Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 706/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 86/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. März 2005 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) der Klägerin. Die 1964 geborene Klägerin erlitt am 18. Januar 1983 beim Schulsport eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes im linken Kniegelenk, deren Folgen vorliegend streitgegenständlich sind. In der Folgezeit erlitt die Klägerin weitere Arbeitsunfälle. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft bewilligte ihr u. a. aufgrund einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule und Einschränkungen im Bereich der oberen Gliedmaßen (HWS-Fraktur) in Folge eines Unfalles vom 12. Dezember 1989 durch Bescheid vom 8. August 1991 eine Rente nach einer MdE von 20 vom Hundert. Die Unfallkasse des Bundes erkannte u. a. wegen einer beginnenden medialen Arthrose als Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur und Refixation eines Innenmeniskusrisses rechts in Folge eines am 18. November 2002 erlittenen weiteren Unfalles mit Bescheid vom 3. Juni 2004 auf eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 10 vom Hundert. Aufgrund zunehmender Beschwerden im linken Knie erfolgte am 4. Juli 1997 in der Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie der T M eine Operation mit HTO- und Fibula-Osteotomie sowie eine Stabilisierung durch eine Kreuzbandersatzplastik bei stationärem Aufenthalt vom 3. bis 24. Juli 1997 und anschließender Rehabilitationsbehandlung in der Zeit vom 29. Juli bis 26. August 1997 in der Klinik S H in B W. Nachdem die Krankenkasse im September 1997 gegenüber dem Beklagten einen Erstattungsanspruch hinsichtlich des Unfalles aus Januar 1983 geltend gemacht hatte, holte dieser Befund- und Behandlungsberichte des behandelnden Arztes der Poliklinik für Sportorthopädie München Dr. R und des Orthopäden DM K sowie eine Stellungnahme der Klägerin ein und zog alte Behandlungsunterlagen bei. Auf Veranlassung des Beklagten erstellten am 2. Oktober 1998 Dr. H/Dr. Ha des Klinikums B-B ein Gutachten, mit dem sie ausführten, dass zeitlich nach dem angeschuldigten Ereignis ein blutiger Gelenkerguss in Folge einer vorderen Kreuzbandruptur links vorgelegen habe, was damals nicht mit Sicherheit habe diagnostiziert werden können. Dies bedeute einen irreversiblen Kniegelenkschaden, der eine Instabilität des Kniegelenkes bedinge und dadurch zu einer vorzeitigen erheblichen posttraumatischen Arthrose des betroffenen Gelenkes geführt habe. Mit zunehmender Arthroseentwicklung sei eine Progression der Beschwerdehäufigkeit und Beschwerdeintensität eingetreten. Die Klägerin sei seit dem Unfall immer wieder infolge der rezidivierend auftretenden Beschwerden behandlungsbedürftig gewesen. Die regelrechten Verhältnisse am rechten Kniegelenk ohne Hinweise für degenerative Veränderungen belegten, dass eine normale altersbedingte Arthroseentwicklung zu dem Unfallschaden links nicht addiert werden könne. Eine Besserung sei nicht zu erwarten. Es bestehe eine erhebliche Gonarthrose, die zu Schmerzen im linken Kniegelenk bei Belastung führe. Es würden belastungsabhängige rezidivierend Ergüsse auftreten, die sich nach Ruhigstellung wieder zurück bildeten. In Verbindung mit dem Gelenkerguss trete Hitze auf, es bestehe Wetterfühligkeit; erhöhte Belastungen würden nicht ausgehalten. Die Klägerin könne nicht rennen und nicht springen, nicht knien und wegen der Unsicherheit im linken Kniegelenk keine Absatzschuhe tragen. Sportliche Ansprüche seien erheblich eingeschränkt. Bei langsamem Gehen sei das Gangbild normal, bei forciertem Gehen bestehe ein angedeutetes Hinken. Es bestehe eine Muskelschmälerung am linken Oberschenkel und eine geringe endgradige Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes bei Streckung und Beugung sowie eine vordere Instabilität. Die MdE sei für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis 4. Juli 1995 mit 15 vom Hundert und ab dem 5. Juli 1995 bis dato und für weitere zwei Jahre mit 20 vom Hundert zu bemessen. Durch Bescheid vom 26. Januar 1999 bewilligte der Beklagte der Klägerin daraufhin eine Dauerrente ab dem 1. Januar 1993 bis auf weiteres. Eventuelle frühere Leistungsansprüche seien verjährt. Die Rente wurde bewilligt für die Zeit bis 2. November 1997 nach einer MdE von 15 vom Hundert und für die Folgezeit nach einer MdE vom 20 vom Hundert. Durch Bescheid vom 27. Mai 1999 stellte der Beklagte die Höhe der Rente für die Zeit ab 1. Februar 1993 neu fest. In der Folgezeit veranlasste der Beklagte die Erstellung eines zweiten Rentengutachtens, welches Prof. Dr. K am 1. Februar 2001 erstatte. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die MdE weiterhin 20 % betrage. Es sei keine Änderung des Befundes eingetreten. Es bestünden objektiv vonseiten des Bewegungsumfanges und der Stabilität keine Einschränkung, radiologisch jedoch ausgeprägte Arthrosezeichen. Hierzu gab Dr. B als beratender Arzt des Beklagten am 10. Mai 2001 eine Stellungnahme nach Aktenlage dahin ab, eine deutliche Befundbesserung zu sehen und die MdE dementsprechend jetzt auf 10 vom Hundert einzuschätzen. Nach Anhörung setzte der Beklagte daraufhin durch Bescheid vom 11. Juni 2001 die Höhe der Rente mit Wirkung vom 1. Juli 2001 nach einer MdE von 10 vom Hundert fest. Die Instabilität am linken Kniegelenk liege nicht mehr vor, die Beweglichkeit habe zugenommen, die Muskulatur am linken Oberschenkel habe sich gekräftigt. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie ausführte, dass eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die dem Bescheid vom 26. Januar 1999 zugrunde gelegen hätten, nicht vorliege. Eine Besserung sei nicht eingetreten. Sie brachte eine Stellungnahme des Prof. Dr. K vom 7. Juni 2001 bei, der ausführte, dass eine Rückstufung der MdE von 20 auf 10 vom Hundert keinesfalls gerechtfertigt sei, da die erheblichen arthrotischen Veränderungen des Kniegelenkes, die mit glaubhaften erheblichen statischen und Bewegungsschmerzen einhergingen, bereits für sich eine MdE von 20 vom Hundert bedingten. Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 2. August 2001 zurück. Es seien nachweislich Besserungsmerkmale gefunden worden. Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W eingeholt, der mit Datum vom 24. Juli 2003 ausführte, dass die MdE seinerzeit durch Dr. H nachvollziehbar eingeschätzt worden sei und dass diese nach wie vor 20 vom Hundert betrage. Die Herabsetzung auf 10 vom Hundert sei hingegen nicht nachvollziehbar. Sowohl zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. H als auch nunmehr durch ihn sei die klinische Funktionalität als gut zu bewerten (gewesen). Das Orientieren allein an den Messergebnissen nach der Neutral-0-Methode, wie durch Dr. B vorgenommen, werde dem Gesamtzustand im vorliegenden Fall jedoch nicht gerecht. Für die Bemessung der Gesamtschau seien die schweren degenerativen Veränderungen wichtig. Es sei über die Jahre zu einer kontinuierlichen Verschlechterung mit der Ausbildung von arthrotischen Veränderungen gekommen. Seit 1997 hätten sich die Beschwerden weiter entwickelt, es seien intensive Diagnostiken erfolgt. Die Klägerin verspüre weiterhin erhebliche Schmerzen und regelmäßige Schwellneigungen. Sie habe erhebliche Probleme beim Treppensteigen, könne nicht längere Zeit stehen und verspüre ein Schwellgefühl. Die verblüffende Diskrepanz zwischen noch sehr zufriedenstellender klinischer Funktionalität und schwerster Gonarthrose mit Fehlstellung sei zum einen der Konstitution der Klägerin, zum anderen dem jahrelangen intensiven, begleitenden Muskelaufbautraining zuzuschreiben. Dies könne jedoch in der Gesamtschau nicht davon ablenken, dass die Klägerin unter schwersten posttraumatischen degenerativen Veränderungen mit einer grundsätzlichen Belastungsminderung leide. Die von der Klägerin beschriebenen Beschwerden wiesen eindeutig auf das typische Erscheinungsbild einer Pangonarthrose mit vermehrten Reizzuständen und klinischer Instabilität hin. Am Gelenk hätten sich seit Jahren massive Abstützreaktionen ausgebildet, was zu einer komplexen Verformung der Gelenkstrukturen geführt habe. In der gesetzlichen Unfallversicherung sei für ein leichtes Wackelknie ein MdE-Ansatz von 20 vom Hundert und nach Entfernung oder Teilentfernung eines verletzten oder kranken Meniskus je nach Befund ein MdE-Satz bis zu 30 vom Hundert möglich. Vorliegend sei es durch die jahrelange Instabilität zu einer schwersten Gelenkdegeneration in sämtlichen Gelenkräumen gekommen, welche das Maß einer Postmeniskektomiedegeneration sicherlich übersteige, sodass mit der Bemessung von 20 vom Hundert definitiv keine zu hohe Einstufung vorgenommen worden sei. Der Beklagte holte hierzu eine gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage durch den Arzt für Chirurgie Dr. L vom 2. Januar 2004 ein, der ausführte, dass weder der gegenwärtige Zustand noch der 1998 vorliegende Unfallzustand eine MdE von 20 vom Hundert rechtfertige bzw. gerechtfertigt hätte. Die Unfallfolgen hätten sich nicht wesentlich geändert. Maßgeblich sei die gute Funktion des Gelenkes und nicht der bildtechnisch zur Darstellung kommende Befund. Die Stabilität des plastischen Bandersatzes, d. h. die vordere Instabilität, sei in allen drei Gutachten stets als muskulär voll zu kompensieren beschrieben. Die MdE-Tabellen sähen für eine muskulär voll zu kompensierende Instabilität im Bereich des Kniegelenkes eine MdE von 10 vom Hundert vor. Nachdem das Gericht den Beklagten darauf hingewiesen hatte, dass Zweifel am Vorliegen einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) beständen, erließ der Beklagte nach Anhörung der Klägerin am 23. Februar 2004 einen weiteren Bescheid, mit dem er feststellte, dass der Bescheid vom 26. Januar 1999 rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs. 1 SGG X sei, jedoch nicht zurückgenommen werde. Allerdings würden zukünftige Änderungen zu Gunsten der Klägerin nur insoweit zu einer Neufeststellung der Leistung führen, als der Rentenbetrag, der sich ohne Berücksichtigung der Bestandskraft des Bescheides vom 26. Januar 1999 ergäbe, überschritten werde. Während des Klageverfahrens stellte sich die Klägerin am 10. März 2004 im M-L-Krankenhaus vor. In einem Bericht vom 5. April 2004 teilten die Ärzte G/Prof. Dr. He dem Beklagten mit, dass bereits anlässlich eines Sprechstundenbesuches im vergangenen Jahr bei Beschwerden des Schmerzes und der Instabilität für das linke Kniegelenk ein chronischer Reizerguss bei freier Beweglichkeit, ein deutlich positiver Lachmann-Test und eine eingeschränkte Beweglichkeit im linken Kniegelenk mit Extension/Flexion 0-0-110 ° aufgefallen sei. Das MRT habe Hinweise für einen Transplantatschaden nach vorderer Kreuzbandplastik links und für eine medial betonte Gonarthrose gezeigt. Am 22. April 2004 erfolgte daraufhin durch Dr. B, A Klinik St, eine Operation mit Arthroskopie des linken Kniegelenkes, Teilsynovektomie und Abrasionschondroplastik. Am 19. Mai 2004 stellte sich die Klägerin im Unfallkrankhaus B zur Untersuchung, Beratung und Veranlassung einer MRT-Untersuchung vor. In einem Arztbrief vom selben Tage teilte Dipl.-Med. C dem Beklagten mit, dass eine MdE in Höhe von 20 vom Hundert bestehe. Im Anschluss an die Behandlungen veranlasste der Beklagte eine weitere Begutachtung durch Prof. Dr. He, der nach einer Untersuchung der Klägerin am 23. September 2004 ausführte, dass die MdE 20 vom Hundert betrage. Die Muskulatur der linken unteren Extremität sei wegen der nachweislich geminderten Belastbarkeit des linken Beines gemindert. Dies komme in den aktuellen Messblattdaten nach der Neutral-0-Methode wegen des Betroffenseins beider unteren Extremitäten nicht zum Ausdruck, sei aber existent. Die belastete Beugefunktion des linken Kniegelenkes sei vollständig ausgefallen. Die Prognose der posttraumatischen linken Kniegelenksarthrose sei als ungünstig einzustufen. Durch Bescheid vom 12. Januar 2005 lehnte die Beklagte in der Folgezeit noch die Bewilligung einer Rentenerhöhung ab. Die Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2005 erklärt, einen derartigen Verschlimmerungsantrag zu keinem Zeitpunkt gestellt zu haben, der Bescheid werde nicht weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 17. März 2005 den Bescheid des Beklagten vom 11. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2001 in der Fassung des Bescheides vom 23. Februar 2004 aufgehoben. Der Bescheid vom 23. Februar 2004 sei gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Voraussetzungen für die teilweise Entziehung der Verletztenrente mit Wirkung ab 1. Juli 2001 seien nicht erfüllt, weil eine wesentliche Änderung in den Folgen des Versicherungsfalles durch Besserung des Gesundheitszustandes nicht eingetreten sei. Auch die Voraussetzungen für die Aussparung der Verletztenrente nach § 48 Abs. 3 SGB X seien nicht erfüllt, denn der Rentenbewilligungsbescheid vom 26. Januar 1999 sei jedenfalls für die Zeit ab 3. November 1997 (Gewährung der Rente nach einer MdE von 20 vom Hundert) nicht rechtswidrig begünstigend im Sinne des § 45 SGB X. Sowohl Dr. H als auch der im Jahre 2001 gehörte Sachverständige Prof. Dr. K hätten die unfallbedingte MdE mit 20 vom Hundert eingeschätzt. Diese Einschätzung sei rückwirkend betrachtet zu bestätigen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. H sei bereits eine schwerste Gonarthrose erkennbar gewesen; die Beschwerden hätten sich seit 1997 weiter entwickelt, es seien intensive Diagnostiken erfolgt. Die unfallbedingte MdE könne vorliegend nicht allein anhand der reinen Bewegungsausmaße eingeschätzt werden. Die von der Klägerin beschriebenen Beschwerden wiesen eindeutig auf das typische Erscheinungsbild einer Pangonarthrose mit vermehrten Reizzuständen und klinischer Instabilität hin. Die Ergebnisse nach der Neutral-0-Methode ließen hingegen nur begrenzt Rückschlüsse auf die Trag- und Belastungsfähigkeit des Gelenkes im Alltag oder bei spezifischen Belastungen zu. Die Messergebnisse nach der Neutral-0-Methode würden den Gesamtzustand der Unfallfolgen und der Funktionseinschränkungen nicht gerecht. Gegen dieses ihm am 19. Mai 2005 zugegangene Urteil richtet sich die am 16. Juni 2005 eingegangene Berufung des Beklagten. Der Beklagte trägt vor, dass die MdE-Beurteilung im Sinne der Rentenbegutachtung im Kern immer noch Funktionsbegutachtung sei. Allein die geminderte Funktionsfähigkeit eines verletzten Körperteils im Hinblick auf die dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens sei ausschlaggebend. Bei der Klägerin bestünde trotz schwerster arthrotischer Veränderungen noch eine sehr zufriedenstellende klinische Funktionalität bei muskulär gut kompensierbarer Kniegelenksschwäche und zufriedenstellender Belastbarkeit. Dieser Befund sei auch unter rückblickender Betrachtung unter Einbeziehung der gutachtlichen Vorbefunde des Prof. Dr. K über viele Jahre hinweg unverändert zu bestätigen. Nach funktionellen Kriterien könne eine MdE von wenigstens 20 vom Hundert nicht vorgelegen haben. Dies bestätige Dr. L in seiner Stellungnahme vom 2. Januar 2004. Die MdE sei deshalb durchgehend nur mit 10 vom Hundert zu bewerten. Auch bei der ambulanten Untersuchung im Unfallkrankenhaus Berlin am 19. Mai 2004 habe die Klägerin kein Instabilitätsgefühl angegeben, wesentliche Beeinträchtigungen seien nicht beschrieben worden. Dieser Befund sei durch Prof. Dr. He am 23. September 2004 bestätigt worden. Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin verweist auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr. W und Prof. Dr. H. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch noch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 11. Juni 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2001 und der – den Bescheid vom 11. Juni 2001 nicht ausdrücklich aufhebende – Bescheid vom 23. Februar 2004 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, sodass das Sozialgericht zu Recht diese Bescheide aufgehoben hat. Dahin gestellt bleiben konnte, ob der Bescheid vom 12. Januar 2005 Gegenstand des Verfahrens geworden war, da die Klägerin ein diesbezügliches Begehren auf Rentenerhöhung jedenfalls nicht weiterverfolgt. Die Bemessung der unfallbedingten MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenen verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Erwerbslebens [§ 56 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebentes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) in Anlehnung an die bisherige Rechtssprechung]. Bei der Bemessung der MdE werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Die Bemessung der MdE hängt also von den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten ab. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die Bemessung des Grades der MdE ist dabei Tatsachenfeststellung, die nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen ist. Die von der Rechtssprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (so insgesamt: BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, Az.: B 2 U 14/03 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 1, und Urteil vom 5. September 2006, Az.: B 2 U 25/05 R, SozR 4-0000, zitiert nach JURIS, und UV-Recht Aktuell 2007, 163). Unter Beachtung dieser Grundsätze sind die vorliegend streitgegenständlichen Bescheide rechtswidrig, da die MdE der Klägerin für den Bereich des linken Knies jedenfalls im hier streitigen Zeitraum ab 1. Juli 2001 20 vom Hundert betragen hat und weiterhin beträgt. Das Gericht verweist insoweit zunächst auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil, denen es sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG anschließt. Zur MdE-Bewertung wegen der Folgen des hier streitgegenständlichen Unfalls haben sich im Verlaufe des Verfahrens die Ärzte Dr. H/Dr. Ha, Prof. Dr. K, Dr. W und Prof. Dr. He jeweils nach einer Untersuchung der Klägerin in umfassenden und nachvollziehbaren Gutachten übereinstimmend dahin geäußert, dass die MdE mit 20 vom Hundert zu bemessen sei. Prof. Dr. K hat diese Einschätzung in einer gegenüber der Klägerin abgegebenen Stellungnahme vom 7. Juni 2001 nochmals ausdrücklich bestätigt. Der erkennende Senat schließt sich diesen ärztlichen Feststellungen an, weil sie nachvollziehbar sind und aufgrund der für die MdE-Bildung zu berücksichtigenden Erfahrungssätze gebildet wurden. Die genannten Gutachter haben überzeugend ausgeführt, dass die alleinige Berücksichtigung der Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes den bei der Klägerin bestehenden Einschränkungen im Bereich des linken Knies im vorliegenden Einzelfall nicht gerecht werde. Denn trotz der guten Beweglichkeit des Kniegelenkes bestehen bei der Klägerin nach den übereinstimmenden Feststellungen der Gutachter erhebliche Funktionseinbußen in Form einer nachweislich geminderten Belastbarkeit des linken Beines und (nach Prof. Dr. He aufgrund der am 23. September 2004 erfolgten Untersuchung) eines Verlustes der belasteten Beugestellung des Kniegelenkes. Dr. W beschrieb ferner ein leichtes Entlastungshinken auf der linken Seite, einen unsicheren Einbeinstand, Probleme beim Treppensteigen und längerem Stehen, eine rezidivierende Schwellneigung und erhebliche glaubhafte statische und Bewegungsschmerzen. Sämtliche der genannten Ärzte haben dabei betont, dass eine geringere MdE als 20 in keinem Fall den bei der Klägerin bestehenden Funktionseinschränkungen gerecht würde. Derartige Umstände des Einzelfalles müssen jedoch nach der genannten BSG-Rechtsprechung (Urteil vom 22. Juni 2004, a. a. O.) in die Schätzung der MdE einfließen. Das Vorbringen des Beklagten führte zu keinem anderen Ergebnis. Dr. B, dessen Stellungnahme zum Bescheid vom 11. Juni 2001 führte, ging noch von einer deutlichen Befundbesserung aus, was auch seitens des Beklagten nicht mehr vertreten wird. Der lediglich drei Sätze langen Stellungnahme nach Aktenlage konnte auch ansonsten inhaltlich nichts Verwertbares entnommen werden. Dr. L, auf den der Beklagte außerdem verweist, hat sich ebenfalls lediglich nach Aktenlage geäußert und geht von einer guten Funktion des linken Beines aus, die so durch sämtliche Gutachter, welche die Klägerin tatsächlich untersucht haben, nicht gefunden wurde. Nicht nachvollziehbar war auch der Verweis des Beklagten auf den Befund des Unfallkrankenhauses B vom 19. Mai 2005, wo sich die Klägerin zur Untersuchung und Beratung vorgestellt hatte. Denn auch seitens des Unfallkrankenhauses ist mit Stellungnahme vom selben Tag eine MdE in Höhe von 20 vom Hundert ausdrücklich bestätigt worden. Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) der Klägerin. Die 1964 geborene Klägerin erlitt am 18. Januar 1983 beim Schulsport eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes im linken Kniegelenk, deren Folgen vorliegend streitgegenständlich sind. In der Folgezeit erlitt die Klägerin weitere Arbeitsunfälle. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft bewilligte ihr u. a. aufgrund einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule und Einschränkungen im Bereich der oberen Gliedmaßen (HWS-Fraktur) in Folge eines Unfalles vom 12. Dezember 1989 durch Bescheid vom 8. August 1991 eine Rente nach einer MdE von 20 vom Hundert. Die Unfallkasse des Bundes erkannte u. a. wegen einer beginnenden medialen Arthrose als Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur und Refixation eines Innenmeniskusrisses rechts in Folge eines am 18. November 2002 erlittenen weiteren Unfalles mit Bescheid vom 3. Juni 2004 auf eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 10 vom Hundert. Aufgrund zunehmender Beschwerden im linken Knie erfolgte am 4. Juli 1997 in der Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie der T M eine Operation mit HTO- und Fibula-Osteotomie sowie eine Stabilisierung durch eine Kreuzbandersatzplastik bei stationärem Aufenthalt vom 3. bis 24. Juli 1997 und anschließender Rehabilitationsbehandlung in der Zeit vom 29. Juli bis 26. August 1997 in der Klinik S H in B W. Nachdem die Krankenkasse im September 1997 gegenüber dem Beklagten einen Erstattungsanspruch hinsichtlich des Unfalles aus Januar 1983 geltend gemacht hatte, holte dieser Befund- und Behandlungsberichte des behandelnden Arztes der Poliklinik für Sportorthopädie München Dr. R und des Orthopäden DM K sowie eine Stellungnahme der Klägerin ein und zog alte Behandlungsunterlagen bei. Auf Veranlassung des Beklagten erstellten am 2. Oktober 1998 Dr. H/Dr. Ha des Klinikums B-B ein Gutachten, mit dem sie ausführten, dass zeitlich nach dem angeschuldigten Ereignis ein blutiger Gelenkerguss in Folge einer vorderen Kreuzbandruptur links vorgelegen habe, was damals nicht mit Sicherheit habe diagnostiziert werden können. Dies bedeute einen irreversiblen Kniegelenkschaden, der eine Instabilität des Kniegelenkes bedinge und dadurch zu einer vorzeitigen erheblichen posttraumatischen Arthrose des betroffenen Gelenkes geführt habe. Mit zunehmender Arthroseentwicklung sei eine Progression der Beschwerdehäufigkeit und Beschwerdeintensität eingetreten. Die Klägerin sei seit dem Unfall immer wieder infolge der rezidivierend auftretenden Beschwerden behandlungsbedürftig gewesen. Die regelrechten Verhältnisse am rechten Kniegelenk ohne Hinweise für degenerative Veränderungen belegten, dass eine normale altersbedingte Arthroseentwicklung zu dem Unfallschaden links nicht addiert werden könne. Eine Besserung sei nicht zu erwarten. Es bestehe eine erhebliche Gonarthrose, die zu Schmerzen im linken Kniegelenk bei Belastung führe. Es würden belastungsabhängige rezidivierend Ergüsse auftreten, die sich nach Ruhigstellung wieder zurück bildeten. In Verbindung mit dem Gelenkerguss trete Hitze auf, es bestehe Wetterfühligkeit; erhöhte Belastungen würden nicht ausgehalten. Die Klägerin könne nicht rennen und nicht springen, nicht knien und wegen der Unsicherheit im linken Kniegelenk keine Absatzschuhe tragen. Sportliche Ansprüche seien erheblich eingeschränkt. Bei langsamem Gehen sei das Gangbild normal, bei forciertem Gehen bestehe ein angedeutetes Hinken. Es bestehe eine Muskelschmälerung am linken Oberschenkel und eine geringe endgradige Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes bei Streckung und Beugung sowie eine vordere Instabilität. Die MdE sei für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis 4. Juli 1995 mit 15 vom Hundert und ab dem 5. Juli 1995 bis dato und für weitere zwei Jahre mit 20 vom Hundert zu bemessen. Durch Bescheid vom 26. Januar 1999 bewilligte der Beklagte der Klägerin daraufhin eine Dauerrente ab dem 1. Januar 1993 bis auf weiteres. Eventuelle frühere Leistungsansprüche seien verjährt. Die Rente wurde bewilligt für die Zeit bis 2. November 1997 nach einer MdE von 15 vom Hundert und für die Folgezeit nach einer MdE vom 20 vom Hundert. Durch Bescheid vom 27. Mai 1999 stellte der Beklagte die Höhe der Rente für die Zeit ab 1. Februar 1993 neu fest. In der Folgezeit veranlasste der Beklagte die Erstellung eines zweiten Rentengutachtens, welches Prof. Dr. K am 1. Februar 2001 erstatte. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die MdE weiterhin 20 % betrage. Es sei keine Änderung des Befundes eingetreten. Es bestünden objektiv vonseiten des Bewegungsumfanges und der Stabilität keine Einschränkung, radiologisch jedoch ausgeprägte Arthrosezeichen. Hierzu gab Dr. B als beratender Arzt des Beklagten am 10. Mai 2001 eine Stellungnahme nach Aktenlage dahin ab, eine deutliche Befundbesserung zu sehen und die MdE dementsprechend jetzt auf 10 vom Hundert einzuschätzen. Nach Anhörung setzte der Beklagte daraufhin durch Bescheid vom 11. Juni 2001 die Höhe der Rente mit Wirkung vom 1. Juli 2001 nach einer MdE von 10 vom Hundert fest. Die Instabilität am linken Kniegelenk liege nicht mehr vor, die Beweglichkeit habe zugenommen, die Muskulatur am linken Oberschenkel habe sich gekräftigt. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie ausführte, dass eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die dem Bescheid vom 26. Januar 1999 zugrunde gelegen hätten, nicht vorliege. Eine Besserung sei nicht eingetreten. Sie brachte eine Stellungnahme des Prof. Dr. K vom 7. Juni 2001 bei, der ausführte, dass eine Rückstufung der MdE von 20 auf 10 vom Hundert keinesfalls gerechtfertigt sei, da die erheblichen arthrotischen Veränderungen des Kniegelenkes, die mit glaubhaften erheblichen statischen und Bewegungsschmerzen einhergingen, bereits für sich eine MdE von 20 vom Hundert bedingten. Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 2. August 2001 zurück. Es seien nachweislich Besserungsmerkmale gefunden worden. Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W eingeholt, der mit Datum vom 24. Juli 2003 ausführte, dass die MdE seinerzeit durch Dr. H nachvollziehbar eingeschätzt worden sei und dass diese nach wie vor 20 vom Hundert betrage. Die Herabsetzung auf 10 vom Hundert sei hingegen nicht nachvollziehbar. Sowohl zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. H als auch nunmehr durch ihn sei die klinische Funktionalität als gut zu bewerten (gewesen). Das Orientieren allein an den Messergebnissen nach der Neutral-0-Methode, wie durch Dr. B vorgenommen, werde dem Gesamtzustand im vorliegenden Fall jedoch nicht gerecht. Für die Bemessung der Gesamtschau seien die schweren degenerativen Veränderungen wichtig. Es sei über die Jahre zu einer kontinuierlichen Verschlechterung mit der Ausbildung von arthrotischen Veränderungen gekommen. Seit 1997 hätten sich die Beschwerden weiter entwickelt, es seien intensive Diagnostiken erfolgt. Die Klägerin verspüre weiterhin erhebliche Schmerzen und regelmäßige Schwellneigungen. Sie habe erhebliche Probleme beim Treppensteigen, könne nicht längere Zeit stehen und verspüre ein Schwellgefühl. Die verblüffende Diskrepanz zwischen noch sehr zufriedenstellender klinischer Funktionalität und schwerster Gonarthrose mit Fehlstellung sei zum einen der Konstitution der Klägerin, zum anderen dem jahrelangen intensiven, begleitenden Muskelaufbautraining zuzuschreiben. Dies könne jedoch in der Gesamtschau nicht davon ablenken, dass die Klägerin unter schwersten posttraumatischen degenerativen Veränderungen mit einer grundsätzlichen Belastungsminderung leide. Die von der Klägerin beschriebenen Beschwerden wiesen eindeutig auf das typische Erscheinungsbild einer Pangonarthrose mit vermehrten Reizzuständen und klinischer Instabilität hin. Am Gelenk hätten sich seit Jahren massive Abstützreaktionen ausgebildet, was zu einer komplexen Verformung der Gelenkstrukturen geführt habe. In der gesetzlichen Unfallversicherung sei für ein leichtes Wackelknie ein MdE-Ansatz von 20 vom Hundert und nach Entfernung oder Teilentfernung eines verletzten oder kranken Meniskus je nach Befund ein MdE-Satz bis zu 30 vom Hundert möglich. Vorliegend sei es durch die jahrelange Instabilität zu einer schwersten Gelenkdegeneration in sämtlichen Gelenkräumen gekommen, welche das Maß einer Postmeniskektomiedegeneration sicherlich übersteige, sodass mit der Bemessung von 20 vom Hundert definitiv keine zu hohe Einstufung vorgenommen worden sei. Der Beklagte holte hierzu eine gutachtliche Stellungnahme nach Aktenlage durch den Arzt für Chirurgie Dr. L vom 2. Januar 2004 ein, der ausführte, dass weder der gegenwärtige Zustand noch der 1998 vorliegende Unfallzustand eine MdE von 20 vom Hundert rechtfertige bzw. gerechtfertigt hätte. Die Unfallfolgen hätten sich nicht wesentlich geändert. Maßgeblich sei die gute Funktion des Gelenkes und nicht der bildtechnisch zur Darstellung kommende Befund. Die Stabilität des plastischen Bandersatzes, d. h. die vordere Instabilität, sei in allen drei Gutachten stets als muskulär voll zu kompensieren beschrieben. Die MdE-Tabellen sähen für eine muskulär voll zu kompensierende Instabilität im Bereich des Kniegelenkes eine MdE von 10 vom Hundert vor. Nachdem das Gericht den Beklagten darauf hingewiesen hatte, dass Zweifel am Vorliegen einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) beständen, erließ der Beklagte nach Anhörung der Klägerin am 23. Februar 2004 einen weiteren Bescheid, mit dem er feststellte, dass der Bescheid vom 26. Januar 1999 rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs. 1 SGG X sei, jedoch nicht zurückgenommen werde. Allerdings würden zukünftige Änderungen zu Gunsten der Klägerin nur insoweit zu einer Neufeststellung der Leistung führen, als der Rentenbetrag, der sich ohne Berücksichtigung der Bestandskraft des Bescheides vom 26. Januar 1999 ergäbe, überschritten werde. Während des Klageverfahrens stellte sich die Klägerin am 10. März 2004 im M-L-Krankenhaus vor. In einem Bericht vom 5. April 2004 teilten die Ärzte G/Prof. Dr. He dem Beklagten mit, dass bereits anlässlich eines Sprechstundenbesuches im vergangenen Jahr bei Beschwerden des Schmerzes und der Instabilität für das linke Kniegelenk ein chronischer Reizerguss bei freier Beweglichkeit, ein deutlich positiver Lachmann-Test und eine eingeschränkte Beweglichkeit im linken Kniegelenk mit Extension/Flexion 0-0-110 ° aufgefallen sei. Das MRT habe Hinweise für einen Transplantatschaden nach vorderer Kreuzbandplastik links und für eine medial betonte Gonarthrose gezeigt. Am 22. April 2004 erfolgte daraufhin durch Dr. B, A Klinik St, eine Operation mit Arthroskopie des linken Kniegelenkes, Teilsynovektomie und Abrasionschondroplastik. Am 19. Mai 2004 stellte sich die Klägerin im Unfallkrankhaus B zur Untersuchung, Beratung und Veranlassung einer MRT-Untersuchung vor. In einem Arztbrief vom selben Tage teilte Dipl.-Med. C dem Beklagten mit, dass eine MdE in Höhe von 20 vom Hundert bestehe. Im Anschluss an die Behandlungen veranlasste der Beklagte eine weitere Begutachtung durch Prof. Dr. He, der nach einer Untersuchung der Klägerin am 23. September 2004 ausführte, dass die MdE 20 vom Hundert betrage. Die Muskulatur der linken unteren Extremität sei wegen der nachweislich geminderten Belastbarkeit des linken Beines gemindert. Dies komme in den aktuellen Messblattdaten nach der Neutral-0-Methode wegen des Betroffenseins beider unteren Extremitäten nicht zum Ausdruck, sei aber existent. Die belastete Beugefunktion des linken Kniegelenkes sei vollständig ausgefallen. Die Prognose der posttraumatischen linken Kniegelenksarthrose sei als ungünstig einzustufen. Durch Bescheid vom 12. Januar 2005 lehnte die Beklagte in der Folgezeit noch die Bewilligung einer Rentenerhöhung ab. Die Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2005 erklärt, einen derartigen Verschlimmerungsantrag zu keinem Zeitpunkt gestellt zu haben, der Bescheid werde nicht weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 17. März 2005 den Bescheid des Beklagten vom 11. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2001 in der Fassung des Bescheides vom 23. Februar 2004 aufgehoben. Der Bescheid vom 23. Februar 2004 sei gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Voraussetzungen für die teilweise Entziehung der Verletztenrente mit Wirkung ab 1. Juli 2001 seien nicht erfüllt, weil eine wesentliche Änderung in den Folgen des Versicherungsfalles durch Besserung des Gesundheitszustandes nicht eingetreten sei. Auch die Voraussetzungen für die Aussparung der Verletztenrente nach § 48 Abs. 3 SGB X seien nicht erfüllt, denn der Rentenbewilligungsbescheid vom 26. Januar 1999 sei jedenfalls für die Zeit ab 3. November 1997 (Gewährung der Rente nach einer MdE von 20 vom Hundert) nicht rechtswidrig begünstigend im Sinne des § 45 SGB X. Sowohl Dr. H als auch der im Jahre 2001 gehörte Sachverständige Prof. Dr. K hätten die unfallbedingte MdE mit 20 vom Hundert eingeschätzt. Diese Einschätzung sei rückwirkend betrachtet zu bestätigen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. H sei bereits eine schwerste Gonarthrose erkennbar gewesen; die Beschwerden hätten sich seit 1997 weiter entwickelt, es seien intensive Diagnostiken erfolgt. Die unfallbedingte MdE könne vorliegend nicht allein anhand der reinen Bewegungsausmaße eingeschätzt werden. Die von der Klägerin beschriebenen Beschwerden wiesen eindeutig auf das typische Erscheinungsbild einer Pangonarthrose mit vermehrten Reizzuständen und klinischer Instabilität hin. Die Ergebnisse nach der Neutral-0-Methode ließen hingegen nur begrenzt Rückschlüsse auf die Trag- und Belastungsfähigkeit des Gelenkes im Alltag oder bei spezifischen Belastungen zu. Die Messergebnisse nach der Neutral-0-Methode würden den Gesamtzustand der Unfallfolgen und der Funktionseinschränkungen nicht gerecht. Gegen dieses ihm am 19. Mai 2005 zugegangene Urteil richtet sich die am 16. Juni 2005 eingegangene Berufung des Beklagten. Der Beklagte trägt vor, dass die MdE-Beurteilung im Sinne der Rentenbegutachtung im Kern immer noch Funktionsbegutachtung sei. Allein die geminderte Funktionsfähigkeit eines verletzten Körperteils im Hinblick auf die dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens sei ausschlaggebend. Bei der Klägerin bestünde trotz schwerster arthrotischer Veränderungen noch eine sehr zufriedenstellende klinische Funktionalität bei muskulär gut kompensierbarer Kniegelenksschwäche und zufriedenstellender Belastbarkeit. Dieser Befund sei auch unter rückblickender Betrachtung unter Einbeziehung der gutachtlichen Vorbefunde des Prof. Dr. K über viele Jahre hinweg unverändert zu bestätigen. Nach funktionellen Kriterien könne eine MdE von wenigstens 20 vom Hundert nicht vorgelegen haben. Dies bestätige Dr. L in seiner Stellungnahme vom 2. Januar 2004. Die MdE sei deshalb durchgehend nur mit 10 vom Hundert zu bewerten. Auch bei der ambulanten Untersuchung im Unfallkrankenhaus Berlin am 19. Mai 2004 habe die Klägerin kein Instabilitätsgefühl angegeben, wesentliche Beeinträchtigungen seien nicht beschrieben worden. Dieser Befund sei durch Prof. Dr. He am 23. September 2004 bestätigt worden. Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin verweist auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr. W und Prof. Dr. H. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch noch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 11. Juni 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. August 2001 und der – den Bescheid vom 11. Juni 2001 nicht ausdrücklich aufhebende – Bescheid vom 23. Februar 2004 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, sodass das Sozialgericht zu Recht diese Bescheide aufgehoben hat. Dahin gestellt bleiben konnte, ob der Bescheid vom 12. Januar 2005 Gegenstand des Verfahrens geworden war, da die Klägerin ein diesbezügliches Begehren auf Rentenerhöhung jedenfalls nicht weiterverfolgt. Die Bemessung der unfallbedingten MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenen verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Erwerbslebens [§ 56 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebentes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) in Anlehnung an die bisherige Rechtssprechung]. Bei der Bemessung der MdE werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Die Bemessung der MdE hängt also von den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten ab. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die Bemessung des Grades der MdE ist dabei Tatsachenfeststellung, die nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen ist. Die von der Rechtssprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (so insgesamt: BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, Az.: B 2 U 14/03 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 1, und Urteil vom 5. September 2006, Az.: B 2 U 25/05 R, SozR 4-0000, zitiert nach JURIS, und UV-Recht Aktuell 2007, 163). Unter Beachtung dieser Grundsätze sind die vorliegend streitgegenständlichen Bescheide rechtswidrig, da die MdE der Klägerin für den Bereich des linken Knies jedenfalls im hier streitigen Zeitraum ab 1. Juli 2001 20 vom Hundert betragen hat und weiterhin beträgt. Das Gericht verweist insoweit zunächst auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil, denen es sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG anschließt. Zur MdE-Bewertung wegen der Folgen des hier streitgegenständlichen Unfalls haben sich im Verlaufe des Verfahrens die Ärzte Dr. H/Dr. Ha, Prof. Dr. K, Dr. W und Prof. Dr. He jeweils nach einer Untersuchung der Klägerin in umfassenden und nachvollziehbaren Gutachten übereinstimmend dahin geäußert, dass die MdE mit 20 vom Hundert zu bemessen sei. Prof. Dr. K hat diese Einschätzung in einer gegenüber der Klägerin abgegebenen Stellungnahme vom 7. Juni 2001 nochmals ausdrücklich bestätigt. Der erkennende Senat schließt sich diesen ärztlichen Feststellungen an, weil sie nachvollziehbar sind und aufgrund der für die MdE-Bildung zu berücksichtigenden Erfahrungssätze gebildet wurden. Die genannten Gutachter haben überzeugend ausgeführt, dass die alleinige Berücksichtigung der Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes den bei der Klägerin bestehenden Einschränkungen im Bereich des linken Knies im vorliegenden Einzelfall nicht gerecht werde. Denn trotz der guten Beweglichkeit des Kniegelenkes bestehen bei der Klägerin nach den übereinstimmenden Feststellungen der Gutachter erhebliche Funktionseinbußen in Form einer nachweislich geminderten Belastbarkeit des linken Beines und (nach Prof. Dr. He aufgrund der am 23. September 2004 erfolgten Untersuchung) eines Verlustes der belasteten Beugestellung des Kniegelenkes. Dr. W beschrieb ferner ein leichtes Entlastungshinken auf der linken Seite, einen unsicheren Einbeinstand, Probleme beim Treppensteigen und längerem Stehen, eine rezidivierende Schwellneigung und erhebliche glaubhafte statische und Bewegungsschmerzen. Sämtliche der genannten Ärzte haben dabei betont, dass eine geringere MdE als 20 in keinem Fall den bei der Klägerin bestehenden Funktionseinschränkungen gerecht würde. Derartige Umstände des Einzelfalles müssen jedoch nach der genannten BSG-Rechtsprechung (Urteil vom 22. Juni 2004, a. a. O.) in die Schätzung der MdE einfließen. Das Vorbringen des Beklagten führte zu keinem anderen Ergebnis. Dr. B, dessen Stellungnahme zum Bescheid vom 11. Juni 2001 führte, ging noch von einer deutlichen Befundbesserung aus, was auch seitens des Beklagten nicht mehr vertreten wird. Der lediglich drei Sätze langen Stellungnahme nach Aktenlage konnte auch ansonsten inhaltlich nichts Verwertbares entnommen werden. Dr. L, auf den der Beklagte außerdem verweist, hat sich ebenfalls lediglich nach Aktenlage geäußert und geht von einer guten Funktion des linken Beines aus, die so durch sämtliche Gutachter, welche die Klägerin tatsächlich untersucht haben, nicht gefunden wurde. Nicht nachvollziehbar war auch der Verweis des Beklagten auf den Befund des Unfallkrankenhauses B vom 19. Mai 2005, wo sich die Klägerin zur Untersuchung und Beratung vorgestellt hatte. Denn auch seitens des Unfallkrankenhauses ist mit Stellungnahme vom selben Tag eine MdE in Höhe von 20 vom Hundert ausdrücklich bestätigt worden. Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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