L 1 R 1697/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 19 RA 2909/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1697/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Zahlung einer Witwenrente nach P.

Die 1935 geborene, in P als p Staatsangehörige lebende Klägerin ist die Witwe des am 2002 verstorbenen S S (Versicherter). Der Versicherte war auf dem Gebiet der heutigen Republik Polen - im früheren Oberschlesien - erwerbstätig. Er bezog seit März 1990 aus der polnischen Rentenversicherung eine Altersrente. Im Oktober 1991 übersiedelte er in die Bundesrepublik Deutschland, wo er als Vertriebener anerkannt wurde. Die Beklagte gewährte ihm durch Bescheid vom 17. August 1993 ab November 1991 unter Anrechnung von Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (Fremdbeitragszeiten) Altersruhegeld. Die polnische Rente wurde zugleich weiter gewährt, jedoch zum wesentlichen Teil auf das (deutsche) Altersruhegeld angerechnet.

Im September 1999 heiratete der Versicherte die Klägerin. Nach seinem Tode kehrte diese nach Polen zurück und beantragte bei der Beklagten eine Witwenrente. Das lehnte diese durch Bescheid vom 16. Juli 2003 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 28. November 2003 - im Hinblick auf den polnischen Wohnsitz der Klägerin und mangels Vorhandenseins von Bundesgebiets-Beitragszeiten ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin räumte die Beklagte ein, dass die Beitragszeit vom 01. April 1940 bis 23. Januar 1945 unter Geltung von Reichsrecht zurückgelegt worden sei. Dies ändere aber nichts am fehlenden Zahlungsanspruch. Im Falle ihres Zuzugs nach Deutschland könne die Klägerin dagegen mit einer Witwenrente von ca. 300 Euro rechnen, ohne Berücksichtigung etwa anzurechnenden eigenen Einkommens.

Durch Urteil vom 11. August 2006 wies das SG die auf Zahlung einer Witwenrente nach Polen gerichtete Klage ab. Die Klägerin habe zwar dem Grunde nach einen Anspruch auf große Witwenrente nach § 46 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI, was die Beklagte entgegen dem missverständlichen Wortlaut des angefochtenen Bescheides, wie ihren Ausführungen im Klageverfahren zu entnehmen sei, auch nicht in Abrede stelle. Die Beklagte habe jedoch zu Recht einen Anspruch auf Zahlung der Rente nach Polen verneint. Dies folge aus den rentenrechtlichen Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland. Danach würden persönliche Entgeltpunkte aus Fremdbeitragszeiten und Reichsgebiets-Beitragszeiten außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland nur begrenzt auf die Höhe der Entgeltpunkte für Bundesgebiets-Beitragszeiten ermittelt. Da der Versicherte aber keine Bundesgebiets-Beitragszeiten zurückgelegt habe, seien persönliche Entgeltpunkte auch nicht aus Fremdbeitragszeiten und Reichsgebiets-Beitragszeiten zu ermitteln. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus zwischen- und überstaatlichem Recht. Dabei könne dahinstehen, ob die Klägerin - wie die Beklagte meine - ihren Wohnsitz auch während der Ehezeit in Polen beibehalten habe und deshalb das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen von 1975 auf sie anzuwenden sei oder ob sie während der Ehezeit in Deutschland gewohnt habe und deshalb das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen von 1990 für sie zu gelten habe. In jedem Falle führten die Anwendung des Abkommensrechts und auch der ab Mai 2004 mit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union geltenden Übergangsvorschriften der EWG-Verordnung (EWG-VO) 1408/71 nicht zur Berücksichtigungsfähigkeit von Entgeltpunkten aus Fremdbeitragszeiten und Reichsgebiets-Beitragszeiten, sofern - wie hier - keine Bundesgebiets-Beitragszeiten vorhanden seien. Dies verstoße auch nicht gegen das Recht auf Freizügigkeit nach dem EG-Vertrag (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft). Die Klägerin habe zufolge der Ablösung des zwischenstaatlichen Abkommensrechts durch das Gemeinschaftsrecht der EU nicht nur keinen Rechtsverlust erlitten. Die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten einschließlich der Reichsgebiets-Beitragszeiten würden vielmehr durch die Rentenzahlung des polnischen Versicherungsträgers auch abgegolten.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. August 2006 sowie den Bescheid vom 16. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Witwenrente nach Polen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 19 RA 2909/04 - ) und Beklagtenakten () verwiesen.

II.

Die Berufung, über die gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden werden konnte, ist unbegründet.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin eine aus der Deutschen Rentenversicherung nach Polen zu zahlende Rente sowohl nach den innerstaatlichen Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland (§§ 110, 113, 271, 272 SGB VI) als auch nach dem zwischenstaatlichen Abkommensrecht und (seit Mai 2004) den europarechtlichen Übergangsvorschriften nicht zusteht. Das hat das SG im Einzelnen in nicht zu beanstandender Weise dargelegt. Der Senat macht sich diese Darlegungen nach eigener Prüfung zu Eigen und sieht deshalb insoweit gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG von einer weiteren Darstellung des Entscheidungsteils der Gründe ab. Richtigzustellen bleibt lediglich, dass die Fortgeltung des Art. 19 Abs. 4 des deutsch-polnischen Abkommens von 1990 (betreffend Leistungen aus nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten) speziell im Anhang III Teil A zur EWG-VO 1408/71 Nr. 84 Buchstabe b geregelt ist, während die Fortgeltung des Abkommens von 1975 sich lediglich aus Anhang III Teil A zur EWG-VO 1408/71 Nr. 84 Buchstabe a ergibt.

Die Klägerin hat mit der Berufung nichts vorgetragen, was geeignet wäre zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu gelangen.

Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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