Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 15 AL 839/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 AL 1304/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Juni 2005 sowie der Bescheid der Beklagten vom 11. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 02. Juli 2003 Arbeitslosengeld zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Arbeitslosengeld für die Zeit ab 02. Juli 2003.
Der 1945 geborene Kläger, gelernter Maurer, war von April 1991 bis zum 30. Juni 2003 in der Einzelfirma seiner Ehefrau, der Drogerie M in B, als Kraftfahrer, Lagerarbeiter und Verkäufer tätig. Ausweislich einer Auskunft des Amtes B aus dem Gewerberegister vom 22. Oktober 2003 war von der Ehefrau des Klägers, BM, einer gelernten Drogistin, die Gewerbetätigkeit "Quelle Agentur, Dienstleistung Reinigung, Schuhe, Wäsche, Handel mit Sportartikel, Freizeitmoden, Damen-, Herren- und Kinderbekleidung, Schuhe, EH mit Drogerieartikeln" mit Wirkung vom 01. Februar 1991 aufgenommen worden.
Die Betriebsstätte befand sich auf einem dem Kläger und dessen Ehefrau je zur Hälfte gehörenden Grundstück (Grundbuch von B - Bl.).
In den Verwaltungsakten der Beklagten sind enthalten ein handschriftlicher "Arbeitsvertrag", geschlossen zwischen der Ehefrau des Klägers und dem Kläger über eine Tätigkeit des Klägers ab 01. April 1991 als "Kraftfahrer, Verkauf, Lager". Dieser handschriftliche Vertrag trägt das Datum 01. April 1991. Des Weiteren ist in den Verwaltungsakten der Beklagten enthalten eine so genannte "Arbeitsvertragsänderung Euro" über die Änderung des Arbeitsvertrages vom 01. April 1991, geschlossen zwischen der Ehefrau des Klägers und dem Kläger. Dieser ebenfalls handschriftliche Vertrag trägt das Datum 02. Januar 2001.
Am 27. Juni 2003 meldete sich der Kläger bei dem Arbeitsamt Belzig Geschäftsstelle des Arbeitsamtes Potsdam arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung der Drogerie M (ohne Datum) erhielt der Kläger in den Monaten Juli 2002 bis Juni 2003 ein gleich bleibendes monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 1 318,11 EUR, insgesamt 15 817,32 EUR, bei einer 40 Stunden Arbeitswoche. In die Lohnsteuerkarte des Klägers für das Jahr 2003 war die Lohnsteuerklasse III ohne Kinderfreibeträge eingetragen.
In einem von dem Kläger und seiner Ehefrau am 29. Juni 2003 unterschriebenen "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen (Ehegatten, Verlobte, Lebensgefährten, geschiedene Ehegatten, Verwandte, Verschwägerte, sonstige Familienangehörige)" gaben der Kläger und seine Ehefrau an, der Kläger sei als Kraftfahrer, Lagerarbeiter und Verkäufer tätig gewesen. Der Kläger sei an Weisungen des Betriebsinhabers gebunden gewesen; das Arbeitsentgelt sei auf ein privates Bank Girokonto des Klägers überwiesen und als Betriebsausgabe gebucht worden. Der Betrieb gehöre nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum des Klägers und seiner Ehefrau. Der Kläger habe dem Betrieb eine Bürgschaft in Höhe von 130 379,43 EUR zum Kauf des Betriebsgrundstücks eingeräumt. Wegen des Inhalts des genannten Feststellungsbogens im Einzelnen wird auf Bl. 6 bis 10 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Mit Bescheid vom 11. August 2003 lehnte das Arbeitsamt Belzig Geschäftsstelle des Arbeitsamtes Potsdam - den Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld ab. Der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 27. Juni 2003 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Den hiergegen von dem Kläger am 18. August 2003 eingelegten Widerspruch, mit dem dieser darauf verwies, dass er für die Zeit von 1990 bis Juni 2003 lückenlos Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt habe, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 16. September 2003 als unbegründet zurück. Der Kläger habe als Mitinhaber der Firma mit Übernahme einer Bürgschaft die Firmengründung erst möglich gemacht. Weiterhin trete innerhalb der Firma nicht seine persönliche Arbeitsleistung in den Vordergrund, sondern vielmehr seine Einflussnahme über die Kapitalbeteiligung. Dies sei auch dann der Fall, wenn bestehende Einflussmöglichkeiten nicht wahrgenommen würden. Da der Kläger zudem gleichberechtigter Mitinhaber des Betriebsgrundstückes und gebäudes sei, stehe er als Mitunternehmer nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu der durch seine Frau vertretenen Firma.
Am 15. Oktober 2003 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben.
Das Sozialgericht Potsdam hat die Landesversicherungsanstalt Brandenburg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg) und die BARMER Ersatzkasse zum Verfahren beigeladen (Beiladungsbeschluss vom 18. April 2005).
Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen:
Er sei seit dem 01. April 1991 Angestellter und nicht Mitinhaber der Drogerie seiner Ehefrau gewesen. Aus der Auskunft aus dem Gewerberegister werde ersichtlich, dass seine Ehefrau Inhaberin der Drogerie sei und auch in der benannten Rahmenfrist gewesen sei. Er sei überwiegend als Verkäufer eingestellt gewesen und habe daneben Arbeiten als Kraftfahrer und im Lager verrichtet. Seine Tätigkeit sei weisungsgebunden erfolgt, d. h., er sei in die arbeitsorganisatorischen Abläufe des Betriebes eingebunden gewesen. Ihm seien die Arbeitszeit und der Arbeitsort vorgegeben gewesen. Die Arbeitszeiten hätten sich nach der Öffnungszeit des Geschäftes gerichtet und der Arbeitsort sei B gewesen. Des Weiteren sei auch die Art der Arbeitsausführung nicht durch ihn bestimmbar gewesen. Der Betrieb werde allein durch seine Ehefrau geführt. Für ihn habe kein Unternehmerrisiko bestanden. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei er aufgrund seiner Miteigentümerstellung an dem Grundstück, auf dem sich die Betriebsstätte befinde, nicht gleichzeitig Eigentümer des Gewerbebetriebes. Diese Feststellung widerspreche den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Auch durch die Übernahme der Bürgschaft hinsichtlich des Darlehens für die Mittelbrandenburgische Sparkasse sei kein Unternehmerrisiko für ihn entstanden. Der Betrieb sei im Jahre 1991 angemeldet worden. Der Darlehensvertrag sei im Nachhinein abgeschlossen worden und habe nicht der Firmengründung gedient. Durch die Übernahme der Bürgschaft sei er nicht Mitinhaber der Firma geworden. Er habe die Bürgschaft über 130 374,43 EUR auf Verlangen der Bank unterzeichnet.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
Der Bescheid vom 11. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 27. Juni 2003 ab dem 02. Juli 2003 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben keinen Antrag gestellt.
Die Beigeladene zu 2) hat schriftsätzlich ausgeführt, sie teile die klägerische Auffassung. Im Hinblick auf die gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Sozialverscherungsträger vom 11. November 2004 komme der Übernahme der Bürgschaft durch den Kläger nur Indizwirkung zu. Da die übrigen prüfungsrelevanten Kriterien für eine Beschäftigung sprächen, sei für die Zeit vom 15. März 1991 bis 30. Juni 2003 zu Recht Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung wahrgenommen worden.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben zum Beweisthema "Beschäftigungsverhältnis des Klägers in der Drogerie M, B" durch Vernehmung der Zeugin B M, der Ehefrau des Klägers. Wegen der Bekundungen der Zeugin M wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 22. Juni 2005 (Bl. 46, 47 der Gerichtsakten) verwiesen.
Mit Urteil vom 22. Juni 2005 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer in der maßgeblichen Rahmenfrist vom 02. Juli 2000 bis 01. Juli 2003 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er sei jedenfalls nicht in der Drogerie M als Arbeitnehmer tätig gewesen. Zum einen habe die Zeugin M bestätigt, dass der Kläger Miteigentümer des Betriebsgrundstückes sei und er auch eine Bürgschaft in Höhe von 130 379,43 EUR für sie übernommen habe. Der Kläger habe diesbezüglich selbst eingeräumt, dass ohne die Übernahme der Bürgschaft die Zeugin M das von ihr eröffnete Geschäft nicht habe führen können. Entgegen der Auffassung des Klägers sei dies bereits für sich genommen ein entscheidendes Indiz für das von ihm getragene Unternehmerrisiko. Zudem hätten die Ehegatten gleichberechtigt die Drogerie M geführt. Die Zeugin M sei zwar als gelernte Drogistin alleinige Konzessionsinhaberin. Allerdings habe sie vor dem erkennenden Gericht bestätigt, nicht im Besitz eines Führerscheins zu sein. Sie sei deshalb dringend auf einen Fahrer angewiesen gewesen. Deshalb habe der Kläger, als gelernter Maurer, die Stelle als Fahrer in der Drogerie übernommen. Beide hätten damit nach dem Eindruck der Kammer gegenseitige Nachteile (nämlich den Mangel an Branchenkenntnissen und den Mangel an einem Führerschein) wechselseitig ausgeglichen. Selbst wenn die Zeugin im Rahmen ihrer Aussage dargetan habe, dass der Kläger im Rahmen einer 40 Stunden Woche für die Drogerie gearbeitet und einen regelmäßigen Acht Stunden Tag absolviert haben solle, sei dies unglaubhaft. Dies gelte vor allem schon deshalb, weil die Zeugin M unglaubwürdig sei. Sie habe vor der erkennenden Kammer trotz Belehrung über ihre Wahrheitspflicht wahrheitswidrige Angaben, insbesondere im Hinblick auf den Abschluss des Arbeitsvertrages, gemacht. Gleiches gelte für die von ihr vorgenommene Arbeitsvertragsänderung vom 02. Januar 2001. Dass der Kläger auch im Rahmen seiner Entlassung im Übrigen Rücksicht auf die Belange des Unternehmens genommen habe, zeige sich nicht zuletzt auch darin, dass er sich gegen die außerordentliche Kündigung vom 09. Juni 2003 zum 30. Juni 2003 nicht zur Wehr gesetzt habe. Er habe nicht einmal wie dies für einen Arbeitnehmer üblich sei auf die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist bestanden, die bei einer über zwölf Jahre dauernden Betriebszugehörigkeit fünf Monate betragen habe. Der Kläger habe diesbezüglich eingeräumt, dass ihm diese Kündigungsfrist nicht bewusst gewesen sei. Auch dies sei für einen Arbeitnehmer atypisch. Aber auch die Zeugin M selbst habe nicht um die Dauer der gesetzlichen Kündigungsfrist gewusst. Auch hieran zeige sich, dass sie nach Auffassung der Kammer als Geschäftsfrau in ihren rechtlichen Kenntnissen erhebliche Defizite aufgewiesen habe und sie auch aus diesem Grunde auf die Mithilfe ihres Ehemannes bei der Führung des Geschäftes dringend angewiesen gewesen sei.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04. November 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. November 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Ausführungen des Sozialgerichts, er habe gleichberechtigt mit seiner Frau die Drogerie geführt, weil er die betrieblichen Fahrten durchgeführt habe und seine Frau als Inhaberin keine Fahrerlaubnis besitze, führe nicht zu einer Mitinhaberschaft. Es sei auch realitätsfremd, auf diesen Punkt abzustellen. In derartigen Fällen werde der Inhaber des Betriebes immer darauf zu achten haben, dass die Angestellten die erforderlichen Voraussetzungen vorweisen könnten. Völlig außer Acht gelassen habe das Sozialgericht im Übrigen die Tatsache, dass ein Arbeitsvertrag auch mündlich wirksam zustande komme. Eine schriftliche Fixierung sei nicht erforderlich. Zu Beginn seiner Tätigkeit im April 1991 habe er keinen schriftlichen Arbeitsvertrag mit seiner Ehefrau geschlossen. Die zu den Verwaltungsakten der Beklagten gereichten handschriftlichen Arbeitsverträge, datiert 01. April 1991 und 02. Januar 2001, seien nachträglich im Jahr 2003 nach Antragstellung beim Arbeitsamt verfasst worden. Sie gäben jedoch den tatsächlichen Zustand wieder. Bereits bei der Anmeldung im Arbeitsamt sei ihm gesagt worden, er müsse einen schriftlichen Arbeitsvertrag haben, woraufhin er und seine Ehefrau erst die schriftliche Niederlegung des Arbeitsvertrages vorgenommen hätten. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung der Bürgschaft müsse davon ausgegangen werden, dass er sich gerade die Möglichkeit eröffnet habe, im Falle seiner Inanspruchnahme durch die kreditgebende Bank die dann auf ihn übergegangenen Ansprüche in voller Höhe von der Betriebsinhaberin zurückzufordern. Er sei nicht Darlehensnehmer.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 02. Juli 2003 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Kundennummer ), der Verwaltungsakten der Beigeladenen zu 1) (VSNR ) und der den Kläger betreffenden Akten der Beigeladenen zu 2), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt.
Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das Sozialgericht Potsdam hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 ist zulässig und begründet. Der Kläger hat für die Zeit ab 02. Juli 2003 Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Nach § 117 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung haben Anspruch auf Arbeitslosengeld Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Der Kläger war seit Beendigung seiner Tätigkeit für die Drogerie M zumindest seit dem 02. Juli 2003 arbeitslos (§ 118 SGB III); er hat sich darüber hinaus anlässlich seiner persönlichen Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt Belzig am 27. Juni 2003 persönlich arbeitslos gemeldet (§ 122 SGB III) und sich der Arbeitsvermittlung ausweislich seiner Angaben im Antrag auf Arbeitslosengeld vom 27. Juni 2003 uneingeschränkt zur Verfügung gestellt (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 SGB III).
Der Kläger hat auch die gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 3 SGB III für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt. Nach § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung des 1. SGB III Änderungsgesetzes (1. SGB ÄndG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2970) hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach § 124 Abs. 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 124 Abs. 2 SGB III). Vorliegend reicht die dreijährige Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III in der im Jahr 2003 geltenden Fassung vom 01. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2003. In diesem gesamten Zeitraum hatte der Kläger in der Drogerie seiner Ehefrau in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Nach § 25 Abs. 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Zum Begriff der Beschäftigung ist für den Bereich der Arbeitsförderung die Definition des § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) maßgeblich (vgl. Fuchs in Gagel, SGB III -Arbeitsförderung, § 25 Rz. 3; Wagner in GK SGB III, § 25 Rz. 10). Nach § 7 SGB IV ist "Beschäftigung" die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann zwar, insbesondere bei Diensten höherer Art, erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung bleiben. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (vgl. BSG in SozR 3-2400 § 7 Nr. 18 S. 66 m. w. N. auf BSG SozR 3 2940 § 3 Nr. 1 S. 4).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob die Tätigkeit in einem Unternehmen eines Ehegatten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt oder nicht. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Ehegatten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung aufgrund eines Gesellschaftsverhältnisses oder einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist nicht immer leicht zu ziehen und kann nur nach Lage der jeweiligen Umstände entschieden werden. Hierbei sind insbesondere die Eingliederung des Ehegatten in den Betrieb, die vertragliche Regelung auch der Höhe der Geld- und Sachbezüge und ihr Verhältnis zu Umfang und Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit sowie zu der Bezahlung vergleichbarer fremder Arbeitskräfte und die steuerliche Behandlung wesentlich (BSG SozR 3 4100 § 168 Nr. 11 m. w. N.; BSG SozR 3 2500 § 5 Nr. 17).
Für die Abgrenzung von Ehegattenbeschäftigungsverhältnissen zur familienhaften Mithilfe kann im Übrigen auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Auch hiernach hängt die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und familienhafter Mithilfe von den gesamten Umständen des Einzelfalls ab. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis setzt neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und ein gegebenenfalls abgeschwächtes Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert der Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Weitere Abgrenzungskriterien sind nach dieser Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht, dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt (vgl. BSG SozR 3 2500 § 5 Nr. 17).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Kläger in der Drogerie seiner Ehefrau während der gesamten Rahmenfrist vom 01. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2003 und auch in der Zeit davor versicherungspflichtig beschäftigt im Sinne des § 25 Abs. 1 SGB III. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass die Ehefrau des Klägers alleinige Betriebsinhaberin der Drogerie war. Der Betrieb war demzufolge auch ausweislich der Gewerbeauskunft vom 30. Oktober 2003 seit dem Februar 1991 allein auf die Ehefrau des Klägers angemeldet; zu diesem Zeitpunkt war der Kläger bei seiner Ehefrau auch noch nicht beschäftigt gewesen. Darüber hinaus spricht die Höhe des dem Kläger zuletzt 2003 gezahlten Entgelts in Höhe von 1 318,11 EUR brutto monatlich für eine abhängige Beschäftigung des Kläger während der gesamten Rahmenfrist vom 01. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2003. Das gezahlte Entgelt stellte einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit dar und ging über ein bloßes Taschengeld oder eine Anerkennung von Gefälligkeiten hinaus. Die Ehefrau des Klägers hat schließlich insoweit glaubhaft vor dem Sozialgericht bekundet, dass sie allein die Entscheidungen für das Unternehmen getroffen hat, was auch insoweit nachvollziehbar ist, als die Ehefrau des Klägers als gelernte Drogistin allein über die entsprechenden Branchenkenntnisse verfügte. Die Ehefrau des Klägers hatte demzufolge auch für die gesamte Zeit der Rahmenfrist von Juli 2000 bis Juli 2003 und auch für die Zeit davor ihr Weisungsrecht in Bezug auf den Kläger ausgeübt. Die vom Sozialgericht gegebene Begründung, die Ehegatten hätten die Drogerie gleichberechtigt geführt, weil sie wechselseitig gegenseitige Nachteile (den Mangel an Branchenkenntnissen und den Mangel an einem Führerschein) ausgeglichen hätten, ist für die Beurteilung, ob vorliegend ein Versicherungspflichtverhältnis vorliegt, ohne Bedeutung.
Ohne Bedeutung ist auch, dass zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau zunächst kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden war. Der Arbeitsvertrag unterliegt in der Regel keinen Formvorschriften, kann also mündlich, schriftlich oder auch durch stillschweigende Vereinbarung abgeschlossen werden. Nach der Richtlinie 91/ 533/ EWG des Rates der EG vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (so genannte Nachweisrichtlinie) hat der Arbeitnehmer zwar Anspruch darauf, dass der Vertrag schriftlich niedergelegt wird. Diese Richtlinie ist auch durch Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz - NachwG) vom 20. 7. 1995 (BGBl. I 946) in das nationale Recht umgesetzt worden. Hiernach hat ein Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages ist jedoch von dieser Dokumentation im Sinne des Nachweisgesetzes unabhängig; allein schon deshalb, da gelebte arbeitsrechtliche Verhältnisse nicht rückabwickelbar sind, und daher nichtige Arbeitsverträge für Zeiten in der Vergangenheit immer als faktische Arbeitsverhältnisse behandelt werden. Für den Arbeitgeber können lediglich Beweisnachteile erwachsen, wenn es zum Streit um die Arbeitsbedingungen kommt (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Auflage 2005, § 32 Rz. 39 f. m.w.N.). Unter Berücksichtigung dessen ist es für den Senat nicht nachvollziehbar, wodurch sich die Zeugin M - wie vom Sozialgericht in dessen Schreiben an die Staatsanwaltschaft Potsdam vom 4. November 2005 dargelegt - strafbar gemacht haben soll.
Nicht zu folgen ist außerdem der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts, der Kläger sei durch das Miteigentum am Betriebsgrundstück und gebäude Mitunternehmer am Betrieb seiner Ehefrau. Diese Auffassung der Beklagten widerspricht den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere denen der §§ 93 ff. BGB und des § 926 BGB. Nach § 93 BGB sind wesentliche Bestandteile einer Sache solche, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile). Nach § 94 Abs. 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit Aussäen, eine Pflanze mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Nach § 94 Abs. 2 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen. Nach § 95 Abs. 1 BGB gehören zu den Bestandteilen eines Grundstücks solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werke, das in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.
Die genannten Vorschriften des BGB besagen eindeutig, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks nur die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen, gehören. Ein Gewerbebetrieb, wie er vorliegend von der Ehefrau des Klägers ausgeübt wird, kann nach diesen Regelungen des BGB nicht wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks sein und somit auch nicht aufgrund des hälftigen Grundstückseigentumsanteils des Klägers in dessen Miteigentum stehen.
Gleiches gilt nach der Regelung des § 926 BGB betreffend das Grundstückszubehör. Nach Abs. 1 der Vorschrift erlangt, wenn sich der Veräußerer und der Erwerber darüber einig sind, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör des Grundstücks erstrecken soll, der Erwerber mit dem Eigentum an dem Grundstück auch das Eigentum an den zur Zeit des Erwerbes vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer gehören. Im Zweifel ist nach § 926 Abs. 1 Satz 2 BGB anzunehmen, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken soll. Nach § 97 Abs. 1 BGB sind Zubehör bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Hiernach sind Zubehör rechtlich selbständig bewegliche Sachen.
Abgesehen davon, dass ein Gewerbebetrieb keine Sache ist und damit kein Zubehör eines Grundstücks sein kann dies können allenfalls die dem Gewerbebetrieb dienenden Einrichtungsgegenstände des Betriebes oder auch etwa (Bau )Material des Betriebes etc. sein , liegt schon ein entsprechender Übertragungsvertrag zwischen dem Kläger und dessen Ehefrau nicht vor, mit dem hälftigen Grundstücksanteil gleichzeitig etwa auch den Gewerbebetrieb der Ehefrau des Klägers zur Hälfte auf diesen zu übertragen.
Auch die erhebliche Bürgschaft des Klägers zu Gunsten des Betriebes seiner Ehefrau führt nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Insoweit ist nämlich der Vortrag des Klägers, die Bank habe seinerzeit einen solchen Schuldeintritt verlangt, glaubhaft und nachvollziehbar.
Der Beklagten mag zuzugeben sein, dass in der Übernahme einer Bürgschaft ein Indiz zur Begründung einer Mitunternehmereigenschaft gesehen werden kann. Sie irrt aber in der Annahme, dass es sich dabei um ein wesentliches Indiz handelt. Die Übernahme einer Bürgschaft muss nämlich– gerade unter Eheleuten – immer im konkreten Zusammenhang zu einzelnen Umständen gesehen werden. Dabei war hier zu beachten, dass typischerweise unter Eheleuten die Übernahme einer Bürgschaft lediglich den Kreditanforderungen der Banken genügen soll und gerade nicht einem –zur Begründung einer Mitunternehmerschaft insoweit unbedingt erforderlichen – Abschluss eines Gesellschaftsvertrages. Angesichts der zuvor genannten Gesamtumstände tritt die von der Beklagten behauptete Indizwirkung der übernommenen Bürgschaft nicht nur in den Hintergrund, sie tritt gar nicht erst ein.
Aufgrund der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers in der Zeit vom 01. April 1991 bis 30. Juni 2003, dem Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, hatte er somit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 02. Juli 2003 von insgesamt 32 Monaten (§ 127 Abs. 2 SGB III in der im Jahr 2003 geltenden Fassung, Versicherungspflichtverhältnis mit einer Dauer von insgesamt 64 Monaten nach Vollendung des 57. Lebensjahres) erworben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Arbeitslosengeld für die Zeit ab 02. Juli 2003.
Der 1945 geborene Kläger, gelernter Maurer, war von April 1991 bis zum 30. Juni 2003 in der Einzelfirma seiner Ehefrau, der Drogerie M in B, als Kraftfahrer, Lagerarbeiter und Verkäufer tätig. Ausweislich einer Auskunft des Amtes B aus dem Gewerberegister vom 22. Oktober 2003 war von der Ehefrau des Klägers, BM, einer gelernten Drogistin, die Gewerbetätigkeit "Quelle Agentur, Dienstleistung Reinigung, Schuhe, Wäsche, Handel mit Sportartikel, Freizeitmoden, Damen-, Herren- und Kinderbekleidung, Schuhe, EH mit Drogerieartikeln" mit Wirkung vom 01. Februar 1991 aufgenommen worden.
Die Betriebsstätte befand sich auf einem dem Kläger und dessen Ehefrau je zur Hälfte gehörenden Grundstück (Grundbuch von B - Bl.).
In den Verwaltungsakten der Beklagten sind enthalten ein handschriftlicher "Arbeitsvertrag", geschlossen zwischen der Ehefrau des Klägers und dem Kläger über eine Tätigkeit des Klägers ab 01. April 1991 als "Kraftfahrer, Verkauf, Lager". Dieser handschriftliche Vertrag trägt das Datum 01. April 1991. Des Weiteren ist in den Verwaltungsakten der Beklagten enthalten eine so genannte "Arbeitsvertragsänderung Euro" über die Änderung des Arbeitsvertrages vom 01. April 1991, geschlossen zwischen der Ehefrau des Klägers und dem Kläger. Dieser ebenfalls handschriftliche Vertrag trägt das Datum 02. Januar 2001.
Am 27. Juni 2003 meldete sich der Kläger bei dem Arbeitsamt Belzig Geschäftsstelle des Arbeitsamtes Potsdam arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung der Drogerie M (ohne Datum) erhielt der Kläger in den Monaten Juli 2002 bis Juni 2003 ein gleich bleibendes monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 1 318,11 EUR, insgesamt 15 817,32 EUR, bei einer 40 Stunden Arbeitswoche. In die Lohnsteuerkarte des Klägers für das Jahr 2003 war die Lohnsteuerklasse III ohne Kinderfreibeträge eingetragen.
In einem von dem Kläger und seiner Ehefrau am 29. Juni 2003 unterschriebenen "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen (Ehegatten, Verlobte, Lebensgefährten, geschiedene Ehegatten, Verwandte, Verschwägerte, sonstige Familienangehörige)" gaben der Kläger und seine Ehefrau an, der Kläger sei als Kraftfahrer, Lagerarbeiter und Verkäufer tätig gewesen. Der Kläger sei an Weisungen des Betriebsinhabers gebunden gewesen; das Arbeitsentgelt sei auf ein privates Bank Girokonto des Klägers überwiesen und als Betriebsausgabe gebucht worden. Der Betrieb gehöre nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum des Klägers und seiner Ehefrau. Der Kläger habe dem Betrieb eine Bürgschaft in Höhe von 130 379,43 EUR zum Kauf des Betriebsgrundstücks eingeräumt. Wegen des Inhalts des genannten Feststellungsbogens im Einzelnen wird auf Bl. 6 bis 10 der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Mit Bescheid vom 11. August 2003 lehnte das Arbeitsamt Belzig Geschäftsstelle des Arbeitsamtes Potsdam - den Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld ab. Der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 27. Juni 2003 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Den hiergegen von dem Kläger am 18. August 2003 eingelegten Widerspruch, mit dem dieser darauf verwies, dass er für die Zeit von 1990 bis Juni 2003 lückenlos Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt habe, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 16. September 2003 als unbegründet zurück. Der Kläger habe als Mitinhaber der Firma mit Übernahme einer Bürgschaft die Firmengründung erst möglich gemacht. Weiterhin trete innerhalb der Firma nicht seine persönliche Arbeitsleistung in den Vordergrund, sondern vielmehr seine Einflussnahme über die Kapitalbeteiligung. Dies sei auch dann der Fall, wenn bestehende Einflussmöglichkeiten nicht wahrgenommen würden. Da der Kläger zudem gleichberechtigter Mitinhaber des Betriebsgrundstückes und gebäudes sei, stehe er als Mitunternehmer nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu der durch seine Frau vertretenen Firma.
Am 15. Oktober 2003 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben.
Das Sozialgericht Potsdam hat die Landesversicherungsanstalt Brandenburg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg) und die BARMER Ersatzkasse zum Verfahren beigeladen (Beiladungsbeschluss vom 18. April 2005).
Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen:
Er sei seit dem 01. April 1991 Angestellter und nicht Mitinhaber der Drogerie seiner Ehefrau gewesen. Aus der Auskunft aus dem Gewerberegister werde ersichtlich, dass seine Ehefrau Inhaberin der Drogerie sei und auch in der benannten Rahmenfrist gewesen sei. Er sei überwiegend als Verkäufer eingestellt gewesen und habe daneben Arbeiten als Kraftfahrer und im Lager verrichtet. Seine Tätigkeit sei weisungsgebunden erfolgt, d. h., er sei in die arbeitsorganisatorischen Abläufe des Betriebes eingebunden gewesen. Ihm seien die Arbeitszeit und der Arbeitsort vorgegeben gewesen. Die Arbeitszeiten hätten sich nach der Öffnungszeit des Geschäftes gerichtet und der Arbeitsort sei B gewesen. Des Weiteren sei auch die Art der Arbeitsausführung nicht durch ihn bestimmbar gewesen. Der Betrieb werde allein durch seine Ehefrau geführt. Für ihn habe kein Unternehmerrisiko bestanden. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei er aufgrund seiner Miteigentümerstellung an dem Grundstück, auf dem sich die Betriebsstätte befinde, nicht gleichzeitig Eigentümer des Gewerbebetriebes. Diese Feststellung widerspreche den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Auch durch die Übernahme der Bürgschaft hinsichtlich des Darlehens für die Mittelbrandenburgische Sparkasse sei kein Unternehmerrisiko für ihn entstanden. Der Betrieb sei im Jahre 1991 angemeldet worden. Der Darlehensvertrag sei im Nachhinein abgeschlossen worden und habe nicht der Firmengründung gedient. Durch die Übernahme der Bürgschaft sei er nicht Mitinhaber der Firma geworden. Er habe die Bürgschaft über 130 374,43 EUR auf Verlangen der Bank unterzeichnet.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
Der Bescheid vom 11. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 27. Juni 2003 ab dem 02. Juli 2003 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben keinen Antrag gestellt.
Die Beigeladene zu 2) hat schriftsätzlich ausgeführt, sie teile die klägerische Auffassung. Im Hinblick auf die gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Sozialverscherungsträger vom 11. November 2004 komme der Übernahme der Bürgschaft durch den Kläger nur Indizwirkung zu. Da die übrigen prüfungsrelevanten Kriterien für eine Beschäftigung sprächen, sei für die Zeit vom 15. März 1991 bis 30. Juni 2003 zu Recht Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung wahrgenommen worden.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben zum Beweisthema "Beschäftigungsverhältnis des Klägers in der Drogerie M, B" durch Vernehmung der Zeugin B M, der Ehefrau des Klägers. Wegen der Bekundungen der Zeugin M wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 22. Juni 2005 (Bl. 46, 47 der Gerichtsakten) verwiesen.
Mit Urteil vom 22. Juni 2005 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer in der maßgeblichen Rahmenfrist vom 02. Juli 2000 bis 01. Juli 2003 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er sei jedenfalls nicht in der Drogerie M als Arbeitnehmer tätig gewesen. Zum einen habe die Zeugin M bestätigt, dass der Kläger Miteigentümer des Betriebsgrundstückes sei und er auch eine Bürgschaft in Höhe von 130 379,43 EUR für sie übernommen habe. Der Kläger habe diesbezüglich selbst eingeräumt, dass ohne die Übernahme der Bürgschaft die Zeugin M das von ihr eröffnete Geschäft nicht habe führen können. Entgegen der Auffassung des Klägers sei dies bereits für sich genommen ein entscheidendes Indiz für das von ihm getragene Unternehmerrisiko. Zudem hätten die Ehegatten gleichberechtigt die Drogerie M geführt. Die Zeugin M sei zwar als gelernte Drogistin alleinige Konzessionsinhaberin. Allerdings habe sie vor dem erkennenden Gericht bestätigt, nicht im Besitz eines Führerscheins zu sein. Sie sei deshalb dringend auf einen Fahrer angewiesen gewesen. Deshalb habe der Kläger, als gelernter Maurer, die Stelle als Fahrer in der Drogerie übernommen. Beide hätten damit nach dem Eindruck der Kammer gegenseitige Nachteile (nämlich den Mangel an Branchenkenntnissen und den Mangel an einem Führerschein) wechselseitig ausgeglichen. Selbst wenn die Zeugin im Rahmen ihrer Aussage dargetan habe, dass der Kläger im Rahmen einer 40 Stunden Woche für die Drogerie gearbeitet und einen regelmäßigen Acht Stunden Tag absolviert haben solle, sei dies unglaubhaft. Dies gelte vor allem schon deshalb, weil die Zeugin M unglaubwürdig sei. Sie habe vor der erkennenden Kammer trotz Belehrung über ihre Wahrheitspflicht wahrheitswidrige Angaben, insbesondere im Hinblick auf den Abschluss des Arbeitsvertrages, gemacht. Gleiches gelte für die von ihr vorgenommene Arbeitsvertragsänderung vom 02. Januar 2001. Dass der Kläger auch im Rahmen seiner Entlassung im Übrigen Rücksicht auf die Belange des Unternehmens genommen habe, zeige sich nicht zuletzt auch darin, dass er sich gegen die außerordentliche Kündigung vom 09. Juni 2003 zum 30. Juni 2003 nicht zur Wehr gesetzt habe. Er habe nicht einmal wie dies für einen Arbeitnehmer üblich sei auf die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist bestanden, die bei einer über zwölf Jahre dauernden Betriebszugehörigkeit fünf Monate betragen habe. Der Kläger habe diesbezüglich eingeräumt, dass ihm diese Kündigungsfrist nicht bewusst gewesen sei. Auch dies sei für einen Arbeitnehmer atypisch. Aber auch die Zeugin M selbst habe nicht um die Dauer der gesetzlichen Kündigungsfrist gewusst. Auch hieran zeige sich, dass sie nach Auffassung der Kammer als Geschäftsfrau in ihren rechtlichen Kenntnissen erhebliche Defizite aufgewiesen habe und sie auch aus diesem Grunde auf die Mithilfe ihres Ehemannes bei der Führung des Geschäftes dringend angewiesen gewesen sei.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04. November 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. November 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Ausführungen des Sozialgerichts, er habe gleichberechtigt mit seiner Frau die Drogerie geführt, weil er die betrieblichen Fahrten durchgeführt habe und seine Frau als Inhaberin keine Fahrerlaubnis besitze, führe nicht zu einer Mitinhaberschaft. Es sei auch realitätsfremd, auf diesen Punkt abzustellen. In derartigen Fällen werde der Inhaber des Betriebes immer darauf zu achten haben, dass die Angestellten die erforderlichen Voraussetzungen vorweisen könnten. Völlig außer Acht gelassen habe das Sozialgericht im Übrigen die Tatsache, dass ein Arbeitsvertrag auch mündlich wirksam zustande komme. Eine schriftliche Fixierung sei nicht erforderlich. Zu Beginn seiner Tätigkeit im April 1991 habe er keinen schriftlichen Arbeitsvertrag mit seiner Ehefrau geschlossen. Die zu den Verwaltungsakten der Beklagten gereichten handschriftlichen Arbeitsverträge, datiert 01. April 1991 und 02. Januar 2001, seien nachträglich im Jahr 2003 nach Antragstellung beim Arbeitsamt verfasst worden. Sie gäben jedoch den tatsächlichen Zustand wieder. Bereits bei der Anmeldung im Arbeitsamt sei ihm gesagt worden, er müsse einen schriftlichen Arbeitsvertrag haben, woraufhin er und seine Ehefrau erst die schriftliche Niederlegung des Arbeitsvertrages vorgenommen hätten. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung der Bürgschaft müsse davon ausgegangen werden, dass er sich gerade die Möglichkeit eröffnet habe, im Falle seiner Inanspruchnahme durch die kreditgebende Bank die dann auf ihn übergegangenen Ansprüche in voller Höhe von der Betriebsinhaberin zurückzufordern. Er sei nicht Darlehensnehmer.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 02. Juli 2003 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Kundennummer ), der Verwaltungsakten der Beigeladenen zu 1) (VSNR ) und der den Kläger betreffenden Akten der Beigeladenen zu 2), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt.
Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das Sozialgericht Potsdam hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2003 ist zulässig und begründet. Der Kläger hat für die Zeit ab 02. Juli 2003 Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Nach § 117 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung haben Anspruch auf Arbeitslosengeld Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Der Kläger war seit Beendigung seiner Tätigkeit für die Drogerie M zumindest seit dem 02. Juli 2003 arbeitslos (§ 118 SGB III); er hat sich darüber hinaus anlässlich seiner persönlichen Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt Belzig am 27. Juni 2003 persönlich arbeitslos gemeldet (§ 122 SGB III) und sich der Arbeitsvermittlung ausweislich seiner Angaben im Antrag auf Arbeitslosengeld vom 27. Juni 2003 uneingeschränkt zur Verfügung gestellt (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 SGB III).
Der Kläger hat auch die gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 3 SGB III für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt. Nach § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung des 1. SGB III Änderungsgesetzes (1. SGB ÄndG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2970) hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach § 124 Abs. 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 124 Abs. 2 SGB III). Vorliegend reicht die dreijährige Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III in der im Jahr 2003 geltenden Fassung vom 01. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2003. In diesem gesamten Zeitraum hatte der Kläger in der Drogerie seiner Ehefrau in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Nach § 25 Abs. 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Zum Begriff der Beschäftigung ist für den Bereich der Arbeitsförderung die Definition des § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) maßgeblich (vgl. Fuchs in Gagel, SGB III -Arbeitsförderung, § 25 Rz. 3; Wagner in GK SGB III, § 25 Rz. 10). Nach § 7 SGB IV ist "Beschäftigung" die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann zwar, insbesondere bei Diensten höherer Art, erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung bleiben. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (vgl. BSG in SozR 3-2400 § 7 Nr. 18 S. 66 m. w. N. auf BSG SozR 3 2940 § 3 Nr. 1 S. 4).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob die Tätigkeit in einem Unternehmen eines Ehegatten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt oder nicht. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Ehegatten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung aufgrund eines Gesellschaftsverhältnisses oder einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist nicht immer leicht zu ziehen und kann nur nach Lage der jeweiligen Umstände entschieden werden. Hierbei sind insbesondere die Eingliederung des Ehegatten in den Betrieb, die vertragliche Regelung auch der Höhe der Geld- und Sachbezüge und ihr Verhältnis zu Umfang und Art der im Betrieb verrichteten Tätigkeit sowie zu der Bezahlung vergleichbarer fremder Arbeitskräfte und die steuerliche Behandlung wesentlich (BSG SozR 3 4100 § 168 Nr. 11 m. w. N.; BSG SozR 3 2500 § 5 Nr. 17).
Für die Abgrenzung von Ehegattenbeschäftigungsverhältnissen zur familienhaften Mithilfe kann im Übrigen auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Auch hiernach hängt die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und familienhafter Mithilfe von den gesamten Umständen des Einzelfalls ab. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis setzt neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und ein gegebenenfalls abgeschwächtes Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert der Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Weitere Abgrenzungskriterien sind nach dieser Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht, dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt (vgl. BSG SozR 3 2500 § 5 Nr. 17).
Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Kläger in der Drogerie seiner Ehefrau während der gesamten Rahmenfrist vom 01. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2003 und auch in der Zeit davor versicherungspflichtig beschäftigt im Sinne des § 25 Abs. 1 SGB III. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass die Ehefrau des Klägers alleinige Betriebsinhaberin der Drogerie war. Der Betrieb war demzufolge auch ausweislich der Gewerbeauskunft vom 30. Oktober 2003 seit dem Februar 1991 allein auf die Ehefrau des Klägers angemeldet; zu diesem Zeitpunkt war der Kläger bei seiner Ehefrau auch noch nicht beschäftigt gewesen. Darüber hinaus spricht die Höhe des dem Kläger zuletzt 2003 gezahlten Entgelts in Höhe von 1 318,11 EUR brutto monatlich für eine abhängige Beschäftigung des Kläger während der gesamten Rahmenfrist vom 01. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2003. Das gezahlte Entgelt stellte einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit dar und ging über ein bloßes Taschengeld oder eine Anerkennung von Gefälligkeiten hinaus. Die Ehefrau des Klägers hat schließlich insoweit glaubhaft vor dem Sozialgericht bekundet, dass sie allein die Entscheidungen für das Unternehmen getroffen hat, was auch insoweit nachvollziehbar ist, als die Ehefrau des Klägers als gelernte Drogistin allein über die entsprechenden Branchenkenntnisse verfügte. Die Ehefrau des Klägers hatte demzufolge auch für die gesamte Zeit der Rahmenfrist von Juli 2000 bis Juli 2003 und auch für die Zeit davor ihr Weisungsrecht in Bezug auf den Kläger ausgeübt. Die vom Sozialgericht gegebene Begründung, die Ehegatten hätten die Drogerie gleichberechtigt geführt, weil sie wechselseitig gegenseitige Nachteile (den Mangel an Branchenkenntnissen und den Mangel an einem Führerschein) ausgeglichen hätten, ist für die Beurteilung, ob vorliegend ein Versicherungspflichtverhältnis vorliegt, ohne Bedeutung.
Ohne Bedeutung ist auch, dass zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau zunächst kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden war. Der Arbeitsvertrag unterliegt in der Regel keinen Formvorschriften, kann also mündlich, schriftlich oder auch durch stillschweigende Vereinbarung abgeschlossen werden. Nach der Richtlinie 91/ 533/ EWG des Rates der EG vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (so genannte Nachweisrichtlinie) hat der Arbeitnehmer zwar Anspruch darauf, dass der Vertrag schriftlich niedergelegt wird. Diese Richtlinie ist auch durch Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz - NachwG) vom 20. 7. 1995 (BGBl. I 946) in das nationale Recht umgesetzt worden. Hiernach hat ein Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages ist jedoch von dieser Dokumentation im Sinne des Nachweisgesetzes unabhängig; allein schon deshalb, da gelebte arbeitsrechtliche Verhältnisse nicht rückabwickelbar sind, und daher nichtige Arbeitsverträge für Zeiten in der Vergangenheit immer als faktische Arbeitsverhältnisse behandelt werden. Für den Arbeitgeber können lediglich Beweisnachteile erwachsen, wenn es zum Streit um die Arbeitsbedingungen kommt (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Auflage 2005, § 32 Rz. 39 f. m.w.N.). Unter Berücksichtigung dessen ist es für den Senat nicht nachvollziehbar, wodurch sich die Zeugin M - wie vom Sozialgericht in dessen Schreiben an die Staatsanwaltschaft Potsdam vom 4. November 2005 dargelegt - strafbar gemacht haben soll.
Nicht zu folgen ist außerdem der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts, der Kläger sei durch das Miteigentum am Betriebsgrundstück und gebäude Mitunternehmer am Betrieb seiner Ehefrau. Diese Auffassung der Beklagten widerspricht den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere denen der §§ 93 ff. BGB und des § 926 BGB. Nach § 93 BGB sind wesentliche Bestandteile einer Sache solche, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile). Nach § 94 Abs. 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit Aussäen, eine Pflanze mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Nach § 94 Abs. 2 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen. Nach § 95 Abs. 1 BGB gehören zu den Bestandteilen eines Grundstücks solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werke, das in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.
Die genannten Vorschriften des BGB besagen eindeutig, dass zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks nur die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen, gehören. Ein Gewerbebetrieb, wie er vorliegend von der Ehefrau des Klägers ausgeübt wird, kann nach diesen Regelungen des BGB nicht wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks sein und somit auch nicht aufgrund des hälftigen Grundstückseigentumsanteils des Klägers in dessen Miteigentum stehen.
Gleiches gilt nach der Regelung des § 926 BGB betreffend das Grundstückszubehör. Nach Abs. 1 der Vorschrift erlangt, wenn sich der Veräußerer und der Erwerber darüber einig sind, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör des Grundstücks erstrecken soll, der Erwerber mit dem Eigentum an dem Grundstück auch das Eigentum an den zur Zeit des Erwerbes vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer gehören. Im Zweifel ist nach § 926 Abs. 1 Satz 2 BGB anzunehmen, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken soll. Nach § 97 Abs. 1 BGB sind Zubehör bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Hiernach sind Zubehör rechtlich selbständig bewegliche Sachen.
Abgesehen davon, dass ein Gewerbebetrieb keine Sache ist und damit kein Zubehör eines Grundstücks sein kann dies können allenfalls die dem Gewerbebetrieb dienenden Einrichtungsgegenstände des Betriebes oder auch etwa (Bau )Material des Betriebes etc. sein , liegt schon ein entsprechender Übertragungsvertrag zwischen dem Kläger und dessen Ehefrau nicht vor, mit dem hälftigen Grundstücksanteil gleichzeitig etwa auch den Gewerbebetrieb der Ehefrau des Klägers zur Hälfte auf diesen zu übertragen.
Auch die erhebliche Bürgschaft des Klägers zu Gunsten des Betriebes seiner Ehefrau führt nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Insoweit ist nämlich der Vortrag des Klägers, die Bank habe seinerzeit einen solchen Schuldeintritt verlangt, glaubhaft und nachvollziehbar.
Der Beklagten mag zuzugeben sein, dass in der Übernahme einer Bürgschaft ein Indiz zur Begründung einer Mitunternehmereigenschaft gesehen werden kann. Sie irrt aber in der Annahme, dass es sich dabei um ein wesentliches Indiz handelt. Die Übernahme einer Bürgschaft muss nämlich– gerade unter Eheleuten – immer im konkreten Zusammenhang zu einzelnen Umständen gesehen werden. Dabei war hier zu beachten, dass typischerweise unter Eheleuten die Übernahme einer Bürgschaft lediglich den Kreditanforderungen der Banken genügen soll und gerade nicht einem –zur Begründung einer Mitunternehmerschaft insoweit unbedingt erforderlichen – Abschluss eines Gesellschaftsvertrages. Angesichts der zuvor genannten Gesamtumstände tritt die von der Beklagten behauptete Indizwirkung der übernommenen Bürgschaft nicht nur in den Hintergrund, sie tritt gar nicht erst ein.
Aufgrund der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers in der Zeit vom 01. April 1991 bis 30. Juni 2003, dem Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, hatte er somit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 02. Juli 2003 von insgesamt 32 Monaten (§ 127 Abs. 2 SGB III in der im Jahr 2003 geltenden Fassung, Versicherungspflichtverhältnis mit einer Dauer von insgesamt 64 Monaten nach Vollendung des 57. Lebensjahres) erworben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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