dem Senat als erfahrene und gewissenhafte Gutachter bekannt sind, haben unter sorgfältiger Auswertung der Vorbefunde und nach gründlicher Untersuchung der Klägerin die bei ihr bestehenden, im Tatbestand wiedergegebenen Gesundheitsstörungen sowie die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen dargestellt. Danach hat der Senat keine Zweifel, dass das Leistungsvermögen der Klägerin ab März 2003 nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ auf drei bis unter sechs Stunden täglich eingeschränkt ist und die Klägerin darüber hinaus nicht mehr über die erforderliche Wegefähigkeit verfügt, d.h. nicht mehr in der Lage ist, viermal täglich mindestens 500 Meter in 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen und dazwischen zweimal öffentliche Verkehrsmittel auch zu den Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Nicht hingegen ist den Gutachten zu entnehmen, dass dies bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Fall war. Im Gegenteil lassen sowohl die Gutachten der Sachverständigen Dr. K und Dr. B als auch das letztlich auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG bei der Sachverständigen Dr. B eingeholte Gutachten erkennen, dass die Einschätzung, ab wann das Leistungsvermögen der Klägerin rentenrechtlich relevant eingeschränkt war, in Nachhinein nicht mehr sicher zu treffen ist. Diese Unsicherheit geht zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Klägerin.
Dass bei der Klägerin überhaupt eine volle Erwerbsminderung angenommen wurde, ist im Wesentlichen auf die aufgehobene Wegefähigkeit zurückzuführen, während das ihr sowohl von Dr. K und Dr. B als auch schließlich von Dr. B bescheinigte Leistungsvermögen zunächst grundsätzlich nur zur Annahme einer teilweisen Erwerbsminderung und erst angesichts der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zu voller Erwerbsminderung – diese aber auch nur auf Zeit - führen würde. Hinsichtlich der aufgehobenen Wegefähigkeit steht für den Senat auf der Grundlage der Gutachten fest, dass diese ganz maßgeblich auf die bei der Klägerin zweifelsohne bestehenden erheblichen orthopädischen Leiden zurückzuführen ist, während der von ihr geltend gemachten Schwindelsymptomatik insoweit allenfalls untergeordnete Bedeutung zukommt.
So hat bereits Dr. K in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass die die Wegeunfähigkeit begründende Gangstörung der Klägerin im Wesentlichen auf orthopädischen Befunden beruhe. Einschränkend auf das Gehvermögen wirkten sich das festgestellte chronische lumbale Pseudoradikulärsyndrom bei Coxa valga et antetorta mit Innenrotationsfehlstellung beider Beine bei gleichzeitiger Valgusfehlstellung beider Beine mit zusätzlicher Spitzfußfehlstellung und zugleich ausgeprägtem dekompensiertem Knick-Senk-Spreizfuß im Bereich beider Beine aus. Ferner sei das Gehen durch eine degenerative Erkrankung mit Arthrose im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenkes, der Kniegelenke mit einer Femoropatellararthrose beidseits und der Hüftgelenke mit Coxalgie beidseits limitiert. Die Ausprägung der Befunde habe sich vor allem im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten im Vergleich zur Begutachtung der Klägerin im Verwaltungsverfahren allmählich progredient entwickelt. Soweit die Klägerin Gleichgewichtsstörungen geltend gemacht habe, habe er diese im Rahmen seiner Untersuchung nicht feststellen können. Diese hätten auch bei seiner Einschätzung zum Gehvermögen keine zusätzliche Beeinträchtigung mit sich gebracht.
Der Sachverständige Dr. B hat bestätigt, dass das Gehvermögen der Klägerin insbesondere durch die Gelenkfehlstellungen sowie die Abnutzungserscheinungen der Gelenke der unteren Extremitäten bedingt sei und insoweit auch das massive Übergewicht der Klägerin deutlich negative Auswirkungen habe. Allgemein bestehe aufgrund dieser Erkrankungen eine verminderte Belastbarkeit mit der Folge einer vorschnellen Ermüdbarkeit, insbesondere bei der Masse, die bewegt werden müsse. Weiter hat dieser Gutachter überzeugend und anschaulich geschildert, dass aus dem angegebenen Schwindel nebst Gleichgewichtsstörungen keine wesentlichen Auswirkungen auf das Gehvermögen der Klägerin abzuleiten seien. Nach April 2002 hätte seitens des Gleichgewichtsorgans kein pathologischer Befund mehr vorgelegen. Denn die Ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. B habe in ihrem Befundbericht vom Juni 2005 ausgeführt, dass bei der Klägerin zwar im Februar 2002 eine rechtsseitige Untererregbarkeit des Labyrinths vorgelegen haben, diese jedoch bei der Kontrolluntersuchung im April 2002 bereits nicht mehr nachweisbar gewesen sei. Auch bestünden insoweit bereits ganz erhebliche Zweifel am tatsächlichen Leidensdruck der Klägerin. Immerhin seien ihr – nach ihren eigenen Angaben - im Jahre 2002 von einer Nervenärztin Mittel gegen den Schwindel verschrieben worden, die zu einer Symptomunterdrückung hätten führen können, die Klägerin habe das entsprechende Rezept jedoch nie eingelöst. Schließlich hat er dargelegt, dass es nicht sicher zu beantworten sei, ab wann die quantitativen und qualitativen Einschränkungen vorlägen. Die Veränderungen der Gelenke der unteren Extremitäten seien als dynamisches Geschehen nicht eindeutig zeitlich zuzuordnen. Ende 2000 hätten zwar somatoforme Störungen in Form eines phobischen Schwankschwindels eingesetzt, dieser hätte jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf die Wegefähigkeit.
Zur Überzeugung des Senats vermag auch das auf Antrag der Klägerin bei Dr. B eingeholte Gutachten nichts anderes – insbesondere keinen spätestens im April 2002 eingetretenen Leistungsfall – zu begründen. Diese Sachverständige hat die Einschätzung der Vorgutachter nicht nur hinsichtlich des Leistungsvermögens der Klägerin und ihrer aufgehobenen Wegefähigkeit be¬stätigt, sondern auch insoweit, als auch sie im Wesentlichen die orthopädischen Leiden für das eingeschränkte Steh- und Gehvermögen verantwortlich gemacht hat. Hinsichtlich des Auftretens des Schwindels hat sie zutreffend darauf hingewiesen, dass die Angaben der Klägerin insoweit deutlich differierten und den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht zu entnehmen sei, ab wann es zu einer deutlichen Verschlechterung mit Auftreten des Schwindels gekommen sei. Soweit sie über den bisher angenommenen Eintritt des Leistungsfalls im März 2003 hinausgehend diesbezüglich erwogen hat, "einen weiter zurückliegenden Verlust des Leistungsvermögens infolge Gleichgewichtsstörungen und Schwindels bis April 2002 zu verfolgen", vermag der Senat ihren Ausführungen – anders als offenbar die Klägerin - schon nicht zu entnehmen, dass die Sachverständige selbst von diesem Zeitpunkt ausgeht. Dies wäre nämlich nach ihren vorangehenden Darlegungen, dass die Wegefähigkeit im Wesentlichen durch die orthopädischen Leiden bedingt werde, die Angaben der Klägerin zum erstmaligen Auftreten der Schwindelanfälle widersprüchlich seien und diesbezüglich eine ärztliche Dokumentation fehle, kaum nachvollziehbar. Insbesondere aber hat die Gutachterin schließlich selbst zu Anlage II 1d. I (Seite 31 ihres Gutachtens) ausgeführt, dass sich Schwindel und Gangunsicherheit ausgehend von einer Störung der Labyrinthfunktion im Jahre 2002 und rezidivierenden Reizerscheinungen der Halswirbelsäule etabliert hätten, die von der Klägerin in Phasen psychosozialer Belastung und Stresses übernachhaltig wahrgenommen und als allgemeine Unsicherheit und Hilfsbedürftigkeit verarbeitet würden. Zu den damit von ihr als jedenfalls auch wesentlich angesehenen Halswirbelsäulenbeschwerden ist es jedoch erst deutlich später gekommen. So hat im Verwaltungsverfahren Dipl.-Med. P noch ausdrücklich festgestellt, dass die Halswirbelsäule physiologisch und schmerzfrei beweglich sei. Und noch im Sommer 2003 hat der orthopädische Sachverständige Dr. K im Hinblick auf die Halswirbelsäule keine Erkrankung diagnostiziert. Damit geht einher, dass auch die behandelnden Ärzte sich diesbezüglich offenbar erstmals im Frühjahr 2006 zu entsprechender Diagnostik veranlasst gesehen haben. Vor diesem Hintergrund kann zur Überzeugung des Senats auch nach den Angaben der Sachverständigen Dr. B keinesfalls von einer vor März 2003 eingetretenen Wegeunfähigkeit ausgegangen werden.
Dass das Versorgungsamt Berlin bei der Klägerin bereits mit Bescheid vom Juni 2002 das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" anerkannt hat, was für das Vorliegen aufgehobener Wegefähigkeit spricht, rechtfertigt zur Überzeugung des Senats keine andere Entscheidung. Dieser Einschätzung, die nicht auf einer eigenen Begutachtung der Klägerin im dortigen Verfahren, sondern allein auf einer nach Aktenlage erstellten gutachtlichen Stellungnahme des Allgemeinmediziners Dr. N beruht, die wiederum auf dem Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. W basiert, vermag er nicht das Gewicht beizumessen, dass den im hiesigen Verfahren eingeholten Gutachten zukommt, zumal Frau Dr. W mit dem Bestehen einer Paraplegie bereits – nach sämtlichen Gutachten – von einer falschen Diagnose ausgegangen ist.
Sonstige medizinische Unterlagen, denen sich überzeugende Anhaltspunkte für eine entweder bereits vor März 2003 bestehende auch quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens oder der Wegefähigkeit entnehmen lassen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere sind sie den eingeholten Befundberichten nicht zu entnehmen. Vielmehr hat Dr. B in ihrem Befundbericht lediglich die bereits von dem Sachverständigen Dr. B wiedergegebenen Angaben getätigt, während die Nervenärztin Dr. H mitgeteilt hat, dass die Klägerin sie – nicht wie diese gegenüber dem Sachverständigen Dr. B angegeben hat im Jahre 2002, sondern – einmal 2003 zum EMG aufgesucht habe und 2004 ein Rezept zu einer Psychotherapie erhalten habe. Weitergehende Informationen lassen sich diesen Befundberichten nicht entnehmen. Die Angaben der Allgemeinmedizinerin Dr. W sind schließlich durch die Gutachten der angesichts der hier wesentlichen Erkrankungen als erheblich fachkundiger anzusehenden Sachverständigen widerlegt.
Ist mithin davon auszugehen, dass die Klägerin erst ab März 2003 nicht mehr über ein vollschichtiges bzw. nur noch unter sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch nicht mehr über die erforderliche Wegefähigkeit verfügte, steht ihr die Rente – wie bereits das Sozialgericht Berlin zutreffend ausgeführt hatte - nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erst ab dem 01. April 2003 zu. Ihre Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
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