L 18 B 408/06 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 23 AS 97/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 408/06 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 03. April 2006 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Cottbus Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin S R, S, S beigeordnet.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers ist begründet.

Dem Kläger ist für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Cottbus Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu gewähren. Denn die Rechtsverfolgung des - bedürftigen - Klägers hat für die Zeit ab 03. Februar 2006 (Eingang der Klage und des Antrags auf Gewährung von PKH bei dem SG Cottbus) hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist auch nicht mutwillig (vgl. § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, beurteilt das Gericht ohne abschließende tatsächliche oder rechtliche Würdigung des Streitstoffs. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob der Kläger eine reale Chance zum Obsiegen hat. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen nicht überspannt werden. Die PKH darf allerdings bei einer "nur entfernten Erfolgschance" verweigert werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 05. Februar 2000, 1 BvR 1526/02 = NJW 2003, 1857 und vom 26. Juni 2003, 1 BvR 1152/02 = SozR 4-1500 § 73a Nr. 1).

Gemessen an diesen Maßstäben hält der Beschluss des SG Cottbus vom 03. April 2006 einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Rechtsverfolgung des Klägers hat vielmehr hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn der mit der Klage allein angefochtene Bescheid vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 5. Januar 2006 über die Aufhebung des Bescheides vom 24. November 2004 über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), die wegen der Berücksichtigung des der Ehefrau des Klägers für die Zeit vom 16. Februar 2005 bis 16. Mai 2005 bewilligten Anschlussübergangsgeldes vorgenommen wurde, dürfte nach der im PKH -Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung rechtswidrig sein. Dahinstehen kann, ob der weitere Bescheid vom 22. September 2005 einzubeziehen ist oder ggf. nur als unselbständiger Annex zu dem Aufhebungsbescheid zu werten ist. Ursprünglich waren dem Kläger und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau sowie den zwei Kindern mit Bescheid vom 24. November 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 bewilligt worden. Inhaber dieser Leistungsansprüche war nicht die Bedarfsgemeinschaft als solche, sondern die Ansprüche standen den einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu (vgl. BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7 b AS 8/06 R, veröffentlicht in juris), also neben dem Kläger seiner Ehefrau und seinen beiden Kinder. Der als Teilaufhebungs- und Erstattungsbescheid nach den §§ 48 Abs. 1, 50 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zu qualifizierende Bescheid der Beklagten vom 22. September 2005 ist jedoch nur an den Kläger adressiert und nur ihm gegenüber im Sinne des § 37 Abs. 1 SGB X bekannt gegeben worden. Bereits aus diesem Grund dürften die in dem angefochtenen Bescheid enthaltenen Verwaltungsakte (teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides, Rückforderung von Leistungen) der Aufhebung unterliegen. Die Bestimmung des § 38 Satz 1 SGB II über die Vertretung der Bedarfsgemeinschaft bei der Beantragung und Entgegennahme von Leistungen, die der Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG vergleichbar ist, normiert zwar bei der Beantragung von Leistungen eine Vermutung für eine bestehende Bevollmächtigung; diese Vermutung gilt aber nicht für die Aufhebung und Erstattung bewilligter Leistungen. Denn für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft bestehen nach den Vorschriften des SGB II Einzelansprüche (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, aaO) und deshalb unterliegen auch nur die im Verhältnis zwischen dem Träger und dem jeweiligen Leistungsempfänger erbrachten Leistungen der Aufhebung und Erstattung nach §§ 45, 48, 50 SGB X (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. September 2006, L 18 B 667/06 AS ER, unter Bezugnahme auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. August 2006, L 5 B 549/06 AS ER, veröffentlicht in www.sozial¬gerichtsbarkeit.de).

Der Kläger verfügt über kein im Rahmen des § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen oder Vermögen. Die aus ihm, seiner Ehefrau und den zwei Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft bezieht seit dem 03. Februar 2006 bis laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Die Beiordnung eines Rechtsanwalts bzw. einer Rechtsanwältin ist auch erforderlich im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO, weil auch ein bemittelter Kläger bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2001, 1 BvR 391/01, Breith. 2002, 486 - 488).

Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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