L 18 B 994/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 28 AS 87/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 994/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 9. März 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu
erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit ab 1. Juli 2006 zu gewähren, ist zulässig. Zwar ist die am 26. April 2007 bei dem Sozialgericht (SG) eingelegte Beschwerde nicht in der Frist von einem Monat (vgl. § 173 Satz 1 und Satz 2 SGG) seit Zustellung des angefochtenen Beschlusses (22. März 2007) erhoben worden und daher verfristet. Der Antragstellerin ist aber gemäß § 67 Abs. 1 SGG Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist zu gewähren. Denn sie hat ausweislich des vorliegenden Briefumschlages ihre Beschwerde spätestens am 22. April 2007 per Post an das SG gesandt und durfte davon ausgehen, dass diese bei normalem Postlauf noch bis zum Ablauf der Frist am 23. April 2007 (Montag) bei dem SG eingehen werde.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Gegenstand der Beschwerde ist dabei nur ein Antrag der Antragstellerin selbst, da diese mit ihren bei der Großmutter bzw. im Heim lebenden minderjährigen Kindern S, J T und F in dem vorliegend in Rede stehenden Zeitraum keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nrn. 1 und 4 SGB II bildete bzw. bildet.

Für die Zeit bis zur erneuten Antragstellung am 25. Oktober 2006 steht der Zulässigkeit des einstweiligen Rechtsschutzantrages bereits die Bestandskraft des Ablehnungsbescheides der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2006 entgegen. Dieser Bescheid ist für die Beteiligten und das Gericht bindend (vgl. § 77 SGG). Für die Zeit vom 25. Oktober 2006 bis zum Eingang des Rechtsschutzantrages beim SG (10. Januar 2007), d.h. bis zum 9. Januar 2007, fehlt es hingegen an einem für den Erlass der begehrten gerichtlichen Anordnung zu fordernden Anordnungsgrund, weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, das die Funktion einer "Notfallhilfe" hat, für die Zeit vor dem Eingang des Antrags bei Gericht eine – rückwirkende – Leistungsgewährung regelmäßig nicht in Betracht kommt. Ein besonderer Nachholbedarf oder eine Fortwirkung der Nichtgewährung der begehrten Leistungen in die Gegenwart sind nicht ersichtlich.

Im Übrigen, d.h. für die Zeit ab 10. Januar 2007, ist ein eiliges Regelungsbedürfnis ebenfalls nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat mit dem Versagensbescheid vom 23. November 2006 die beantragten Leistungen beanstandungsfrei versagt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 66 Abs. 1 und Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I). Die Antragstellerin hat trotz schriftlichen Hinweises auf ihre Mitwirkungspflicht im Schreiben der Antragsgegnerin vom 6. November 2006 innerhalb der ihr gesetzten – angemessenen – Frist nicht einmal ansatzweise plausibel den Verbleib ihres erheblichen Sparvermögens von 93.048,- EUR dargelegt, über das sie am 22. Juni 2006 trotz des laufenden Bezuges von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bis zum 31. Dezember 2004 und von SGB II-Leistungen ab 1. Januar 2005 nachweislich noch verfügte. Es ist weder glaubhaft noch nachvollziehbar, wenn die Antragstellerin ohne Beibringung entsprechender Unterlagen behauptet, diesen ganz erheblichen Geldbetrag innerhalb kürzester Zeit anlässlich eines Auslandsaufenthaltes mit ihren Kindern verbraucht zu haben, zumal sie nur entsprechende Rechnungen in Höhe eines Gesamtbetrages von 1.865,35 EUR beigebracht hat. Die Antragstellerin hat es bei dieser Sachlage selbst in der Hand, anhand einer nachvollziehbaren und durch entsprechende Unterlagen belegten Darlegung den Verbleib ihres Vermögens aufzuklären und der Antragsgegnerin somit Feststellungen zu einer etwaigen Hilfebedürftigkeit als Voraussetzung der Gewährung von SGB II-Leistungen (vgl. § 9 Abs. 1 SGB II) zu ermöglichen. Der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe bedarf es insoweit nicht, zumal auch hier eine entsprechende Mitwirkungspflicht der Antragstellerin bei der Aufklärung des Sachverhalts besteht.

Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, kann bei dieser Sachlage dahinstehen. Hierzu wären ohnehin weitere umfängliche Amtsermittlungen, ggfs. auch eine Beweisaufnahme, angezeigt. Wenn diese – was im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wegen der Eilbedürftigkeit regelmäßig der Fall ist - untunlich sind, ist zwar eine Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05, S. 8 m.w.N.). Auch diese Folgenabwägung kann vorliegend aber zu keiner anderen Beurteilung führen, weil gewichtige Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Antragstellerin – wie sie es schon in der Vergangenheit getan und insoweit anlässlich der Anhörung zur beabsichtigten Rückforderung von Leistungen am 16. Juni 2006 auch eingeräumt hat – erhebliche Vermögenswerte verschwiegen hat, um in den Genuss staatlicher Leistungen zu kommen. Derzeit ist überdies auch nicht erkennbar, dass die Existenz der Antragstellerin, die in der Wohnung ihrer Mutter bzw. im Obdachlosenheim lebt, nicht gesichert wäre.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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