Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 11 R 460/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 1889/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 02. November 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungs-verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten als Zusatzversorgungsträger, die Zeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Alterversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen.
Der 1941 geborene Kläger erwarb am 05. Juli 1967 den akademischen Grad eines Diplom-Geologen. Ab dem 01. September 1969 war er als Ingenieur bei dem VEB P- und K "K", Betriebsteil LGS, ab dem 01. Juli 1969 bei dem VEB R B, G, bis 31. Dezember 1976 beschäftigt. Ab dem 01. Januar 1977 war der Kläger bei dem VEB B und S, W, über den 30. Juni 1990 hinaus als Gruppenleiter Projektierung beschäftigt.
Der Kläger trat zum 01. Oktober 1976 der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem hat der Kläger bis zum 30. Juni 1990 nicht erhalten.
Am 09. Mai 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzanwartschaften aus dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Mit Bescheid vom 29. Mai 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ab. Die Qualifikation als Diplom-Geologe entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers.
Den hiergegen mit der Begründung, der Abschluss als Diplom-Geologe beinhalte das Wissen, das für einen Techniker der Spezialgebiete, wie bei einem Ingenieur des Bergbaus, nötig sei, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Januar 2002 zurück. Dem Begehren, Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen, könne nicht entsprochen werden, da die Qualifikation als Diplom-Geologe nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers entspreche. Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei unbeachtlich.
Hiergegen hat der Kläger am 29. Januar 2002 bei dem Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und den Antrag angekündigt, die Zeit vom 01. September 1967 bis zum 31. Juni 1992 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2005 wiesen die Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass auch noch die so genannte "Lehrerintelligenz" in Betracht käme. Gerade deshalb solle auch in diese Richtung eine entsprechende Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch die Beklagte erfolgen. Der Klageantrag solle deshalb vorsorglich um den Hilfsantrag der Feststellung der bezeichneten Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz für Pädagogen erweitert werden.
Das Sozialgericht hat dem Vortrag des Klägers den Antrag entnommen,
die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 2001 in Form des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2002 zu verpflichten, die Zeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie entsprechende Arbeitsverdienste festzustellen
und mit Gerichtsbescheid vom 02. November 2005 die Klage abgewiesen. Dem Kläger sei das Recht, den Titel eines Ingenieurs zu tragen, nicht verliehen worden. Er habe deshalb keine Versorgungsanwartschaft in der AVItech erworben. Er habe auch keinen bundesrechtlich fingierten Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage in der AVIwiss. Als Diplom-Geologe erfülle er zwar die persönlichen Anwendungsvoraussetzungen, dennoch habe der Kläger im Hinblick auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb nicht dem Kreis der obligatorisch in die Versorgungsordnung Einzubeziehenden angehört.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 07. November 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06. Dezember 2005 Berufung eingelegt und trägt vor, er sei berechtigt, auch die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Der Abschluss des Diplom-Geologen umfasse das gesamte Wissen eines Ingenieurs für Bergbau. Für diese Qualifikation besitze er lediglich keine Titulierung in Form einer Urkunde. Das Sozialgericht habe weiterhin fehlerhaft zugrunde gelegt, dass ein volkseigener Betrieb nicht zu den wissenschaftlichen Einrichtungen der DDR gehöre.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 02. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Altersversorgungssystem der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die entsprechenden Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten (Aktenzeichen ) Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Soweit der Kläger die Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur AVItech begehrt, hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass die Klage unbegründet ist. Soweit das Sozialgericht über die Einbeziehung dieser Zeiten in die AVIwiss entschieden hat, hat der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Die diesbezügliche Klage vor dem Sozialgericht war bereits unzulässig, weil sie nicht den gleichen prozessualen Anspruch (vgl. BSG SozR 3 1500 § 96 Nr. 6; SozR 3 1500 § 29 Nr. 1) wie die ursprünglich gegen die angefochtenen Bescheide erhobene Klage betraf und damit ein neuer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt worden ist. Gegenstand des Verfahrens war allein das Begehren auf Feststellung der Zeiten als Zugehörigkeitszeiten zur AVItech, nicht jedoch die Feststellung der Zeiten als Zugehörigkeitszeiten zur AVIwiss. Der Kläger hat erst im Klageverfahren letzteren Anspruch geltend gemacht. Das Sozialgericht war nicht befugt, über die Verpflichtungsklage auf Einbeziehung in die AVIwiss zu entscheiden, auch wenn sich die Beklagte auf diese Erweiterung im Sinne einer Klageänderung eingelassen haben sollte (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG). Denn auch eine gegebenenfalls zulässige Klageänderung entbindet das Gericht nicht, die Zulässigkeit der geänderten Klage zu prüfen, da für diese sämtliche Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen müssen, also bei der Verpflichtungsklage auch diejenige eines im Vorverfahren angegriffenen und überprüften Verwaltungsaktes (§§ 54 Abs. 1, 78 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG). Über den mit der Klageerweiterung geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der Zeit als Zugehörigkeitszeit zur AVIwiss hat die Beklagte aber nicht zuvor durch in einem Vorverfahren überprüften Verwaltungsakt entschieden, so dass die Klage als unzulässig abzuweisen gewesen wäre.
Die Klage auf Feststellung der Zeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech konnte schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst wird. Maßstabnorm ist § 1 Abs. 1 AAÜG. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die aufgrund der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem im Beitrittsgebiet erworben worden sind (Satz 1). Soweit Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (Satz 2). Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt; er hätte vorausgesetzt, dass der Kläger in der DDR zunächst durch einen staatlichen Akt in ein Versorgungssystem einbezogen und dann zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend den Regelungen des Systems ausgeschieden wäre. Der Kläger war auch zu keinem Zeitpunkt Inhaber eines bestehenden Versorgungsanspruchs oder einer bestehenden Versorgungsanwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
Dem Anwendungsbereich des AAÜG konnte der Kläger nur unterfallen, wenn er eine fiktive Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom BSG vorgenommenen erweiterten Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gehabt hätte. Auch diese Voraussetzung ist hinsichtlich des Versorgungssystems der AVItech nicht erfüllt.
Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 01. August 1991, dem In Kraft Treten des AAÜG, an. Dies folgt aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des Einigungsvertrages. Da aufgrund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab 01. Juli 1990 nicht mehr zulässig waren, ist darauf abzustellen, ob der Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) einen "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.
Bei dieser Bewertung ist auf die Regelungen der Versorgungssysteme abzustellen, wie sie sich aus den Texten der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. Seite 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO AVItech (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. Seite 487) ergeben. Nach § 1 VO AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 2. DB hing ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell war dieses System eingerichtet für
- Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und - die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar - in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens
(vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 10. Februar 2005, B 4 RA 48/04 R, SGb 2005, S. 230).
Der Kläger als Diplom-Geologe war jedoch, wie sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht zutreffend festgestellt haben, nicht berechtigt, eine Berufsbezeichnung zu führen, die ihm die Einbeziehung in die AVItech ermöglichte. Insoweit nimmt der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass zu dem in § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB genannten Personenkreis Diplom-Geologen nicht gehörten. Wie sich aus § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB ergibt, war für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB gerade die Führung eines entsprechenden "Titels" wesentlich. Denn nach § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB konnten neben den in Satz 2 genannten Personen außerdem auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen einbezogen werden, die verwaltungstechnische Funktionen bekleideten, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers hatten, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausübten. Gerade der letzte Teilsatz macht aber hinreichend deutlich, dass grundsätzlich maßgebend für die Einbeziehung in die AVItech die (berechtigte) Führung eines bestimmten, in § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB aufgeführten Titels war und nicht unter den weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB im Wege, einer allerdings aus bundesrechtlicher Sicht nicht nachholbaren (Einzel ) Ermessens-entscheidung weitere Personengruppen einbezogen werden konnten. Der Titel eines Diplom-Geologen entspricht keinem der in § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB genannten Titel oder Berufsbezeichnungen und war auch nicht gemäß § 1 Abs. 2 der VO über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12. April 1962 (GBl. II Seite 278) dem gleichgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 B 4 RA 107/00 R zum vergleichbaren Sachverhalt eines Diplom-Chemikers; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 B 4 RA 117/00 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht gegeben waren.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten als Zusatzversorgungsträger, die Zeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Alterversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen.
Der 1941 geborene Kläger erwarb am 05. Juli 1967 den akademischen Grad eines Diplom-Geologen. Ab dem 01. September 1969 war er als Ingenieur bei dem VEB P- und K "K", Betriebsteil LGS, ab dem 01. Juli 1969 bei dem VEB R B, G, bis 31. Dezember 1976 beschäftigt. Ab dem 01. Januar 1977 war der Kläger bei dem VEB B und S, W, über den 30. Juni 1990 hinaus als Gruppenleiter Projektierung beschäftigt.
Der Kläger trat zum 01. Oktober 1976 der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem hat der Kläger bis zum 30. Juni 1990 nicht erhalten.
Am 09. Mai 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzanwartschaften aus dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Mit Bescheid vom 29. Mai 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ab. Die Qualifikation als Diplom-Geologe entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers.
Den hiergegen mit der Begründung, der Abschluss als Diplom-Geologe beinhalte das Wissen, das für einen Techniker der Spezialgebiete, wie bei einem Ingenieur des Bergbaus, nötig sei, erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Januar 2002 zurück. Dem Begehren, Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen, könne nicht entsprochen werden, da die Qualifikation als Diplom-Geologe nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers entspreche. Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei unbeachtlich.
Hiergegen hat der Kläger am 29. Januar 2002 bei dem Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und den Antrag angekündigt, die Zeit vom 01. September 1967 bis zum 31. Juni 1992 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2005 wiesen die Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf hin, dass auch noch die so genannte "Lehrerintelligenz" in Betracht käme. Gerade deshalb solle auch in diese Richtung eine entsprechende Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch die Beklagte erfolgen. Der Klageantrag solle deshalb vorsorglich um den Hilfsantrag der Feststellung der bezeichneten Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz für Pädagogen erweitert werden.
Das Sozialgericht hat dem Vortrag des Klägers den Antrag entnommen,
die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 2001 in Form des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2002 zu verpflichten, die Zeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie entsprechende Arbeitsverdienste festzustellen
und mit Gerichtsbescheid vom 02. November 2005 die Klage abgewiesen. Dem Kläger sei das Recht, den Titel eines Ingenieurs zu tragen, nicht verliehen worden. Er habe deshalb keine Versorgungsanwartschaft in der AVItech erworben. Er habe auch keinen bundesrechtlich fingierten Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage in der AVIwiss. Als Diplom-Geologe erfülle er zwar die persönlichen Anwendungsvoraussetzungen, dennoch habe der Kläger im Hinblick auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb nicht dem Kreis der obligatorisch in die Versorgungsordnung Einzubeziehenden angehört.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 07. November 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06. Dezember 2005 Berufung eingelegt und trägt vor, er sei berechtigt, auch die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Der Abschluss des Diplom-Geologen umfasse das gesamte Wissen eines Ingenieurs für Bergbau. Für diese Qualifikation besitze er lediglich keine Titulierung in Form einer Urkunde. Das Sozialgericht habe weiterhin fehlerhaft zugrunde gelegt, dass ein volkseigener Betrieb nicht zu den wissenschaftlichen Einrichtungen der DDR gehöre.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 02. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Altersversorgungssystem der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die entsprechenden Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten (Aktenzeichen ) Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Soweit der Kläger die Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur AVItech begehrt, hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass die Klage unbegründet ist. Soweit das Sozialgericht über die Einbeziehung dieser Zeiten in die AVIwiss entschieden hat, hat der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Die diesbezügliche Klage vor dem Sozialgericht war bereits unzulässig, weil sie nicht den gleichen prozessualen Anspruch (vgl. BSG SozR 3 1500 § 96 Nr. 6; SozR 3 1500 § 29 Nr. 1) wie die ursprünglich gegen die angefochtenen Bescheide erhobene Klage betraf und damit ein neuer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt worden ist. Gegenstand des Verfahrens war allein das Begehren auf Feststellung der Zeiten als Zugehörigkeitszeiten zur AVItech, nicht jedoch die Feststellung der Zeiten als Zugehörigkeitszeiten zur AVIwiss. Der Kläger hat erst im Klageverfahren letzteren Anspruch geltend gemacht. Das Sozialgericht war nicht befugt, über die Verpflichtungsklage auf Einbeziehung in die AVIwiss zu entscheiden, auch wenn sich die Beklagte auf diese Erweiterung im Sinne einer Klageänderung eingelassen haben sollte (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG). Denn auch eine gegebenenfalls zulässige Klageänderung entbindet das Gericht nicht, die Zulässigkeit der geänderten Klage zu prüfen, da für diese sämtliche Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen müssen, also bei der Verpflichtungsklage auch diejenige eines im Vorverfahren angegriffenen und überprüften Verwaltungsaktes (§§ 54 Abs. 1, 78 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG). Über den mit der Klageerweiterung geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der Zeit als Zugehörigkeitszeit zur AVIwiss hat die Beklagte aber nicht zuvor durch in einem Vorverfahren überprüften Verwaltungsakt entschieden, so dass die Klage als unzulässig abzuweisen gewesen wäre.
Die Klage auf Feststellung der Zeit vom 01. September 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech konnte schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst wird. Maßstabnorm ist § 1 Abs. 1 AAÜG. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die aufgrund der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem im Beitrittsgebiet erworben worden sind (Satz 1). Soweit Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (Satz 2). Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt; er hätte vorausgesetzt, dass der Kläger in der DDR zunächst durch einen staatlichen Akt in ein Versorgungssystem einbezogen und dann zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend den Regelungen des Systems ausgeschieden wäre. Der Kläger war auch zu keinem Zeitpunkt Inhaber eines bestehenden Versorgungsanspruchs oder einer bestehenden Versorgungsanwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG.
Dem Anwendungsbereich des AAÜG konnte der Kläger nur unterfallen, wenn er eine fiktive Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom BSG vorgenommenen erweiterten Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gehabt hätte. Auch diese Voraussetzung ist hinsichtlich des Versorgungssystems der AVItech nicht erfüllt.
Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 01. August 1991, dem In Kraft Treten des AAÜG, an. Dies folgt aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des Einigungsvertrages. Da aufgrund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab 01. Juli 1990 nicht mehr zulässig waren, ist darauf abzustellen, ob der Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) einen "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.
Bei dieser Bewertung ist auf die Regelungen der Versorgungssysteme abzustellen, wie sie sich aus den Texten der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. Seite 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO AVItech (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. Seite 487) ergeben. Nach § 1 VO AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 2. DB hing ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell war dieses System eingerichtet für
- Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und - die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar - in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens
(vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 10. Februar 2005, B 4 RA 48/04 R, SGb 2005, S. 230).
Der Kläger als Diplom-Geologe war jedoch, wie sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht zutreffend festgestellt haben, nicht berechtigt, eine Berufsbezeichnung zu führen, die ihm die Einbeziehung in die AVItech ermöglichte. Insoweit nimmt der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass zu dem in § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB genannten Personenkreis Diplom-Geologen nicht gehörten. Wie sich aus § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB ergibt, war für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB gerade die Führung eines entsprechenden "Titels" wesentlich. Denn nach § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB konnten neben den in Satz 2 genannten Personen außerdem auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen einbezogen werden, die verwaltungstechnische Funktionen bekleideten, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers hatten, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausübten. Gerade der letzte Teilsatz macht aber hinreichend deutlich, dass grundsätzlich maßgebend für die Einbeziehung in die AVItech die (berechtigte) Führung eines bestimmten, in § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB aufgeführten Titels war und nicht unter den weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 3 der 2. DB im Wege, einer allerdings aus bundesrechtlicher Sicht nicht nachholbaren (Einzel ) Ermessens-entscheidung weitere Personengruppen einbezogen werden konnten. Der Titel eines Diplom-Geologen entspricht keinem der in § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. DB genannten Titel oder Berufsbezeichnungen und war auch nicht gemäß § 1 Abs. 2 der VO über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12. April 1962 (GBl. II Seite 278) dem gleichgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 B 4 RA 107/00 R zum vergleichbaren Sachverhalt eines Diplom-Chemikers; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 B 4 RA 117/00 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht gegeben waren.
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