L 16 AL 26/05 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 22 AL 1200/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 26/05 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. November 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger beansprucht höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit ab 01. September 2001.

Der Kläger, geboren am 1942, hat zwei Töchter, die am 1974 geborene Tochter S und die geborene Tochter A. Er hatte zuletzt ab November 1996 von der Beklagten Arbeitslosengeld und dann (Anschluss-)Alhi bezogen, und zwar ab 20. Juli 2000 unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III).

Mit Bescheid vom 11. Januar 2000 setzte die Beklagte für den Bewilligungsabschnitt vom 23. November 2000 bis 22. November 2001 die Alhi aufgrund eines – geminderten – Bemessungsentgelts neu fest. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 01. März 2001). Mit Bescheid vom 21. August 2001 (Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2001) reduzierte die Beklagte die bewilligte Alhi ab 01. September 2001 und legte dabei – nur noch – einen Leistungssatz von 53 % zugrunde mit der Begründung, dass die in der Ausbildung befindliche Tochter S des Klägers das 27. Lebensjahr vollendet habe. Das sich anschließende Klageverfahren (Sozialgericht – SG – Berlin, S 77 AL 4046/01) erklärten die Beteiligten übereinstimmend für erledigt.

Das SG Berlin hat mit Urteil vom 09. November 2004 die Klage gegen den Bescheid vom 11. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. März 2001 und gegen den – nach Auffassung des SG nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzubeziehenden – Bescheid vom 21. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. Oktober 2001 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Die Klagen seien nicht begründet. Der Kläger habe weder Anspruch auf Alhi ohne Absenkung von drei Prozent noch auf die Anwendung des erhöhten Leistungssatzes über den 31. August 2001 hinaus. Zur Begründung werde auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG). Die der Berechnung der Alhi zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen begegneten auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die gesetzliche Regelung, den erhöhten Leistungssatz nur auf Arbeitslose anzuwenden, deren in Ausbildung stehende Kinder das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der vom Kläger angeführte allgemeine Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG -) sei durch die ausnahmslose Anwendung der Altersgrenze gerade nicht verletzt. Der Kläger verkenne, dass die nach § 32 Einkommensteuergesetz geltenden Ausnahmen gerade auch im Hinblick auf Artikel 3 GG gerechtfertigt seien, und zwar aufgrund der Allgemeinnützigkeit von Grundwehr- und Zivildienst.

Dagegen richtet sich die vom Kläger eingelegte Beschwerde. Zur Begründung trägt er vor: Da gemäß der Rechtsmittelbelehrung eine Berufung nicht zugelassen sei, jedoch die Entscheidung des SG mit einer Beschwerde angefochten werden könne, mache er davon Gebrauch. Das Urteil des SG sei aufzuheben, da eine Berücksichtigung des Einzelfalls als Härtefallregelung nicht erfolgt sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. November 2004 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung im Hinblick auf den Beschwerdegegenstand für nicht zulässig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Akten des SG Berlin – S 77 AL 4046/01 – und – S 77 Ar 746/97 (L 14 AL 98/98- 4), die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen.

II.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG Berlin vom 09. November 2004 ist nicht begründet.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nur höchstens 351,75 Euro beträgt und damit den Grenzwert von 500,00 Euro nicht übersteigt; wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 19. Januar 2007 Bezug genommen. Danach ergibt sich hinsichtlich des Bewilligungszeitraumes der Alhi vom 23. November 2000 bis 22. November 2001, über den das SG ausschließlich entschieden hat, nur eine Differenz zwischen der von der Beklagten bewilligten und der vom Kläger zunächst insgesamt erstrebten Alhi in Höhe von insgesamt 351,75 Euro. Da der Kläger aber ausdrücklich nur noch höhere Alhi über den Zeitpunkt der Vollendung des 27. Lebensjahres seiner Tochter S hinaus, also für die Zeit ab 01. September 2001, begehrt, vermindert sich der Wert des Beschwerdegegenstandes noch weiter.

Soweit der Kläger höhere Alhi auch für die Zeit ab 23. November 2001 erstrebt, also für die folgenden Bewilligungsabschnitte bis zum Ende der Ausbildung seiner Tochter S, vermag dieses mit der Nichtzulassungsbeschwerde verlautbarte Begehren den Wert des Beschwerdegegenstandes nicht zu erhöhen. Denn Beschwerdegegenstand ist der Betrag, um den der Rechtsmittelführer durch das Urteil der ersten Instanz in seinem Recht verkürzt zu sein geltend macht (Zöllner, ZPO, 25. Auflage, § 511 Rnr. 13). Danach ist für den Beschwerdegegenstand zunächst maßgeblich, worüber das SG entschieden hatte (siehe dazu: BSG, Urteil vom 08. Februar 2007 – B 9 b AY 1/06 R -). Da das SG, wie sich aus der Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung ergibt, nur über den Bewilligungsabschnitt vom 23. November 2000 bis 22. November 2001 entschieden hatte, bestimmt sich der Beschwerdegegenstand nur nach der Beschwer des Klägers bezogen auf diesen Zeitraum.

Auch der Umstand, dass das SG die die folgenden Bewilligungsabschnitte betreffenden Folgebescheide zumindest in entsprechender Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG in das Verfahren hätte einbeziehen müssen, vermag den Wert des Beschwerdegegenstandes nicht zu erhöhen. Darauf ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden, nachdem der Senat zunächst eine andere Auffassung vertreten hatte. Von der nach § 140 SGG bestehenden Möglichkeit, beim SG einen Antrag auf Ergänzung des Urteils vom 09. November 2004 zu stellen, hat der Kläger bislang keinen Gebrauch gemacht.

Die demgemäß nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossene Berufung war nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Verfahrensmängel i. S. d. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG macht der Kläger nicht geltend. Der Rechtssache kommt aber auch keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Das gilt schon deshalb, weil es sich bei den Berechnungsvorschriften für den streitigen Bewilligungsabschnitt in Anwendung der seinerzeit geltenden §§ 190 ff. SGB III, die mit dem 31. Dezember 2004 ersatzlos entfallen sind, um ausgelaufenes Recht handelt. Soweit sich der Kläger auch noch in seinem Schriftsatz vom 17. Juni 2007 auf einen Härtefall beruft, ist darauf zu verweisen, dass Härtefälle rechtlich immer als Einzelfälle zu werten sind und Härtefällen damit eine über den Einzelfall hinausreichende – rechtsgrundsätzliche – Bedeutung i. S. d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht zukommt. Dem Anliegen des Klägers, den Eltern wegen der mit der Ausbildung von älteren Kindern verbundenen wirtschaftlichen Belastungen bis zum Abschluss der Ausbildung noch einen erhöhten Leistungssatz zuzubilligen, hat der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden Gesetzgebungskompetenz gerade nicht Rechnung getragen, sondern den erhöhten Leistungssatz auf die Vollendung des 27. Lebensjahres begrenzt (§ 129 Nr. 1 SGB III). Dass diese Entscheidung des Sozialleistungsgesetzgebers verfassungsrechtlich unbedenklich ist, hat das SG mit überzeugender Begründung ausgeführt. Auch unter dem Blickwinkel des Verstoßes gegen Verfassungsrecht kommt der Rechtssache daher rechtsgrundsätzliche Bedeutung nicht zu.

Das SG weicht mit seiner Entscheidung auch nicht von einer anders lautenden Entscheidung eines Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts oder des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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