Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RA 3222/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 684/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 06. März 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung; zusätzlich begehrt der Kläger die Entrichtung freiwilliger Beiträge und die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Der Kläger ist 1937 in Z, M (damals zur UdSSR gehörig), geboren. Am 6. Juli 1990 ist er von Litauen aus nach Israel übergesiedelt und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit. Im Oktober 2002 beantragte er beim National Insurance Institute in I eine Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund von Ghettoarbeitszeiten. Er gab an, von (Oktober) 1941 bis (März) 1944 in einem Ghetto im Dorf Z, Gebiet O, T gearbeitet und dafür Verpflegung erhalten zu haben. Geld sei nicht gezahlt worden. Er schilderte ferner ausführlich die Verfolgung seiner Person und seiner Familie im und nach dem Zweiten Weltkrieg und reichte dazu zahlreiche Schriftstücke ein. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag durch Bescheid vom 20. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 ab. Die Wartezeit für einen Rentenanspruch sei nicht erfüllt. Selbst wenn die vom Kläger behaupteten Beschäftigungen berücksichtigungsfähig seien, könne aus ihnen keine Rente ins Ausland gezahlt werden. Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, dass ihm ein Rentenanspruch zustehe. Er sei wegen Erkrankungen, die Folge des Aufenthalts im Ghetto seien, Vollinvalide. Zur Erfüllung der Wartezeit sei er bereit, freiwillige Beiträge zu entrichten. Abgesehen davon sehe das Gesetz über die Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) eine Beihilfe vor, über die die Beklagte bisher noch nicht entschieden habe. Die Anerkennung von Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) berechtige ihn zudem zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Schlussprotokoll (SP) zum Deutsch-Israelischen Sozialversicherungsabkommen (DISVA), die er ebenfalls begehre. Durch Gerichtsbescheid vom 6. März 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zu entscheiden sei auch darüber, ob das Anliegen des Klägers unter Berücksichtigung des FRG berechtigt sei, wie er erstmals im Klageverfahren geltend mache. Denn das Klagebegehren sei unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Altersrente nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) erfülle der Kläger nicht, weil er bereits nicht Versicherter sei. Die von ihm angegebene Beschäftigung könne weder im Sinne des § 1 ZRBG noch im Sinne des FRG ein rentenversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründen, weil der Kläger im behaupteten Beschäftigungszeitraum von 1941 bis 1941 erst vier bis sechs Jahre alt gewesen sei und es deshalb nicht aus seinem eigenem Willensentschluss heraus zustande gekommen sein könne. Im Übrigen folge die Kammer der Begründung der angefochtenen Bescheide und nehme darauf Bezug. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Er verweist zur Begründung vor allem auf die Schwere der von ihm erlittenen nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen. Angaben seines Vaters zufolge, die sich aus einem Archiv des KGB ergäben, sei er bei Kriegsende 1945 bereits 10 ½ Jahre alt gewesen. Er bestehe deshalb auch darauf, als "Arbeiter" im Ghetto angesehen zu werden. Er beantragt der Sache nach, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 aufzuheben und ihm auf seinen Antrag vom Oktober 2002 hin Altersrente zu gewähren sowie ihn zur Entrichtung freiwilliger Beiträge und zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Schlussprotokoll zum Deutsch-Israelischen Sozialversicherungsabkommen in der Fassung des Zusatzabkommens vom 12. Februar 1995 zuzulassen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat betont dabei vorab, dass seine Aufgabe darauf beschränkt ist zu prüfen, ob die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nach den in Frage kommenden Rechtsvorschriften berechtigt sind oder nicht. Nur in diesem Zusammenhang könnte er deshalb auch rechtlich würdigen, dass der Kläger und seine Familie unter außerordentlich schwerwiegenden Zwangsmaßnahmen des nationalsozialistischen deutschen Regimes zu leiden hatten und davon dauerhafte Folgen zurückgeblieben sind. Dies berücksichtigend ist die Berufung unbegründet. Über das Begehren des Klägers, zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem SP-DISVA zugelassen zu werden, konnte der Senat entscheiden, obwohl das Sozialgericht darüber keine ausdrückliche Entscheidung getroffen hat. Aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils geht hervor, dass es sich des Antrags auf Zulassung zur Nachentrichtung bewusst war, so dass davon auszugehen ist, dass es über den Anspruch auch entscheiden wollte. Wenn es sich zu diesem Antrag gleichwohl in den Entscheidungsgründen nicht äußert, ändert dies nichts daran, dass es gleichwohl über den Anspruch entschieden hat. Unbegründet ist Berufung hinsichtlich des Begehrens auf Nachenrichtung, weil die Klage unzulässig ist. Die Beklagte hat bislang kein Verwaltungsverfahren über ein Nachentrichtungsrecht durchgeführt, zumal der Kläger auch erstmals im Verfahren vor dem Sozialgericht die Nachentrichtung von Beiträgen beantragt hatte. Mangels Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens fehlt es an einer notwendigen Voraussetzung für eine zulässige Klage (s. § 78 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Weil die Klage betreffend das Nachentrichtungsrecht bereits unzulässig ist, kann der Senat hierüber nicht rechtsverbindlich in der Sache entscheiden. Nur am Rand wird deshalb darauf hingewiesen, dass die Klage mit größter Wahrscheinlichkeit auch unbegründet wäre. Denn das vom Kläger angestrebte Nachentrichtungsrecht nach Nr. 11 SP-DISVA in der Fassung des Zusatzabkommens vom 12. Februar 1995 kann er schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Israel nicht vor dem 1. Juli 1990 begründet hat, wie Nr. 11 Buchstabe f) SP-DISVA es erfordert. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet, weil der Kläger nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt. Streitig ist der Sache nach ein Anspruch auf Altersrente. Solch ein Anspruch kann sich allein aus dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ergeben. Das ZRBG selbst regelt keine Rentenansprüche, sondern enthält nur Bestimmungen über bestimmte Beweiserleichterungen und über die Auszahlung von Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn diese nach den Vorschriften des allgemeinen Rentenrechts nicht möglich wäre. Das ZRBG enthält dagegen keine allgemeine Entschädigung für persönliches Leid oder körperliche oder seelische Erkrankungen auf Grund eines Zwangsaufenthaltes in einem Ghetto. Der – für den Kläger allein in Betracht kommende – Anspruch auf Regelaltersrente setzt gemäß § 35 SGB VI voraus, dass Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) erfüllt haben.
Der Kläger hat zwar im Januar 2002 das 65. Lebensjahr vollendet, doch ist er nicht "Versicherter" und erfüllt damit erst recht nicht die Wartezeit für die Regelaltersrente. Versicherter ist nur diejenige, für den ein Beitrag zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vor Beginn der Rente wirksam gezahlt worden ist oder aber als wirksam entrichtet gilt. Der Kläger hat nicht wenigstens einen Monat einer solchen "Beitragszeit" in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI sind Beitragszeiten solche Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Der Kläger hat die von ihm geschilderte Arbeit im Gebiet T verrichtet, das bis zum zweiten Weltkrieg dem Territorium der UdSSR zugehörte und im Oktober/November 1941 von Rumänien annektiert worden war (Pin, Die Rentenversicherung im Ausland, 1960, Seite 387). Damit befand er sich naturgemäß außerhalb des Geltungsbereichs deutschen Bundesrechts und auch außerhalb des Geltungsbereichs der Rentenversicherungsgesetze des früheren Deutschen Reichs, die in diesem Gebiet nie in Kraft gesetzt worden waren. Als Folge kann der Kläger eine in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigende Beitragszeit nur auf Grund von § 15 Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz (FRG) oder von § 2 Abs. 1 ZRBG (in Verbindung mit § 247 Abs. 3 SGB VI) zurückgelegt haben. Ob das FRG auf den Kläger anzuwenden ist, kann offen gelassen werden, weil jedenfalls die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beitragszeit nicht erfüllt sind. Eine Gleichstellung ausländischer Beitragszeiten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG setzt voraus, dass die Entrichtung von Beiträgen zum örtlich zuständigen Rentenversicherungsträger nachgewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht ist (vgl. § 4 Abs. 1, 2 FRG). Für die Entrichtung von Beiträgen an einen örtlichen Träger der Rentenversicherung gibt es aber keinerlei Anhaltspunkte und der Kläger macht dies auch nicht geltend. Ohne Nachweis oder Glaubhaftmachung von Beitragszeiten zum ausländischen Versicherungsträger können Zeiten der Beschäftigung im Ausland nur über § 15 Abs. 3 Satz 1 FRG einer in Deutschland zurückgelegten Beitragszeit gleichstehen. Diese Vorschrift bestimmt: "Zeiten einer Beschäftigung, die bei ihrer Zurücklegung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht als Beitragszeiten im Sinne des Absatzes 1 anrechnungsfähig waren und für die an einen Träger eines Systems der sozialen Sicherheit Beiträge nicht entrichtet worden sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, soweit für sie nach Bundesrecht Beiträge zu zahlen gewesen wären" Ob eine Versicherungspflicht für die vom Kläger verrichtete Arbeit nach dem im fraglichen Zeitraum im Gebiet T geltenden Sozialversicherungsrecht bestanden hat, kann wiederum offen bleiben. Denn eine Gleichstellung mit deutschen Beitragszeiten scheitert jedenfalls daran, dass die weitere Voraussetzung des § 15 Abs. 3 Satz 1 FRG (" ... soweit für sie Beiträge nach Bundesrecht zu zahlen gewesen wären") nicht gegeben ist. Nach den maßgeblichen deutschen Sozialversicherungsgesetzen waren nur Beschäftigungen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, für die ein Entgelt gezahlt wurde (ausführlich dazu, im Besonderen auch zu den Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht Bundessozialgericht [BSG] in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 4-5050 § 15 Nr. 1). Auch bei Arbeiten, die unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet wurden, kann auf das Merkmal der Entgeltlichkeit nicht verzichtet werden (BSG SozR 3-5070 § 14 Nr. 2, 3; BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15, 16, 17). Der Kläger hat aber selbst erklärt, dass er für seine Arbeit kein Geld bekommen habe. Damit hat er keine Beschäftigung ausgeübt, die zu einer "Beitragszeit" im Sinne des § 15 FRG führen könnte. Bloße Verpflegung – auch wenn es "bessere" ist als sonst – stellt kein Entgelt dar (s. BSG in SozR 4-5050 § 15 Nr. 1) Der Kläger kann sich auch nicht auf § 16 FRG berufen, weil auch hiernach nur Beschäftigungen einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland gleichstehen, wenn sie nach dem am 1. März 1957 geltenden Recht Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen begründet hätten. Damit scheitert auch eine "Beschäftigungszeit" auf jeden Fall daran, dass der Kläger kein Entgelt für seine Arbeit erhalten hat. Ferner sind nur Beschäftigungszeiten nach Vollendung des 17. Lebensjahres (nach der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Rechtslage: des 16. Lebensjahres) anrechenbar, während der Kläger in der streitigen Zeit nach seinen eigenen Angaben höchstens zehn Jahre alt war. Aus dem ZRBG ergibt sich kein für den Kläger günstigeres Ergebnis. Denn die Voraussetzungen des § 1 ZRBG für die Zahlbarmachung einer Rente aus der Zeit der Beschäftigung des Klägers in der streitigen Zeit sind nicht erfüllt. Nach § 1 Abs. 1 ZRBG gilt dieses Gesetz für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn 1. die Beschäftigung a) aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, b) gegen Entgelt ausgeübt wurde und 2. das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, soweit für diese Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht wird. Die Anwendung des ZRBG scheitert in jedem Fall daran, dass er – wie schon ausgeführt – keine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt hat. Mit dem Erfordernis einer entgeltlichen Beschäftigung knüpft das Gesetz erkennbar an die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto an. Dies ergibt sich auch aus der hierzu vorliegenden Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 14/8583, Seiten 1 und 6; 14/8602, S 1, 5). Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den von der Ghetto-Rechtsprechung begünstigten hinaus ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen (Bundestags-Drucksache 14/8583, Seite 6; 14/8602, Seite 6; ausführlich zum Ganzen BSG SozR 4-5050 § 15 Nr. 1). Die Begründung des Gesetzgebers verdeutlicht auch, dass durch das ZRBG kein Rentenanspruch aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung als generelle Entschädigung für Arbeiten in einem Ghetto oder noch allgemeiner auf Grund der Freiheitsberaubung im Ghetto und daraus folgenden körperlichen und psychischen Folgen eingeführt worden war. Da der Kläger nicht Versicherter war und damit kein Beitrag in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung anrechnungsfähig ist, ist er nicht zur Entrichtung freiwilliger Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt (Nr. 2 Buchstabe c) SP-DISVA). Auch auf diese Weise kann er folglich nicht die Wartezeit für eine Altersrente erfüllen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung; zusätzlich begehrt der Kläger die Entrichtung freiwilliger Beiträge und die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Der Kläger ist 1937 in Z, M (damals zur UdSSR gehörig), geboren. Am 6. Juli 1990 ist er von Litauen aus nach Israel übergesiedelt und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit. Im Oktober 2002 beantragte er beim National Insurance Institute in I eine Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund von Ghettoarbeitszeiten. Er gab an, von (Oktober) 1941 bis (März) 1944 in einem Ghetto im Dorf Z, Gebiet O, T gearbeitet und dafür Verpflegung erhalten zu haben. Geld sei nicht gezahlt worden. Er schilderte ferner ausführlich die Verfolgung seiner Person und seiner Familie im und nach dem Zweiten Weltkrieg und reichte dazu zahlreiche Schriftstücke ein. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag durch Bescheid vom 20. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 ab. Die Wartezeit für einen Rentenanspruch sei nicht erfüllt. Selbst wenn die vom Kläger behaupteten Beschäftigungen berücksichtigungsfähig seien, könne aus ihnen keine Rente ins Ausland gezahlt werden. Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, dass ihm ein Rentenanspruch zustehe. Er sei wegen Erkrankungen, die Folge des Aufenthalts im Ghetto seien, Vollinvalide. Zur Erfüllung der Wartezeit sei er bereit, freiwillige Beiträge zu entrichten. Abgesehen davon sehe das Gesetz über die Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) eine Beihilfe vor, über die die Beklagte bisher noch nicht entschieden habe. Die Anerkennung von Beschäftigungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) berechtige ihn zudem zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Schlussprotokoll (SP) zum Deutsch-Israelischen Sozialversicherungsabkommen (DISVA), die er ebenfalls begehre. Durch Gerichtsbescheid vom 6. März 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zu entscheiden sei auch darüber, ob das Anliegen des Klägers unter Berücksichtigung des FRG berechtigt sei, wie er erstmals im Klageverfahren geltend mache. Denn das Klagebegehren sei unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Altersrente nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) erfülle der Kläger nicht, weil er bereits nicht Versicherter sei. Die von ihm angegebene Beschäftigung könne weder im Sinne des § 1 ZRBG noch im Sinne des FRG ein rentenversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründen, weil der Kläger im behaupteten Beschäftigungszeitraum von 1941 bis 1941 erst vier bis sechs Jahre alt gewesen sei und es deshalb nicht aus seinem eigenem Willensentschluss heraus zustande gekommen sein könne. Im Übrigen folge die Kammer der Begründung der angefochtenen Bescheide und nehme darauf Bezug. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Er verweist zur Begründung vor allem auf die Schwere der von ihm erlittenen nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen. Angaben seines Vaters zufolge, die sich aus einem Archiv des KGB ergäben, sei er bei Kriegsende 1945 bereits 10 ½ Jahre alt gewesen. Er bestehe deshalb auch darauf, als "Arbeiter" im Ghetto angesehen zu werden. Er beantragt der Sache nach, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 aufzuheben und ihm auf seinen Antrag vom Oktober 2002 hin Altersrente zu gewähren sowie ihn zur Entrichtung freiwilliger Beiträge und zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Schlussprotokoll zum Deutsch-Israelischen Sozialversicherungsabkommen in der Fassung des Zusatzabkommens vom 12. Februar 1995 zuzulassen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat betont dabei vorab, dass seine Aufgabe darauf beschränkt ist zu prüfen, ob die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nach den in Frage kommenden Rechtsvorschriften berechtigt sind oder nicht. Nur in diesem Zusammenhang könnte er deshalb auch rechtlich würdigen, dass der Kläger und seine Familie unter außerordentlich schwerwiegenden Zwangsmaßnahmen des nationalsozialistischen deutschen Regimes zu leiden hatten und davon dauerhafte Folgen zurückgeblieben sind. Dies berücksichtigend ist die Berufung unbegründet. Über das Begehren des Klägers, zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem SP-DISVA zugelassen zu werden, konnte der Senat entscheiden, obwohl das Sozialgericht darüber keine ausdrückliche Entscheidung getroffen hat. Aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils geht hervor, dass es sich des Antrags auf Zulassung zur Nachentrichtung bewusst war, so dass davon auszugehen ist, dass es über den Anspruch auch entscheiden wollte. Wenn es sich zu diesem Antrag gleichwohl in den Entscheidungsgründen nicht äußert, ändert dies nichts daran, dass es gleichwohl über den Anspruch entschieden hat. Unbegründet ist Berufung hinsichtlich des Begehrens auf Nachenrichtung, weil die Klage unzulässig ist. Die Beklagte hat bislang kein Verwaltungsverfahren über ein Nachentrichtungsrecht durchgeführt, zumal der Kläger auch erstmals im Verfahren vor dem Sozialgericht die Nachentrichtung von Beiträgen beantragt hatte. Mangels Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens fehlt es an einer notwendigen Voraussetzung für eine zulässige Klage (s. § 78 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Weil die Klage betreffend das Nachentrichtungsrecht bereits unzulässig ist, kann der Senat hierüber nicht rechtsverbindlich in der Sache entscheiden. Nur am Rand wird deshalb darauf hingewiesen, dass die Klage mit größter Wahrscheinlichkeit auch unbegründet wäre. Denn das vom Kläger angestrebte Nachentrichtungsrecht nach Nr. 11 SP-DISVA in der Fassung des Zusatzabkommens vom 12. Februar 1995 kann er schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Israel nicht vor dem 1. Juli 1990 begründet hat, wie Nr. 11 Buchstabe f) SP-DISVA es erfordert. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet, weil der Kläger nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt. Streitig ist der Sache nach ein Anspruch auf Altersrente. Solch ein Anspruch kann sich allein aus dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ergeben. Das ZRBG selbst regelt keine Rentenansprüche, sondern enthält nur Bestimmungen über bestimmte Beweiserleichterungen und über die Auszahlung von Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn diese nach den Vorschriften des allgemeinen Rentenrechts nicht möglich wäre. Das ZRBG enthält dagegen keine allgemeine Entschädigung für persönliches Leid oder körperliche oder seelische Erkrankungen auf Grund eines Zwangsaufenthaltes in einem Ghetto. Der – für den Kläger allein in Betracht kommende – Anspruch auf Regelaltersrente setzt gemäß § 35 SGB VI voraus, dass Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) erfüllt haben.
Der Kläger hat zwar im Januar 2002 das 65. Lebensjahr vollendet, doch ist er nicht "Versicherter" und erfüllt damit erst recht nicht die Wartezeit für die Regelaltersrente. Versicherter ist nur diejenige, für den ein Beitrag zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vor Beginn der Rente wirksam gezahlt worden ist oder aber als wirksam entrichtet gilt. Der Kläger hat nicht wenigstens einen Monat einer solchen "Beitragszeit" in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI sind Beitragszeiten solche Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Der Kläger hat die von ihm geschilderte Arbeit im Gebiet T verrichtet, das bis zum zweiten Weltkrieg dem Territorium der UdSSR zugehörte und im Oktober/November 1941 von Rumänien annektiert worden war (Pin, Die Rentenversicherung im Ausland, 1960, Seite 387). Damit befand er sich naturgemäß außerhalb des Geltungsbereichs deutschen Bundesrechts und auch außerhalb des Geltungsbereichs der Rentenversicherungsgesetze des früheren Deutschen Reichs, die in diesem Gebiet nie in Kraft gesetzt worden waren. Als Folge kann der Kläger eine in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigende Beitragszeit nur auf Grund von § 15 Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz (FRG) oder von § 2 Abs. 1 ZRBG (in Verbindung mit § 247 Abs. 3 SGB VI) zurückgelegt haben. Ob das FRG auf den Kläger anzuwenden ist, kann offen gelassen werden, weil jedenfalls die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beitragszeit nicht erfüllt sind. Eine Gleichstellung ausländischer Beitragszeiten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG setzt voraus, dass die Entrichtung von Beiträgen zum örtlich zuständigen Rentenversicherungsträger nachgewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht ist (vgl. § 4 Abs. 1, 2 FRG). Für die Entrichtung von Beiträgen an einen örtlichen Träger der Rentenversicherung gibt es aber keinerlei Anhaltspunkte und der Kläger macht dies auch nicht geltend. Ohne Nachweis oder Glaubhaftmachung von Beitragszeiten zum ausländischen Versicherungsträger können Zeiten der Beschäftigung im Ausland nur über § 15 Abs. 3 Satz 1 FRG einer in Deutschland zurückgelegten Beitragszeit gleichstehen. Diese Vorschrift bestimmt: "Zeiten einer Beschäftigung, die bei ihrer Zurücklegung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht als Beitragszeiten im Sinne des Absatzes 1 anrechnungsfähig waren und für die an einen Träger eines Systems der sozialen Sicherheit Beiträge nicht entrichtet worden sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, soweit für sie nach Bundesrecht Beiträge zu zahlen gewesen wären" Ob eine Versicherungspflicht für die vom Kläger verrichtete Arbeit nach dem im fraglichen Zeitraum im Gebiet T geltenden Sozialversicherungsrecht bestanden hat, kann wiederum offen bleiben. Denn eine Gleichstellung mit deutschen Beitragszeiten scheitert jedenfalls daran, dass die weitere Voraussetzung des § 15 Abs. 3 Satz 1 FRG (" ... soweit für sie Beiträge nach Bundesrecht zu zahlen gewesen wären") nicht gegeben ist. Nach den maßgeblichen deutschen Sozialversicherungsgesetzen waren nur Beschäftigungen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, für die ein Entgelt gezahlt wurde (ausführlich dazu, im Besonderen auch zu den Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht Bundessozialgericht [BSG] in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 4-5050 § 15 Nr. 1). Auch bei Arbeiten, die unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet wurden, kann auf das Merkmal der Entgeltlichkeit nicht verzichtet werden (BSG SozR 3-5070 § 14 Nr. 2, 3; BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15, 16, 17). Der Kläger hat aber selbst erklärt, dass er für seine Arbeit kein Geld bekommen habe. Damit hat er keine Beschäftigung ausgeübt, die zu einer "Beitragszeit" im Sinne des § 15 FRG führen könnte. Bloße Verpflegung – auch wenn es "bessere" ist als sonst – stellt kein Entgelt dar (s. BSG in SozR 4-5050 § 15 Nr. 1) Der Kläger kann sich auch nicht auf § 16 FRG berufen, weil auch hiernach nur Beschäftigungen einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland gleichstehen, wenn sie nach dem am 1. März 1957 geltenden Recht Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen begründet hätten. Damit scheitert auch eine "Beschäftigungszeit" auf jeden Fall daran, dass der Kläger kein Entgelt für seine Arbeit erhalten hat. Ferner sind nur Beschäftigungszeiten nach Vollendung des 17. Lebensjahres (nach der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Rechtslage: des 16. Lebensjahres) anrechenbar, während der Kläger in der streitigen Zeit nach seinen eigenen Angaben höchstens zehn Jahre alt war. Aus dem ZRBG ergibt sich kein für den Kläger günstigeres Ergebnis. Denn die Voraussetzungen des § 1 ZRBG für die Zahlbarmachung einer Rente aus der Zeit der Beschäftigung des Klägers in der streitigen Zeit sind nicht erfüllt. Nach § 1 Abs. 1 ZRBG gilt dieses Gesetz für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn 1. die Beschäftigung a) aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, b) gegen Entgelt ausgeübt wurde und 2. das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, soweit für diese Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht wird. Die Anwendung des ZRBG scheitert in jedem Fall daran, dass er – wie schon ausgeführt – keine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt hat. Mit dem Erfordernis einer entgeltlichen Beschäftigung knüpft das Gesetz erkennbar an die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto an. Dies ergibt sich auch aus der hierzu vorliegenden Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 14/8583, Seiten 1 und 6; 14/8602, S 1, 5). Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den von der Ghetto-Rechtsprechung begünstigten hinaus ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen (Bundestags-Drucksache 14/8583, Seite 6; 14/8602, Seite 6; ausführlich zum Ganzen BSG SozR 4-5050 § 15 Nr. 1). Die Begründung des Gesetzgebers verdeutlicht auch, dass durch das ZRBG kein Rentenanspruch aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung als generelle Entschädigung für Arbeiten in einem Ghetto oder noch allgemeiner auf Grund der Freiheitsberaubung im Ghetto und daraus folgenden körperlichen und psychischen Folgen eingeführt worden war. Da der Kläger nicht Versicherter war und damit kein Beitrag in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung anrechnungsfähig ist, ist er nicht zur Entrichtung freiwilliger Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt (Nr. 2 Buchstabe c) SP-DISVA). Auch auf diese Weise kann er folglich nicht die Wartezeit für eine Altersrente erfüllen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
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