Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 77 AL 3681/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 313/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt drei Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist (noch) die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) vom 09. August 2005 bis 09. März 2006, vom 11. März 2006 bis 26. März 2006 und vom 23. April 2006 bis 31. Mai 2006.
Der 1982 geborene Kläger hatte vom 02. Juli 2001 bis 30. April 2002 Zivildienst geleistet. Nach einer kurzzeitigen Arbeitslosigkeit absolvierte er in Frankreich vom 23. September 2002 bis zum 15. September 2004 im Rahmen der A O d C dD d T dF (AOCDTF) eine Berufsausbildung zum Steinmetz (T d P). Die Unterbringung erfolgte in einem Wohnheim der AOCDTF. Nach Abschluss der Ausbildung war der Kläger im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse bei einem Bauunternehmen in L beschäftigt, und zwar vom 6. September 2004 bis zum 1. April 2005 (Vertrag vom 6. September 2004) und vom 2. April 2005 bis 31. Juli 2005 (Vertrag vom 29. März 2005). Der Kläger war während seiner Ausbildungs- und Beschäftigungszeiten in der französischen Arbeitslosenversicherung pflichtversichert. Er war durchgehend mit Hauptwohnsitz in der elterlichen Wohnung in Bgemeldet.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland meldete sich der Kläger am 9. August 2005 arbeitslos und beantragte Alg. Vom 4. September 2005 bis zum 26. November 2005, vom 27. März 2006 bis zum 22. April 2006 und ab 01. Juni 2006 absolvierte der Kläger, der seit dem 1. Oktober 2006 an der Universität Kassel studiert, eine Trainingsmaßnahme in Großbritannien bzw. Praktika in Deutschland; am 10. März 2006 war er als Komparse bei einer Filmproduktion tätig. Mit Bescheid vom 15. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab mit der Begründung, dass der Kläger innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 9. August 2005 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Die Zeiten der Versicherungspflicht in Frankreich könnten nicht nach Artikel 67 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO 1408/71), berücksichtigt werden; denn der Kläger habe unmittelbar zuvor keine Versicherungszeiten aufgrund einer Inlandsbeschäftigung zurückgelegt.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat der auf Gewährung von Alg ab 9. August 2005 gerichteten Klage mit Urteil vom 29. Mai 2006 stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Alg ab 9. August 2005 gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III). Er habe insbesondere die Anwartschaftszeit hierfür erfüllt, weil er in der Rahmenfrist von drei Jahren nach § 124 Abs. 1 in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (im Folgenden: alter Fassung - a. F. -) i. V. mit § 434j Abs. 3 SGB III mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe (vgl. § 123 SGB III). Die erforderlichen Versicherungspflichtzeiten innerhalb der Anwartschaftszeit erfülle der Kläger mit seinen französischen Versicherungszeiten nach Artikel 67 Abs. 1 und Abs. 3 VO 1408/71 i. V. mit Artikel 71 Abs. 1 Buchstabe b Ziffer ii VO 1408/71. Der Kläger habe während seines Aufenthaltes in Frankreich in der Bundesrepublik Deutschland gewohnt, wo er nun Alg begehre. "Wohnen" im Sinne von Artikel 71 Abs. 1 Buchstabe b Ziffer ii Satz 1 VO 1408/71 bedeute, dass der Betreffende am maßgeblichen Wohnort den gewöhnlichen Mittelpunkt seiner Interessen habe (Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 13. November 1990 - C 216/89 = SozR 3-6050 Artikel 71 Nr 1). Unter Berücksichtigung der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) aufgestellten Kriterien habe der Wohnsitz des Klägers in Berlin unter seiner noch immer bestehenden Adresse bereits seit der Schulzeit bestanden. Der Kläger sei lediglich nach Frankreich zum Zwecke der Berufsausbildung und des Sammelns erster beruflicher Erfahrungen gegangen. Auch die anschließende befristete Beschäftigung habe im Rahmen der Gesellenzeit der Vertiefung und Erweiterung seiner beruflichen Kenntnisse und noch nicht vorrangig der Sicherung des Lebensunterhaltes und des unmittelbaren wirtschaftlichen Aufbaus einer Existenzgrundlage gedient. Das Studium habe der Kläger von vornherein in Deutschland aufnehmen wollen. Aus diesen Umständen lasse sich nicht auf einen Willen des Klägers schließen, seinen Wohnsitz zu verlagern. Es sei auch dafür nichts ersichtlich, dass der Kläger seinen Lebensschwerpunkt nach Frankreich verlegt haben könnte. Er habe dort einen festen Arbeitsplatz nicht innegehabt, sondern lediglich eine befristete Stelle. Auch die Art seiner Unterbringung spreche dagegen, dass der Kläger in Frankreich einen festen Wohnsitz habe begründen wollen. Auch das durch schriftliche Erklärungen seiner Eltern und eines Freundes dokumentierte familiäre Leben lasse nicht die Schlussfolgerung zu, dass er in Frankreich einen Wohnsitz im Sinne eines echten Lebensschwerpunktes begründet gehabt habe. Aus den Gesamtumständen folge vielmehr, dass der Kläger auch während seiner Ausbildung und Beschäftigungen in Frankreich seinen Wohnort weiterhin in Berlin gehabt habe. Damit sei die Anwartschaftszeit erfüllt. Der Kläger sei auch arbeitslos und habe sich persönlich arbeitslos gemeldet.
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG würden die Gesamtumstände dafür sprechen, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, sich in den ausländischen Arbeitsmarkt zu integrieren. So habe er erklärt, dass für ihn die Option einer Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses in Frankreich bestanden habe, die sich nur wegen der schlechten Auftragslage nicht erfüllt habe. Die Rückkehr nach Deutschland sei somit nicht von vornherein geplant gewesen. Zwar hätten weiterhin persönliche Bindungen nach Deutschland bestanden, es habe jedoch an beruflichen Bindungen nach Deutschland gefehlt. Durch den langjährigen Aufenthalt in Frankreich habe der Kläger dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Im Übrigen sei die Vergünstigung in Artikel 71 Abs. 1 Buchstabe b Ziffer ii VO Nr. 1408/71 nur für bestimmte Berufsgruppen vorgesehen, zu denen der Kläger nicht gehöre.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger, der (nur) noch die Gewährung von Alg vom 09. August 2005 bis 09. März 2006, vom 11. März 2006 bis 26. März 2006 und vom 23. April 2006 bis 31. Mai 2006 geltend macht, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung im noch streitigen Umfang für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zu entscheiden war dabei (nur) noch über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Alg vom 09. August 2005 bis 09. März 2006, vom 11. März 2006 bis 26. März 2006 und vom 23. April 2006 bis 31. Mai 2006; im Übrigen ist das erstinstanzliche Urteil durch die entsprechende Prozesserklärung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2007 gegenstandslos geworden.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Alg für die in Rede stehenden Zeiträume gemäß den §§ 117 Abs. 1, 118 Abs. 1 SGB III in den seit 01. Januar 2005 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassungen. Anspruch auf Alg haben Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger war in den streitigen Zeiträumen – was zwischen den Beteiligten im Übrigen unstreitig ist – bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und auch arbeitslos im Sinne von § 119 Abs. 1 SGB III. Danach ist arbeitslos ein Arbeitnehmer, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Von einer Verfügbarkeit des Klägers ist insbesondere auch während der Trainingsmaßnahme in Großbritannien vom 04. September 2005 bis 26. November 2005 auszugehen. Denn die Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme schließt gemäß § 120 Abs. 1 SGB III die Verfügbarkeit nicht aus. Maßnahmen, die – wie hier – in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchgeführt werden, und für die Fördermittel der Europäischen Gemeinschaft geleistet werden, sind gemäß § 48 Abs. 1 SGB III ebenfalls förderungsfähig (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 1 SGB III) und stehen daher wie eine inländische Trainingsmaßnahme der Verfügbarkeit nicht entgegen. Demgemäß ist die Beklagte, was aus den mit Schriftsatz vom 24. April 2007 eingereichten Beratungsvermerken erhellt, auch zutreffend von einer durchgehenden Arbeitslosigkeit des Klägers vom 09. August 2005 bis 09. März 2006 ausgegangen.
Der Kläger hat auch die Anwartschaftszeit des § 123 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden und vorliegend noch anwendbaren (vgl. § 434j Abs. 3 SGB III) Fassung (im Folgenden: alter Fassung – a.F. -) erfüllt. Denn er stand in der Rahmenfrist von drei Jahren, die mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg beginnt und vorliegend den Zeitraum vom 08. August 2005 bis zum 09. August 2002 umfasst (vgl. § 124 Abs. 1 SGB III a.F.), mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis (vgl. § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.). Die Berücksichtigung der beitragspflichtigen und innerhalb der Rahmenfrist liegenden Berufsausbildung bzw. Beschäftigung in Frankreich vom 23. September 2002 bis zum 31. Juli 2005 folgt aus den Vorschriften der VO 1408/71. Artikel 67 Abs. 1 VO 1408/71 bestimmt, dass der zuständige Träger eines Mitgliedstaates (hier: die Beklagte) die Versicherungszeiten, die als Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates (hier: Frankreich) zurückgelegt wurden, genauso zu berücksichtigen hat wie Versicherungszeiten, die nach den eigenen Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden. Entsprechendes gilt für Beschäftigungszeiten nach Artikel 67 Abs. 2 VO 1408/71. Die Zurücklegung entsprechender Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung ist durch die von dem Kläger vorgelegten – lückenlosen - Verdienstbescheinigungen aus Frankreich belegt. Die weitere Voraussetzung in Artikel 67 Abs. 3 VO 1408/71, dass unmittelbar zuvor Versicherungs- bzw. Beschäftigungszeiten nach den Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sein müssen, nach denen die Leistung beansprucht wird, also nach Bundesrecht, gilt für den Kläger nicht, da er zu dem Personenkreis des Artikels 71 Abs. 1b Ziffer ii VO 1408/71 gehört.
Artikel 71 Abs. 1 VO 1408/71 sieht Sonderbestimmungen vor für die Gewährung von Leistungen an arbeitslose Arbeitnehmer, die während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates gewohnt haben. Unter "zuständigem Mitgliedstaat" versteht diese Vorschrift den Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Arbeitslose zuletzt beschäftigt war und der dementsprechend grundsätzlich für die Gewährung von Alg zuständig ist, vorliegend mithin Frankreich (vgl. u. a. EuGH SozR 6050 Artikel 71 Nr. 7 S. 20). Gemäß Artikel 71 Abs. 1b Ziffer ii VO 1408/71 erhalten solche Arbeitnehmer, sofern sie nicht (echte) Grenzgänger sind und sich der Arbeitsvermittlung des Staates zur Verfügung stellen, in dessen Gebiet sie wohnen, bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, als ob sie dort zuletzt beschäftigt gewesen wären; diese Leistungen gewährt der Träger des Wohnorts zu seinen Lasten. Die genannten Voraussetzungen sind in der Person des Klägers erfüllt. Denn er hat während seiner Beschäftigung nicht in Frankreich, sondern weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland "gewohnt", und zwar ungeachtet dessen, dass er sich für die Dauer seiner Beschäftigung in Frankreich dort aufhielt und dort auch lebte.
Für die Bestimmung des Wohnortes im Sinne von Artikel 71 VO 1408/71 kann nicht auf den Begriff des Wohnsitzes im Sinne des deutschen Bundesrechts zurückgegriffen werden, weil nach der Rechtsprechung des EuGH die Begriffe des zwischenstaatlichen EU-Rechts eigenständig unter Berücksichtigung ihrer Zwecke im Rahmen der Gemeinschaftsbildung interpretiert werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1990 – 11 RAr 141/90 = SozR 3-6050 Artikel 71 Nr. 2). Ob ein Arbeitsloser während einer Auslandstätigkeit im Sinne von Artikel 71 Abs. 1b Ziffer ii VO 1408/71 weiterhin im Inland gewohnt hat, richtet sich somit vornehmlich nach Dauer und Zweck des Auslandsaufenthalts und dem Umfang der beibehaltenen Bindungen. Eine Höchstdauer ist nicht festgelegt worden und auch nicht durch Analogien zu begründen (vgl. BSG aaO unter Bezugnahme auf EuGH SozR 3-6050 Artikel 71 Nr. 1). Eine Beschränkung der Anwendbarkeit von Artikel 71 Abs. 1b Ziffer ii VO 1408/71 auf bestimmte Berufsgruppen (bspw. Saisonarbeitnehmer, fahrendes oder fliegendes Personal etc.), von der die Beklagte augenscheinlich ausgeht, lässt sich weder aus der Vorschrift selbst noch dem mit ihr verfolgten Zweck herleiten, Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu den Bedingungen zu garantieren, die für die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz am günstigsten sind (vgl. EuGHE 1988, 5125).
Im Rahmen der danach vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung steht zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens fest, dass der Kläger zu keiner Zeit die Absicht hatte, auf unbestimmte Zeit oder Dauer auf dem französischen Arbeitsmarkt tätig zu werden. Seine Berufsausbildung bzw. die sich anschließenden befristeten Beschäftigungen dienten von vornherein nur einem begrenzten Zweck, nämlich der praktischen und theoretischen Ausbildung im Beruf des Marmorsteinmetzes und der Vervollkommnung der insoweit erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer sich anschließenden befristeten Beschäftigung, die im Übrigen nur noch einmal hätte verlängert werden können (vgl. Artikel 9 des Arbeitsvertrages vom 29. März 2005). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Absicht hatte, die sich an die eigentliche Ausbildung anschließende befristete Beschäftigung nur als Einstieg für eine längerfristige Integration in den französischen Arbeitsmarkt zu nutzen, liegen nicht vor. Nach den glaubhaften Einlassungen des Klägers, insbesondere im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem SG, verhält es sich vielmehr so, dass der Kläger lediglich wegen der angespannten Ausbildungssituation in Ostdeutschland die Möglichkeit einer beruflichen Ausbildung in Frankreich wahrnahm und immer die Absicht hatte, in Deutschland zu studieren, was seit dem 1. Oktober 2006 auch tatsächlich der Fall ist. Gegen eine beabsichtigte längerfristige Integration in den ausländischen Arbeitsmarkt sprechen zudem die intensive Aufrechterhaltung der familiären und freundschaftlichen Beziehungen des Klägers nach B, wie sie durch die erstinstanzlich eingereichten schriftlichen Erklärungen der Eltern des Klägers vom 10. April 2006 und eines Freundes vom 23. Mai 2006 belegt ist, und seine sofortige Rückkehr nach B nach dem Ende der (weiteren) befristeten Beschäftigung. Auch die durchgehende Art der Unterbringung des Klägers in einem Gesellenwohnheim ist ein Indiz dafür, dass der Kläger zu keiner Zeit die Absicht hatte, den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse in Frankreich zu begründen. Sowohl das Ausbildungsverhältnis als auch die befristeten Anschlussarbeitsverhältnisse waren von vornherein auf Beendigung angelegt. Aus der mehrjährigen Dauer des Auslandsaufenthaltes von fast drei Jahren ergibt sich keine andere Beurteilung. Diese Dauer mag zwar erheblich sein, war aber durch Art und Zweck des Auslandsaufenthalts vorgegeben, der ungeachtet dessen von vornherein begrenzt war. Der Senat nimmt ergänzend gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil Bezug (S. 5 Abs. 3 Zeile 1 bis S. 6 Ende des 2. Absatzes) und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger den Streitgegenstand gegenüber seinem erstinstanzlich erhobenen Klagebegehren eingeschränkt hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist (noch) die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) vom 09. August 2005 bis 09. März 2006, vom 11. März 2006 bis 26. März 2006 und vom 23. April 2006 bis 31. Mai 2006.
Der 1982 geborene Kläger hatte vom 02. Juli 2001 bis 30. April 2002 Zivildienst geleistet. Nach einer kurzzeitigen Arbeitslosigkeit absolvierte er in Frankreich vom 23. September 2002 bis zum 15. September 2004 im Rahmen der A O d C dD d T dF (AOCDTF) eine Berufsausbildung zum Steinmetz (T d P). Die Unterbringung erfolgte in einem Wohnheim der AOCDTF. Nach Abschluss der Ausbildung war der Kläger im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse bei einem Bauunternehmen in L beschäftigt, und zwar vom 6. September 2004 bis zum 1. April 2005 (Vertrag vom 6. September 2004) und vom 2. April 2005 bis 31. Juli 2005 (Vertrag vom 29. März 2005). Der Kläger war während seiner Ausbildungs- und Beschäftigungszeiten in der französischen Arbeitslosenversicherung pflichtversichert. Er war durchgehend mit Hauptwohnsitz in der elterlichen Wohnung in Bgemeldet.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland meldete sich der Kläger am 9. August 2005 arbeitslos und beantragte Alg. Vom 4. September 2005 bis zum 26. November 2005, vom 27. März 2006 bis zum 22. April 2006 und ab 01. Juni 2006 absolvierte der Kläger, der seit dem 1. Oktober 2006 an der Universität Kassel studiert, eine Trainingsmaßnahme in Großbritannien bzw. Praktika in Deutschland; am 10. März 2006 war er als Komparse bei einer Filmproduktion tätig. Mit Bescheid vom 15. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab mit der Begründung, dass der Kläger innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 9. August 2005 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Die Zeiten der Versicherungspflicht in Frankreich könnten nicht nach Artikel 67 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO 1408/71), berücksichtigt werden; denn der Kläger habe unmittelbar zuvor keine Versicherungszeiten aufgrund einer Inlandsbeschäftigung zurückgelegt.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat der auf Gewährung von Alg ab 9. August 2005 gerichteten Klage mit Urteil vom 29. Mai 2006 stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Alg ab 9. August 2005 gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III). Er habe insbesondere die Anwartschaftszeit hierfür erfüllt, weil er in der Rahmenfrist von drei Jahren nach § 124 Abs. 1 in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (im Folgenden: alter Fassung - a. F. -) i. V. mit § 434j Abs. 3 SGB III mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe (vgl. § 123 SGB III). Die erforderlichen Versicherungspflichtzeiten innerhalb der Anwartschaftszeit erfülle der Kläger mit seinen französischen Versicherungszeiten nach Artikel 67 Abs. 1 und Abs. 3 VO 1408/71 i. V. mit Artikel 71 Abs. 1 Buchstabe b Ziffer ii VO 1408/71. Der Kläger habe während seines Aufenthaltes in Frankreich in der Bundesrepublik Deutschland gewohnt, wo er nun Alg begehre. "Wohnen" im Sinne von Artikel 71 Abs. 1 Buchstabe b Ziffer ii Satz 1 VO 1408/71 bedeute, dass der Betreffende am maßgeblichen Wohnort den gewöhnlichen Mittelpunkt seiner Interessen habe (Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 13. November 1990 - C 216/89 = SozR 3-6050 Artikel 71 Nr 1). Unter Berücksichtigung der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) aufgestellten Kriterien habe der Wohnsitz des Klägers in Berlin unter seiner noch immer bestehenden Adresse bereits seit der Schulzeit bestanden. Der Kläger sei lediglich nach Frankreich zum Zwecke der Berufsausbildung und des Sammelns erster beruflicher Erfahrungen gegangen. Auch die anschließende befristete Beschäftigung habe im Rahmen der Gesellenzeit der Vertiefung und Erweiterung seiner beruflichen Kenntnisse und noch nicht vorrangig der Sicherung des Lebensunterhaltes und des unmittelbaren wirtschaftlichen Aufbaus einer Existenzgrundlage gedient. Das Studium habe der Kläger von vornherein in Deutschland aufnehmen wollen. Aus diesen Umständen lasse sich nicht auf einen Willen des Klägers schließen, seinen Wohnsitz zu verlagern. Es sei auch dafür nichts ersichtlich, dass der Kläger seinen Lebensschwerpunkt nach Frankreich verlegt haben könnte. Er habe dort einen festen Arbeitsplatz nicht innegehabt, sondern lediglich eine befristete Stelle. Auch die Art seiner Unterbringung spreche dagegen, dass der Kläger in Frankreich einen festen Wohnsitz habe begründen wollen. Auch das durch schriftliche Erklärungen seiner Eltern und eines Freundes dokumentierte familiäre Leben lasse nicht die Schlussfolgerung zu, dass er in Frankreich einen Wohnsitz im Sinne eines echten Lebensschwerpunktes begründet gehabt habe. Aus den Gesamtumständen folge vielmehr, dass der Kläger auch während seiner Ausbildung und Beschäftigungen in Frankreich seinen Wohnort weiterhin in Berlin gehabt habe. Damit sei die Anwartschaftszeit erfüllt. Der Kläger sei auch arbeitslos und habe sich persönlich arbeitslos gemeldet.
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG würden die Gesamtumstände dafür sprechen, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, sich in den ausländischen Arbeitsmarkt zu integrieren. So habe er erklärt, dass für ihn die Option einer Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses in Frankreich bestanden habe, die sich nur wegen der schlechten Auftragslage nicht erfüllt habe. Die Rückkehr nach Deutschland sei somit nicht von vornherein geplant gewesen. Zwar hätten weiterhin persönliche Bindungen nach Deutschland bestanden, es habe jedoch an beruflichen Bindungen nach Deutschland gefehlt. Durch den langjährigen Aufenthalt in Frankreich habe der Kläger dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Im Übrigen sei die Vergünstigung in Artikel 71 Abs. 1 Buchstabe b Ziffer ii VO Nr. 1408/71 nur für bestimmte Berufsgruppen vorgesehen, zu denen der Kläger nicht gehöre.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger, der (nur) noch die Gewährung von Alg vom 09. August 2005 bis 09. März 2006, vom 11. März 2006 bis 26. März 2006 und vom 23. April 2006 bis 31. Mai 2006 geltend macht, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung im noch streitigen Umfang für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zu entscheiden war dabei (nur) noch über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Alg vom 09. August 2005 bis 09. März 2006, vom 11. März 2006 bis 26. März 2006 und vom 23. April 2006 bis 31. Mai 2006; im Übrigen ist das erstinstanzliche Urteil durch die entsprechende Prozesserklärung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2007 gegenstandslos geworden.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Alg für die in Rede stehenden Zeiträume gemäß den §§ 117 Abs. 1, 118 Abs. 1 SGB III in den seit 01. Januar 2005 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassungen. Anspruch auf Alg haben Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Der Kläger war in den streitigen Zeiträumen – was zwischen den Beteiligten im Übrigen unstreitig ist – bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und auch arbeitslos im Sinne von § 119 Abs. 1 SGB III. Danach ist arbeitslos ein Arbeitnehmer, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Von einer Verfügbarkeit des Klägers ist insbesondere auch während der Trainingsmaßnahme in Großbritannien vom 04. September 2005 bis 26. November 2005 auszugehen. Denn die Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme schließt gemäß § 120 Abs. 1 SGB III die Verfügbarkeit nicht aus. Maßnahmen, die – wie hier – in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchgeführt werden, und für die Fördermittel der Europäischen Gemeinschaft geleistet werden, sind gemäß § 48 Abs. 1 SGB III ebenfalls förderungsfähig (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 1 SGB III) und stehen daher wie eine inländische Trainingsmaßnahme der Verfügbarkeit nicht entgegen. Demgemäß ist die Beklagte, was aus den mit Schriftsatz vom 24. April 2007 eingereichten Beratungsvermerken erhellt, auch zutreffend von einer durchgehenden Arbeitslosigkeit des Klägers vom 09. August 2005 bis 09. März 2006 ausgegangen.
Der Kläger hat auch die Anwartschaftszeit des § 123 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden und vorliegend noch anwendbaren (vgl. § 434j Abs. 3 SGB III) Fassung (im Folgenden: alter Fassung – a.F. -) erfüllt. Denn er stand in der Rahmenfrist von drei Jahren, die mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg beginnt und vorliegend den Zeitraum vom 08. August 2005 bis zum 09. August 2002 umfasst (vgl. § 124 Abs. 1 SGB III a.F.), mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis (vgl. § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.). Die Berücksichtigung der beitragspflichtigen und innerhalb der Rahmenfrist liegenden Berufsausbildung bzw. Beschäftigung in Frankreich vom 23. September 2002 bis zum 31. Juli 2005 folgt aus den Vorschriften der VO 1408/71. Artikel 67 Abs. 1 VO 1408/71 bestimmt, dass der zuständige Träger eines Mitgliedstaates (hier: die Beklagte) die Versicherungszeiten, die als Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates (hier: Frankreich) zurückgelegt wurden, genauso zu berücksichtigen hat wie Versicherungszeiten, die nach den eigenen Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden. Entsprechendes gilt für Beschäftigungszeiten nach Artikel 67 Abs. 2 VO 1408/71. Die Zurücklegung entsprechender Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung ist durch die von dem Kläger vorgelegten – lückenlosen - Verdienstbescheinigungen aus Frankreich belegt. Die weitere Voraussetzung in Artikel 67 Abs. 3 VO 1408/71, dass unmittelbar zuvor Versicherungs- bzw. Beschäftigungszeiten nach den Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sein müssen, nach denen die Leistung beansprucht wird, also nach Bundesrecht, gilt für den Kläger nicht, da er zu dem Personenkreis des Artikels 71 Abs. 1b Ziffer ii VO 1408/71 gehört.
Artikel 71 Abs. 1 VO 1408/71 sieht Sonderbestimmungen vor für die Gewährung von Leistungen an arbeitslose Arbeitnehmer, die während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates gewohnt haben. Unter "zuständigem Mitgliedstaat" versteht diese Vorschrift den Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Arbeitslose zuletzt beschäftigt war und der dementsprechend grundsätzlich für die Gewährung von Alg zuständig ist, vorliegend mithin Frankreich (vgl. u. a. EuGH SozR 6050 Artikel 71 Nr. 7 S. 20). Gemäß Artikel 71 Abs. 1b Ziffer ii VO 1408/71 erhalten solche Arbeitnehmer, sofern sie nicht (echte) Grenzgänger sind und sich der Arbeitsvermittlung des Staates zur Verfügung stellen, in dessen Gebiet sie wohnen, bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates, als ob sie dort zuletzt beschäftigt gewesen wären; diese Leistungen gewährt der Träger des Wohnorts zu seinen Lasten. Die genannten Voraussetzungen sind in der Person des Klägers erfüllt. Denn er hat während seiner Beschäftigung nicht in Frankreich, sondern weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland "gewohnt", und zwar ungeachtet dessen, dass er sich für die Dauer seiner Beschäftigung in Frankreich dort aufhielt und dort auch lebte.
Für die Bestimmung des Wohnortes im Sinne von Artikel 71 VO 1408/71 kann nicht auf den Begriff des Wohnsitzes im Sinne des deutschen Bundesrechts zurückgegriffen werden, weil nach der Rechtsprechung des EuGH die Begriffe des zwischenstaatlichen EU-Rechts eigenständig unter Berücksichtigung ihrer Zwecke im Rahmen der Gemeinschaftsbildung interpretiert werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1990 – 11 RAr 141/90 = SozR 3-6050 Artikel 71 Nr. 2). Ob ein Arbeitsloser während einer Auslandstätigkeit im Sinne von Artikel 71 Abs. 1b Ziffer ii VO 1408/71 weiterhin im Inland gewohnt hat, richtet sich somit vornehmlich nach Dauer und Zweck des Auslandsaufenthalts und dem Umfang der beibehaltenen Bindungen. Eine Höchstdauer ist nicht festgelegt worden und auch nicht durch Analogien zu begründen (vgl. BSG aaO unter Bezugnahme auf EuGH SozR 3-6050 Artikel 71 Nr. 1). Eine Beschränkung der Anwendbarkeit von Artikel 71 Abs. 1b Ziffer ii VO 1408/71 auf bestimmte Berufsgruppen (bspw. Saisonarbeitnehmer, fahrendes oder fliegendes Personal etc.), von der die Beklagte augenscheinlich ausgeht, lässt sich weder aus der Vorschrift selbst noch dem mit ihr verfolgten Zweck herleiten, Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu den Bedingungen zu garantieren, die für die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz am günstigsten sind (vgl. EuGHE 1988, 5125).
Im Rahmen der danach vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung steht zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens fest, dass der Kläger zu keiner Zeit die Absicht hatte, auf unbestimmte Zeit oder Dauer auf dem französischen Arbeitsmarkt tätig zu werden. Seine Berufsausbildung bzw. die sich anschließenden befristeten Beschäftigungen dienten von vornherein nur einem begrenzten Zweck, nämlich der praktischen und theoretischen Ausbildung im Beruf des Marmorsteinmetzes und der Vervollkommnung der insoweit erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer sich anschließenden befristeten Beschäftigung, die im Übrigen nur noch einmal hätte verlängert werden können (vgl. Artikel 9 des Arbeitsvertrages vom 29. März 2005). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Absicht hatte, die sich an die eigentliche Ausbildung anschließende befristete Beschäftigung nur als Einstieg für eine längerfristige Integration in den französischen Arbeitsmarkt zu nutzen, liegen nicht vor. Nach den glaubhaften Einlassungen des Klägers, insbesondere im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem SG, verhält es sich vielmehr so, dass der Kläger lediglich wegen der angespannten Ausbildungssituation in Ostdeutschland die Möglichkeit einer beruflichen Ausbildung in Frankreich wahrnahm und immer die Absicht hatte, in Deutschland zu studieren, was seit dem 1. Oktober 2006 auch tatsächlich der Fall ist. Gegen eine beabsichtigte längerfristige Integration in den ausländischen Arbeitsmarkt sprechen zudem die intensive Aufrechterhaltung der familiären und freundschaftlichen Beziehungen des Klägers nach B, wie sie durch die erstinstanzlich eingereichten schriftlichen Erklärungen der Eltern des Klägers vom 10. April 2006 und eines Freundes vom 23. Mai 2006 belegt ist, und seine sofortige Rückkehr nach B nach dem Ende der (weiteren) befristeten Beschäftigung. Auch die durchgehende Art der Unterbringung des Klägers in einem Gesellenwohnheim ist ein Indiz dafür, dass der Kläger zu keiner Zeit die Absicht hatte, den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse in Frankreich zu begründen. Sowohl das Ausbildungsverhältnis als auch die befristeten Anschlussarbeitsverhältnisse waren von vornherein auf Beendigung angelegt. Aus der mehrjährigen Dauer des Auslandsaufenthaltes von fast drei Jahren ergibt sich keine andere Beurteilung. Diese Dauer mag zwar erheblich sein, war aber durch Art und Zweck des Auslandsaufenthalts vorgegeben, der ungeachtet dessen von vornherein begrenzt war. Der Senat nimmt ergänzend gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil Bezug (S. 5 Abs. 3 Zeile 1 bis S. 6 Ende des 2. Absatzes) und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger den Streitgegenstand gegenüber seinem erstinstanzlich erhobenen Klagebegehren eingeschränkt hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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