Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88 KR 341/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 50/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Januar 2004 geändert und der Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 1998 in der Fassung des Bescheides vom 29. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 8. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2002 insoweit aufgehoben, als damit Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Juli 1995 sowie eine Mahngebühr von der Klägerin verlangt worden sind. Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich – nur noch – gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung für die Monate Januar bis Juli 1995 sowie zu einer Mahngebühr.
Die 1952 geborene Klägerin war vom 1. Januar 1991 bis zum 17. Dezember 1996 bei der Beklagten krankenversichert. Unter anderem in den Jahren 1994 und 1995 war sie als Lehrerin im Dienst des Landes B abhängig beschäftigt und wurde zunächst vom Bezirksamt P eingesetzt, das – ebenso wie die anderen Bezirksämter des Landes B – bis zum 31. Dezember 1995 die Personal- und Finanzhoheit über die von ihm eingesetzten Lehrer besaß. Mit Rücksicht hierauf zahlte zunächst auch das Bezirksamt P die der Klägerin seinerzeit nach der Vergütungsgruppe BAT III Ost zustehende Vergütung, die sich – ergänzt um Urlaubs- und Weihnachtsgeld – ab dem 1. Januar 1995 auf 4.784,96 DM brutto pro Monat belief. Mit Blick auf die Höhe dieser Vergütung stufte das Bezirksamt P die Klägerin ab dem 1. Januar 1995 als krankversicherungspflichtig ein und führte die vor diesem Hintergrund anfallenden Beiträge an die Beklagte ab. Ende Juli 1995 wurde die Klägerin sodann rückwirkend zum 1. August 1994 zum Bezirksamt R versetzt, in dessen Bezirk sie bereits seit dem genannten Zeitpunkt tatsächlich gearbeitet hatte. Im Zuge dieser Versetzung übernahm das Bezirksamt R die Vergütungszahlung und berechnete das der Klägerin nunmehr für die Zeit ab dem 1. August 1994 nach der Vergütungsgruppe BAT III zustehende Arbeitsentgelt zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld mehrfach neu. Hierbei ging es davon aus, dass die Klägerin ab dem 1. August 1994 krankenversicherungsfrei gewesen sei, und behandelte sie im Rahmen seiner Neuberechnungen auch für die Monate Januar bis Juli 1995 so, als wäre sie freiwillig krankenversichert gewesen. Diese Verfahrensweise wurde im Jahre 1996 im Rahmen einer nochmaligen Neuberechnung, die nunmehr durch das zum 1. Januar 1996 für die Vergütungszahlung zuständig gewordene Landesverwaltungsamt B vorgenommen wurde, ausdrücklich bestätigt.
Nachdem das Landesverwaltungsamt B die Beklagte in der Folgezeit darüber informiert hatte, dass die Klägerin seiner Auffassung nach unter anderem in den Monaten Januar bis Juli 1995 krankenversicherungsfrei gewesen sei, ihr vor diesem Hintergrund die vom Bezirksamt P abgezogenen Arbeitnehmerbeitragsanteile wieder ausgezahlt worden seien und sie überdies einen Zuschuss zur (freiwilligen) Krankenversicherung erhalten habe, zogen die Beklagte und die bei ihr angesiedelte Pflegekasse die Klägerin mit ihrem – durch die Bescheide vom 29. Juni 1998 und 8. März 1999 jeweils neu gefassten – Bescheid vom 20. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2002 für die Monate Januar bis Juli 1995 zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 790,00 DM bzw. 58,50 DM monatlich sowie zu Säumniszuschlägen und einer Mahngebühr heran. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus: Wie sich mittlerweile herausgestellt habe, sei die Klägerin in den genannten Monaten nicht krankenversicherungspflichtig, sondern freiwillig krankenversichert gewesen. Sie habe deshalb die von ihr geforderten Beiträge, die auch der Höhe nach nicht zu beanstanden seien, allein zu tragen. Dass sie zunächst als krankenversicherungspflichtig angesehen worden sei, habe für die Beitragsforderung keine Bedeutung. Denn dieser Fehler sei durch die Rückzahlung der Pflichtbeiträge und Zahlung eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung bereinigt worden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben liege nicht vor.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Denn er lasse sich nicht nachvollziehen, weil weder die ihm zugrunde gelegten Vergütungsabrechnungen ihres Arbeitgebers noch die von diesem im Laufe des gesamten Verfahrens hierzu abgegebenen Erläuterungen verständlich seien. Insbesondere sei unklar geblieben, ob die Beklagte auch die in den Pflichtbeiträgen zur Krankenversicherung enthaltenen Arbeitgeberanteile für die Monate Januar bis Juli 1995 vollständig ausgekehrt habe. Sollte dies nicht der Fall sein, sei die nunmehr geltend gemachte Beitragsforderung bereits teilweise erfüllt. Jedenfalls sei sie aber verwirkt.
Im Laufe des Klageverfahrens haben die Beklagte und die bei ihr angesiedelte Pflegekasse hinsichtlich der geforderten Säumniszuschläge ein Teilanerkenntnis abgegeben, das die Klägerin angenommen hat. Das Sozialgericht hat bezüglich der Vergütungsabrechnungen weitere Auskünfte des Landesverwaltungsamts B eingeholt und den dort für die Vergütungsabrechnung der Klägerin zuständigen Mitarbeiter als Zeugen vernommen.
Durch Urteil vom 23. Januar 2004 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei hinsichtlich seiner noch streitigen Regelungen rechtmäßig. Denn die Klägerin schulde der Beklagten die von ihr geforderten Beiträge allein, weil sie in den Monaten Januar bis Juli 1995 deren freiwilliges Mitglied gewesen sei. Aufgrund der Beweisaufnahme sowie der vorliegenden Unterlagen stehe fest, dass die Klägerin das der Beitragsberechnung zugrunde gelegte Arbeitsentgelt der Vergütungsgruppe BAT III in vollem Umfang erhalten habe. Ferner sei erwiesen, dass von diesem Entgelt im Ergebnis keine Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung abgeführt worden seien und der Klägerin auch ein Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung gezahlt worden sei. Ob sie dies nachvollziehen könne, sei ebenso unerheblich wie die Frage, ob die Beitragsanteile ihres Arbeitgebers bei der Beklagten verblieben seien. Denn selbst wenn Letzteres der Fall sein sollte, sei hierdurch hinsichtlich des streitigen Beitragsanspruchs keine Erfüllung eingetreten.
Gegen dieses ihr am 4. März 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. März 2004 bei Gericht eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen weiter vertieft.
In der mündlichen Verhandlung des Senats haben sich die Klägerin und die bei der Beklagten angesiedelte Pflegekasse hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung dahingehend verglichen, dass diese das rechtliche Schicksal der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung teilen sollen und vor diesem Hintergrund die im hiesigen Rechtsstreit angefochtenen Bescheide erledigt sind, soweit sie die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung betreffen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Januar 2004 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 1998 in der Fassung des Bescheides vom 29. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 8. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2002 insoweit aufzuheben, als damit Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Juli 1995 sowie eine Mahngebühr geltend gemacht worden sind. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, mit der sie sich mittlerweile nur noch gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung für die Monate Januar bis Juli 1995 sowie zu einer Mahngebühr wendet, ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist fehlerhaft, soweit es von der Klägerin mit der Berufung angegriffen worden ist. Denn der durch die Bescheide vom 29. Juni 1998 und 8. März 1999 jeweils neu gefasste Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2002 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte damit von der Klägerin Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung für die Monate Januar bis Juli 1995 sowie eine Mahngebühr verlangt hat.
Allein denkbare Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung sind im Fall der Klägerin die §§ 240, 250 Abs. 2, 252 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in Verbindung mit der Satzung der Beklagten. Hiernach setzt die Heranziehung zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung u. a. voraus, dass der Betroffene in der Zeit, für die die Beiträge geltend gemacht werden, freiwilliges Mitglied der die Beiträge fordernden Krankenkasse (gewesen) ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Denn die Klägerin ist in den streitbefangenen Monaten in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht freiwillig versichert, sondern versicherungspflichtig gewesen, was sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB V ergibt.
Nach den vorgenannten Bestimmungen sind unter anderem Angestellte in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Zu diesem Personenkreis hat die Klägerin als im Dienst des Landes B beschäftigte angestellte Lehrerin unzweifelhaft gehört. Darüber hinaus ist sie aber auch während der Monate Januar bis Juli 1995 nicht versicherungsfrei gewesen. Denn Versicherungsfreiheit liegt nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nur dann vor, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die so genannte Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, die 75 von 100 der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten beträgt und sich im Jahre 1995 im Land B einheitlich auf 70.200,00 DM belief (vgl. hierzu den inzwischen aufgehobenen § 308 Abs. 3 Satz 3 SGB V). Diese Jahresarbeitsentgeltgrenze ist im vorliegenden Fall nicht überschritten worden. Hierbei kommt es für die Frage nach dem Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht auf das sich bei rückschauender Betrachtung ergebende tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt an. Maßgeblich ist vielmehr das Jahresarbeitsentgelt, auf das der Betroffene bei vorausschauender Betrachtung und normalem Verlauf im Laufe des auf den Beurteilungszeitpunkt folgenden Jahres (nicht notwendig des Kalenderjahres) einen Anspruch hat, oder das ihm sonst mit hinreichender Sicherheit zufließen wird (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2004, § 6 SGB V RdNr. 10 f. m. w. Nachw.). Denn darüber, ob die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird und daher Versicherungsfreiheit oder Versicherungspflicht besteht, muss jederzeit und für die nächste Zukunft Klarheit bestehen oder zumindest geschaffen werden können. Der Beschäftigte muss nämlich bei Versicherungsfreiheit für eine andere Versicherung sorgen können und bei plötzlich auftretender Krankheit wissen, wie und wo er versichert ist (vgl. Peters, wie vor sowie BSG SozR 3 – 2200 § 165 Nr. 9).
Zum hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt – d. h. dem Jahreswechsel 1994/1995 – hatte die Klägerin bei vorausschauender Betrachtung für das Jahr 1995 mit hinreichender Sicherheit nur ein Jahresarbeitsentgelt zu erwarten, das unterhalb der maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze von 70.200,00 DM lag. Denn die Klägerin arbeitete zu diesem Zeitpunkt zwar tatsächlich schon im Bezirk R. In rechtlicher Hinsicht war sie jedoch noch bis Ende Juli 1995 dem Bezirksamt P unterstellt und in die Vergütungsgruppe BAT III Ost eingruppiert, nach der sie eine Vergütung in Höhe von seinerzeit lediglich 4.784,96 DM brutto monatlich zu beanspruchen hatte. Mit dieser Vergütung erreichte sie auch unter Berücksichtigung der von ihr zu erwartenden einmaligen Zahlungen (Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld) die für das Jahr 1995 maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht, so dass Versicherungsfreiheit nicht eintreten konnte.
Dass sich das Arbeitsentgelt im Laufe des Jahres 1995 mehrfach erhöht hat, ändert an dem vorstehenden Ergebnis nichts. Denn diese Entgelterhöhungen waren zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht hinreichend sicher zu erwarten und hatten auf die zum Jahresbeginn 1995 eingetretene Versicherungspflicht für die hier streitbefangenen Monate keinen Einfluss, weil die Versicherungspflicht auch bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 4 Satz 1 SGB V erst mit Ablauf des Kalenderjahres endet, in dem sie überschritten wird.
Keinen Einfluss auf die zum Jahresbeginn 1995 eingetretene Versicherungspflicht für die hier streitbefangenen Monate hat entgegen der in dem angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Auffassung der Beklagten schließlich auch der Umstand, dass sich das der Klägerin zustehende Arbeitsentgelt infolge ihrer Ende Juli 1995 vorgenommenen Versetzung vom Bezirksamt P zum Bezirksamt R zum 1. August 1994 rückwirkend dadurch erhöht hat, dass die Klägerin von der Vergütungsgruppe BAT III Ost in die Vergütungsgruppe BAT III umgestuft worden ist. Denn nach § 6 Abs. 4 Satz 3 SGB V, der dazu dient, das Versicherungsverhältnis für die Vergangenheit unangetastet zu lassen (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2004, § 6 SGB V RdNr. 14), endet die Versicherungspflicht im Falle einer rückwirkenden Erhöhung des Entgelts erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist. Hiernach hat die zum Jahresbeginn 1995 eingetretene Versicherungspflicht erst mit Ablauf des Jahres 1995 geendet, weil der Anspruch der Klägerin auf das erhöhte Entgelt hier erst im Zeitpunkt ihrer Versetzung Ende Juli 1995 entstanden ist. Einen hiervon abweichenden Statusbescheid, mit dem die Beklagte entgegen der materiellen Rechtslage gegenüber der Klägerin bindend festgestellt haben könnte, dass diese in den streitbefangenen Monaten versicherungsfrei bzw. bei ihr freiwillig versichert gewesen sei, hat die Beklagte zu keiner Zeit erlassen. Insbesondere enthält der angefochtene Bescheid eine derartige Feststellung nicht, weil die darin enthaltenen Ausführungen zur vermeintlichen freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin keinen Regelungscharakter haben, sondern lediglich der Begründung der geltend gemachten Beitragsforderung dienen.
Stehen der Beklagten nach allem die verlangten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung nicht zu, kann sie auch die hieran gekoppelte Mahngebühr nicht beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich – nur noch – gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung für die Monate Januar bis Juli 1995 sowie zu einer Mahngebühr.
Die 1952 geborene Klägerin war vom 1. Januar 1991 bis zum 17. Dezember 1996 bei der Beklagten krankenversichert. Unter anderem in den Jahren 1994 und 1995 war sie als Lehrerin im Dienst des Landes B abhängig beschäftigt und wurde zunächst vom Bezirksamt P eingesetzt, das – ebenso wie die anderen Bezirksämter des Landes B – bis zum 31. Dezember 1995 die Personal- und Finanzhoheit über die von ihm eingesetzten Lehrer besaß. Mit Rücksicht hierauf zahlte zunächst auch das Bezirksamt P die der Klägerin seinerzeit nach der Vergütungsgruppe BAT III Ost zustehende Vergütung, die sich – ergänzt um Urlaubs- und Weihnachtsgeld – ab dem 1. Januar 1995 auf 4.784,96 DM brutto pro Monat belief. Mit Blick auf die Höhe dieser Vergütung stufte das Bezirksamt P die Klägerin ab dem 1. Januar 1995 als krankversicherungspflichtig ein und führte die vor diesem Hintergrund anfallenden Beiträge an die Beklagte ab. Ende Juli 1995 wurde die Klägerin sodann rückwirkend zum 1. August 1994 zum Bezirksamt R versetzt, in dessen Bezirk sie bereits seit dem genannten Zeitpunkt tatsächlich gearbeitet hatte. Im Zuge dieser Versetzung übernahm das Bezirksamt R die Vergütungszahlung und berechnete das der Klägerin nunmehr für die Zeit ab dem 1. August 1994 nach der Vergütungsgruppe BAT III zustehende Arbeitsentgelt zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld mehrfach neu. Hierbei ging es davon aus, dass die Klägerin ab dem 1. August 1994 krankenversicherungsfrei gewesen sei, und behandelte sie im Rahmen seiner Neuberechnungen auch für die Monate Januar bis Juli 1995 so, als wäre sie freiwillig krankenversichert gewesen. Diese Verfahrensweise wurde im Jahre 1996 im Rahmen einer nochmaligen Neuberechnung, die nunmehr durch das zum 1. Januar 1996 für die Vergütungszahlung zuständig gewordene Landesverwaltungsamt B vorgenommen wurde, ausdrücklich bestätigt.
Nachdem das Landesverwaltungsamt B die Beklagte in der Folgezeit darüber informiert hatte, dass die Klägerin seiner Auffassung nach unter anderem in den Monaten Januar bis Juli 1995 krankenversicherungsfrei gewesen sei, ihr vor diesem Hintergrund die vom Bezirksamt P abgezogenen Arbeitnehmerbeitragsanteile wieder ausgezahlt worden seien und sie überdies einen Zuschuss zur (freiwilligen) Krankenversicherung erhalten habe, zogen die Beklagte und die bei ihr angesiedelte Pflegekasse die Klägerin mit ihrem – durch die Bescheide vom 29. Juni 1998 und 8. März 1999 jeweils neu gefassten – Bescheid vom 20. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2002 für die Monate Januar bis Juli 1995 zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 790,00 DM bzw. 58,50 DM monatlich sowie zu Säumniszuschlägen und einer Mahngebühr heran. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus: Wie sich mittlerweile herausgestellt habe, sei die Klägerin in den genannten Monaten nicht krankenversicherungspflichtig, sondern freiwillig krankenversichert gewesen. Sie habe deshalb die von ihr geforderten Beiträge, die auch der Höhe nach nicht zu beanstanden seien, allein zu tragen. Dass sie zunächst als krankenversicherungspflichtig angesehen worden sei, habe für die Beitragsforderung keine Bedeutung. Denn dieser Fehler sei durch die Rückzahlung der Pflichtbeiträge und Zahlung eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung bereinigt worden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben liege nicht vor.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Denn er lasse sich nicht nachvollziehen, weil weder die ihm zugrunde gelegten Vergütungsabrechnungen ihres Arbeitgebers noch die von diesem im Laufe des gesamten Verfahrens hierzu abgegebenen Erläuterungen verständlich seien. Insbesondere sei unklar geblieben, ob die Beklagte auch die in den Pflichtbeiträgen zur Krankenversicherung enthaltenen Arbeitgeberanteile für die Monate Januar bis Juli 1995 vollständig ausgekehrt habe. Sollte dies nicht der Fall sein, sei die nunmehr geltend gemachte Beitragsforderung bereits teilweise erfüllt. Jedenfalls sei sie aber verwirkt.
Im Laufe des Klageverfahrens haben die Beklagte und die bei ihr angesiedelte Pflegekasse hinsichtlich der geforderten Säumniszuschläge ein Teilanerkenntnis abgegeben, das die Klägerin angenommen hat. Das Sozialgericht hat bezüglich der Vergütungsabrechnungen weitere Auskünfte des Landesverwaltungsamts B eingeholt und den dort für die Vergütungsabrechnung der Klägerin zuständigen Mitarbeiter als Zeugen vernommen.
Durch Urteil vom 23. Januar 2004 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei hinsichtlich seiner noch streitigen Regelungen rechtmäßig. Denn die Klägerin schulde der Beklagten die von ihr geforderten Beiträge allein, weil sie in den Monaten Januar bis Juli 1995 deren freiwilliges Mitglied gewesen sei. Aufgrund der Beweisaufnahme sowie der vorliegenden Unterlagen stehe fest, dass die Klägerin das der Beitragsberechnung zugrunde gelegte Arbeitsentgelt der Vergütungsgruppe BAT III in vollem Umfang erhalten habe. Ferner sei erwiesen, dass von diesem Entgelt im Ergebnis keine Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung abgeführt worden seien und der Klägerin auch ein Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung gezahlt worden sei. Ob sie dies nachvollziehen könne, sei ebenso unerheblich wie die Frage, ob die Beitragsanteile ihres Arbeitgebers bei der Beklagten verblieben seien. Denn selbst wenn Letzteres der Fall sein sollte, sei hierdurch hinsichtlich des streitigen Beitragsanspruchs keine Erfüllung eingetreten.
Gegen dieses ihr am 4. März 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. März 2004 bei Gericht eingegangene Berufung der Klägerin, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen weiter vertieft.
In der mündlichen Verhandlung des Senats haben sich die Klägerin und die bei der Beklagten angesiedelte Pflegekasse hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung dahingehend verglichen, dass diese das rechtliche Schicksal der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung teilen sollen und vor diesem Hintergrund die im hiesigen Rechtsstreit angefochtenen Bescheide erledigt sind, soweit sie die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung betreffen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Januar 2004 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 1998 in der Fassung des Bescheides vom 29. Juni 1998 in der Fassung des Bescheides vom 8. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2002 insoweit aufzuheben, als damit Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Juli 1995 sowie eine Mahngebühr geltend gemacht worden sind. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, mit der sie sich mittlerweile nur noch gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung für die Monate Januar bis Juli 1995 sowie zu einer Mahngebühr wendet, ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist fehlerhaft, soweit es von der Klägerin mit der Berufung angegriffen worden ist. Denn der durch die Bescheide vom 29. Juni 1998 und 8. März 1999 jeweils neu gefasste Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2002 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte damit von der Klägerin Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung für die Monate Januar bis Juli 1995 sowie eine Mahngebühr verlangt hat.
Allein denkbare Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung sind im Fall der Klägerin die §§ 240, 250 Abs. 2, 252 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) in Verbindung mit der Satzung der Beklagten. Hiernach setzt die Heranziehung zu Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung u. a. voraus, dass der Betroffene in der Zeit, für die die Beiträge geltend gemacht werden, freiwilliges Mitglied der die Beiträge fordernden Krankenkasse (gewesen) ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Denn die Klägerin ist in den streitbefangenen Monaten in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht freiwillig versichert, sondern versicherungspflichtig gewesen, was sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB V ergibt.
Nach den vorgenannten Bestimmungen sind unter anderem Angestellte in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Zu diesem Personenkreis hat die Klägerin als im Dienst des Landes B beschäftigte angestellte Lehrerin unzweifelhaft gehört. Darüber hinaus ist sie aber auch während der Monate Januar bis Juli 1995 nicht versicherungsfrei gewesen. Denn Versicherungsfreiheit liegt nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nur dann vor, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die so genannte Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, die 75 von 100 der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten beträgt und sich im Jahre 1995 im Land B einheitlich auf 70.200,00 DM belief (vgl. hierzu den inzwischen aufgehobenen § 308 Abs. 3 Satz 3 SGB V). Diese Jahresarbeitsentgeltgrenze ist im vorliegenden Fall nicht überschritten worden. Hierbei kommt es für die Frage nach dem Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht auf das sich bei rückschauender Betrachtung ergebende tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt an. Maßgeblich ist vielmehr das Jahresarbeitsentgelt, auf das der Betroffene bei vorausschauender Betrachtung und normalem Verlauf im Laufe des auf den Beurteilungszeitpunkt folgenden Jahres (nicht notwendig des Kalenderjahres) einen Anspruch hat, oder das ihm sonst mit hinreichender Sicherheit zufließen wird (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2004, § 6 SGB V RdNr. 10 f. m. w. Nachw.). Denn darüber, ob die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird und daher Versicherungsfreiheit oder Versicherungspflicht besteht, muss jederzeit und für die nächste Zukunft Klarheit bestehen oder zumindest geschaffen werden können. Der Beschäftigte muss nämlich bei Versicherungsfreiheit für eine andere Versicherung sorgen können und bei plötzlich auftretender Krankheit wissen, wie und wo er versichert ist (vgl. Peters, wie vor sowie BSG SozR 3 – 2200 § 165 Nr. 9).
Zum hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt – d. h. dem Jahreswechsel 1994/1995 – hatte die Klägerin bei vorausschauender Betrachtung für das Jahr 1995 mit hinreichender Sicherheit nur ein Jahresarbeitsentgelt zu erwarten, das unterhalb der maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenze von 70.200,00 DM lag. Denn die Klägerin arbeitete zu diesem Zeitpunkt zwar tatsächlich schon im Bezirk R. In rechtlicher Hinsicht war sie jedoch noch bis Ende Juli 1995 dem Bezirksamt P unterstellt und in die Vergütungsgruppe BAT III Ost eingruppiert, nach der sie eine Vergütung in Höhe von seinerzeit lediglich 4.784,96 DM brutto monatlich zu beanspruchen hatte. Mit dieser Vergütung erreichte sie auch unter Berücksichtigung der von ihr zu erwartenden einmaligen Zahlungen (Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld) die für das Jahr 1995 maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht, so dass Versicherungsfreiheit nicht eintreten konnte.
Dass sich das Arbeitsentgelt im Laufe des Jahres 1995 mehrfach erhöht hat, ändert an dem vorstehenden Ergebnis nichts. Denn diese Entgelterhöhungen waren zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht hinreichend sicher zu erwarten und hatten auf die zum Jahresbeginn 1995 eingetretene Versicherungspflicht für die hier streitbefangenen Monate keinen Einfluss, weil die Versicherungspflicht auch bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 4 Satz 1 SGB V erst mit Ablauf des Kalenderjahres endet, in dem sie überschritten wird.
Keinen Einfluss auf die zum Jahresbeginn 1995 eingetretene Versicherungspflicht für die hier streitbefangenen Monate hat entgegen der in dem angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Auffassung der Beklagten schließlich auch der Umstand, dass sich das der Klägerin zustehende Arbeitsentgelt infolge ihrer Ende Juli 1995 vorgenommenen Versetzung vom Bezirksamt P zum Bezirksamt R zum 1. August 1994 rückwirkend dadurch erhöht hat, dass die Klägerin von der Vergütungsgruppe BAT III Ost in die Vergütungsgruppe BAT III umgestuft worden ist. Denn nach § 6 Abs. 4 Satz 3 SGB V, der dazu dient, das Versicherungsverhältnis für die Vergangenheit unangetastet zu lassen (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2004, § 6 SGB V RdNr. 14), endet die Versicherungspflicht im Falle einer rückwirkenden Erhöhung des Entgelts erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist. Hiernach hat die zum Jahresbeginn 1995 eingetretene Versicherungspflicht erst mit Ablauf des Jahres 1995 geendet, weil der Anspruch der Klägerin auf das erhöhte Entgelt hier erst im Zeitpunkt ihrer Versetzung Ende Juli 1995 entstanden ist. Einen hiervon abweichenden Statusbescheid, mit dem die Beklagte entgegen der materiellen Rechtslage gegenüber der Klägerin bindend festgestellt haben könnte, dass diese in den streitbefangenen Monaten versicherungsfrei bzw. bei ihr freiwillig versichert gewesen sei, hat die Beklagte zu keiner Zeit erlassen. Insbesondere enthält der angefochtene Bescheid eine derartige Feststellung nicht, weil die darin enthaltenen Ausführungen zur vermeintlichen freiwilligen Mitgliedschaft der Klägerin keinen Regelungscharakter haben, sondern lediglich der Begründung der geltend gemachten Beitragsforderung dienen.
Stehen der Beklagten nach allem die verlangten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung nicht zu, kann sie auch die hieran gekoppelte Mahngebühr nicht beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved