L 22 R 1425/05 -17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 6924/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1425/05 -17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. August 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt noch, im Wege der Vergleichberechnung für ihre Rente für Zeiten vor dem 01. März 1971 ein höheres monatliches Einkommen als höchstens 600,00 Mark beziehungsweise ein entsprechendes jährliches Einkommen von mehr als 7 200,00 Mark zugrunde zu legen.

Die 1923 geborene Klägerin bezog in der DDR seit dem 01. April 1983 eine Altersrente aus der Sozialversicherung und seit dem 01. Oktober 1983 eine Altersversorgung aus dem Zusatzversorgungssystem der freiwilligen zusätzlichen Funktionärsunterstätzung für hauptamtliche Mitarbeiter der Gewerkschaft FDGB.

Mit Umwertungsbescheid vom 28. November 1991 wurde diese Rente in eine solche nach dem Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) umgewandelt. In der Folge stellte die Beklagte mehrmals diese Rente neu fest, die Klägerin veranlasste verschiedene Widerspruchsverfahren und der Versorgungsträger übermittelte Daten.

Auf einen Überprüfungsantrag der Klägerin hin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 31. März 2004 die Rente für Rentenbezugszeiten ab dem 01. Januar 1997 neu fest, da für die Berechnung der Vergleichrente aus den letzten 20 Jahren Kalenderjahren vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit die vom Versorgungsträger mitgeteilten tatsächlich erzielten Bruttoarbeitsentgelte auch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen seien. Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Dezember 2004 zurück.

Hiergegen hat sich die am 17. Dezember 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin unter anderem die Auffassung vertreten hat, in der Vergleichsberechnung seien für die Jahre 1964 bis zum 28. Februar 1971 höhere Entgelte zu berücksichtigen.

Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts BSG vom 31. März 2004 (B 4 RA 11/03 R) entgegengetreten.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 05. August 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung insoweit ausgeführt:

Die Klägerin kann von der Beklagten nicht verlangen, dass diese bei der Ermittlung der durchschnittlichen Entgeltpunkte für die Vergleichsrente im Rahmen des § 307 b SGB VI n. F. für den Berechnungszeitraum vom 01. Januar 1965 bis zum 28. Februar 1971 höhere Arbeitsentgelte oder höhere Arbeitseinkommen zugrunde legt. Die Beklagte hat vielmehr zutreffend die beitragspflichtigen (versicherten) Entgelte zugrunde gelegt.

Gemäß § 307 b Abs. 3 SGB VI n. F. sind für den Monatsbetrag der Vergleichsrente persönliche Entgeltpunkte (Ost) aufgrund der vorhandenen Daten des bereits geklärten oder noch zu klärenden Versicherungsverlaufs anhand der folgenden Vorschriften zu ermitteln. Gemäß § 307 b Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 SGB VI n. F. sind dabei Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen für Zeiten vor dem 01. März 1971 bis zu höchstens 600,00 Mark für jeden belegten Kalendermonat zu berücksichtigen. Nach Auffassung der Kammer ergibt sich bei Auslegung des § 307 b Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 SGB VI n. F. nachseiner Entstehungsgeschichte, dem Willen des Gesetzgebers und seinem Sinn und Zweck, dass mit "Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen" im Sinne dieser Vorschrift allein das beitragspflichtige Einkommen gemeint sein kann.

Die Regelungen zur Ermittlung einer Vergleichsrente für Bestandsrentner aus überführten Renten des Beitrittsgebiets, die erst durch das 2. AAÜG ÄndG vom 27. Juli 2001 in § 307 b SGB VI eingefügt worden sind, dienen der Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. April 1999 (Az.: 1 BvR 1926/96 und 1 BvR 485/97, SozR 3 2600 § 307 b Nr. 6). In dieser Entscheidung hatte das BVerfG die ursprüngliche Fassung der genannten Vorschrift für verfassungswidrig erklärt und zur Begründung Folgendes ausgeführt: Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) liege darin, dass Bestandsrenten mit Zusatz- und Sonderversorgung nach den während der gesamten Versicherungszeit erzielten tatsächlichen Verdiensten berechnet würden, während die Umwertung von Bestandsrenten ohne Zusatz- oder Sonderversorgung auf der Grundlage der regelmäßig verdienstgünstigeren letzten 20 Jahre des Arbeitslebens erfolge (§ 307 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Die Umwertung nach § 307 a SGB VI habe typischerweise eine Besserstellung der Bestandsrentner ohne Zusatz- oder Sonderversorgungen bewirkt, da auch in der DDR Versicherte regelmäßig gegen Ende ihres Erwerbslebens die höchsten Einkommen bezogen hätten. Der Gesetzgeber ist den Vorgaben des BVerfG durch die Neuregelung des § 307 b SGB VI nachgekommen. Für Bestandsrentner mit Zusatz- oder Sonderversorgungen muss nun neben der Berechnung aus dem individuellen Versicherungsverlauf für Zeiten ab dem 01. Januar 1992 eine Vergleichsrente in Anlehnung an § 307 a SGB VI errechnet werden. Dass der Gesetzgeber sich für die Ermittlung der durchschnittlichen Entgeltpunkte an die Rentenumwertung nach § 307 a SGB VI anlehnen wollte, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zum 2. AAÜG ÄndG (BT Drucksache 14/5640 v 23. März 2001, Seite 12 ff.). Dort ist beispielsweise dargelegt, dass die Begrenzung der Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen für Zeiten vor dem 01. März 1971 auf höchstens 600,00 Mark für jeden belegten Kalendermonat in § 307 b SGB VI eingeführt worden sei, um die vom BVerfG und BSG geforderte Vergleichbarkeit mit der Berechnung von Entgeltpunkten aus Bestandsrenten in den neuen Bundesländern ohne Zeiten aus Sonder- und Zusatzversorgung zu gewährleisten (BT-Drucksache 14/5640, Seite 17). Denn da die freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) in der DDR erst zum 01. März 1971 eingeführt worden ist, konnten Bestandsrentner ohne Zusatz- oder Sonderversorgung (also die Bestandsrentner nach § 307 a SGB VI) für die Beschäftigungszeiten vor diesem Zeitpunkt Entgelte höchstens bis zu einem Betrag von 600,00 Mark in der Sozialversicherung versichern.

Wenn es demnach aber Sinn und Zweck der Neufassung des § 307 b SGB VI gewesen ist, eine Gleichbehandlung mit den Bestandsrentnern nach § 307 a SGB VI zu erreichen, kann als Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Sinne des § 307 b Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 SGB VI n. F. auch nur dasjenige Entgelt zugrunde gelegt werden, das auch im Rahmen der Berechnung einer Bestandsrente nach § 307 a SGB VI zugrunde zu legen wäre. Auch bei der Berechnung einer Rente nach § 307 a SGB VI ist jedoch nicht das tatsächliche, sondern nur das in der Sozialpflichtversicherung und der FZR aufgrund von Beiträgen versicherte Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Verbandskommentar, 36. Ergänzungslieferung, September 2001, § 307 a SGB VI, Anmerkung 4.2). Würde nun aber bei der Berechnung der Vergleichsrente eines zusatz- oder sonderversorgten Bestandsrentners anders als im Rahmen des § 307 a SGB VI das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt der letzten 20 Kalenderjahre vor Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit zugrunde gelegt, würde dies im Ergebnis gegenüber der Umwertung einer Rente nach § 307 a SGB VI eine Besserstellung bedeuten. Eine solche entspricht jedoch weder den Vorgaben des BVerfG noch wie sich aus der Gesetzesbegründung zum 2. AAÜG ÄndG ergibt der Intention des Gesetzgebers.

Gegen dieses ihr am 23. August 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. September 2005 Berufung eingelegt und ihr Vorbringen wiederholt und sinngemäß die Auffassung vertreten, die Begrenzung der Entgelte auf 600,00 Mark monatlich sei mit der Verfassung nicht zu vereinbaren.

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. August 2005 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 21. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Dezember 2004 zu verurteilen, die Rente der Klägerin neu zu berechnen und bei der Ermittlung der Vergleichsrente auch für Versicherungszeiten vor dem 28. Februar 1971 Arbeitsentgelte von über 600,00 Mark monatlich zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters mit ohne mündliche Verhandlung über die Berufung erklärt.

Die Verwaltungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer und die Gerichtsakten, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, lagen der Entscheidungsfindung zugrunde.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.

Über sie konnte der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben (§§ 124, 155 Sozialgerichtsgesetz SGG ).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vergleichsberechnung mit höheren Entgelten, so dass die dies aussprechenden Bescheide der Beklagten und das sie bestätigende Urteil keiner Beanstandung unterliegen und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen.

Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Lediglich ergänzend sei die Klägerin auf Folgendes hingewiesen:

Das BSG hat in dem Urteil vom 31. März 2004 (Aktenzeichen B 4 RA 11/03 R) zum einen (worauf die Beklagte zu Recht hinweist) dargelegt, dass die Regelung des § 307 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an, so dass keine Veranlassung besteht, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des BVerfG auszusetzen. Das Ruhen war nicht möglich, da die Beklagte keinen Ruhensantrag gestellt hat.

Wenn die Klägerin meint, aus diesem Urteil ergebe sich, dass auch Einkommen über 600,00 Mark monatlich zugrunde zu legen sei, so wird sie darauf hingewiesen, dass in dieser Entscheidung in Abs. 28 ausgeführt wird, der dortige Kläger bezweifle ebenso wie die Klägerin in diesem Verfahren die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung und halte es für geboten, auch für Zeiten vor dem 01. März 1971 die erzielten Verdienste in voller Höhe, das heißt auch soweit sie oberhalb der 600,00 Mark Grenze liegen, einzustellen. Dann folgt der Satz des BSG "Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.".

Wie die Klägerin daraus herleitet, das BSG habe in ihrem Sinne entschieden, erschließt sich nicht.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG bezeichneten Gründe vor.
Rechtskraft
Aus
Saved