L 18 B 494/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 66 AS 5214/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 494/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2007 aufgehoben, soweit das Sozialgericht den Antragsgegner zur Zusicherung der Übernahme von Miet- und Umzugskosten sowie der darlehensweisen Übernahme einer Mietkaution verpflichtet hat. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird auch insoweit zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sich bei verständiger Würdigung seines Begehrens (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) nur insoweit gegen den angefochtenen Beschluss wendet, als er vom Sozialgericht (SG) durch einstweilige Anordnung verpflichtet worden ist, ist begründet. Soweit das SG die Übernahme der Mietkaution als Zuschuss unter Bezugnahme auf § 22 Abs. 3 Satz 3 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) abgelehnt hat, ist der angefochtene Beschluss rechtskräftig geworden.

Für das danach noch streitige Begehren der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu verpflichten, eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die in der F , B, gelegene 3-1/2-Zimmer-Wohnung zu erteilen sowie die für die Anmietung dieser Wohnung zu entrichtende Kaution – als Darlehen - und die Umzugskosten zu übernehmen, fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Als "Notfallhilfe" kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig nur dann in Betracht, wenn ein unaufschiebbar eiliges Regelungsbedürfnis besteht. Dies ist dann der Fall, wenn ein Abwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren schwere, nicht mehr wieder gutzumachende Nachteile für den betreffenden Antragsteller bzw. die betreffenden Antragsteller zur Folge hätte. Bei der vorliegend streitigen Übernahme von Unterkunftskosten bzw. deren Zusicherung wäre hiervon etwa dann auszugehen, wenn den Antragstellern bei einem Abwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache Wohnungslosigkeit oder gar Obdachlosigkeit drohten. Dass ein derartiges Eilbedürfnis vorliegen würde, ist hier nicht ersichtlich.

Zwar mag den Antragstellern zuzugestehen sein, dass es insbesondere im Hinblick auf die Antragsteller zu 3. und 4. auf Dauer nicht hinzunehmen sein wird, dass diese über keinen abtrennbaren eigenständigen Wohnbereich, bspw. ein eigenes Zimmer, verfügen. Aus diesem bereits seit geraumer Zeit bestehenden Zustand lässt sich aber eine aktuelle Notlage gerade nicht herleiten, zumal sich die persönliche Entfaltung der Antragsteller zu 3. und 4. nicht ausschließlich auf den häuslichen Bereich beschränken dürfte. Es ist nicht dargetan, dass ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren den Antragstellern schlechterdings unzumutbar wäre. Soweit diese zur Begründung ihres Antrags weiter vortragen, die in Aussicht

genommene Wohnung verfüge im Gegensatz zu der jetzigen Unterkunft über zwei Toiletten, so lässt sich auch hieraus nichts für eine etwaige Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung entnehmen. Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb für vier Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, eine Toilette nicht ausreichend sein sollte. Zu berücksichtigen ist hierbei zudem, dass den hilfebedürftigen Antragstellern lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht (vgl. BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R – und - B 7b AS 18/06 R -veröffentlicht in juris). Auch aus der mit Schriftsatz vom 5. April 2007 mitgeteilten Tatsache, dass die Antragsteller zu 1. und 2. das Mietverhältnis über die jetzige Wohnung bereits (zum 30. Juni 2007) gekündigt haben, folgt keine andere Beurteilung. Es steht den Antragstellern frei, im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II eine andere Wohnung zu wählen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R -). Eine besondere Eilbedürftigkeit für die begehrte Zusicherung bzw. Kostenübernahme kann sich daraus aber allenfalls dann ergeben, wenn – was hier indes nicht der Fall ist – ein einstweiliger Verbleib in der jetzigen Wohnung unzumutbar wäre. Zudem ergibt sich aus dem eingereichten Kündigungsschreiben vom 22. März 2007, dass sich die Antragsteller zu 1. und 2. im Einvernehmen mit der Vermieterin eine Rücknahme der Kündigung vorbehalten haben.

Da der Antrag schon wegen Fehlens eines Anordnungsgrundes keinen Erfolg haben konnte, bedarf es keiner Entscheidung, ob der Umzug erforderlich (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II) bzw. notwendig (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II) ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Der mit der Beschwerdeschrift sinngemäß gestellte Vollstreckungsaussetzungsantrag gemäß § 199 Abs. 2 SGG ist durch die Entscheidung des Senats über die Beschwerde gegenstandslos geworden.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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