L 23 B 87/07 SO PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 47 SO 65/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 87/07 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. April 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Kläger begehren im Beschwerdeverfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das vor dem Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 47 SO 65/07 geführte Klageverfahren, in dem um die Gewährung von Winterbekleidungsbeihilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für das Jahr 2004 gestritten wird.

Die zulässige Beschwerde gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. April 2007, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.

Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz - SGG - in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn - neben anderen Voraussetzungen - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die von den Klägern erhobene Klage bietet bei summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Bei der von den Klägern begehrten einmaligen Beihilfe für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, nämlich den Winter 2004, ist der Grundsatz "Keine Sozialhilfe für die Vergangenheit" zu berücksichtigen (vgl. BVerwGE 90, 154/156; 96, 152/154 f.). Sozialhilfe ist nach ihrem Wesen, Sinn und Zweck Hilfe in gegenwärtiger Not. Nach Wegfall der Notlage ist die Gewährung von Sozialhilfe grundsätzlich ausgeschlossen. Entsprechend ihrer Eigenart als Hilfe in gegenwärtiger Not setzt die gerichtliche Verpflichtung zu einer Sozialhilfeleistung grundsätzlich voraus, dass die Notlage, insbesondere der Hilfebedarf, auch noch zur Zeit der (letzten) tatrichterlichen Entscheidung besteht (BVerwGE 99, 149/156). Das ist hier bezüglich der geltend gemachten Bekleidung für den Winter 2004 naturgemäß nicht mehr der Fall.

Ausnahmen vom Erfordernis eines tatsächlich noch bestehenden Bedarfs hat das Bundesverwaltungsgericht, dem der Senat folgt, insbesondere bei einer zwischenzeitlichen Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder der Hilfe Dritter, immer bei zwei Fallgestaltungen zugelassen: In Eilfällen um der Effektivität der gerichtlichen Gewährung des Sozialhilfeanspruchs Willen und bei Einlegung von Rechtsbehelfen um der Effektivität des Rechtsschutzes Willen (vgl. BVerwGE 90, 154/156; 94, 127/133; 96, 152/155 f.).

Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass die Einklagbarkeit abgelehnter Sozialhilfe uneffektiv wäre, wenn der Träger der Sozialhilfeleistungen diese auf Jahre hinausschieben oder gar den mit allem bekannt gewordenen Bedarf entstandenen Anspruch vereiteln könnte. Das Fortbestehen des Bedarfs über den maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung hinaus wird hier gleichsam fingiert. Voraussetzung dieser Ausnahme ist eine Beschreitung des Rechtsweges. Demjenigen, der im Falle akuten Bedarfs an laufender Hilfe nicht die gebotenen Rechtsschutzmöglichkeiten – im Jahr 2004 wäre dies ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 123 VwGO gewesen - ergreift, kann dieses vergangenheitsbezogen anspruchsvernichtend entgegengehalten werden. So liegt der Fall hier, die Kläger haben seinerzeit den Rechtsweg zur Erlangung einer Bekleidungsbeihilfe für den Winter 2004 nicht beschritten.

Die andere Ausnahme kommt in Eilfällen um der Effektivität der gesetzlichen Gewährung des Rechtsanspruchs des Bürgers auf Fürsorgeleistungen Willen in Betracht (BVerwG, Urteile vom 22.2.1967, BVerwGE 26, 217, und vom 30.4.1992, BVerwGE 90,154) so auch bei einer zwischenzeitlichen Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe (§ 2 Abs. 1 BSHG) oder Hilfe Dritter, wenn es dem Hilfesuchenden nicht zuzumuten war, die Entscheidung des Sozialhilfeträgers abzuwarten (Säumigkeit des Sozialhilfeträgers). Auch auf diese Ausnahme lässt sich das Klagebegehren nicht stützen. Denn Voraussetzung ist zum Einen, dass der Bedarf tatsächlich gedeckt worden ist und zum Anderen, dass sich diese Vermögensbelastung bis heute fortsetzt, etwa wegen einer Unterstützung durch Dritte, die diese nur vorschussweise an Stelle der eintrittspflichtigen Sozialhilfe geleistet hätten. Vorliegend fehlt es bereits an einem Nachweis einer seinerzeit erfolgten Bedarfsdeckung.

Der Umstand dass, wie der Prozessbevollmächtigte der Kläger ausführt, Bekleidung und Schuhe keine Wertsachen sind, bei denen man regelmäßig nach mehr als zwei Jahren noch über Belege verfügt, führt nicht dazu, dass bei Nichtvorlage entsprechender Belege die tatsächliche Anschaffung dieser Gegenstände unterstellt werden kann. Kann ein Leistungsberechtigter die vorschussweise Bedarfsdeckung auf eigene Kosten nicht nachweisen, so kann nur davon ausgegangen werden, dass der Bedarf entweder ungedeckt geblieben ist oder durch Zuwendungen Dritter (etwa durch Kleiderspenden oder sonstige Schenkungen) befriedigt worden ist.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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