L 15 B 71/07 SO

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 14 SO 63/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 71/07 SO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. März 2007 geändert. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller auch die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet. In entsprechender Anwendung von § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG - war nach unstreitiger Erledigung des Rechtsstreits auf Antrag des Antragstellers durch Beschluss darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten zu erstatten haben. Die Kostenentscheidung erfolgt nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, zu denen u.a. das tatsächliche Ergebnis, der vorrausichtliche Ausgang bei streitiger Entscheidung und der Anlass für die Anrufung des Gerichts gehören. Danach entsprach es billigem Ermessen, dass der Antragsgegner, der selbst keine Kostenerstattung fordern kann (§ 193 Abs. 4 SGG), mit der Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das Verfahren vor dem Sozialgericht und als Folge des teilweisen Erfolgs der Beschwerde auch mit der Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten ist. Das Sozialgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Antragsgegner keine Veranlassung für die Einleitung des Gerichtsverfahrens gegeben habe. Dem ist nicht zu folgen. Der Antragsteller hat mit seinem am 10. Juli 2006 bei Gericht eingegangenen Antrag die Verpflichtung des Antragsgegners im Wege einstweiliger Anordnung begehrt, ihm "Einzelfallhilfe und Einzelbetreuung zur Aufnahme in die S-Werkstatt der S-Stiftung, hilfsweise in die Werkstatt für Behinderte in L" zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme des Gerichts nicht mit der Begründung abgesprochen werden, dass die grundsätzliche Leistungsberechtigung und Leistungsgewährung nicht streitig gewesen seien und es laufende Verhandlungen und Gespräche mit dem Antragsgegner über die nach Art und Umfang in seinem Ermessen stehende Hilfegewährung gegeben habe. Dies entspricht nach Aktenlage nicht den Tatsachen. Unstreitig dürfte nur dem Grunde nach gewesen sein, dass dem 1984 geborenen, körperlich und geistig schwer behinderten Antragsteller, bei dem ein Grad der Behinderung von 100 nach dem Schwerbehindertengesetz ( bzw. dem 9. Buch des Sozialgesetzbuches - SGB IX - ) sowie die Vorraussetzungen der Merkzeichen B, aG, H, Bl. und RF festgestellt worden sind, nach Beendigung seiner schulischen Förderung im Sommer 2006 Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. den Vorschriften des SGB IX zu gewähren sind. Das im vorliegenden Verfahren in Rede stehende konkrete Begehren des Antragstellers betraf aber die von seinen Eltern als seinen Betreuern nach ihren Angaben mit Schreiben vom 19. Februar 2006 beantragte weitere Kostenübernahme für einen Einzelfallhelfer, die ihm offenbar jahrelang während des Schulbesuches bewilligt worden war und nun auch beim in Aussicht genommenen Besuch einer Werkstatt für behinderte Menschen als erforderlich geltend gemacht wurde. Bezüglich dieses Begehrens hatte der Antragsgegner nach Aktenlage lediglich eine fachärztliche Stellungnahme des Sozialpsychiatrischen Dienstes vom 28. März 2006 eingeholt, in der der Antrag ausdrücklich befürwortet worden war, dann aber gleichwohl die S-Stiftung telefonisch darüber informiert, dass keine Einzelbetreuung bewilligt werde, woraufhin die Einrichtung die Aufnahme des Antragstellers mit Schreiben vom 14. Juni 2006 wegen nicht ausreichender personeller Betreuungsmöglichkeiten abgelehnt hat. Nachdem die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 22. Juni 2006 die Vertretung seiner Interessen beim Antragsgegner angezeigt hatten, kam etwas Bewegung in die Sachbearbeitung, ohne dass aber die dringend angemahnte Bescheidung des Antrages bis zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts erfolgt ist. Erst danach eruierte der Antragsgegner Betreuungsalternativen und lud zu einer Fallkonferenz mit allen Beteiligten ein, und im Verlauf späterer Gespräche und Verhandlungen einigten sich die Beteiligten darauf, dass der Antragsteller – ohne Bewilligung eines Einzelfallhelfers – das Eingangsverfahren in einer Einrichtung in L durchlaufen solle. Bei dieser Sachlage bestand durchaus ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung des Gerichts. Dass das Sozialgericht dies anders beurteilt und deshalb schon die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 2. September 2006 abgelehnt hat, was vom Antragsteller nicht angefochten worden ist, steht einer davon abweichenden Kostenentscheidung durch den Senat nicht entgegen. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit der später getroffenen Einigung sein ursprüngliches Begehren nicht erreicht hat und somit offen geblieben ist, ob ihm bei streitiger Entscheidung entsprechend der ausdrücklichen Befürwortung des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Antragsgegners weiterhin Einzelbetreuung zu gewähren gewesen wäre, zumindest entsprechend dem Vorschlag der S-Stiftung für eine Übergangszeit zur Eingewöhnung. Angesichts dessen war es angezeigt, die Kostenlast gleichmäßig auf beide Seiten zu verteilen. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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