L 8 R 1621/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 RA 4526/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 1621/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) in der Zeit vom 01. Oktober 1974 bis 30. Juni 1990 sowie der in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Die 1951 geborene Klägerin studierte von September 1970 bis September 1974 Straßenbau und Straßenverkehrswesen an der Hochschule für Verkehrswesen "F L" in D. Mit Urkunde vom 20. November 1974 wurde ihr der Titel eines Diplomingenieurs verliehen. Seit dem 01. Oktober 1974 war die Klägerin als Diplom- bzw. Verkehrsingenieurin beim Straßen – und Tiefbauamt B, später Bezirksdirektion des Straßenwesens B beschäftigt. Zum 01. Januar 1978 ging diese in dem VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B auf, bei dem die Klägerin weiterhin bis zum 30. Juni 1990 als Verkehrsingenieurin beschäftigt war.

Mitglied einer Zusatzversorgung war die Klägerin während ihrer Beschäftigungen nicht; auch war ihr keine Versorgungszusage erteilt oder arbeitsvertraglich vereinbart worden. Seit dem 01. Januar 1988 entrichtete sie ausweislich des Sozialversicherungsausweises Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bis zum Doppelten des in der Pflichtversicherung versicherten Entgeltes.

Im November 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 01. Oktober 1974 bis 30. Juni 1990 sowie die Feststellung der in dieser Zeit erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelte. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Januar 2003 mit der Begründung ab, das AAÜG sei auf die Klägerin nicht anwendbar. Zu ihrem Widerspruch legte die Klägerin die Anweisung des Magistrats von B vom 30. Dezember 1977 über die Gründung des VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B vor, nach dessen § 4 der VEB Rechtsnachfolger der Bezirksdirektion des Straßenwesens B, mit Ausnahme der an den Hauptauftraggeber Verkehrsbau übergebenen Aufgaben, und des VEB Straßeninstandhaltung B wurde. Ferner legte sie einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft (Register-Nr.) vor. Sie meinte, dass sich daraus ergebe, dass sie zuletzt bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2003 mit der Begründung zurück, dass es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin gerade nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens und auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 20. August 2003 zum Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gewandt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie sei als diplomierte (Verkehrs-) Ingenieurin im Bereich Lichtsignalanlagen des VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B (noch) am 30. Juni 1990 beschäftigt gewesen und erfülle damit die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech. Darüber hinaus erfülle sie auch die betrieblichen Voraussetzungen, da der letzte Arbeitgeber zu den von der AVItech erfassten Betrieben gehört habe. Dazu hat sie Bezug genommen auf den Strukturplan des Betriebes sowie eine Bilanz und Ergebnisrechnung jeweils aus dem Jahre 1987 und die Ausführungen von Dr. K H in dem Buch "Straßeninstandhaltung – rechtliche Grundlagen und Erfordernisse" von 1982, die auszugsweise zur Gerichtsakte genommen worden sind. Bei ihrer persönlichen Anhörung hat die Klägerin ergänzend erläutert, der Betrieb habe unter anderem den Verlauf und das Aussehen von Straßen und Kreuzungen geplant, Straßen gebaut sowie Lichtsignal- und Beleuchtungsanlagen errichtet. Dafür seien zwar Bauteile bei anderen Betrieben eingekauft worden, jedoch Stationen zur Unterbringung von Steuerungstechnik selbst gemauert und sogenannte Gussasphaltkocher selbst hergestellt und auch exportiert worden.

Die Beklagte hat dazu die Auffassung vertreten, dass der Betrieb im Wesentlichen mit der Verwaltung öffentlicher Straßenanlagen sowie mit Planung und Projektierung befasst gewesen sei. Die Bauausführung habe Tiefbaukombinaten oblegen. Zudem habe es sich nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR mit der Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 41180 um einen Betrieb der Straßenunterhaltung gehandelt.

Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 29. August 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung der Zeiten vom 01. Oktober 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte. Die Klägerin falle nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG.

Die Klägerin könne allenfalls über die im Gesetz geregelten und vorliegend nicht einschlägigen Fälle hinaus im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG dessen Anwendbarkeit beanspruchen, wenn eine sogenannte fiktive Versorgungsanwartschaft vorliege. Die nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen erfülle die Klägerin jedoch nicht. Der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVItech hänge gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO – AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I S. 844) und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO – AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl. der DDR I S. 487) nach der ständigen Rechtsprechung des BSG von drei Voraussetzungen ab. Zwar habe die Klägerin am 30. Juni 1990 die persönliche Voraussetzung erfüllt, da sie aufgrund des ihr verliehenen Diplomzeugnisses zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur berechtigt gewesen sei. Es fehle jedoch an der Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung für einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Zusage nach der AVItech. Denn die Klägerin habe am 30. Juni 1990 weder in einem Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch zu einem diesem gleichgestellten Betrieb gestanden. Aus § 1 Abs. 2 der 2. DB folge mit Blick auf Abs. 1 dieser Vorschrift unter Berücksichtigung des Sprachgebrauchs in der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 08. November 1979 (GBl. der DDR I S. 355), dass für eine Einbeziehung in die AVItech die Beschäftigung nicht in irgendeinem volkseigenen Betrieb, sondern in einem volkseigenen "Produktionsbetrieb" der Industrie oder des Bauwesens erforderlich sei.

Der VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B sei jedoch kein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens gewesen. Dies setze die Massenproduktion von Bauwerken voraus, da nur derartige Betriebe den anderen von der AVItech erfassten volkseigenen Produktionsbetrieben der Industrie gleichgestanden hätten, was ihre Bedeutung für die Planwirtschaft der DDR anbelangte (Hinweis auf BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R mit weiteren Nachweisen). Dies folge zum einen daraus, dass nach den Bedingungen der Planwirtschaft gerade der Massenausstoß standardisierter Produkte hohe Produktionsgewinne ermöglichen sollte. Zum anderen komme die maßgebliche Bedeutung der Massenproduktion im Bereich des Bauwesens auch in dem Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14. Juni 1963 (GBl. der DDR II S. 437) zum Ausdruck. Darin werde zwischen der Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion einerseits und Baureparaturbetrieben andererseits unterschieden. Ein Produktionsbetrieb der Industrie sei im Übrigen nur dann gegeben, wenn die Produktion einem Betrieb "das Gepräge gegeben" habe. Der Hauptzweck des Betriebes habe demnach in der Bauwirtschaft oder der industriellen Fertigung (Fabrikation, Herstellung, Produktion) bestanden haben müssen.

Hauptzweck des VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B sei – in Übereinstimmung mit der Aufgabenbeschreibung der volkseigenen Betriebe des Straßenwesens in § 10 Abs. 2 i. V. m. § 9 der Straßenverordnung vom 22. August 1974 (GBl. der DDR I S. 515) – vor allem Instandhaltung, Erhaltung und Erweiterung von Stadt- und Gemeindestraßen sowie die Errichtung, Instandhaltung und Erhaltung von Lichtsignalanlagen und sonstigem Zubehör und damit die Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Verbesserung der Infrastruktur gewesen. Dies folge aus einer Gesamtschau der über den Betrieb vorhandenen Unterlagen, wie der Gründungsanweisung des Betriebes, den Eintragungen im Register der volkseigenen Wirtschaft und insbesondere aus dem von der Klägerin vorgelegten Strukturplan, in dem gerade für diese Aufgaben zahlreiche (Instandhaltungs-, Planungs-, Projektierungs-, Vorbereitungs- und Leitungs-)Abteilungen mit ihren Untergliederungen aufgeführt seien, während sich lediglich 3 Abteilungen und davon lediglich eine mit Untergliederungen mit "Bau"- Tätigkeiten befasst hätten. Daran werde deutlich, dass derartige Tätigkeiten jedenfalls von untergeordneter, nachrangiger Bedeutung gewesen seien. Massenproduktionen nahm der VEB Bezirksdirektion für Straßenwesen B jedenfalls nicht vor. Der festgestellte Aufgabenschwerpunkt stehe aber auch nicht im Widerspruch zu dem von der Klägerin geschilderten Tätigkeitsfeld des VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B, sondern decke sich weitgehend mit ihren Angaben. Auch aus den von der Klägerin eingereichten Geschäftsunterlagen ergebe sich nichts anderes. Insbesondere fänden sich in diesen keine Anhaltspunkte für eine Massenproduktionstätigkeit des Betriebes. Weiterhin sei der Betrieb nicht dem Ministerium für Bauwirtschaft, sondern nach § 6 Abs. 4 der Straßenverordnung dem für Straßenverkehrswesen zugeordnet gewesen und habe dem Magistrat von B, Stadtrat für Verkehrs- und Nachrichtenwesen, unterstanden. Schließlich sei er in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR der Wirtschaftsgruppe "Betriebe zur Straßenunterhaltung" zugeordnet gewesen. Der VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B sei auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen. Er werde in der abschließenden (Hinweis auf BSG Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R mit weiteren Nachweisen) Aufzählung in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht genannt.

Gegen das der Klägerin am 15. September 2005 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung vom 14. Oktober 2005, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Sie ist weiterhin der Auffassung, bei ihrem letzten Beschäftigungsbetrieb habe es sich um einen volkseigenen Baubetrieb gehandelt, der von der AVItech erfasst werde. Mithin erfülle sie auch die erforderliche betriebliche Voraussetzung für die Annahme einer fiktiven Versorgungsanwartschaft, so dass für sie in Anwendung des AAÜG die Zeiten der dortigen Beschäftigung (vom 01. Oktober 1974 bis 30. Juni 1990) als Zugehörigkeitszeiten mit den erzielten Arbeitsentgelten festzustellen seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01. Oktober 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die dabei tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung, die der Sach- und Rechtslage entspreche. Dass der hier angesprochene Beschäftigungsbetrieb kein volkseigener Betrieb des Bauwesens gewesen sei, ergebe sich aus den ausführlichen Darlegungen des auch vom SG genannten höchstrichterlichen Urteils vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R (SozR 48570 § 1 Nr. 3). Dieser Betrieb sei darüber hinaus auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der 2. DB gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte (Vers.-Nr. ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, da sich die Beteiligten mit diesem Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat für die streitigen Zeiten keinen Anspruch auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur AVItech und der während dieser Zeit erzielten Entgelte. Das AAÜG ist auf die Klägerin nicht anwendbar (§ 1 Abs. 1 AAÜG).

Nach 8 Abs. 1 AAÜG hat der zuständige Versorgungsträger gleich einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistung aus der Rentenversicherung erforderlich sind, und diese dem für die Feststellung der Leistung zuständigen Rentenversicherungsträger mitzuteilen. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben. Eine solche Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin besteht vorliegend nicht.

Zwar war der Klägerin zu keinem Zeitpunkt in der DDR durch eine Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag) bei Eintritt des Versorgungsfalles die Gewährung von Leistungen aus einem Zusatzversorgungssystem zuerkannt worden. Doch sind die Vorschriften des AAÜG auf sie auch anzuwenden, wenn ihr aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, d. h. nach den insoweit vom Einigungsvertrag noch partiell übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, wären diese unter Beachtung des Gleichheitsgebotes umgesetzt worden, eine Anwartschaft auf eine Versorgung am 30. Juni 1990 hätte eingeräumt werden müssen, sie also, wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten, zum 01. Juli 1990 im (jetzt) rechtsstaatlichen Umfeld Leistungen aus dem Versorgungssystem hätte beanspruchen können. Dies wäre der Fall gewesen, wenn sie nach den Regelungen des Versorgungssystems "obligatorisch" im Sinne einer "gebundenen Verwaltung" – ohne Ermessensspielraum des Versorgungsträgers – in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätte einbezogen werden müssen, weil die abstrakt- generellen Voraussetzungen hierfür insoweit am 30. Juni 1990 erfüllt waren. Daran fehlt es jedoch.

Die Klägerin hatte aus bundesrechtlicher Sicht eine Versorgungsanwartschaft zur AVItech im dargelegten Sinne nicht erworben, wie bereits das SG unter Hinweis auf die maßgeblichen Bestimmungen dargelegt hat. Sie war am Stichtag 30. Juni 1990 nach der Versorgungsordnung keine obligatorisch Versorgungsberechtigte, da sie nicht in einem volkseigenem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb gearbeitet hat. Nach den diesbezüglichen Versorgungsregelungen war neben der Berechtigung zur Führung des Titels Ingenieur und einer dieser Ausbildung entsprechenden Berufstätigkeit, - diese persönlichen und sachlichen Voraussetzungen sind aufgrund der der Klägerin verliehenen Urkunde zur Führung des Titels Ingenieur und ihrer Beschäftigung als (Verkehrs-) Ingenieurin zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig -, die Beschäftigung in einem volkseigenem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb erforderlich. Diese betriebliche Voraussetzung erfüllt die Klägerin jedoch nicht mit ihrer Beschäftigung im VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B, wie bereits das SG zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung dargelegt hat. Nach dieser Rechtsprechung (Urteile des BSG vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R- in SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 und Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 37/04 R -, zitiert nach Juris) gehören der VEB Bezirksdirektion für Straßenwesen bzw. der VEB Stadtdirektion für Straßenwesen nicht zu den volkseigenen Betrieben des Bauwesens, weil der Verkehrswegebau allein der Verbesserung der Infrastruktur gedient hat und nicht Massenproduktion von Bauwerken gewesen ist. Das BSG hat in dem erstgenannten Urteil dazu unter anderem folgendes ausgeführt: "Dass der tatsächlich verfolgte Hauptzweck des VEB Bezirksdirektion für Straßenwesen L. nicht die Massenproduktion von Bauwerken war, entsprach im Übrigen auch den Vorgaben des DDR Rechts. Nach den in § 10 Abs. 2 i. V. m. § 9 der Straßenverordnung umschriebenen Aufgaben des VEB des Straßenwesens hatten diese Betriebe auf den Stadt- und Gemeindestraßen u. a. Maßnahmen der Instandhaltung, der Erhaltung und Erweiterung der öffentlichen Straßen, der Errichtung, Instandhaltung und Erhaltung von Lichtsignalen und sonstigem Zubehör durchzuführen und für die Durchführung des Straßenwinterdienstes, der Pflege der Straßengehölze zu sorgen sowie Maßnahmen an den Straßenverkehrsanlagen zur Verminderung des Verkehrslärms und der Beeinträchtigung der Anlieger durch Erschütterungen durchzuführen (§ 10 Abs. 1 und Abs. 2 der Straßenverordnung). Geht man von diesen in der Straßenverordnung festgelegten Pflichten der Bezirksdirektion für Straßenwesen aus, so war Aufgabenschwerpunkt der VEB Bezirksdirektion für das Straßenwesen ersichtlich nicht die Massenproduktion von Bauwerken. Nach der AVItech sollte jedoch nur die technische Intelligenz in solchen Betrieben privilegiert werden, die durch wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Erfüllung technischer Aufgaben in den produzierenden Betrieben einen ‚schnellen, planmäßigen Aufbau‘ der DDR ermöglichen sollten (vgl. Präambel zur VO AVItech). Im Hinblick hierauf war auch allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens zum Gegenstand hatte, von besonderer Bedeutung. Denn der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (vgl. BSG SozR 3 8570 § 1 Nr. 6 S. 46 f.).

Dass nur eine derartige Massenproduktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art für die DDR von maßgeblicher Bedeutung war, spiegelt sich auch in dem Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14. Juni 1963 (GBl. II S. 437) wider. Dort wurde auf die besondere Bedeutung des Bauwesens nach dem Produktionsprinzip u. a. unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Bauwesen hingewiesen. Mit der Konzentration der Baukapazitäten in großen Bau- und Montagekombinaten sollte ein neuer, selbstständiger Zweig der Volkswirtschaft geschaffen werden, der die Organisierung und Durchführung der kompletten Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand hatte. Die Bau- und Montagekombinate sollten danach u. a. den Bau kompletter Produktionsanlagen einschließlich der dazugehörigen Wohnkomplexe und Nebenanlagen durchführen und jeweils die betriebsfertigen Anlagen und schlüsselfertigen Bauwerke bei Anwendung der komplexen Fließfertigung und des kombinierten und kompakten Bauens übergeben. Von wesentlicher Bedeutung war somit das (Massen )‚ Produktionsprinzip‘ in der Bauwirtschaft. Demgemäß wurde in dem o. g. Beschluss u. a. unterschieden zwischen der von den Bau- und Montagekombinaten durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion einerseits und den Baureparaturbetrieben andererseits, die im Wesentlichen zuständig waren für die Erhaltung der Bausubstanz, die Durchführung von Um- und Ausbauten sowie von kleineren Neubauten; sie waren im Übrigen Baudirektionen unterstellt. Da der Hauptzweck des VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens nach den Feststellungen des SG sowie nach den in der Straßenverordnung (a. a. O.) genannten Aufgaben jedoch die Straßenunterhaltung, die Erhaltung und Erweiterung des Straßennetzes auf den Stadt- und Gemeindestraßen und somit nicht die Massenproduktion von Bauwerken war, handelt es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich des Bauwesens i. S. der AVItech."

Dass der VEB Bezirksdirektion Straßenwesen B nach diesen Grundsätzen ein Baubetrieb sein könnte, hat die Klägerin nicht einmal ansatzweise belegt. Jedenfalls lässt der von der Klägerin behauptete Bau auch von Straßen sowie von (wohl kleinen) Gebäuden zur Aufnahme der Steuerungstechnik für Lichtsignalanlagen nicht erkennen, dass dies, worauf das SG bereits hingewiesen hat, den Hauptzweck des Betriebes darstellt, noch das es sich unter dieser Annahme um einen Betrieb der (Massen-) Produktion im Bauwesen gehandelt hat. Hauptzweck des Betriebes war die Erneuerung, Erweiterung, der Neubau, die Instandhaltung sowie Wartung und Pflege von Straßen. Dass der Betrieb daneben nach dem klägerischen Vorbringen noch Gussasphaltkocher produziert hat, die offensichtlich zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt wurden, mag zwar im Sinne einer industriellen Fertigung erfolgt sein. Die Klägerin macht aber selbst nicht einmal geltend, dass sich damit der Hauptzweck des Betriebes derart geändert habe, dass es sich nunmehr um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt haben könnte. Jedenfalls zu einem Baubetrieb im dargelegten Sinne wird der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin dadurch nicht.

Der VEB Bezirksdirektion Straßenwesen B war darüber hinaus auch kein Betrieb, der einem volkseigenem Produktionsbetrieb (der Industrie oder des Bauwesens) gleichgestellt war. Ein solcher Betrieb wird in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht aufgeführt. Die Aufzählung in dieser Bestimmung ist abschließend und im Hinblick auf das Neueinbeziehungsverbot auch keiner erweiternden Auslegung zugänglich.

Die Klägerin erfüllt nach alledem mit ihrer Beschäftigung im VEB Bezirksdirektion Straßenwesen B nicht die betriebliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech (vgl. zur Verneinung der betrieblichen Voraussetzung für diesen Beschäftigungsbetrieb auch Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 30. November 2005 – L 17 RA 4/04 – und vom 24. Februar 2006 – L 22 R 1832/05 -, zitiert nach sozialgerichtsbarkeit.de) mit der Folge, dass das AAÜG auf die Klägerin nicht anwendbar ist. Unabhängig davon, dass die Berufung aus diesem Grunde keinen Erfolg haben kann, ist darauf hinzuweisen, dass die Berufung für den Zeitraum vom 01. Oktober 1974 bis 31. Dezember 1977 auch deshalb keinen Erfolg hätte können, weil die Klägerin erst mit der Gründung des VEB zum 01. Januar 1978 in einem volkseigenem Betrieb beschäftigt war. Mit der Beschäftigung in der Stadtdirektion Straßenwesen Berlin zuvor wird in keinem Fall die betriebliche Voraussetzung der AVItech erfüllt (vgl. dazu Urteil des LSG Brandenburg vom 20. September 2004 – L 2 RA 314/03 -, zitiert nach sozialgerichtsbarkeit.de).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe zur Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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