L 24 KR 1217/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 10 KR 200/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 1217/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 25. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 1.982,41 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung von 1.982,41 Euro für die deren Versicherten im Zeitraum vom 24. April bis 22. Mai 2002 gewährte stationäre Behandlung in einer Kureinrichtung.

Der Sohn der bei der Beklagten als Mitglied versicherten im November 1934 geborenen HR(Versicherte) bezieht vom Kläger infolge eines Impfschadens seit Januar 1991 Versorgung u. a. in Form einer Beschädigtengrundrente und einer Pflegezulage. Im Hinblick auf die unentgeltliche Pflege ihres Sohnes hatte der Kläger der Versicherten bereits vom 04. Januar bis 01. Februar 1996 und vom 10. März bis 07. April 1999 eine Badekur gewährt.

Auf den im November 2001 gestellten Antrag bewilligte der Kläger nach Einholung des Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin und Praktischen Arztes Wder Versicherten mit Bescheid vom 04. Februar 2002 eine weitere Badekur, die vom 24. April bis 22. Mai 2002 durchgeführt wurde.

Nachdem die Kurklinik Wden Kurbericht vom 10. Juni 2002 und die Rechnung vom 01. Juli 2002 über einen Gesamtbetrag von 1.982,41 Euro, der sich aus 1.391,60 Euro für Unterkunft und Verpflegung, 524,88 Euro für verabreichte Kurmittel, 21,70 Euro für diagnostische Leistungen, 8,70 Euro für Laborleistungen und 35,53 Euro für eine Arztpauschale zusammensetzte, übermittelt hatte, forderte der Kläger von der Beklagten mit Schreiben vom 16. Juli 2002 Erstattung. Die Pflege ihres Sohnes stelle für die Versicherte eine höchste körperliche wie auch psychische Belastung dar, so dass eine Herauslösung aus dem belasteten Pflegealltag indiziert gewesen sei. Ambulante Behandlungen seien daher nicht ausreichend gewesen.

Die Beklagte holte die Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) des Arztes V vom 26. Juli 2002 ein und wies mit Schreiben vom 21. Oktober 2002 die Forderung nach Kostenerstattung zurück. Die ambulanten Therapiemöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft gewesen. Es seien keine Erkrankungen ersichtlich, die nicht im Rahmen einer vertragsärztlichen Krankenbehandlung hätten therapiert werden können. Im Übrigen sei die Badekur zur Erhaltung der Pflegefähigkeit gewährt worden.

Der Kläger hat am 03. Dezember 2003 beim Sozialgericht Cottbus Klage auf Zahlung von 1.982,41 Euro erhoben und vorgetragen:

Die Versicherte leide an Schulterschmerzen, Varikosis der Beine und Migräneattacken mit Erbrechen. Unter Berücksichtigung der Art und des Ausmaßes dieser Erkrankungen sowie im Hinblick auf ihr Alter habe nur eine stationäre Kurmaßnahme als effektiv angesehen werden können. Das vertebragene Schmerzsyndrom und die multiplen Gelenkbeschwerden seien nicht allein auf die Pflege, sondern auch auf das fortgeschrittene Alter zurückzuführen. Badekuren nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und stationäre Maßnahmen nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes (SGB V) verfolgten teilweise übereinstimmende Zwecke. Die Kosten für die Behandlung von Nichtschädigungsfolgen habe die Beklagte zu tragen. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die von einem anderen Rehabilitationsträger festgestellte Notwendigkeit einer Rehabilitationsmaßnahme in vollem Umfang zu überprüfen. Die Prüfung habe sich vielmehr auf die Vertretbarkeit zu beschränken. Substantiierte Zweifel an der Notwendigkeit der Kur seien nicht vorgetragen worden. Die Kur sei auch nicht vorzeitig, sondern erst nach Ablauf von drei Jahren durchgeführt worden.

Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, dass die bei der Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen keinen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf Vorsorge- bzw. Rehabilitationsleistungen auch nicht im Sinne eines pflichtgemäßen Ermessens begründet hätten. Nach dem beigefügten Gutachten des MDK des Arztes V vom 24. September 2004 sei eine ambulante Therapie am Wohnort ausreichend gewesen. Es komme hinzu, dass Leistungen der stationären Rehabilitation nur im Abstand von vier Jahren zur Verfügung gestellt werden könnten. Bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens seien alle Versicherten gleich zu behandeln, so dass eine Kostenaufteilung nach den Kriterien "Schädigungsfolgen" und "Nichtschädigungsfolgen" nicht in Betracht komme.

Mit Urteil vom 25. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen: Ein Erstattungsanspruch aus § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG stehe nicht zu, denn die Beklagte könne sich darauf berufen, dass die Voraussetzungen für eine vorzeitige stationäre Rehabilitationsmaßnahme im krankenversicherungsrechtlichen Sinne gemäß § 23 Abs. 5 bzw. § 40 Abs. 2 SGB V nicht erfüllt seien. So habe zum einen die Versorgungsärztin Dr. Fin ihrer Stellungnahme vom 14. August 2002 bestätigt, dass eine vorzeitige Kurwiederholung nicht begründbar sei. Zum anderen belegten die Stellungnahmen des MDK, dass einer vorzeitigen stationären Rehabilitationsmaßnahme mögliche ambulante Behandlungen am Wohnort entgegengestanden hätten. Ob eine vorzeitige stationäre Rehabilitationsmaßnahme vorliege, richte sich nach der für die Beklagte maßgebende Vierjahresfrist.

Gegen das ihm am 30. November 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Dezember 2005 eingelegte Berufung des Klägers.

Der Kläger ist der Auffassung, dass nach pflichtgemäßem Ermessen eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nach § 40 Abs. 2 SGB V zu bewilligen gewesen wäre. Bei der Berechnung der Vierjahresfrist sei die 1999 absolvierte Badekur nicht zu berücksichtigen, da die Beklagte dafür keine Kosten getragen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 25. Oktober 2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.982,41 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. Bvom 09. Oktober 2006.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe ihm jedenfalls die Kosten zu erstatten, die durch die ambulante Behandlung der vorliegenden Gesundheitsstörungen entstanden wären.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 91 bis 98 der Gerichtsakten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Klägers () und der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 1.982,41 Euro, denn die Voraussetzungen für eine stationäre Rehabilitation nach § 40 Abs. 2 SGB V oder eine stationäre Vorsorgeleistung nach § 23 Abs. 4 SGB V liegen nicht vor.

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Zahlungsanspruch kommt § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Betracht.

§ 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG lautet: Erbringt ein anderer öffentlich-rechtlicher Leistungsträger eine Sachleistung, eine Zuschuss- oder sonstige Geldleistung oder eine mit einer Zuschussleistung für den gleichen Leistungszweck verbundene Sachleistung nicht, weil bereits aufgrund dieses Gesetzes eine Sachleistung gewährt wird, ist er erstattungspflichtig, soweit er sonst Leistungen gewährt hätte. Diese Vorschrift steht als Anspruchsgrundlage gleichberechtigt neben den allgemeinen Erstattungsansprüchen der §§ 102 ff. SGB X. Für die Erstattung gelten nach § 21 Satz 1 BVG die §§ 107 bis 114 SGB X. Der Erstattungsanspruch setzt voraus, dass die beteiligten Leistungsträger derselben Person gegenüber zur Erbringung zeitlich und sachlich kongruenter Leistungen verpflichtet sind (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts - BSG vom 30. Mai 2006 - B 1 KR 18/05 R Rdnr. 15 und B 1 KR 17/05 R).

Der Sohn der Versicherten hat wegen eines Impfschadens eine gesundheitliche Schädigung erlitten, weswegen ihm nach § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG gewährt wird. Es handelt sich hierbei nach dem Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 30. Juni 1994 u. a. um Beschädigtengrundrente nach § 30 Abs. 1 BVG und um Pflegezulage der Stufe III nach § 35 Abs. 1 BVG.

Zu den Leistungen des BVG, die nicht für den Beschädigten, sondern für andere Berechtigte bzw. Leistungsempfänger erbracht werden, gehört die Krankenbehandlung. Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe b BVG wird Krankenbehandlung dem Empfänger einer Pflegezulage für Personen, die seine unentgeltliche Wartung und Pflege nicht nur vorübergehend übernommen haben, gewährt, um Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu bessern, eine Zunahme des Leidens zu verhüten, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, körperliche Beschwerden zu beheben oder die Folgen der Behinderung zu erleichtern. Nach § 12 Abs. 1 BVG gilt für die Krankenbehandlung § 11 Abs. 1 BVG mit Ausnahme von Satz 1 Nr. 4 BVG entsprechend. Die Krankenbehandlung umfasst danach auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen; für diese Leistungen gelten die Vorschriften für die entsprechenden Leistungen der Krankenkasse (§ 18 c Abs. 2 Satz 1 BVG).

Daneben kann im Rahmen der Krankenbehandlung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BVG Ehegatten oder Lebenspartnern und Eltern von Pflegezulageempfängern sowie Personen, die die unentgeltliche Wartung und Pflege eines Pflegezulagenempfängers übernommen haben, eine Badekur gewährt werden, wenn sie den Beschädigten mindestens seit zwei Jahren dauernd pflegen und die Badekur zur Erhaltung ihrer Fähigkeit, den Beschädigten zu pflegen, erforderlich ist. Dabei gilt u. a. § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 BVG entsprechend (§ 12 Abs. 3 Satz 4 BVG). Letztgenannte Vorschriften lauten: Die Leistung wird abweichend von § 10 Abs. 7 Buchstabe d nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Krankenkasse zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist. Eine Badekur soll nicht vor Ablauf von drei Jahren nach Durchführung einer solchen Maßnahme oder einer Kurmaßnahme, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, gewährt werden, es sei denn, dass eine vorzeitige Gewährung aus dringenden gesundheitlichen Gründen erforderlich ist.

Nach § 10 Abs. 7 Satz 1 Buchstabe d BVG ist der Anspruch auf Krankenbehandlung ausgeschlossen, wenn ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist. Entsprechende Leistungen sind Leistungen, die nach ihrer Zweckbestimmung und der Art der Leistungserbringung übereinstimmen. Sachleistungen anderer Träger, die dem gleichen Zweck dienen wie Kostenübernahmen, Geldleistungen oder Zuschüsse nach diesem Gesetz, gelten im Verhältnis zu diesen Leistungen als entsprechende Leistungen (§ 10 Abs. 7 Sätze 2 und 3 BVG). Der Anspruch auf Krankenbehandlung, den ein Berechtigter für sich hat, wird (allerdings) nicht dadurch ausgeschlossen, dass er nach § 10 SGB V (so genannte Familienversicherung) versichert ist.

Mit der Anordnung der entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 BVG wird klargestellt, dass Badekuren selbst bei einer entsprechenden Leistungsverpflichtung der Krankenkasse - und damit im Unterschied zu allen anderen im Rahmen der Krankenbehandlung nach § 12 Abs. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 und Nrn. 5 bis 11 BVG möglichen Leistungen, also insbesondere ambulante ärztliche Behandlung und Versorgung mit Heilmitteln - nicht ausgeschlossen sind. Als lediglich klarstellend erweist sich diese Regelung insoweit, als der Krankenkasse Ermessen hinsichtlich des "Ob" der Leistungsgewährung im Rahmen des § 40 Abs. 2 SGB V und des § 23 Abs. 4 SGB V eingeräumt wird (zum Meinungsstand zu § 40 SGB V vgl. BSG, Urteile vom 30. Mai 2006 a.a.O., Rdnr. 34). Die Berechtigung zur Erbringung von Badekuren nach § 12 Abs. 3 BVG durch die Versorgungsverwaltung ist zudem in § 18 c Abs. 1 Satz 1 BVG niedergelegt. Diese Konkurrenz der Ansprüche auf eine Badekur einerseits und auf eine stationäre medizinische Rehabilitation bzw. stationäre medizinische Vorsorgeleistung andererseits schafft mithin überhaupt erst die Voraussetzung eines möglichen Erstattungsanspruches nach § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG.

Eine Erstattungspflicht besteht allerdings bereits dem Grunde nach nicht, wenn die zu behandelnde Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt ist oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden ist oder wenn Leistungen für Berechtigte erbracht wurden, die nach § 10 SGB V (so genannte Familienversicherung) versichert sind (insoweit anknüpfend an § 10 Abs. 7 Satz 4 BVG). Die anerkannte Schädigungsfolge und deren Folgen sind gerade Grund der originären und ausschließlichen Leistungszuständigkeit der Versorgungsverwaltung. Soweit andere Personen als der Beschädigte eigene Ansprüche oder abgeleitete Ansprüche nach dem BVG haben, gehen diese nach der Konzeption des BVG einer Familienversicherung vor (bzgl. der Familienversicherung so auch Wilke/Wunderlich, Soziales Entschädigungsrecht - Handkommentar, 7. Auflage 1992 § 18 c Rdnr. 24, a. A. Rohr/Sträßer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, 81. Lieferung - März 2006, § 18 c Ziffer 4 - K 7). Die Maßnahmen zur Behandlung dieser Leiden werden zum einen durch die Versorgungsverwaltung (§ 18 c Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 BVG) und zum anderen durch die Krankenkassen für die Versorgungsverwaltung (§ 18 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BVG) erbracht. Soweit die Krankenkassen solche Leistungen erbracht haben, sind ihnen die Aufwendungen zu erstatten (§ 19 Satz 1 BVG). Dies betrifft insbesondere die Aufwendungen für so genannte Familienversicherte, die wegen dieser Stellung nicht Mitglied (§§ 186 bis 193 SGB V) einer Krankenkasse sind. Demgegenüber stellt § 19 Satz 2 BVG klar, dass Aufwendungen für die Mitglieder nur erstattet werden, soweit diese Aufwendungen durch Behandlung anerkannter Schädigungsfolgen entstanden sind. Diese Erstattungsansprüche der Krankenkassen werden nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BVG pauschal abgegolten.

Die bei der Versicherten behandelten Gesundheitsstörungen sind keine Folgen einer anerkannten Schädigungsfolge (vgl. dazu BSG, Urteil vom 08. Dezember 1982 - 9 a RV 18/82, abgedruckt in SozR 3100 § 1 Nr. 29 = BSGE 54, 206), denn bei der Versicherten selbst liegen Schädigungsfolgen nicht vor. Die Versicherte ist auch nicht lediglich Familienversicherte, sondern selbst Mitglied der Beklagten. Damit ist eine Erstattungspflicht nicht wegen § 18 c Abs. 5 Satz 3 BVG ausgeschlossen.

Ein solcher Ausschluss besteht auch nicht deswegen, weil eine stationäre Rehabilitation nach § 40 Abs. 2 SGB V oder eine stationäre Vorsorgeleistung nach § 23 Abs. 4 SGB V möglicherweise eine Ermessensleistung darstellt. Nach § 18 c Abs. 5 Satz 1 BVG dürfen auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen öffentlich-rechtlicher Leistungsträger, auf die jedoch kein Anspruch besteht, nicht deshalb versagt oder gekürzt werden, weil nach den §§ 10 bis 24 a BVG Leistungen für denselben Zweck vorgesehen sind.

Die sachliche Kongruenz ist in Bezug auf Badekuren einerseits und stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahmen bzw. stationäre medizinische Vorsorgeleistungen andererseits gegeben.

Reicht bei einem Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen erbringen (§ 40 Abs. 1 SGB V).

Nach § 40 Abs. 2 SGB V gilt: Reicht diese Leistung nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht.

Versicherte haben daneben insbesondere zur Beseitigung einer Schwäche der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, und zur Verhütung von Krankheiten Anspruch u. a. auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Heilmitteln (§ 23 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 SGB V). Reichen diese Leistungen nicht aus, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten erbringen (§ 23 Abs. 2 Satz 1 SGB V).

Nach § 23 Abs. 4 SGB V gilt: Reichen bei Versicherten die Leistungen nach § 23 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V nicht aus, kann die Krankenkasse Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Vorsorgeeinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht.

Badekuren einerseits und stationäre medizinische Rehabilitation bzw. stationäre medizinische Vorsorgeleistung andererseits verfolgen jedenfalls auch überschneidende Zwecke, nämlich das Ziel der Erhaltung und Besserung des Gesamtgesundheitszustandes. Der engere Zweck einer Badekur besteht zwar vornehmlich darin, die Pflegefähigkeit zu erhalten. Die Überschneidung mit den genannten Leistungen der Krankenversicherung liegt in der Vorbeugung einer in absehbarer Zeit zu erwartenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Dieses weitere Ziel einer Badekur ist bezogen auf Beschädigte in § 11 Abs. 2 Satz 1 BVG und in Bezug auf sonstige Berechtigte bzw. Leistungsempfänger als weitere Voraussetzung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BVG in § 10 Abs. 4 Satz 1 BVG festgelegt. Dasselbe Ziel findet sich in § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V als weitere Voraussetzung einer stationären medizinischen Rehabilitation und in § 23 Abs. 1 Nr. 3 SGB V. Die Badekur auf der einen Seite und die stationäre medizinische Rehabilitation bzw. die stationäre medizinische Vorsorgeleistung auf der anderen Seite verfolgen mithin die gleichen Leistungszwecke (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 1999 - B 1 KR 17/98 R; abgedruckt in SozR 3-3100 § 18 c Nr. 3), so dass es sich um kongruente Leistungen handelt (BSG, Urteile vom 30. Mai 2006, a.a.O., Rdnr. 22).

Es kann dahinstehen, ob der Kläger insbesondere auf der Grundlage des Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin und Praktischen Arztes Wdie Badekur zu Recht bewilligte, ob sie also vornehmlich zur Erhaltung der Fähigkeit der Versicherten, ihren Sohn zu pflegen, erforderlich war. Nach diesem Gutachten bestanden eine Varikosis, eine Migräne und ein Lendenwirbelsäulensyndrom. Als Befunde wurden ein Gewicht von 87 kg bei einer Körpergröße von 170 cm, ein Klopfschmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule und die Varikosis erhoben. Der Sachverständige Dr. B hat diesem Gutachten weder wesentliche Befunde, noch irgendwelche funktionelle Einschränkungen insbesondere im Bereich der Wirbelsäule und der oberen und unteren Gliedmaßen entnehmen können und zusammenfassend festgestellt, dass relevante gesundheitliche Beeinträchtigungen danach nicht bestanden.

Der Kurbericht der Kurklinik W vom 10. Juni 2002 weist zwar demgegenüber weitere Befunde aus. Diese sind jedoch gleichfalls eher gerinfügig. Danach bestanden eine Periarthritis humero scapularis beidseits - besonders rechts, Gonarthrosen (1992) und eine Varikosis der Unterschenkel (1980). Als wesentliche Befunde sind mitgeteilt: Gewicht 85 kg, ausgeprägte Varikosis beidseits, Narben nach Stripping im rechten Unterschenkel, geringe perimalleoläre Ödeme beidseits, ein geringer Bewegungsschmerz der Halswirbelsäule, ein geringer Bewegungsschmerz der Schultergelenke, besonders rechts bei dort endgradig eingeschränkter Beweglichkeit, Partellareiben und leichter Bewegungsschmerz im Bereich der Kniegelenke, Spreizfuß beidseits und leichter Hallux valgus. Bei Entlassung bestand nach diesem Kurbericht eine Abnahme der Schulter-, Lendenwirbelsäulenschmerzen sowie der Kniegelenksschmerzen. Nach intensiver Belastung der Kniegelenke war es links zu einem leichten Reizerguss gekommen, der sich nach symptomatischer Behandlung besserte. Ein Bewegungsschmerz der Kniegelenke lag nicht mehr vor. Es wird außerdem ein Aufnahmegewicht von 90,5 kg und ein Entlassungsgewicht von 88,4 kg angegeben.

Der Sachverständige Dr. B hat auch diese Befunde als nicht bedeutsam erachtet.

Nach seiner Einschätzung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen bestanden bei der Versicherten eine Übergewichtigkeit, ein Krampfaderleiden und Lenden-wirbelsäulenbeschwerden, die nicht mit schwerwiegenden funktionellen Beeinträchtigungen verbunden waren. Dies ist für den Senat unter Berücksichtigung der genannten Befunde nachvollziehbar.

Angesichts dessen bleiben erhebliche Zweifel, ob die Badekur zur Erhaltung der Fähigkeit der Versicherten, den Beschädigten zu pflegen, erforderlich war, wie dies die Versorgungsärztin Dr. Fam 15. Januar 2002, ohne weitere nähere Begründung, annahm. Dies kann jedoch auf sich beruhen. Allerdings hat das BSG mit den Urteilen vom 30. Mai 2006, Rdnrn. 29 bis 33 klargestellt, dass sich die Prüfung der Voraussetzungen für die Ansprüche der Berechtigten (und Versicherten) gegen die Versorgungsverwaltung nicht auf eine bloße Evidenzkontrolle beschränkt. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Sozialleistungen, deretwegen Erstattung begehrt wird, sind grundsätzlich voll überprüfbar. Die zu den Erstattungsansprüchen nach §§ 102 ff. SGB X ergangene Rechtsprechung des BSG zur nur beschränkten Befugnis des auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträgers eigenständig die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs zu prüfen, wegen dessen Erstattung begehrt wird, kann danach nicht erweiternd auf § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG übertragen werden. Dies bedeutet, dass die Krankenkasse als Beklagte nur eine objektiv rechtmäßige Leistungsentscheidung der Versorgungsverwaltung, also des Klägers, hinzunehmen hat.

Eine Erstattungspflicht nach § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG richtet sich darüber hinaus inhaltlich danach, ob auch die für den verpflichteten Leistungsträger geltenden Vorschriften erfüllt waren (BSG, Urteile vom 30. Mai 2006, Rdnrn. 35, 24 und 26). Allerdings scheitert ein Erstattungsanspruch regelmäßig nicht daran, dass - bei einer Leistung nach Ermessen - der in Anspruch genommene Leistungsträger (hier also die Krankenkasse als Beklagte) naturgemäß dieses Ermessen nicht ausüben konnte, weil sie vom Versicherten zuvor nicht angegangen worden war, und der Erstattung begehrende Leistungsträger (hier also die Versorgungsverwaltung als Kläger) bei Erbringung seiner Leistung ein Ermessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendigerweise nicht im Blick hatte (BSG, Urteile vom 30. Mai 2006, Rdnr. 34).

Dies folgt aus den allgemeinen Grundsätzen der §§ 102 ff. SGB X. Zum einen soll der erstattungsberechtigte Leistungsträger im Wege des Erstattungsanspruches nicht mehr erhalten können, als er selbst dem Sozialleistungsempfänger an Leistungen erbracht hat. Zum anderen soll der erstattungspflichtige Leistungsträger aber auch nicht mehr erstatten müssen, als er nach dem für ihn maßgebenden Recht zu leisten gehabt hätte (vgl. abgesehen von der Sonderregelung des § 102 Abs. 2 SGB X so § 103 Abs. 2, § 104 Abs. 3, § 105 Abs. 2 und § 106 Abs. 3 SGB X). Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist damit begrenzt durch das, was der erstattungspflichtige Leistungsträger jeweils selbst hätte erbringen müssen (vgl. BSG, Urteile vom 30. Mai 2006, Rdnr. 45). Letztgenannter Grundsatz betrifft nicht lediglich die Höhe, sondern erst recht den Grund des Erstattungsanspruchs. Der Erstattungsanspruch kann nicht weitergehen als der Anspruch des Berechtigten (Versicherten) gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger.

Angesichts dessen scheitert der Erstattungsanspruch nach § 18 c Abs. 5 Satz 2 BVG daran, dass die Beklagte der Versicherten weder eine stationäre medizinische Rehabilitation noch eine medizinische stationäre Vorsorgeleistung schuldete.

Die Vorschriften des § 40 Abs. 1 und Abs. 2 bzw. 23 Abs. 1, 2 und 4 SGB V machen ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen der Krankenbehandlung bzw. der Verhütung von Krankheiten deutlich, das bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V folgt, wonach die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Daraus ergibt sich, dass eine stationäre medizinische Rehabilitation bzw. eine stationäre medizinische Vorsorgeleistung jeweils mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitations- bzw. Vorsorgeeinrichtung nur dann in Betracht kommt, wenn insbesondere eine ambulante Krankenbehandlung bzw. eine ambulante Vorsorgeleistung nicht ausreichend ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, dürfen die genannten stationären Maßnahmen allerdings gleichwohl nicht bewilligt werden, wenn diese keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bieten, dass das Rehabilitationsziel erreicht werden kann. Ist dieses Ziel im konkreten Einzelfall nicht zu erreichen, ist die in Frage kommende Behandlungsmaßnahme unwirtschaftlich und darf deshalb nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht bewirkt werden.

Der Sachverständige Dr. B hat ausgeführt, dass eine stationäre Behandlung zur Heilung oder zum Behinderungsausgleich, zur Beseitigung einer Pflegebedürftigkeit oder zur Minderung oder Linderung von Beschwerden oder Behinderungsfolgen bzw. einer Pflegebedürftigkeit mangels einer ersichtlichen drohenden Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Versicherten nicht notwendig war. Eine Besserung der im Kurbericht der Kurklinik W vom 10. Juni 2002 erhobenen Befunde wäre nach seiner Beurteilung durch ambulante Behandlungsmaßnahmen möglich gewesen. Dies gilt insbesondere deswegen, weil zum damaligen Zeitpunkt noch keine durchgreifende ambulante Therapie vorausgegangen war. Dies ist für den Senat nachvollziehbar. Bereits die Stellungnahme des MDK des Arztes V vom 24. September 2004 weist auf eine noch ausreichende ambulante Therapie hin. Auch die Mitteilung der Versorgungsärztin Dr. Fvom 14. August 2002 geht in diese Richtung, wenn dort ausgeführt ist, dass eine vorfristige Kurwiederholung nicht begründbar ist und daher keine Aussicht auf Erfolg für die weitere Betreibung des Erstattungsbegehrens besteht. Der Kläger ist, wie sein Vergleichsangebot zeigt, zwischenzeitlich keiner anderen Ansicht mehr.

Kommen stationäre Maßnahmen nicht in Betracht, können solche aus dringenden medizinischen Gründen auch nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, erforderlich sein (§ 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V, § 23 Abs. 5 Satz 4 SGB V). Mangels dringender medizinischer Gründe wären solche stationären Maßnahmen daher auch lediglich im Umfang für längstens drei Wochen zu erbringen gewesen (§ 40 Abs. 3 Satz 2 SGB V, § 23 Abs. 5 Satz 2 SGB V). Aus dem o. g. Grund wären sowohl die Vorzeitigkeit der stationären Maßnahmen als auch die Dauer dieser Maßnahmen für die Beurteilung des geltend gemachten Erstattungsanspruches auf Seiten des erstattungspflichtigen Leistungsträgers nach dessen Recht zu beurteilen gewesen.

Nach alledem kann der Kläger von der Beklagten keine Zahlung von 1.982,41 Euro für die vom 24. April bis 22. Mai 2002 gewährte stationäre Behandlung in einer Kureinrichtung verlangen.

Der Kläger hat gleichfalls keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte die - nicht näher bezifferten - Kosten erstattet, die durch die ambulante Behandlung der vorliegenden Gesundheitsstörungen entstanden wären.

Soweit der Kläger die Badekur an die Versicherte nach Maßgabe der o. g. Vorschriften des BVG (rechtmäßig) erbracht hat und ein anderer Leistungsträger nicht vorrangig verpflichtet ist, bleibt er wegen seiner ausschließlichen Leistungszuständigkeit endgültig kostenbelastet. Sollte die Badekur hingegen entgegen den Vorschriften des BVG gewährt worden sein, könnte ihm dies die Beklagte nach der Rechtsprechung des BSG in den Urteilen vom 30. Mai 2006 entgegenhalten, denn sie muss nur eine objektiv rechtmäßige Leistungsentscheidung hinnehmen.

Unabhängig davon gibt es für den Kläger keine Rechtsgrundlage, der Versicherten eine ambulante Behandlung (ambulante ärztliche Behandlung einschließlich Versorgung mit Heilmitteln) zu gewähren, denn die entsprechende Leistung (§ 28 Abs. 1 SGB V, § 32 Abs. 1 SGB V) könnte sie von der Beklagten als Krankenkasse beanspruchen, so dass der Ausschlusstatbestand des § 10 Abs. 7 Satz 1 Buchstabe d BVG vorliegt. Würde der Kläger diese ambulanten Leistungen gleichwohl erbringen, müsste er sich auch in diesem Fall den genannten Einwand unrechtmäßiger Leistungserbringung entgegenhalten lassen. Gibt es somit selbst im Fall der tatsächlichen Erbringung ambulanter Leistungen für einen entsprechenden Erstattungsanspruch keine Rechtsgrundlage, muss dies erst recht für fiktive Kosten einer fiktiven ambulanten Behandlung gelten.

Die Berufung hat daher keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Sie bezieht sich insbesondere auf die außergerichtlichen Kosten der Beklagten.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 52 Abs. 1 und Abs. 3, § 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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