L 27 U 70/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 15 U 89/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 U 70/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Oktober 2002 (S 15 U 89/01) aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Beurteilung einer Gesundheitsstörung des Klägers im Bereich des rechten Schultergelenkes als Berufskrankheit (BK) bzw. als Folge einer BK.

Der 1948 geborene Kläger arbeitete ab 1968 im Wesentlichen als Feuerungs- (bzw. Kessel)maurer. Dabei hatte er u. a. Schornsteinreparaturen und Feuerungsreparaturen (an Verbrennungsöfen) vorgenommen. Der Kläger war auf wechselnden Montagebaustellen eingesetzt, verwendete während der Ausführung seiner beruflichen Tätigkeiten, insbesondere bei Abbrucharbeiten Druckluftgeräte und war dabei den entstehenden Vibrationen bzw. Erschütterungen ausgesetzt. Auf die ärztliche Anzeige über eine BK vom 14. Juli 1999, in der Schmerzen der rechten Schulter des Klägers angezeigt worden waren, ermittelte die Beklagte und holte insbesondere Krankenunterlagen behandelnder Ärzte ein. Danach war der Kläger im Juli 1999 im Universitätsklinikum C, K stationär behandelt worden aufgrund erheblicher Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten Schultergelenks. Diagnostiziert wurde dort eine partielle Humeruskopfnekrose rechts. Ein von der Beklagten eingeholter Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes vom 12. April 2004 ergab, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Feuerungsmaurer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Belastungen bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen ausgesetzt war. Nach der Berechnung der Schwingungsbelastung während der gesamten Tätigkeit mit Ganzkörper - Hand-Arm-Vibrationsexposition - wurde die Vibrationsexposition dahingehend beurteilt, dass der Kläger gesundheitsbeeinträchtigend tätig gewesen sei.

Seit 01. März 2000 bezieht der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Die Beklagte holte ein Gutachten ein, das Prof. Dr. D, Arzt der Klinik für Orthopädie der Universitätskliniken Canlässlich der Untersuchung des Klägers vom 02. März 2001 am 09. März 2001 erstattete. Er gelangte zu der Beurteilung, dass die Humeruskopfnekrose des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht Folge einer beruflichen Teilkörpervibrationstätigkeit mit Pressluftwerkzeugen sei. Die typischerweise auftretende Affektion der gesamten Bewegungskette Hand-, Ellenbogengelenk-, Schultergelenk-, Acromioclavikulargelenk, Halswirbelsäule sei praktisch bis auf den Hauptbefund nach aspetischer Knochennekrose am Humeruskopf rechts unauffällig. Gerade bei den beruflichen Schädigungen durch Pressluftarbeiten bleibe sogar das Humeroglenoidalgelenk typischerweise ausgespart.

Mit Bescheid vom 14. Mai 2001 hat die Beklagte die Anerkennung der Beschwerden der rechten Schulter nach § 9 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) i. V. m. der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) abgelehnt. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den als beruflich verursachten angeschuldigten Schultergelenksbeschwerden und der ausgeübten beruflichen Tätigkeit sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Bei der vorliegenden Nekrose (Gewebstod) des rechten Oberarmknochenkopfes handele es sich nicht um ein Krankheitsbild im Sinne der Listennummer 2103, da durch Erschütterungen durch Druckluftwerkzeuge eine isolierte Schädigung dieser Gelenke aus biomechanischer Sicht nicht möglich sei. Die Anerkennung einer solchen Erkrankung als BK wäre lediglich im Rahmen einer so genannten Kettenerkrankung des rechten Armes möglich, d. h. es müssten auch am Hand- bzw. Ellenbogengelenk mindestens gleichwertige krankhafte Veränderungen vorliegen, was im Fall des Klägers nicht der Fall sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers, mit dem er auch besonders erschwerende Umstände insbesondere Stemmarbeiten hinwies, hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juli 2001 zurückgewiesen.

Mit der am 27. Juli 2001 beim Sozialgericht (SG) Cottbus eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt, die Anerkennung von Beschwerden im Bereich des rechten Schultergelenks als BK nach Ziffer 2103 der Anlage zur BKV zu erlangen. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, dass bei der vom Kläger vorgetragenen Belastung über viele Jahre eine Nekrose am Humeruskopf alles andere als überraschend sei. Der grundsätzliche und schwerwiegende Mangel der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachtens bestehe darin, dass es gewissermaßen vom Normalfall einer Bohrbelastung ausgehe und sich mit den dargelegten zusätzlichen Erschwernissen nicht auseinandersetze. So bestehe ein weiteres ganz erhebliches Erschwernis darin, dass der Kläger fast die Hälfte seiner Arbeitszeit mit den angeführten Werkzeugen im Feuerungsbau noch schräg über den Kopf habe arbeiten müssen. Er sei schon während der Lehrzeit mit dem stets verhältnismäßig schweren Druckluftwerkzeugen eingesetzt gewesen. Infolge des ständigen Arbeitskräftemangels in der ehemaligen DDR sei die Einsatzzeit, in der er mit den knapp vorhandenen Druckluftwerkzeugen arbeiten musste, ständig auf eineinhalb Schichten ausgedehnt worden. Unter Berücksichtigung dieser Schichtüberschreitungen müsse von einem Prozentsatz von mindestens 35 v. H. der gesamten normalen Arbeitszeit mit erschütterungsintensiven Geräten ausgegangen werden.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

1. der Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2001 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die beim Kläger bestehende Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach operiertem Knorpelschaden am rechten Oberarmkopf (Osteochondritis dissecans) Folge einer Berufskrankheit der Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigte ihre Entscheidungen.

Das SG holte ein Gutachten ein, das der Facharzt für Orthopädie Dr. J aufgrund körperlicher Untersuchung des Klägers am 18. März 2002 erstattete. Er kam zu der Beurteilung, beim Kläger liege eine deutliche Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Knorpelschaden am Oberarmkopf als Osteochondrosis dissecans bezeichnete Knorpelerkrankung vor. Der durch die Herauslösung von freien Gelenkkörpern entstandene Defekt an der Gelenkknorpeloberfläche bedinge auch jetzt noch eine Störung der Gelenkmechanik. Für die Entstehung dieser Erkrankung sei eine Expositionszeit schon weniger als zwei Jahren anerkannt. Ein zeitlicher Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers unter Einwirkung von Teilkörpervibrationen werde bei der zehnjährigen Tätigkeit des Klägers durchaus gesehen. Ursache der Entstehung der Krankheit seien die intensiven stoßhaltigen Schwingungsbelastungen unter aktivem An- und Gegendruck des menschlichen Körpers, der Hand, des Armes, der Schulter und der Brustwand, die sich schädigend auswirken könnten. Allgemeine und gleichwertige verteilte Arthrosen an den Hand-, Ellenbogen- und Schultergelenken seien nicht erkennbar, die über das altersgemäße Maß hinausgingen. Er beantwortete die gerichtlichen Fragen aus der Beweisanordnung wie folgt:

"1. Bei dem Kläger besteht eine Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach operiertem Knorpelschaden am rechten Oberarmkopf (Osteochondritis dissecans). 2. Diese Beeinträchtigungen sind kausal auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zurückzuführen. Die Berufstätigkeit mit jahrzehntelanger Betätigung von Druckluftwerkzeugen und gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen, die Erschütterungen verursachen, war geeignet, die Erkrankung bei dem Kläger hervorzurufen. 3. Die Erhebungen des technischen Aufsichtsdienstes der Berufsgenossenschaft, aber auch die medizinischen Befunderhebungen sprechen für einen ursächlichen Zusammenhang der festgestellten Beeinträchtigungen mit der Berufstätigkeit. Einerseits hat die Universitätsklinik Dresden eine Anzeige über eine Berufskrankheit gemacht, andererseits will sie diese gutachterlich nicht anerkennen. Hier ergeben sich unverständliche Diskrepanzen. Der Operationsbericht und schließlich die histologische Untersuchung ist Nachweis für einen frischen Gewebsschaden. 4. Die festgestellten Beeinträchtigungen haben sich schleichend ab 1999 und früher eingestellt. 5. Bei dem Kläger liegen keine konstitutionellen Faktoren oder Vorschäden vor, die als konkurrierende Ursachen angesehen werden können neben der beruflichen Tätigkeit. 6. Da keine konkurrierenden Ursachen vorhanden sind, haben sich diese auch nicht als Krankheitsgeschehen manifestiert. 7. Ein vorbestehendes Leiden ist nicht verschlimmert worden. 8. Es ist nicht anzunehmen, dass der zu Tage getretene Körperschaden auch durch jede andere alltäglich vorkommende Belastung ausgelöst worden wäre und auch nicht durch ein beliebig austauschbares äußeres Ereignis zum gleichen Zeitpunkt der Körperschaden verursacht worden wäre. Es ist keineswegs anzunehmen, dass das Ausmaß des Gesundheitsschadens spontan hätte entstehen können. 9. Die durch die berufliche Tätigkeit des Klägers bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit mit der Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes wird nach den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung mit einer Minderung von 10 % eingestuft. 10. Die MdE von 10 % ergibt sich nach Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit. 11. Eine Besserung der Funktionseinschränkungen im rechten Schultergelenk ist kaum zu erwarten. 12. Der medizinischen Beurteilung des bereits vorliegenden Gutachtens von Dr. S des Universitätsklinikums Dvermag ich nicht zuzustimmen. Die Abweichungen ergeben sich durch die oben ausgeführte Beurteilung. Für mich ist ein Zusammenhang der Entstehung der Erkrankung am rechten Schultergelenk eindeutig auf die Erschütterungen bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen und gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen zurückzuführen und damit eine Berufserkrankung nach Nr. 2103.".

Die Beklagte nahm Bezug auf eine Stellungnahme ihres beratenden Arbeitsmediziners Dr. F vom 17. April 2002. Insbesondere führte er aus:

"Zu dem orthopädischen Gutachten des Kollegen Jendryschik ist auszuführen, dass nach dem histologischen Befund nur relativ geringe degenerative Veränderungen des untersuchten Gelenkknorpels am Oberarmknochen vorzufinden waren, jedoch ausgedehnte Nekrosen subchontral, bzw. des dort gelegenen Knochenmarkes. Ferner zeigten sich keine Hinweise auf reparative Vorgänge im Sinne einer Kallusbildung. Dieser Befund findet sich in Kopie auf Seite 139 der Gerichtsakte und auf Seite 15 des genannten Gutachtens. Es ist also darauf hinzuweisen, dass eine primäre Schädigung des Knorpels im Sinne degenerativer Veränderungen mit Knorpelhöheminderung, Brüchigkeit und Rissbildung in dem geschädigten Gebiet sich nur andeutungsweise findet, dass jedoch Zystenbildungen vorliegen und eine ausgedehnte Nekrose subchondral und im Bereich des Knochenmarkes, hindeutend auf den primären Gefäßprozess, welcher der Osteochondrosis dissecans zugrunde liegt. Wegen der schweren Durchblutungsstörung der geschädigten Region konnten reparative Veränderungen im Sinne von Knochenneubildung mit Kallusgewebe so gut wie nicht nachgewiesen werden. Die weiteren unter Einwirkung stehenden Gelenke der rechten oberen Extremität, also Hand- und Ellenbogengelenke sind praktisch altersentsprechend normal und seitengleich unauffällig, auch die linke Schulter ist unauffällig. Die hier vorliegende Osteochondrosis umfasst einen sehr großen Bezirk im Bereich des Oberarmknochens, die Beschwerden traten praktisch plötzlich auf und steigerten sich zur Unerträglichkeit, welche die Fortführung der Berufstätigkeit unmöglich machte.

Zu Recht erfolgte der Hinweis auf Alkoholkonsum und Metabolisches Syndrom, in der Akte findet sich eine beträchtliche Adipositas (169 cm Körpergröße, 87 kg Gewicht) sowie deutlich pathologische Konstellationen der Blutfettwerte und der Leberwerte, die auf Alkoholmissbrauch hindeuten. In der Vorgeschichte sind transitorische chemische Attacken beschrieben, die bei entsprechender Stoffwechselkonstellation mit Missbrauch von Alkohol häufig zu finden sind. Es entwickelte sich ein ebenfalls sehr typisches Bild bei dem Grundleiden, eine chronische subdurales Hämatom, welches operiert werden musste.

Bekannt sind Blutgerinnungsstörungen in Verbindung mit Metabolischem Syndrom und gestörtem Fettstoffwechsel, nicht selten sind bei diesem Krankheitsbild offenbar Cholesterinembolien vorhanden, die an kritischer Stelle auftretend zu typischen Organschäden führen. An Gelenken bedeutet dies im Bereich der terminalen Arteriolenendungen, dass das versorgte Knochen- und Knorpelgebiet abstirbt hinter dem thrombosierten Gefäßareal. Das typische Bild einer Osteochondrosis dissecans entsteht, diese findet sich häufig an bestimmten Stellen im Bereich des Oberarmes, der Beugerolle des Oberschenkels und des Hüftkopfes. Personen mit metabolischen Störungen der genannten Art stehen unter höherem Risiko, vergleichsweise Erkrankungen mit Durchblutungsstörungen des Gehirns sind bei dem Versicherten ebenfalls in der Vergangenheit dokumentiert."

Dr. J nahm dazu am 17. Mai 2002 ergänzend Stellung und verwies darauf, gerade der histologische Befund sei für die Entstehung der BK maßgebend und beweisend, nämlich die ausgedehnten subchondralen Nekrosen mit mangelnden reparativen Vorgängen im Sinne einer Kallusbildung. Der Befund stelle eine primäre Schädigung durch konstante Stoßwirkungen und Schwingungsbelastung dar.

Das SG hat aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. Oktober 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Bescheides vom 14. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2001 wird festgestellt, dass die beim Kläger bestehende Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach operiertem Knorpelschaden am rechten Oberarmkopf (Osteochondritis dissecans) Folge der Berufskrankheit Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ist.

Zur Begründung bezog sich das SG insbesondere auf das Gutachten von Dr. J. Abzustellen sei auf die physiologische Belastung der jeweiligen Gelenke. In der Literatur finde sich die Aussage, dass neben dem Hand- und Ellenbogengelenk auch das Schultergelenk - wenn auch nur vergleichsweise seltener - betroffen sein könne. Der Kläger habe glaubhaft bekundet, dass es bei Stemmarbeiten schräg nach oben bzw. zur Decke erforderlich sei, das Gerät auf der rechten Schulter bzw. Brust abzustellen. Die rhythmischen Rückstoßerschütterungen hätten somit zuerst das Schultergelenk getroffen und seien von diesem durch aktive Gegenwirkung abgefangen worden. Dies habe der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 17. Mai 2002 festgestellt. Aus diesen Bedingungen lasse sich ableiten, dass eine starke Beugung im Ellenbogengelenk und Abwinkelung im Handgelenk zum Werkzeug durchgeführt worden sei, so dass die Schwingungsbelastung diese Gelenke nicht direkt getroffen hätten. Der beratende Arzt Dr. F verkenne, dass die BK 2103 im Gegensatz zu anderen Berufskrankheiten ein bestimmtes Krankheitsbild nicht voraussetze, dass die Angaben im Merkblatt nicht in der Weise verbindlich seien, dass ihnen eine Ausschlussfunktion zukomme und hingegen eine Hilfe für die ärztliche Begutachtung darstelle. Auch die im linken Schultergelenk altersgerechten Verhältnisse stellten ein weiteres Indiz dafür dar, dass kein anlagemäßiges Leiden ursächlich geworden sei.

Gegen das der Beklagten am 15. November 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. November 2002 beim Landessozialgericht Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Sie bezog sich zur Begründung auf eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. F vom 09. Dezember 2002, darin wurde insbesondere ausgeführt:

"Aus heutiger Sicht müssen Fettembolisierungen der Arterien, die im Bereich der Knochenendplatte diskrete Versorgungsareale aufweisen, d. h. die keine Anastomosen in der peripheren Gefäßbahn besitzen, als ursächlich für die Mehrzahl der Fälle von Osteochondrosis angeführt werden. Die mutmaßlichen Ursachen sind Hyperlipidämien in Verbindung mit Fehlfunktion und Verfettung der Leber, endogene Produktion fehlerhafter Lipoproteine und Freisetzung von Fettsäuren aus dem Knochenmark (s. Anlage Seite 502). Nach Ansicht des Referenten ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass bei hochgradigen Fettstoffwechselstörungen die Fettsäuren in nichtveresteter Form im Gefäßbett vorliegen, also histochemisch besonders reaktionsfreudig sind und bevorzugt zu Fettembolien durch Ablagerung im Gefäßendothel führen können. In zentralen Anteilen des Knochens werden solche Fettembolien praktisch unbemerkt ablaufen, anders ist dies in peripheren Versorgungsarealen der Gelenke, die aus der Tiefe des Knochens heraus zu Knochen- und sekundär zu Knorpelnekrosen führen. Veränderungen dieser Art haben absolut gar nichts mit beruflichen Entwicklungen zu tun und sind auf der geschilderten pathophysiologischen Grundlage nicht Gegenstand der BK 2103.

Auf die individuellen Risikofaktoren des Versicherten habe ich bereits hingewiesen, hier verweise ich auf meine Stellungnahme vom 17. April 2002. Neuere Literatur lässt auch Beziehungen zu Störungen der Cortisonfreisetzung erkennen, dieses Hormon wird häufig für Hüftkopfnekrosen bei Osteochondrosis dissecans verantwortlich gemacht. Weitere Beweismittel im Sinne einer BK 2103 fehlen durch Nichtbeteiligung der in der Gelenkskette bei kraftschlüssiger Haltung von vibrierenden Gerätschaften mitbeteiligten Gelenke, es finden sich keine Handgelenks-, keine Ellenbogengelenksarthrosen, auch keine einschlägigen Veränderungen im Acromioclaviculargelenk, das infolge der Schereinwirkung aufgrund seiner anatomischen Stellung für Vibrationseinflüsse eine besondere Empfänglichkeit besitzt.

Auf der anderen Seite ergeben sich bei dem Versicherten Hinweise auf weitere gefäßbedingte Organschäden mit subduralem Hämatom und thrombotischen Komplikationen im Rahmen ausgeprägter metabolischer Störungen.

Nach den genannten Ausführungen, die ausführlich die Pathophysiologie der Osteochondrosis dissecans beschreiben aufgrund einschlägiger Gefäßschäden, die sich in der Tiefe des gelenksnahen Knochens abspielen und die keine heute in der Literatur bekannte Beziehung aufweisen zu Vibrationseinwirkungen an den Gelenken, kann eine BK 2103 aus Sicht des Referenten nicht zur Anerkennung vorgeschlagen werden, dem genannten Urteil des Sozialgerichts kann hier nicht gefolgt werden."

Die Beklagte verweist insbesondere darauf, dass es sich bei einer Humeruskopfnekrose um kein typisches Krankheitsbild i. S. der 2103 der Anlage zur BKV handele.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Im Berufungsverfahren wurden Krankenunterlagen behandelnder Ärzte eingeholt. Aufgrund der Beweisanordnung vom 30. Dezember 2002, erstattete Prof. Dr. W am 23. Juni 2004 ein fachorthopädisches Gutachten nach Untersuchung des Klägers vom 30. Juli 2003. Diagnostiziert wurde insbesondere eine Humeruskopfnekrose und Einschränkungen der Beweglichkeit im rechten Schultergelenk, die mit Wahrscheinlichkeit ursächlich im Sinne der Entstehung durch die Tätigkeit des Klägers mit kurzzeitig hohen Beschleunigungswerten durch den Rückstoß von Presslufthämmern und Pressluftmeißeln sowie Pressluftstampfern und Abbauhämmern mit erheblicher Vibrationswirkung entstanden seien. Es liege eine BK nach Nr. 2103 der Liste der BKV vor.

Die Beklagte nahm dazu Stellung mit seiner Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. F. Insbesondere führte er aus, beim Kläger sei kein Krankheitsbild vorhanden, das mit behaupteten Mikrotraumen durch Vibrationseinflüsse vertretbar sei. Es fänden sich am Gelenkknorpel der rechten Schulter lediglich geringe degenerative Veränderungen. Eine durch wiederkehrende Mikrotraumata zu erwartende Kallusgewebsbildung im avitalen Knochenknorpelareal sei nicht feststellbar. Das Krankheitsbild entspreche am ehesten für eine primär gefäßbedingte Entstehung. Nach Literaturrecherchen seien isolierte Veränderungen im Schultergelenk durch Vibrationseinwirkungen nicht zu erwarten, da körperferne Gelenke wie Hände und Ellenbogen wesentlich empfänglicher seien. Der Kläger sei adipös und weise nachweislich Fettstoffwechselstörungen auf. Er zitiert medizinische Literatur, wonach isolierte Veränderungen am Schultergelenk durch Vibrationseinwirkungen nicht zu erwarten seien. Prof. Dr. Wnahm ergänzend Stellung am 28. Januar 2005. Dabei wurde insbesondere ausgeführt, es müsse unstrittig sein, dass der Kläger im Bereich belasteten Körperabschnitte (hier rechte obere Extremität) rezidivierende Mikrotraumata erlitten habe, weil sich derartige rezidivierende Mikrotraumen aus dieser Tätigkeit zwangsläufig definitionsgemäß ergeben würden. Soweit die wiederkehrenden Mikrotraumata von der Beklagten in Frage gestellt würden, weil Veränderungen am Gelenkknorpel nicht nachweisbar seien, könne dies nicht nachvollzogen werden. Der Begriff des Mikrotraumas impliziere absichtlich, dass eben nicht immer ein bestimmter Schaden eintrete und besage lediglich, dass immer wiederkehrende kleinste Gewalteinwirkungen auf eine bestimmte Körperstelle eingewirkt hätten, ohne die Frage zu beantworten, welche Folgen sie dort hervorgerufen haben. Als Gründe für den ursächlichen Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Erkrankung wurden angeführt:

Der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen Ereignis und beruflicher Exposition,

die unmittelbare Betroffenheit der besonders belasteten Extremität (rechte Schulter; der Kläger ist Rechtshänder),

die schrittweise Größenzunahme des nekrotischen Areals über einen längeren Zeitraum bei fortgesetzter Exposition.

Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2005 hat die Beklagte vorgetragen, die Neufassung des ärztlichen Merkblattes zur Listennummer 2103 der Anlage zur BKV sei Anlass einer Überprüfung für sie gewesen. Hierin sei die rein rechnerische Belastungsberechnung durch die Einbeziehung naturgerechter Erholungszeiten der belasteten Körperteile ersetzt worden. Deshalb sei eine Neubewertung aus arbeitstechnischer Sicht veranlasst worden. Danach seien die im neuen Merkblatt aufgeführten Voraussetzungen zur beruflichen Drucklaufbelastung nicht erfüllt.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 11. Oktober 2006 wurde der Zeuge S, ein ehemaliger Kollege des Klägers, durch die Berichterstatterin vernommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 11. Oktober 2006 verwiesen.

Am 13. November 2006 gab Prof. Dr. W eine gutachterliche Stellungnahme ab. Auf die Frage, wie sich seine Beurteilung auf der Grundlage darstelle, dass die bisher in seinem Gutachten zugrunde gelegten multiplen Mikrotraumata als nicht zweifelsfrei feststellbar seien und aus Rechtsgründen nicht in die Beurteilung der Kausalbetrachtung einfließen könnten, antwortete der Gutachter:

"Sofern der Gutachter davon auszugehen hätte, dass die bisher im Gutachten zugrunde gelegten multiplen Mikrotraumata (häufige Durchführung von Arbeiten mit hoher Schwingungsintensität) gar nicht stattgefunden hätten, dann müsste die gutachterliche Bewertung der Ursache der nachgewiesenen Oberarmkopfnekrose anders erfolgen. Es ist im Gutachten (S. 34 des Gutachtens), wie auch in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme, wiederholt darauf hingewiesen, dass Knochennekrosen, d. h. die Folgen von lokalen Durchblutungsstörungen des Knochens, aufgrund unterschiedlichster Ursachen nach derzeitigem medizinischem Kenntnisstand entstehen können; es ist auch darauf hingewiesen worden (S. 3 der zusätzlichen gutachterlichen Stellungnahme), dass im vorliegenden Fall, wie in derartigen Begutachtungsfragen immer, gewisse Unsicherheiten der ursächlichen Einschätzung verbleiben, weil viele unterschiedliche Faktoren für die Entstehung einer Knochennekrose bekannt sind; und weil im vorliegenden Fall aufgrund der Unterlagen und der durchgeführten Untersuchung auch sonstige Risikofaktoren (neben der beruflichen Exposition) vorhanden sind."

Des Weiteren antwortete er auf die Frage, welche Aussagekraft dem histologischen Befund aus dem Institut für Pathologie des Universitätsklinikum C der TDvom 13. Juli 1999 und dem OP-Bericht mit OP-Bericht 07. Juli 1999 zukämen: "Dem histologischen Befund aus dem Institut für Pathologie des Universitätsklinikums C und dem Operationsbericht zum Operationsdatum vom 07. Juli 1999 (Bl. 139 bzw. 140 der Verwaltungsakte) kommt lediglich insofern Aussagekraft zu, als hierdurch das Vorliegen einer Osteonekrose (Knochennekrose als Folge einer regionalen Knochendurchblutungsstörung) unzweifelhaft nachgewiesen worden ist".

Auf die Frage, weshalb eine schrittweise Größenzunahme des nekrotischen Areals über einen längeren Zeitraum als fortgesetzte Exposition ein Argument für den Kausalzusammenhang sei, wenn selbst nach Aufgabe der Exposition noch eine Verschlimmerung oder eine erstes Erscheinen möglich sei, antwortete der Gutachter:

"Ein erstes klinisches Erscheinen einer Osteonekrose kann auch noch nach Aufgabe der Exposition, wie oben ausgeführt, eintreten, da der Eintritt der Osteonekrose selbst symptomlos verläuft, und die Symptome erst mit zeitlichem Verzug einsetzen.

Eine Verschlimmerung der Sekundärveränderungen des Gelenkes nach eingetretener Osteonekrose kann im weiteren Verlauf ohne weitere Exposition eintreten; dabei handelt es sich aber um eine Verschlimmerung der Arthrose, und nicht etwa um eine Vergrößerung des abgestorbenen Knochenareals. Wenn es zu einer Vergrößerung des eigentlichen nekrotischen Bezirkes im Laufe der Zeit kommt, dann sind hierzu neuerliche Verschlüsse von Blutgefäßen, die vorher noch (z. B. partiell) durchgängig waren, erforderlich. Hierzu ist - darauf ist oben wiederholt eingegangen - nach derzeitigem medizinischen Kenntnisstand ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Exposition und neuem Gefäßverschluss/Nekroseeintritt erforderlich. Insofern die schrittweise Größenzunahme eines nekrotischen Knochenareals bei fortgesetzter Exposition gegenüber einem schädigenden Agens ein Argument für den Kausalzusammenhang darstellt; zumal bei den so genannten metabolischen Osteonekrosen ein wiederholtes, zeitlich gestaffeltes Auftreten von Osteonekrosen am gleichen Erfolgsort in der Literatur nicht bekannt ist."

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die dem Senat vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide, mit denen sie abgelehnt hat, beim Kläger bestehende Gesundheitsstörungen als BK anzuerkennen, sind rechtmäßig. Das angefochtene Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die im angefochtenen Urteil erfolgte Feststellung der beim Kläger bestehende Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach operiertem Knorpelschaden am rechten Oberarmkopf (Osteochondritis dissecans) als Folge einer BK Nr. 2103 der Anlage zur BKV lässt sich zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) nicht begründen. Eine BK der Nr. 2103 der Anlage zur BKV ist nicht feststellbar.

BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. Nr. 2103 der Anlage zur BKV Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen.

Der Senat legt seiner Beurteilung zugrunde, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit gefährdend im Sinne der BK Nr. 2103 gearbeitet hat.

Allerdings lässt sich ein Ursachenzusammenhang zwischen den Erschütterungen bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen und der festgestellten Erkrankung des Klägers nicht feststellen. Der Senat legt hierfür die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zugrunde. Danach gilt für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im Berufskrankheitenrecht, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese hat zur Grundlage die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich, aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ergebnis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach den Einwirkungen, Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung an individuellen Versicherten sind in der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung positiv festgestellt werden muss und hierfür hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, nicht jedoch die Möglichkeit (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 13/05 R -).

Nach diesen Maßstäben vermag der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 SGG den Ursachenzusammenhang nicht positiv festzustellen. Die Osteochondrosis dissecans ist die hier zu beurteilende Erkrankung und damit eine Sonderform der BK 2103. Die Erkrankung ist ein Gelenkschaden durch Knochennekrosen (vgl. SVG Prof. Dr. W Blatt 354 i. V. m. mit dem den Beteiligten bekannt gegebenen Aufsatz von Frank, Gelenkerkrankungen durch Erschütterungen bei der Arbeit , Zentralblatt für Arbeitsmedizin (Zbl Arbeitsmed.) 56 (2006) (194-210)).

Das SG hat bereits hingewiesen, dass es sich dabei um eine Sonderform der BK 2103 handelt. Epidemiologisch vertretbare Informationen über diese Sonderform der BK 2103 fehlen weitgehend, (Hartmann, Zbl Arbeitsmed. 56 S. 184-193, so auch Laarmann, Berufskrankheiten nach mechanischen Einwirkungen 2. Auflage 1977 S. 38). Auch Prof. Dr. W erkennt dies und verweist entsprechend darauf, dass das Merkblatt zur BK 2103 ausdrücklich auf die arthrotischen knorpelgeschädigten Veränderungen bezogen ist und nicht auf die Folge lokaler Durchblutungsstörungen. Die Knochennekrose ist wiederum eine Erkrankung mit multifaktorieller Ätiologie. Hierauf gründend vermag der Senat den Ursachenzusammenhang nicht positiv festzustellen.

Soweit Prof. Dr. W in seinem Gutachten zu der Beurteilung gelangt, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei ein ursächlicher Zusammenhang langjähriger Überkopfarbeit mit Vibrationsgeräten und der Oberarmnekrose anzunehmen, vermag seine Begründung nicht zu überzeugen. Er zieht zur Beurteilung zur Begründung heran:

a) "Der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen Ereignis und beruflicher Exposition" b) "Die unmittelbare Betroffenheit der besonders belasteten Extremität (rechte Schulter, der Kläger ist Rechtshänder)" c) "Die schrittweise Größenzunahme des nekrotischen Areals über einen längeren Zeitraum unter fortgesetzten Expositionen".

Insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass weitgehend epidemiologische verwertbare Informationen über diese Sonderform der BK 2103 fehlen, sind dies keine überzeugenden Kriterien, die Prof. Dr. W in seiner Stellungnahme vom 13. November 2006 benennt. Zu a): Er führt aus, dass der Eintritt der Knochennekrose selbst in aller Regel zunächst unbemerkt abläuft, da er anfänglich symptomlos ist. Die Latenzzeit zwischen eingetretenen Symptomen und der vorher abgelaufenen Nekrose (eingetretene Durchblutungsstörung) könne nach derzeitigem Kenntnisstand zwei bis drei Jahre betragen. Auf dieser Grundlage kann diese Erkrankung selbst nach Aufgabe der angeschuldigten Tätigkeit auftreten oder sich verschlimmern.

Die Tatsache, dass hier das Auftreten der Erkrankung während der angeschuldigten Tätigkeit erfolgte, ist damit kein ausreichendes Begründungselement. Es spricht lediglich nicht gegen den Kausalzusammenhang. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Auftreten einer Erkrankung und beruflicher Tätigkeit ist zunächst nur eine unerlässliche Voraussetzung für eine weitere Abwägung der für und gegen den Kausalzusammenhang sprechenden Faktoren.

Zu b): Die unmittelbare Betroffenheit der rechten Schulter als besonders belastete Extremität überzeugt ebenfalls bereits nicht als isoliert betrachtetes Kriterium. Dazu hat Dr. Fauf Laarmann verwiesen. Er schreibt: "Beim Rechtshänder muss nicht unbedingt ein Gelenk der rechten Seite erkranken (Laarmann, a.a.O. S. 34). (Diese Seite wurde den Beteiligten übersandt - Anm. der BE). Soweit Prof. Dr. W darauf verweist, dass sich derartige Erkenntnisse nicht auf die vorliegende Sonderform der BK 2103 infolge von Durchblutungsstörungen beziehen, bleibt er den Hinweis auf Erkenntnisse herrschenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft schuldig, die besagen, dass ein Rechtshänder erfahrungsgemäß ausschließlich im Bereich der rechten Hand eine Knochennekrose davonträgt und dass die Erkenntnisse zum Entstehen der primären Arthrose hier nicht gelten.

Zu c) Die schrittweise Größenzunahme des nekrotischen Areals über einen längeren Zeitraum unter fortgesetzter Exposition: Auch dieses Argument überzeugt schon nach den weiteren Ausführungen von Prof.Dr.W nicht als beweisendes Argument. Er führt aus, dass er davon auszugehen hatte, dass – wenn die von ihm zugrunde gelegten multiplen Mikrotraumata gar nicht stattgefunden hatten, eine andere Bewertung der Ursache erfolgen müsse, weil auch sonstige Risikofaktoren neben der beruflichen Exposition vorhanden seien. Damit wird deutlich, dass er selbst das Argument einer schrittweisen Größenzunahme des nekrotischen Areals über einen längeren Zeitraum unter fortgesetzter Exposition für keinen zwingenden Hinweis auf die berufliche Verursachung wertet und auch körpereigene Ursachen mit diesem Umstand der schrittweisen Größenzunahme vereinbaren kann. Prof. Dr. W geht in Übereinstimmung mit dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand davon aus, dass es sich bei Osteonekrosen um Durchblutungsstörungen des Knochens, damit um Ernährungsstörungen des Knochens handelt, für die es unterschiedliche kausale Faktoren gibt. Prof. Dr. What in seinem Gutachten die vielfältigen kausalen Faktoren angeführt. Auch hat er eingeräumt, dass im Fall des Klägers Risikofaktoren neben der beruflichen Exposition vorhanden sind. Dr. Fhat diese im Einzelnen angeführt. Der Senat nimmt hierauf Bezug.

Soweit der Gutachter anführt, der Kläger habe im Bereich der haltenden Körperabschnitte (hier rechte obere Extremität) rezidivierende Mikrotraumata erlitten, weil sich derartige rezidivierende Mikrotraumen aus dieser Tätigkeit zwangsläufig definitionsgemäß ergäben, so überzeugt dies ebenfalls nicht zur Begründung eines Kausalzusammenhangs auf der Grundlage der Definition, die der Gutachter vom Mikrotrauma gegeben hat. Er hat ausgeführt: "Der Begriff des Mikrotraumas, auch des replizierenden Mikrotraumas, impliziert ja absichtlich, dass eben nicht immer ein bestimmter Schaden eintritt; und besagt lediglich, dass immer wiederkehrende kleinste Gewalteinwirkungen auf eine bestimmte Körperstelle eingewirkt haben; ohne die Frage zu beantworten, welche Folgen sie dort hervorgerufen haben. Insofern wiederkehrende Mikrotraumen zu bestimmten Schäden führen können, aber nicht zwangsläufig führen müssen". Damit legt der Gutachter die angeschuldigte Exposition als Begründungselement des Kausalzusammenhangs zugrunde, wobei er davon ausgeht, dass diese Mikrotraumen im von ihm definierten Sinne erfolgt seien, jedoch ohne nachweisbare Schäden. Deutlich hat Prof. Dr. W in seiner Stellungnahme vom 13. November 2006 dargelegt, dass er die in seinem Gutachten zugrunde gelegten Mikrotraumata definiert als "häufige Durchführung von Arbeiten mit hoher Schwingungsintensität". Die Tätigkeit ist jedoch eine selbständige Anspruchsvoraussetzung, die zur Begründung des Kausalzusammenhangs allein nicht ausreichend ist.

Das Gutachten von Dr. J überzeugt den Senat ebenfalls nicht von einem Kausalzusammenhang zwischen angeschuldigter Tätigkeit und Osteonekrose. Der Gutachter zieht zur Begründung des Kausalzusammenhangs wesentlich die angeschuldigte Tätigkeit heran, "da sie geeignet gewesen ist, die Erkrankung hervorzurufen" (S. 20 seines Gutachtens). Soweit er den Operationsbefund und die histologische Untersuchung von 1999 für die Entstehung der BK als beweisend erachtet, überzeugt dies nicht. Denn hierzu hat Prof. Dr. Wausgeführt, dem histologischen Befund aus dem Institut für Pathologie des Universitätsklinikums C und dem Operationsbericht zum Operationsdatum vom 07. Juli 1999 komme lediglich insofern Aussagekraft zu, als hierdurch das Vorliegen einer Osteochondrose nachgewiesen sei. Dem Senat ist nicht erkennbar oder sonst bekannt, den Herrn Dr. Jinsoweit eine profundere Sachkompetenz zuzubilligen wäre. Damit hat Prof. Dr. W mit seiner Beurteilung erhebliche Zweifel an dieser Bewertung von Dr. J begründet.

Nach allem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Rechtskraft
Aus
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