Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 101 AS 6663/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1083/07 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 28. No-vember 2006 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige (vgl. §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 28. November 2006, der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet.
Das Gericht hat in den Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes auf Antrag analog § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Beschluss geendet hat. Hierbei hat es unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen zu entscheiden, insbesondere sind die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens sowie die Gründe für die Antragstellung und die Erledigung zu berücksichtigen. Danach ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das SG den Antragsgegner zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin verpflichtet hat.
Auf den zeitgleich mit dem vorliegenden Rechtsschutzantrag eingelegten Widerspruch hin hat der Antragsgegner den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass dies vor dem Hintergrund einer veränderten Sachlage, die dem Antragsgegner zuvor nicht bekannt gewesen wäre, erfolgt ist. Offensichtlich geht auch der Antragsgegner davon aus, dass der angefochtene Aufhebungsbescheid schon im Zeitpunkt seines Erlasses den Anforderungen der §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht genügt hat. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat – wie schon das SG - zu einer weiteren Überprüfung der materiellen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung nicht gedrängt. Da es im Regelfall kein öffentliches Interesse an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte gibt, spricht alles dafür, dass der Antrag nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG erfolgreich gewesen wäre.
Soweit der Antragsgegner geltend macht, er habe keine Veranlassung zur Stellung des Antrags auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs gegeben, vielmehr hätte die Antragstellerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt Widerspruch einlegen und so der Behörde die Möglichkeit zur Korrektur ihrer Entscheidung geben müssen; sie hätte ggf. einen Antrag nach § 86 a Abs. 3 SGG stellen können und damit das vorliegende Verfahren vermeiden können, verkennt er die Funktion eines Antrages nach § 86 b Abs. 1 SGG. Es geht in Fällen der Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung um Eingriffsakte der öffentlichen Gewalt. Widerspruch und Anfechtungsklage hiergegen haben einerseits Suspensiveffekt, denn die Bindung des Verwaltungsaktes nach § 77 SGG wird heraus geschoben; die genannten Rechtsbehelfe haben andererseits grundsätzlich aufschiebende Wirkung (§ 86 a Abs. 1 SGG). Tritt aufschiebende Wirkung nicht ein (hier wegen § 39 SGB II), kann diese Folge nur durch eine Entscheidung der Verwaltung nach § 86 a Abs. 3 SGG oder des Gerichts nach § 86 b Abs. 1 SGG eintreten. Die Einlegung eines Widerspruchs ist Zulässigkeitsvoraussetzung für die Stellung eines solchen Antrages. In der Zeit vor Einlegung des Widerspruchs war die Antragstellerin also gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners nicht geschützt. Es ist dann aber nicht erkennbar, weswegen die Antragstellerin zunächst hätte Widerspruch einlegen und mit der Stellung des Antrages auf Herstellung der aufschiebende Wirkung hätte zuwarten sollen. In Fällen, in denen der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, dürfte die zeitgleiche Stellung eines entsprechenden Antrages zum Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen vielmehr der Regelfall sein.
Dabei entspricht es der in der Rechtsprechung ganz herrschenden Auffassung, dass sich ein Antragsteller nicht zunächst an die Verwaltung wenden muss, um eine Entscheidung nach § 86 a Abs. 3 SGG zu erhalten (vgl. nur Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER - B juris RdNr. 5; Thüringisches Landessozialgericht 10. April 2003 - L 2 RJ 377/02 ER, juris RdNr. 16). Ein solches behördliches "Vorverfahren" hätte eine ausdrückliche Regelung erfordert, wie sie in § 80 Abs. 6 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung enthalten ist. Die Möglichkeit eines solchen Antrages (der im Übrigen bei Beauftragung eines Rechtsanwalts ebenfalls Kosten ausgelöst hätte) spricht also nicht dafür, den Antragsgegner im Falle der Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz generell von Kosten freizustellen. Es stünde der Verwaltung im Übrigen frei, die in § 39 SGB II angeordnete sofortige Vollziehbarkeit in jedem Zeitpunkt des Verfahrens bis zur Bestandskraft des Verwaltungsaktes von Amts wegen auszusetzen und so auch ohne entsprechenden Antrag einem Anordnungsverfahren nach § 86 b Abs. 1 SGG zuvorzukommen. Dies ist vorliegend nicht geschehen, so dass es der Billigkeit entspricht, wenn der Antragsgegner die Kosten des Anordnungsverfahrens und des vorliegenden Beschwerdeverfahrens trägt.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige (vgl. §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 28. November 2006, der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet.
Das Gericht hat in den Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes auf Antrag analog § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Beschluss geendet hat. Hierbei hat es unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen zu entscheiden, insbesondere sind die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens sowie die Gründe für die Antragstellung und die Erledigung zu berücksichtigen. Danach ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das SG den Antragsgegner zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin verpflichtet hat.
Auf den zeitgleich mit dem vorliegenden Rechtsschutzantrag eingelegten Widerspruch hin hat der Antragsgegner den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass dies vor dem Hintergrund einer veränderten Sachlage, die dem Antragsgegner zuvor nicht bekannt gewesen wäre, erfolgt ist. Offensichtlich geht auch der Antragsgegner davon aus, dass der angefochtene Aufhebungsbescheid schon im Zeitpunkt seines Erlasses den Anforderungen der §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht genügt hat. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat – wie schon das SG - zu einer weiteren Überprüfung der materiellen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung nicht gedrängt. Da es im Regelfall kein öffentliches Interesse an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte gibt, spricht alles dafür, dass der Antrag nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG erfolgreich gewesen wäre.
Soweit der Antragsgegner geltend macht, er habe keine Veranlassung zur Stellung des Antrags auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs gegeben, vielmehr hätte die Antragstellerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt Widerspruch einlegen und so der Behörde die Möglichkeit zur Korrektur ihrer Entscheidung geben müssen; sie hätte ggf. einen Antrag nach § 86 a Abs. 3 SGG stellen können und damit das vorliegende Verfahren vermeiden können, verkennt er die Funktion eines Antrages nach § 86 b Abs. 1 SGG. Es geht in Fällen der Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung um Eingriffsakte der öffentlichen Gewalt. Widerspruch und Anfechtungsklage hiergegen haben einerseits Suspensiveffekt, denn die Bindung des Verwaltungsaktes nach § 77 SGG wird heraus geschoben; die genannten Rechtsbehelfe haben andererseits grundsätzlich aufschiebende Wirkung (§ 86 a Abs. 1 SGG). Tritt aufschiebende Wirkung nicht ein (hier wegen § 39 SGB II), kann diese Folge nur durch eine Entscheidung der Verwaltung nach § 86 a Abs. 3 SGG oder des Gerichts nach § 86 b Abs. 1 SGG eintreten. Die Einlegung eines Widerspruchs ist Zulässigkeitsvoraussetzung für die Stellung eines solchen Antrages. In der Zeit vor Einlegung des Widerspruchs war die Antragstellerin also gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners nicht geschützt. Es ist dann aber nicht erkennbar, weswegen die Antragstellerin zunächst hätte Widerspruch einlegen und mit der Stellung des Antrages auf Herstellung der aufschiebende Wirkung hätte zuwarten sollen. In Fällen, in denen der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, dürfte die zeitgleiche Stellung eines entsprechenden Antrages zum Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen vielmehr der Regelfall sein.
Dabei entspricht es der in der Rechtsprechung ganz herrschenden Auffassung, dass sich ein Antragsteller nicht zunächst an die Verwaltung wenden muss, um eine Entscheidung nach § 86 a Abs. 3 SGG zu erhalten (vgl. nur Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER - B juris RdNr. 5; Thüringisches Landessozialgericht 10. April 2003 - L 2 RJ 377/02 ER, juris RdNr. 16). Ein solches behördliches "Vorverfahren" hätte eine ausdrückliche Regelung erfordert, wie sie in § 80 Abs. 6 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung enthalten ist. Die Möglichkeit eines solchen Antrages (der im Übrigen bei Beauftragung eines Rechtsanwalts ebenfalls Kosten ausgelöst hätte) spricht also nicht dafür, den Antragsgegner im Falle der Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz generell von Kosten freizustellen. Es stünde der Verwaltung im Übrigen frei, die in § 39 SGB II angeordnete sofortige Vollziehbarkeit in jedem Zeitpunkt des Verfahrens bis zur Bestandskraft des Verwaltungsaktes von Amts wegen auszusetzen und so auch ohne entsprechenden Antrag einem Anordnungsverfahren nach § 86 b Abs. 1 SGG zuvorzukommen. Dies ist vorliegend nicht geschehen, so dass es der Billigkeit entspricht, wenn der Antragsgegner die Kosten des Anordnungsverfahrens und des vorliegenden Beschwerdeverfahrens trägt.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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