L 8 RJ 21/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 26 RJ 2144/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RJ 21/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Februar 2003 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Die 1951 geborene Klägerin hat nach ihren Angaben von 1966 bis 1969 eine Lehre als Einzelhandelskauffrau durchlaufen, angesichts ihres schwachen Prüfungsergebnisses aber nur eine Qualifikation als Einzelhandelsgehilfin erworben. In der Folgezeit war sie als Verkäuferin in einem Schuhgeschäft, als Kassiererin sowie von 1989 bis 1993 wiederum als Verkäuferin in einer Bäckerei beschäftigt. Nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit arbeitete sie zuletzt vom 01. Juli 1995 bis zum 31. März 1996 als Reinigungskraft in einem Krankenhaus. Anschließend bezog die Klägerin Lohnersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit; derzeit bestreitet sie ihren Lebensunterhalt mit der Witwenrente nach ihrem 1993 verstorbenen Ehemann. Im Versicherungsverlauf der Klägerin sind seit Juni 1999 Beitragszeiten für eine Pflegetätigkeit gespeichert, die sie zugunsten ihrer an Alzheimer erkrankten, im Februar 2007 verstorbenen Mutter geleistet hat.

Im März 1999 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und machte geltend, wegen verschiedener orthopädischer Leiden seit 1996 zu keiner Arbeit mehr fähig zu sein. Die Beklagte prüfte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Rentenanspruch, zog Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 17. März 1998 und 24. März 1999 sowie einen Entlassungsbericht des Krankenhauses W vom 06. August 1998 bei. Sodann veranlasste sie die Begutachtung der Klägerin durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie G. Diese gelangte in ihrem Gutachten vom 15. September 1999 zu der Einschätzung, dass das Leistungsvermögen der Klägerin als Verkäuferin aufgehoben sei, sie aber noch leichte Tätigkeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie ohne wesentliche Beanspruchung der Arme und Hände vollschichtig verrichten könne. Nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 08. Oktober 1999 ab, weil diese weder erwerbs- noch berufsunfähig sei. Nachdem die Klägerin mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch auf täglich wiederkehrende Schmerzen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule, Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen hingewiesen hatte, holte die Beklagte ein weiteres Gutachten vom 30. November 1999 von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. G ein, die die Klägerin gleichfalls für vollschichtig leistungsfähig unter Beachtung gewisser Einschränkungen hielt. Zu dieser Auffassung gelangte schließlich auch die Ärztin für Innere Medizin und Rheumatologie R in ihrem Rentengutachten vom 22. Dezember 1999, mit dem sie eine entzündliche rheumatische Erkrankung bei der Klägerin ausschloss. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2000 zurück. Unter Berücksichtigung der ärztlichen Feststellungen sei sie weder erwerbs- noch berufunfähig. Da sie sich von ihrem erlernten, qualifizierten Beruf als Einzelhandelskauffrau/Verkäuferin gelöst und eine Tätigkeit als Reinigungskraft aufgenommen habe, sei sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, wo sie noch vollschichtig mit gewissen Einschränkungen tätig sein könne.

Mit der am 12. Oktober 2000 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Rentenbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie auf aktuelle Atteste des Dipl.-Psychologen W, des Orthopäden Dr. D sowie des Rheumatologen Dr. S verwiesen und geltend gemacht, dass sie wegen seelischer Leiden sowie einer Auto-Immunerkrankung erwerbsunfähig sei. Wegen ihrer vielfältigen Leiden sei bei ihr ein Grad der Behinderung von 60 nach dem Schwerbehindertengesetz festgestellt worden (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – vom 26. September 2000). Das Sozialgericht hat die Leistungsakte der Klägerin vom Arbeitsamt Berlin West beigezogen und medizinische Sachverständigengutachten von dem Arzt für Orthopädie, Rheumatologie, Handchirurgie und physikalische Medizin Prof. Dr. S sowie von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L eingeholt. Prof. Dr. S hat in seinem Gutachten vom 27. Juni 2001 bei der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet eine Fehlstatik der Lendenwirbelsäule, degenerative Veränderungen an der Halswirbelsäule, Zeichen einer Myositis sowie einen beiderseitigen Senk-Spreiz-Fuß festgestellt. Hinsichtlich des Leistungsvermögens der Klägerin gelangte der Sachverständige in Verbindung mit seiner nachgereichten ergänzenden Stellungnahme vom 06. November 2001 im Wesentlichen zu der Einschätzung, dass die Klägerin noch täglich regelmäßig vollschichtig leichte Arbeiten verrichten könne. Sie könne im Gehen, Stehen und Sitzen arbeiten, wobei ihr ein Wechsel der Haltungsart möglich sein müsse. Dabei sei ihr zumutbar, begonnene Tätigkeiten auch noch in einer Haltungsart über bis zu 10 Minuten hinweg fortzusetzen und zu beenden. Zu vermeiden seien Arbeiten unter Einfluss von großer Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft, einseitige körperliche Belastungen, häufiges Knien, Hocken oder Bücken, Tätigkeiten unter Zeitdruck sowie in festgelegtem Arbeitsrhythmus. An laufenden Maschinen sei die Klägerin einsetzbar. Das Heben und Tragen von Lasten sei aufgrund der Schwäche der Schulter-Arm-Muskulatur nur bis ca. 3 kg über ca. 5 Minuten möglich. Aufgrund der depressiven Symptomatik sollten Wechsel- und Nachtschichten gemieden werden. Längerfristiges Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sei unzumutbar, kurzfristiges Besteigen von Trittleitern jedoch möglich. Klinisch habe keine Einschränkung der Fingerschicklichkeit bestanden, da anamnestisch jedoch eine Schwäche und schnelle Ermüdbarkeit im Bereich der Unterarme und Hände vorliege, seien lediglich kürzere Schreibarbeiten zu empfehlen. In der Ausübung geistiger Tätigkeiten, die ihrem Bildungsniveau entsprächen, sei die Klägerin nicht eingeschränkt. Ihre Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sei unauffällig. Besonderheiten für den Weg zur Arbeit bestünden nicht. Die üblichen Pausen reichten aus. Dr. L hat in seinem nervenfachärztlichen Gutachten vom 04. März 2002 bei der Klägerin auf seinem Fachgebiet eine Dysthymia sowie eine Somatisierung festgestellt und ihr Leistungsvermögen dahin eingeschätzt, dass sie täglich regelmäßig für die volle übliche Arbeitszeit von 8 Stunden körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft verrichten könne. Arbeiten im Knien, Hocken oder Bücken, mit einseitiger körperlicher Belastung, unter Zeitdruck, an laufenden Maschinen, in Wechsel- oder Nachtschicht sowie auf Leitern und Gerüsten seien ihr nicht zuzumuten. Dagegen sei ein festgelegter Arbeitsrhythmus möglich. Arbeiten, die Fingergeschicklichkeit erforderten, seien eingeschränkt, sodass nur noch gelegentlich kürzere Schreibarbeiten möglich seien. Die geistigen Fähigkeiten seien nicht eingeschränkt, bis auf das durch Arzneimittelwirkungen beeinträchtigte Reaktionsvermögen. Besonderheiten für den Weg zur Arbeit bestünden nicht, die üblichen Pausen reichten aus. Die Arbeiten seien im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen zu verrichten, wobei der Klägerin die Möglichkeit eines jederzeitigen Wechsels der Haltungsart aus freiem (krankheitsbedingten) Entschluss unbedingt gegeben werden müsse. Diese Einschränkung hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05. Juni 2002 mit dem diagnostizierten LWS-Syndrom, dem Verhalten der Klägerin während der Exploration (sie sei nach einer Stunde und 10 Minuten zur Entlastung aufgestanden, kurz herumgelaufen und habe sich nach zwei Minuten wieder gesetzt) sowie ihrer Beschreibung des aktuellen Tagesablaufes (sie stehe Nachts zwei- bis dreimal auf und könne im Kino nicht länger sitzen) begründet.

Auf den Hinweis des Gerichts, dass bei der Klägerin wegen des erforderlichen freien Haltungswechsels eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen könne, hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass die Klägerin noch zumutbar auf die Tätigkeit einer Postleserin verwiesen werden könne und hierzu auf das Protokoll über die Vernehmung einer ehemaligen Betriebs- und Personalärztin bei des Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als sachverständige Zeugin im Rechtsstreit – S 35 RA 5249/95 W 99 – vom 06. September 2000 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 25. Februar 2003 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 08. Oktober 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2000 verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung seit dem 01. März 2002 zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Klage sei teilweise begründet. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI seit dem 01. März 2002 zu, wobei die im Termin zur mündlichen Verhandlung verkündete Entscheidung – Rentenbeginn 01. September 2002 – in entsprechender Anwendung von § 138 Satz 1 SGG zu berichtigen gewesen sei.

Nach § 43 SGB VI hätten Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn näher bezeichnete versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt seien und sie teilweise oder voll erwerbsgemindert seien. Nach Absatz 3 der Vorschrift sei nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden erwerbstätig sein könne, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen sei. Unter Würdigung der gesamten medizinischen Ermittlungen sei die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin seit dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. L, das heißt seit dem 28. Februar 2002, nur noch in der Lage sei, körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig im Wechsel der Haltungsarten zu verrichten, wobei ein jederzeitiger freier, das heißt den auftretenden Beschwerden und Schmerzen seitens der Lendenwirbelsäule unmittelbar Rechnung tragender Wechsel zwischen allen drei Haltungsarten Sitzen, Stehen und Gehen unbedingt möglich sein müsse. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht mehr im Knien, Hocken und Bücken, unter Zeitdruck sowie auch nicht in Wechsel- und Nachtschicht arbeiten könne. Einseitige körperliche Belastungen, das Arbeiten an laufenden Maschinen sowie das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten mit einem nicht nur geringen Gewicht seien unzumutbar. Damit seien seit dem genannten Termin derartig gravierende qualitative Leistungseinschränkungen bei der Klägerin gegeben, dass sie trotz grundsätzlich und theoretisch gegebenem vollschichtigen Leistungsvermögen als erwerbsunfähig zu erachten sei (Hinweis auf entsprechende Urteile des 5. Senats des LSG Berlin sowie auf eine rechtskräftig gewordene Entscheidung der erkennenden Kammer aus dem Jahre 2001). Insofern wäre die Abweisung der Klage lediglich dann möglich gewesen, wenn der Klägerin eine zumutbare Verweisungstätigkeit hätte genannt werden können. Im Hinblick auf das Ergebnis der berufskundlichen Ermittlungen des 5. Senats des LSG Berlin, die der Beklagten allesamt bekannt seien, habe die Kammer auf entsprechend eigene Anstrengungen verzichtet. Die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen auch nicht mehr in der Lage, die von der Beklagten benannte Tätigkeit als Postleserin vollschichtig auszuüben. Nach den eingereichten Unterlagen sei diese Tätigkeit nahezu ausschließlich im Sitzen zu verrichten. Eine Unterbrechung dieser Haltungsart trete lediglich von Zeit zu Zeit ein, wenn die Postleser Körbe mit sortierter Post zu den im selben Raum befindlichen Postfächern trügen. Berücksichtige man ferner, dass Arbeiten, die Fingergeschicklichkeit erforderten, nach der unbestrittenen Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen nur eingeschränkt möglich seien und darüber hinaus weder Arbeiten an laufenden Maschinen (die vom Postleser zu lesenden Schriftstücke würden mittels eines Fließbandes den Beschäftigten zugeführt) noch Arbeiten unter Zeitdruck möglich seien, der bereits dadurch gegeben sei, dass den Postlesern vorgegeben sei, eine bestimmte Postmenge zu lesen und zu sortieren, komme die genannte Tätigkeit für die Klägerin nicht als zumutbare Verweisungstätigkeit in Betracht. Ihr stehe daher nach §§ 43 Abs. 2, 99 Abs. 1 Satz 1, 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI ausgehend von einem Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung am 28. Februar 2002 für die Zeit ab 01. März 2002 ein Rentenanspruch zu.

Für den vorausgegangenen Zeitraum habe die Klage keinen Erfolg, weil die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bis dahin in der Lage gewesen sei, körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten vollschichtig zu verrichten. Die Notwendigkeit eines jederzeitigen freien Haltungswechsels zwischen allen drei Haltungsartens sei aus medizinischen Gründen nicht gegeben gewesen, wie Prof. Dr. S in seinem Gutachten nebst nachgereichter Stellungnahme vom 06. November 2001 erläutert habe. Ein Summierungsfall bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die die Bennennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich gemacht hätten, seien insoweit nicht zu bejahen.

Da die Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin ersichtlich nicht aus gesundheitlichen Gründen habe aufgeben müssen, denn die Tätigkeit einer Reinigungskraft stelle offensichtlich keine geringeren körperlichen Anforderungen, sei sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, sodass auch die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI alte Fassung für die Zeit von Rentenantragstellung bis März 2002 nicht in Betracht komme.

Gegen das ihr am 09. Mai 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02. Juni 2003 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass kein Fall gegeben sei, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit verpflichte. Die bloße Feststellung, dass bei einem Versicherten ein Wechsel der drei Haltungsarten jederzeit nach freiem Entschluss erforderlich sei, stelle keine ausreichende Ermittlung des Restleistungsvermögens dar. Es seien konkret die näheren Umstände krankheitsbedingter Haltungswechsel, ihre durchschnittliche Häufigkeit und die ungefähre Dauer der dadurch jeweils eintretenden Arbeitsunterbrechungen zu ermitteln. Diesbezügliche Feststellungen habe das Sozialgericht nicht getroffen. Angesichts der Angaben der Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. L zu ihrer Freizeitgestaltung, insbesondere zu Fahrten mit dem Pkw einer Bekannten ins Umland, sei nicht erkennbar, dass die Klägerin z. B. einfache Bürotätigkeiten nicht mehr verrichten könne. Im Übrigen sei, falls man entgegen der von ihr vertretenden Auffassung eine Pflicht zur Benennung eines konkreten Verweisungsberufes sehe, die Klägerin durchaus zumutbar auf eine Tätigkeit als Postleserin verweisbar. Dabei handele es sich weder um eine Tätigkeit an laufenden Maschinen, noch sei eine besondere Fingergeschicklichkeit erforderlich. Hierzu hat die Beklagte Fotokopien einer Arbeitsplatzbeschreibung des berufskundlichen Dienstes der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Beschäftigung von Postlesern in deren Posteingangsstelle vom 11. Oktober und 02. Dezember 2002 eingereicht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Februar 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Eine Tätigkeit als Postleserin komme für sie nicht in Betracht, weil es immer wieder Tage gebe, an denen sie vor Schmerzen kaum die Finger bewegen und keine Tasse zum Frühstück halten könne.

Der Senat hat auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 26. September 2003 die Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil vorläufig ausgesetzt sowie Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin eingeholt. Anschließend hat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B im Auftrag des Senats unter dem 09. Mai 2007 ein allgemeinmedizinisches Gutachten über die Klägerin erstattet. In seiner zusammenfassenden Beurteilung ihrer Leiden und Leistungsfähigkeit hat er sich im Wesentlichen der Einschätzung der im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Gutachterinnen sowie des Sachverständigen Prof. Dr. S angeschlossen, die alle von einem vollschichtigen Leistungsvermögen der Klägerin mit näher bezeichneten, insgesamt nicht ungewöhnlichen qualitativen Leistungseinschränkungen ausgegangen sind. Ferner hat der Gutachter ausgeführt, dass die in deutlicher Diskrepanz hierzu allein von dem Neuropsychiater Dr. L angenommenen erheblich weiter gehenden Einschränkungen nach dem Ergebnis der aktuellen Begutachtung auch nicht im Ansatz aufrechterhalten werden könnten. Dr. L habe schwere Einbußen der Klägerin vor allen Dingen auf orthopädischem Gebiet aus seinem körperlichen Untersuchungsbefund abgeleitet, der nur 14 Zeilen umfasse und von sämtlichen Vorgutachtern abweiche. Dagegen hätten sich aktuell am Achsenorgan nur minimale krankheitswertige Veränderungen feststellen lassen in dem Sinne, dass die Beweglichkeit der Halswirbelsäule um 1/3 eingeschränkt sei. Die Lendenwirbelsäule sei hingegen exzellent beweglich gewesen, und auch sämtliche Gelenke hätten völlig normale Funktionen gehabt. Es finde bei der Klägerin auch überhaupt keine konsequente Therapie außer einem relativ niedrig dosierten Schmerzmittel statt. Eine schwere, geschweige denn therapieresistente Erkrankung der Wirbelsäule liege keineswegs vor, und es sei auch nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin nach Auffassung des Vorgutachters die Möglichkeit haben müsse, jederzeit die Haltungsart zu ändern. Die von Dr. L zitierten anamnestischen Angaben der Klägerin, dass sie nachts zwei- bis dreimal aufstehen müsse und im Kino nicht lange sitzen könne, wie auch die Beobachtung bei der Untersuchung, dass sie nach einer Stunde 10 Minuten kurz aufgestanden und herumgelaufen sei, könnten so weit reichende qualitative Einschränkungen sicherlich nicht rechtfertigen. Ein gelegentlicher Haltungswechsel sei offenkundig ausreichend. Die von Dr. L genannten Einschränkungen der Fingergeschicklichkeit seien von ihm inhaltlich nicht begründet und durch keinerlei Befunde belegt worden. Jetzt seien an den Händen weder Funktionseinbußen noch Reizzustände zu verifizieren. Eine Beschränkung auf nur gelegentlich kürzere Schreibarbeiten sei nicht gerechtfertigt und werde auch von der Klägerin nicht geltend gemacht. Nicht überzeugend sei auch die Annahme von Dr. L, dass bei der Klägerin eine gestörte Erlebniswahrnehmung bestehe, die auch bei zumutbarer Willensanstrengung nicht mehr überwunden werden könne. Die zuletzt von ihrem Nervenarzt R bescheinigte Therapieresistenz trotz antidepressiver Medikation müsse mit Blick darauf relativiert werden, dass die verordneten Medikamente im Blut der Klägerin bei zwei aktuellen Untersuchungen kaum bzw. gar nicht nachweisbar gewesen seien, also von ihr nicht regelmäßig bzw. überhaupt nicht eingenommen würden. Als Diagnosen hat Dr. B sodann angeführt: - degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule (mit geringer Funktionseinbuße sowie vegetativ akzentuierten Weichteilbeschwerden ohne neurologische Defizite), - Arthralgien (spez. der Hände, Hüft- und Kniegelenke) ohne Bewegungseinschränkung sowie ohne Anhalt für eine aktive rheumatische Erkrankung, - Depression mit Somatisierungsstörung. Das Leistungsvermögen der Klägerin hat er dahin eingeschätzt, dass sie noch vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten könne. Diese seien im Gehen, Stehen oder Sitzen möglich, wobei der Klägerin nur gelegentlich die Möglichkeit zu einem Haltungswechsel gegeben sein müsse. Sie könne auch zeitweilig unter ungünstigen äußeren Einflüssen tätig sein. Die vom Vorgutachter gemachten Beschränkungen ausschließlich auf geschlossene Räume ohne Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft seien nicht begründet, zumal von einer entzündlich-rheumatischen Gelenks- oder Muskelerkrankung nach inzwischen einhelliger Auffassung aller behandelnden Ärzte nicht ausgegangen werden könne. Zumutbar seien Arbeiten unter mäßigem Zeitdruck, an langsam laufenden Maschinen, unter gelegentlichem Knien, Hocken und Bücken sowie der Bewältigung von Lasten bis 10 kg. Zwangshaltungen sowie das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien zu vermeiden, einzelne Stufen auf einer Haushaltsleiter könnten aber durchaus bewältigt werden. In der Ausübung von geistigen Tätigkeiten, die ihrer Ausbildung und ihrem beruflichen Werdegang entsprächen, sei die Klägerin nicht eingeschränkt. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen, die üblichen Pausen reichten aus. Die Klägerin sei seit Jahren und bis vor wenigen Wochen im Stande gewesen, ihre schwer erkrankte, seit 3 Jahren sogar bettlägerige Mutter mit einer anerkannten Pflegestufe III ohne professionelle Hilfe und mit nur gelegentlicher Unterstützung durch eine Bekannte rund um die Uhr zu versorgen. Diese beachtliche, dabei fraglos erhebliche psycho-physische Belastung entspreche ganz sicherlich einer mindestens leichten körperlichen Tätigkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die die Klägerin betreffenden Rentenakten der Beklagten (Versicherungsnummer: ) sowie die Schwerbehindertenakte der Klägerin haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat sie zu Unrecht verurteilt, der Klägerin ab 01. März 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Der von der Klägerin im März 1999 geltend gemachte Rentenanspruch wegen Erwerbsunfähigkeit bestimmt sich für die Zeit vor dem 01. Januar 2001 noch nach den §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, während für einen "Versicherungsfall" nach dem 30. November 2000 und folglich einen Rentenbeginn ab 01. Januar 2001 oder später die Vorschriften über die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den §§ 43, 240 SGB VI in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung maßgebend sind. Das Sozialgericht hat zu Recht über beide Rentenarten entschieden, obwohl die Beklagte nur zur Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht eine Verwaltungsentscheidung getroffen hat (BSG in SozR 4-2600 § 43 Nr. 3).

Da die Klägerin die Abweisung ihrer Klage betreffend einen Rentenanspruch ab ihrer Antragstellung bzw. jedenfalls für einen Zeitpunkt vor dem 01. März 2002 nicht mit der Berufung angefochten hat, ist nur der ihr vom Sozialgericht zuerkannte Rentenanspruch nach neuem Recht für die Zeit ab 01. März 2002 vom Senat zu überprüfen.

Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie neben der Erfüllung näher bezeichneter versicherungsrechtlicher Voraussetzungen wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach Abs. 2 der Vorschrift besteht unter den gleichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. In Absatz 3 der Vorschrift wird nochmals hervorgehoben, dass erwerbsgemindert nicht ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin ist nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen erster und zweiter Instanz weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Alle im Auftrag der Gerichte tätig gewordenen Gutachter haben – in Übereinstimmung mit früheren Einschätzungen in den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten – bei der Klägerin noch ein Leistungsvermögen für zumindest leichte körperliche Tätigkeiten in Vollschicht (tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden) bzw. mindestens 6 Stunden täglich festgestellt. Dabei sind allerdings qualitative Einschränkungen zu beachten, die vor allem darin bestehen, dass die Klägerin im Wechsel der Haltungsarten Gehen, Stehen und Sitzen arbeiten soll, Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft allenfalls zeitweilig ausgesetzt sein darf und häufiges Knien, Hocken und Bücken sowie einseitige Belastungen, Zwangshaltungen, Zeitdruck, Wechsel – und Nachtschicht wie auch Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten meiden soll. Prof. Dr. S hielt die Bewältigung von Lasten nur noch bis 3 Kg für möglich, während das zuletzt vom Senat eingeholte Gutachten eine Belastbarkeit bis 10 Kg ergeben hat. Darüber hinaus hielt – allein – der nervenfachärztliche Gutachter Dr. L die Fingergeschicklichkeit der Klägerin für eingeschränkt und sah es als unbedingt erforderlich an, dass sie die Möglichkeit eines jederzeitigen Wechsels der Haltungsart aus freiem (krankheitsbedingten) Entschluss haben müsse.

Der Auffassung des Sozialgerichts, dass die Klägerin in der Gesamtschau, insbesondere aber wegen der zuletzt genannten, von Dr. L festgestellten Leistungseinschränkungen und dem Fehlen einer zumutbaren Verweisungstätigkeit ab dem Begutachtungszeitpunkt bei ihm als erwerbsunfähig und in der Folge rentenberechtigt zu berurteilen sei, kann nicht gefolgt werden. Es kann dahin stehen, ob das medizinisch begründete Erfordernis eines jederzeit möglichen freien Wechsels zwischen den drei Haltungsarten Gehen, Stehen und Sitzen Zweifel an der Einsetzbarkeit eines Arbeitnehmers zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu begründen vermag und deshalb eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist. Denn bei der Klägerin ist ein solcher freier Wechsel der drei Haltungsarten, der nur ausnahmsweise bei besonders schwerwiegenden Schmerzzuständen in Betracht kommen dürfte, keineswegs erforderlich.

Der im Berufungsverfahren herangezogene Gutachter Dr. B hat den gesamten medizinischen Sachverhalt umfassend aufgearbeitet und die Vorgutachten kritisch gewürdigt. Mit ausführlicher und überzeugender Begründung hat er insbesondere herausgearbeitet, dass die - für das Sozialgericht offensichtlich entscheidungserhebliche – Leistungseinschränkung eines jederzeitigen freien Wechsels zwischen den drei Haltungsarten nicht begründbar ist. Er hat darauf hingewiesen, dass Dr. L dieses Erfordernis aus für ihn fachfremden Leiden auf orthopädischem Gebiet abgeleitet und sich dabei vor allem auf subjektive Angaben der Klägerin gestützt hat, ohne dies mit entsprechenden Befunden untermauern zu können. Demgegenüber hatte der orthopädische Gutachter Prof. Dr. S einen jederzeit sofort möglichen Haltungswechsel auf nochmalige Nachfrage des Gerichts verneint. Weshalb das Sozialgericht sich gleichwohl die anderslautende Einschätzung des nervenfachärztlichen Gutachters zu eigen gemacht hat, ist nicht nachvollziehbar. Nach den ausführlich dargelegten Feststellungen und überzeugend begründeten Bewertungen des Dr. B bestehen bei der Klägerin – auch jetzt - keinerlei Leiden, die zur Beherrschbarkeit der Schmerzen einen jederzeitigen freien Haltungswechsel erforderlich machen würden. Er konnte aktuell an ihrem Achsenorgan nur minimale krankheitswertige Veränderungen feststellen, die zu einer etwas eingeschränkten Beweglichkeit der Halswirbelsäule führen. Dagegen waren ihre Lendenwirbelsäule exzellent beweglich und sämtliche Gelenke ohne Funktionseinschränkungen. Dies gilt insbesondere auch für ihre Hände und Finger, die der Gutachter als normal gebrauchsfähig beurteilt hat. Dass Dr. B die der Klägerin zumutbare Belastung mit Gewichten erheblich höher eingeschätzt hat als noch Prof. Dr. S, ist damit nachvollziehbar zu erklären, dass sich die seinerzeit geäußerte Verdachtsdiagnose Dermatomyositis – einer entzündlich-rheumatischen Erkran-kung – im Verlauf nicht bestätigt hat. Die Diskrepanz zwischen den von der Klägerin geklagten Beschwerden und ihren objektivierbaren Leiden hat auch Dr. B auf eine Somatisierungsstörung zurückgeführt, die – dies schon nach Einschätzung des nervenfachärztlichen Gutachters Dr. L – aber nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führt. Bezüglich der geltend gemachten Therapieresistenz des seelischen Leidens ist die Feststellung von Dr. B aufgrund der Blutuntersuchungen bei der Klägerin bedeutsam, dass sie die ihr verordneten Antidepressiva offensichtlich nicht verordnungsgemäß einnimmt. Mit den von Prof. Dr. S und nun von Dr. B aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen ist die Klägerin zweifellos zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig einsetzbar und deshalb weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI.

Ihr steht aber auch keine Rente nur wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß der aufgrund ihres Geburtsjahrganges 1951 anwendbaren Übergangsvorschrift des § 240 SGB VI zu. Danach haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Nach Abs. 2 der Vorschrift sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" eines Versicherten. Grundsätzlich ist dies die letzte, nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Danach ist der bisherige Beruf der Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft in einem Krankenhaus. Dabei handelt es sich um eine im Rahmen des Mehrstufenschemas des BSG dem Bereich der ungelernten Tätigkeiten zuzuordnende Beschäftigung, sodass die Klägerin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist, ohne dass ihr eine konkrete Tätigkeit zu benennen wäre. Dem Sozialgericht ist darin beizupflichten, dass die Klägerin aus ihrer früheren Beschäftigung als Verkäuferin keinen Berufsschutz als Facharbeiterin – oder auch nur Angelernte des oberen Bereiches – ableiten kann, weil sie sich von diesem Beruf, den sie – wenn auch ohne die erforderliche abschließende Prüfung auf Facharbeiterniveau – erlernt und jahrelang ausgeübt hat, gelöst und anderen, einfacheren Tätigkeiten des Reinigungsgewerbes zugewandt hat. Für eine Berufsaufgabe aus gesundheitlichen Gründen fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt, weil eine Tätigkeit als Reinigungskraft keine geringeren körperlichen Anforderungen stellt als die einer Verkäuferin. Es kann deshalb dahinstehen, ob die von der Beklagten benannte Tätigkeit einer Postleserin als zumutbare Verweisungstätigkeit in Betracht käme.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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