Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 3761/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1039/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß § 172 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2006, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 27. April 2006 zu Recht abgelehnt.
Nachdem sich der Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2006 bereit erklärt hat, dem Antragsteller weitere 249,31 EUR neben den bereits gezahlten 115,69 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat März 2006 zu gewähren, besteht für das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nur noch insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis, als er mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, den Antragsgegner zur Übernahme der Mietkaution in Höhe von 600,00 EUR zu verpflichten. Diese einstweilige Anordnung setzt nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGG voraus, dass eine derartige einstweilige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Das Vorliegen eines solchen Anordnungsgrundes beurteilt sich nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrun- des in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine - stattgebende - Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen.
An diesen Kriterien gemessen besteht im vorliegenden Fall keine Eilbedürftigkeit. Denn der Antragsteller hat mit Änderungsbescheid des Antragsgegners vom 15. Dezember 2006 für den bereits abgelaufenen Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2005 bis zum 31. Januar 2006 eine Nachzahlung in Höhe von 1.948,08 EUR erhalten, die er zur Begleichung der Mietkaution hätte verwenden können. Damit standen dem Antragsteller ausreichend Mittel zur Verfügung, um die von ihm vorgetragene Notlage, die seinem Vortrag nach ihm drohende Kündigung, abzuwenden. Zwar hat der Antragsteller der Geschäftsstelle des Gerichts am 1. März 2007 telefonisch mitgeteilt, dass er eine letztmalige Aufforderung zur Zahlung der Mietkaution erhalten habe und "nicht aus der Wohnung fliegen möchte"; dies lässt auf eine anderweitige Verwendung des Geldes schließen. Er hat jedoch das Schreiben des Gerichts vom 8. März 2007, in welchem um Vorlage der erwähnten "letzten Aufforderung" gebeten wurde, nicht beantwortet und somit eine dringende aktuelle Notlage jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Die Vermieterin hatte auf Aufrage des Gerichts bereits mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 mitgeteilt, dass sie gegen den Antragsteller noch keine rechtlichen Schritte eingeleitet habe, eine Fristsetzung vermerkt worden sei und dann "in Erwägung gezogen werde", gegen den Antragsteller vorzugehen. Es liegt bis zum Entscheidungszeitpunkt keine Kündigung und Ankündigung der Zwangsvollstreckung seitens der Vermieterin vor, aus der auf eine unmittelbar bevorstehende Notlage geschlossen werden könnte, die das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren als unzumutbar erscheinen lassen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die gemäß § 172 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2006, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 27. April 2006 zu Recht abgelehnt.
Nachdem sich der Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2006 bereit erklärt hat, dem Antragsteller weitere 249,31 EUR neben den bereits gezahlten 115,69 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat März 2006 zu gewähren, besteht für das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nur noch insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis, als er mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, den Antragsgegner zur Übernahme der Mietkaution in Höhe von 600,00 EUR zu verpflichten. Diese einstweilige Anordnung setzt nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGG voraus, dass eine derartige einstweilige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Das Vorliegen eines solchen Anordnungsgrundes beurteilt sich nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrun- des in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine - stattgebende - Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen.
An diesen Kriterien gemessen besteht im vorliegenden Fall keine Eilbedürftigkeit. Denn der Antragsteller hat mit Änderungsbescheid des Antragsgegners vom 15. Dezember 2006 für den bereits abgelaufenen Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2005 bis zum 31. Januar 2006 eine Nachzahlung in Höhe von 1.948,08 EUR erhalten, die er zur Begleichung der Mietkaution hätte verwenden können. Damit standen dem Antragsteller ausreichend Mittel zur Verfügung, um die von ihm vorgetragene Notlage, die seinem Vortrag nach ihm drohende Kündigung, abzuwenden. Zwar hat der Antragsteller der Geschäftsstelle des Gerichts am 1. März 2007 telefonisch mitgeteilt, dass er eine letztmalige Aufforderung zur Zahlung der Mietkaution erhalten habe und "nicht aus der Wohnung fliegen möchte"; dies lässt auf eine anderweitige Verwendung des Geldes schließen. Er hat jedoch das Schreiben des Gerichts vom 8. März 2007, in welchem um Vorlage der erwähnten "letzten Aufforderung" gebeten wurde, nicht beantwortet und somit eine dringende aktuelle Notlage jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Die Vermieterin hatte auf Aufrage des Gerichts bereits mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 mitgeteilt, dass sie gegen den Antragsteller noch keine rechtlichen Schritte eingeleitet habe, eine Fristsetzung vermerkt worden sei und dann "in Erwägung gezogen werde", gegen den Antragsteller vorzugehen. Es liegt bis zum Entscheidungszeitpunkt keine Kündigung und Ankündigung der Zwangsvollstreckung seitens der Vermieterin vor, aus der auf eine unmittelbar bevorstehende Notlage geschlossen werden könnte, die das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren als unzumutbar erscheinen lassen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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