Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 KR 248/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 1059/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgericht Neuruppin vom 11. August 2005 sowie der Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2004 werden abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 30. November 2004 bis 30. Januar 2006 Krankengeld zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld an die Klägerin für die Zeit vom 24. bis 25. 11. 2004 und für die Zeit ab 30.11.2004.
Die Klägerin ist 1950 geboren und bezieht seit 1977 Witwenrente. Sie war bis 31.05.2003 als Kinderkrippenerzieherin beschäftigt. Während dieser letzten Beschäftigungszeit war sie bei der Beklagten pflichtversichert.
Seit 28. Mai 2003 war die Klägerin wegen Gastritis, Duodenitis (ICD K 29), Dyspepsie (ICD K 30), Reaktion auf schwere Belastungen oder Anpassungsstörung (ICD F 43), reaktive Depression (ICD 300 C) und Zystitis (ICD N 30) arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 4.7.2003 trat die Diagnose akuter Belastungsreaktion (ICD F 43.0) hinzu. Die Arbeitsunfähigkeit endete am 22. November 2004. Bereits mit Bescheid vom 19.Oktober 2004 hatte die Beklagte festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld mit dem 26.11.2004 ende. Gegen diesen Bescheid hatte die Klägerin Widerspruch erhoben.
Am 23. November 2004 erlitt die Klägerin gegen 8:00 Uhr morgens nach einem Sturz eine Verletzung des rechten Oberarms. Mit Erstbescheinigung vom 23.November 2004 bescheinigte die Orthopädin Dr. S Arbeitsunfähigkeit vom 23.November 2004 bis voraussichtlich 26. November 2004 mit der Diagnose T 11.0–(oberflächliche Verletzungen der oberen Extremität).
Unter dem 24. November 2004 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2004 Klage erhoben und einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Am 25. November 2004 hat der Facharzt für Innere Medizin PD Dr. med. habil G Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 23. November 2004 bis voraussichtlich 1. Dezember 2004 mit den Diagnosen T 11.0 – und F 43.0 – bescheinigt. Wegen der Schultererkrankung war die Klägerin danach weiter arbeitsunfähig krank bis einschließlich 03. 02. 2006 (nach Angaben der Klägerin bis 30. 01. 2006). Die Beklagte zahlte Krankengeld durchgehend bis einschließlich 26. 11. 2004. Für den 23. 11. 2004 hat die Klägerin das Krankengeld zurückgezahlt.
Im Verlauf des anhängigen Klageverfahrens hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2004 zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 15. 12. 2004). Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde durch Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 29. Dezember 2004 / Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 28. Februar 2005 ebenfalls zurückgewiesen.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 11.August 2005 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 26. November 2004 bis 29 November 2004 Krankengeld zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Über den ausgeurteilten Zeitraum hinaus habe die Klägerin keinen Anspruch auf Krankengeld, weil dieser Anspruch mit Ablauf des 29. November 2004 nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) und Ablauf von 78 Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 28. Mai 2003 erschöpft sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin macht geltend am 23.November 2004 habe wegen der Arbeitsunfähigkeit aufgrund des Sturzes eine neue Blockfrist zu laufen begonnen. Deshalb habe sie erneut Anspruch auf Krankengeld für einen Zeitraum von 78 Wochen. Es habe sich bei der Erkrankung am 23. November 2004 nicht um eine Erkrankung gehandelt, die zu einer bisher festgestellten Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten sei, sondern um eine neue Erkrankung. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. August 2005 zu ändern, den Bescheid vom 19. Oktober 2004 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für den 24. und 25. November sowie über den 29. 11. 2004 hinaus bis zum 30. 1. 2006 erneut Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie erklärt, sie verrechne die Zahlungen für die Zeit vom 23. – 26. November 2004 mit dem Anspruch der Klägerin, den das Sozialgericht festgestellt habe. Das Urteil des Sozialgerichts hält sie für zutreffend.
Die Verwaltungsakten der Beklagten in Fotokopie sowie die Akten des Sozialgerichts Neuruppin lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 Sozialgesetzbuch V. Buch (SGB V) haben "Versicherte" Anspruch auf Krankengeld wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das bei Entstehung des Krankengeld-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" einen Anspruch auf Krankengeld hat. Generell beruht der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V und speziell der Umfang des Krankengeld-Anspruchs auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis. Bei Versicherungspflichtigen wie der Klägerin ergibt sich die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts auch daraus, dass der Krankengeldanspruch oder der tatsächliche Krankengeldbezug die Mitgliedschaft erhält (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Dem entspricht es, dass sich der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit allein aus dem Umfang des Versicherungsschutzes in dem jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis ergibt (ständige Rechtsprechung des BSG vgl. BSGE 90, 72, 75 = SozR 3-2500 § 44 Nr. 10 S 32; BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr. 6 jeweils RdNr 5). Zum maßgeblichen Zeitpunkt im Falle der Klägerin am 23. November 2004 war die Klägerin danach bei der Beklagten als Mitglied mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert. Zwar war der Anspruch auf Krankengeld, der nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 , erste Alternative SGB V die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten über das Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses hinaus aufrecht erhielt, mit Ablauf des 22. November 2004 erloschen, weil auch ihre Arbeitsunfähigkeit mit diesem Zeitpunkt endete; die Beklagte hat jedoch, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, bis einschließlich 26. November 2004 Krankengeld gezahlt und dies durch den angefochtenen Bescheid vom 19. Oktober 2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2004 bestätigt. Damit steht jedoch fest, dass die Mitgliedschaft der Klägerin mit Krankengeldberechtigung nach § 192 Abs. 1 Nr. 2, 3. Alternative SGB V über den 22. November 2004 hinaus erhalten geblieben war und insbesondere am 23. November 2004 bestand. Die bei der Klägerin am Morgen des 23. November 2004 eingetretene Arbeitsunfähigkeit infolge des Sturzes löste damit gem. § 48 Abs. 1 SGB V einen erneuten Anspruch auf Krankengeld für die Dauer von längstens 78 Wochen aus. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs hat die Klägerin, wie ebenfalls zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist, durch ärztliche Zeugnisse bis zum Ablauf des streitbefangenen Zeitraums (30. Januar 2006) nachgewiesen. Dabei kann für den Senat dahinstehen, dass nach § 46 Nr. 2 SGB V der Anspruch auf Krankengeld erst am Tag nach der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gegeben ist, im Falle der Klägerin damit erst ab 24. November 2004; denn die Klägerin hat das für diesen Tag gezahlte Krankengeld bereits zurückgezahlt, ohne dass die Beklagte indes die entgegen stehenden Bescheide vom 19. Oktober 2004 und 15. Dezember 2004 abgeändert hätte und die Rückzahlung geltend gemacht hätte. Deshalb kann auch nicht im Streit stehen, dass der Klägerin für die Zeit vom 24. November 2004 bis 26. November 2004 Krankengeld zustand, weil dies bereits auf Grund der angefochtenen Bescheide festgestellt war. Auch die Verrechnung der Beklagten geht danach ins Leere, denn sie kann einen Rückforderunganspruch, der für die Verrechnung Voraussetzung wäre, mangels Aufhebung der entgegen stehenden Bescheide nicht geltend machen. Für die Zeit bis 29. November 2004 hat das Sozialgericht der Klägerin Krankengeld zugesprochen. Dies ist mit der Berufung nicht angefochten. Dem Anspruch der Klägerin auf Krankengeld für den streitbefangenen Zeitraum steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass die von PD Dr. G am 01. 12. 2004 ausgestellte Folge-AU- Bescheinigung den Diagnoseschlüssel F 43. 0 enthält und damit den Diagnoseschlüssel, der auch für die Arbeitsunfähigkeit bis 22. November 2004 benannt worden war. Dem Anspruch der Klägerin würde dies nur dann entgegen stehen, wenn belegt wäre, dass die seelische Erkrankung der Klägerin, für die der Diagnoseschlüssel steht, über den 22. November 2004 hinaus fortgedauert hätte, oder sich als ein Grundleiden darstellen würde, das zeitgleich mit dem Unfall am 23. November 2004 sich erneut manifestiert hätte (vgl. die von der Bekl. zitierten Entscheidungen des BSG vom 7. 12. 2004 –B 1 KR 10/03 R und vom 08. 11. 2005 –B 1 KR 27/04 R unter www. Sozialgerichtsbarkeit.de). Nur dann würde es sich im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 bei der durch den Sturz herbeigerufenen Erkrankung um eine hinzugetreten Erkrankung handeln, die einen neuen Anspruch auf Krankengeld für weitere 78 Wochen nicht hätte auslösen können. Nach der auf Grund der Beweisaufnahme hergestellten Überzeugung des Senats liegen diese Voraussetzungen aber hier nicht vor. Der Zeuge Dr. G hat glaubhaft bekundet, dass das seelische Leiden der Klägerin, ausgelöst durch den Tod ihres Ehemannes spätestens mit Ablauf des 22. 11. 2004 austherapiert und ausgeheilt war. Dieses Leiden, das nach seinen Angaben besser als Depression als mit der dem Diagnoseschlüssel F 43. 0 zugrunde liegenden Reaktion auf akute Belastungssituationen zu beschreiben gewesen wäre, hatte nach seinen Angaben mit der am 01. Dezember festgestellten akuten Reaktion auf die durch die Schmerzen und den fehlenden Zugang zur behandelnden Orthopädin hervorgerufenen Belastungssituation keinen Zusammenhang. Der Senat hat keinen Anlass an dem Wahrheitsgehalt der Aussagen des Zeugen zu zweifeln sowie an seinem den Aussagen zugrunde liegenden ärztlichen Sachverstand. Dies zumal der Zeuge seine Angaben im Laufe des Verfahrens in dieser Weise bereits schriftlich gemacht hat und diese in der mündlichen Verhandlung lediglich präzisiert hat. Schließlich spricht für die Überzeugung des Senats auch die Tatsache, dass die am 23. November 2004 aufgesuchte Orthopädin Dr. St keinen Anhalt für ein seelisches Leiden der Klägerin, etwa eine abnorme Reaktion auf den erlittenen Unfall am 23. November 2004 gesehen und dies auf spätere Nachfrage im Verlauf des Verfahrens schriftlich bestätigt hat. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie entspricht der Entscheidung in der Hauptsache. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld an die Klägerin für die Zeit vom 24. bis 25. 11. 2004 und für die Zeit ab 30.11.2004.
Die Klägerin ist 1950 geboren und bezieht seit 1977 Witwenrente. Sie war bis 31.05.2003 als Kinderkrippenerzieherin beschäftigt. Während dieser letzten Beschäftigungszeit war sie bei der Beklagten pflichtversichert.
Seit 28. Mai 2003 war die Klägerin wegen Gastritis, Duodenitis (ICD K 29), Dyspepsie (ICD K 30), Reaktion auf schwere Belastungen oder Anpassungsstörung (ICD F 43), reaktive Depression (ICD 300 C) und Zystitis (ICD N 30) arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 4.7.2003 trat die Diagnose akuter Belastungsreaktion (ICD F 43.0) hinzu. Die Arbeitsunfähigkeit endete am 22. November 2004. Bereits mit Bescheid vom 19.Oktober 2004 hatte die Beklagte festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld mit dem 26.11.2004 ende. Gegen diesen Bescheid hatte die Klägerin Widerspruch erhoben.
Am 23. November 2004 erlitt die Klägerin gegen 8:00 Uhr morgens nach einem Sturz eine Verletzung des rechten Oberarms. Mit Erstbescheinigung vom 23.November 2004 bescheinigte die Orthopädin Dr. S Arbeitsunfähigkeit vom 23.November 2004 bis voraussichtlich 26. November 2004 mit der Diagnose T 11.0–(oberflächliche Verletzungen der oberen Extremität).
Unter dem 24. November 2004 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2004 Klage erhoben und einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Am 25. November 2004 hat der Facharzt für Innere Medizin PD Dr. med. habil G Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 23. November 2004 bis voraussichtlich 1. Dezember 2004 mit den Diagnosen T 11.0 – und F 43.0 – bescheinigt. Wegen der Schultererkrankung war die Klägerin danach weiter arbeitsunfähig krank bis einschließlich 03. 02. 2006 (nach Angaben der Klägerin bis 30. 01. 2006). Die Beklagte zahlte Krankengeld durchgehend bis einschließlich 26. 11. 2004. Für den 23. 11. 2004 hat die Klägerin das Krankengeld zurückgezahlt.
Im Verlauf des anhängigen Klageverfahrens hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2004 zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 15. 12. 2004). Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde durch Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 29. Dezember 2004 / Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 28. Februar 2005 ebenfalls zurückgewiesen.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 11.August 2005 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 26. November 2004 bis 29 November 2004 Krankengeld zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Über den ausgeurteilten Zeitraum hinaus habe die Klägerin keinen Anspruch auf Krankengeld, weil dieser Anspruch mit Ablauf des 29. November 2004 nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) und Ablauf von 78 Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 28. Mai 2003 erschöpft sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Klägerin macht geltend am 23.November 2004 habe wegen der Arbeitsunfähigkeit aufgrund des Sturzes eine neue Blockfrist zu laufen begonnen. Deshalb habe sie erneut Anspruch auf Krankengeld für einen Zeitraum von 78 Wochen. Es habe sich bei der Erkrankung am 23. November 2004 nicht um eine Erkrankung gehandelt, die zu einer bisher festgestellten Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten sei, sondern um eine neue Erkrankung. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. August 2005 zu ändern, den Bescheid vom 19. Oktober 2004 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für den 24. und 25. November sowie über den 29. 11. 2004 hinaus bis zum 30. 1. 2006 erneut Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie erklärt, sie verrechne die Zahlungen für die Zeit vom 23. – 26. November 2004 mit dem Anspruch der Klägerin, den das Sozialgericht festgestellt habe. Das Urteil des Sozialgerichts hält sie für zutreffend.
Die Verwaltungsakten der Beklagten in Fotokopie sowie die Akten des Sozialgerichts Neuruppin lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 Sozialgesetzbuch V. Buch (SGB V) haben "Versicherte" Anspruch auf Krankengeld wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das bei Entstehung des Krankengeld-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" einen Anspruch auf Krankengeld hat. Generell beruht der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V und speziell der Umfang des Krankengeld-Anspruchs auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis. Bei Versicherungspflichtigen wie der Klägerin ergibt sich die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts auch daraus, dass der Krankengeldanspruch oder der tatsächliche Krankengeldbezug die Mitgliedschaft erhält (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Dem entspricht es, dass sich der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit allein aus dem Umfang des Versicherungsschutzes in dem jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis ergibt (ständige Rechtsprechung des BSG vgl. BSGE 90, 72, 75 = SozR 3-2500 § 44 Nr. 10 S 32; BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr. 6 jeweils RdNr 5). Zum maßgeblichen Zeitpunkt im Falle der Klägerin am 23. November 2004 war die Klägerin danach bei der Beklagten als Mitglied mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert. Zwar war der Anspruch auf Krankengeld, der nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 , erste Alternative SGB V die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten über das Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses hinaus aufrecht erhielt, mit Ablauf des 22. November 2004 erloschen, weil auch ihre Arbeitsunfähigkeit mit diesem Zeitpunkt endete; die Beklagte hat jedoch, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, bis einschließlich 26. November 2004 Krankengeld gezahlt und dies durch den angefochtenen Bescheid vom 19. Oktober 2004 sowie den Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2004 bestätigt. Damit steht jedoch fest, dass die Mitgliedschaft der Klägerin mit Krankengeldberechtigung nach § 192 Abs. 1 Nr. 2, 3. Alternative SGB V über den 22. November 2004 hinaus erhalten geblieben war und insbesondere am 23. November 2004 bestand. Die bei der Klägerin am Morgen des 23. November 2004 eingetretene Arbeitsunfähigkeit infolge des Sturzes löste damit gem. § 48 Abs. 1 SGB V einen erneuten Anspruch auf Krankengeld für die Dauer von längstens 78 Wochen aus. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs hat die Klägerin, wie ebenfalls zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist, durch ärztliche Zeugnisse bis zum Ablauf des streitbefangenen Zeitraums (30. Januar 2006) nachgewiesen. Dabei kann für den Senat dahinstehen, dass nach § 46 Nr. 2 SGB V der Anspruch auf Krankengeld erst am Tag nach der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gegeben ist, im Falle der Klägerin damit erst ab 24. November 2004; denn die Klägerin hat das für diesen Tag gezahlte Krankengeld bereits zurückgezahlt, ohne dass die Beklagte indes die entgegen stehenden Bescheide vom 19. Oktober 2004 und 15. Dezember 2004 abgeändert hätte und die Rückzahlung geltend gemacht hätte. Deshalb kann auch nicht im Streit stehen, dass der Klägerin für die Zeit vom 24. November 2004 bis 26. November 2004 Krankengeld zustand, weil dies bereits auf Grund der angefochtenen Bescheide festgestellt war. Auch die Verrechnung der Beklagten geht danach ins Leere, denn sie kann einen Rückforderunganspruch, der für die Verrechnung Voraussetzung wäre, mangels Aufhebung der entgegen stehenden Bescheide nicht geltend machen. Für die Zeit bis 29. November 2004 hat das Sozialgericht der Klägerin Krankengeld zugesprochen. Dies ist mit der Berufung nicht angefochten. Dem Anspruch der Klägerin auf Krankengeld für den streitbefangenen Zeitraum steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass die von PD Dr. G am 01. 12. 2004 ausgestellte Folge-AU- Bescheinigung den Diagnoseschlüssel F 43. 0 enthält und damit den Diagnoseschlüssel, der auch für die Arbeitsunfähigkeit bis 22. November 2004 benannt worden war. Dem Anspruch der Klägerin würde dies nur dann entgegen stehen, wenn belegt wäre, dass die seelische Erkrankung der Klägerin, für die der Diagnoseschlüssel steht, über den 22. November 2004 hinaus fortgedauert hätte, oder sich als ein Grundleiden darstellen würde, das zeitgleich mit dem Unfall am 23. November 2004 sich erneut manifestiert hätte (vgl. die von der Bekl. zitierten Entscheidungen des BSG vom 7. 12. 2004 –B 1 KR 10/03 R und vom 08. 11. 2005 –B 1 KR 27/04 R unter www. Sozialgerichtsbarkeit.de). Nur dann würde es sich im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 bei der durch den Sturz herbeigerufenen Erkrankung um eine hinzugetreten Erkrankung handeln, die einen neuen Anspruch auf Krankengeld für weitere 78 Wochen nicht hätte auslösen können. Nach der auf Grund der Beweisaufnahme hergestellten Überzeugung des Senats liegen diese Voraussetzungen aber hier nicht vor. Der Zeuge Dr. G hat glaubhaft bekundet, dass das seelische Leiden der Klägerin, ausgelöst durch den Tod ihres Ehemannes spätestens mit Ablauf des 22. 11. 2004 austherapiert und ausgeheilt war. Dieses Leiden, das nach seinen Angaben besser als Depression als mit der dem Diagnoseschlüssel F 43. 0 zugrunde liegenden Reaktion auf akute Belastungssituationen zu beschreiben gewesen wäre, hatte nach seinen Angaben mit der am 01. Dezember festgestellten akuten Reaktion auf die durch die Schmerzen und den fehlenden Zugang zur behandelnden Orthopädin hervorgerufenen Belastungssituation keinen Zusammenhang. Der Senat hat keinen Anlass an dem Wahrheitsgehalt der Aussagen des Zeugen zu zweifeln sowie an seinem den Aussagen zugrunde liegenden ärztlichen Sachverstand. Dies zumal der Zeuge seine Angaben im Laufe des Verfahrens in dieser Weise bereits schriftlich gemacht hat und diese in der mündlichen Verhandlung lediglich präzisiert hat. Schließlich spricht für die Überzeugung des Senats auch die Tatsache, dass die am 23. November 2004 aufgesuchte Orthopädin Dr. St keinen Anhalt für ein seelisches Leiden der Klägerin, etwa eine abnorme Reaktion auf den erlittenen Unfall am 23. November 2004 gesehen und dies auf spätere Nachfrage im Verlauf des Verfahrens schriftlich bestätigt hat. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie entspricht der Entscheidung in der Hauptsache. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
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