Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 R 61/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 B 708/07 R ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (oder) vom 20. April 2007 geändert. 2. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche vom 28. April 2006 gegen den Bescheid vom 25. April 2006 und vom 20. September 2006 gegen den Bescheid vom 10. März 2006 wird angeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. 3. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu zwei Dritteln zu erstatten.
Gründe:
I.
Das Sozialgericht hat – nach Überprüfung durch den Senat zutreffend – folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche.
Mit Bescheid vom 17. August 2000 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er der Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nummer 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterliege. Die Höhe der zu zahlenden Beiträge sei nach dem Regelbeitrag zu bestimmen, sofern er nicht innerhalb der nächsten drei Wochen einen anders lautenden Antrag stelle. Sofern er von der Befreiungsmöglichkeit nach dem Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 Gebrauch machen wolle, werde um Rückäußerung gebeten.
Mit weiterem Bescheid vom 4. Dezember 2000 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die der Beitragsforderung für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Oktober 2000 (15.952,46 DM, beziehungsweise 8.156,46 Euro) mit.
Am 6. März 2006 ersuchte die Antragsgegnerin das Hauptzollamt Potsdam um Vollstreckung.
Mit Bescheid vom 10. März 2006 bestätigte die Antragsgegnerin erneut die Versicherungspflicht des Antragstellers und fordert die noch nicht verjährten Beiträge ab 1. Januar 2002 in Höhe von 19.869,12 EUR (bis einschließlich 31. März 2006) nach.
Mit Bescheid vom 25. April 2006 stellte die Antragsgegnerin erneut die Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. März 2006 sowie die Säumniszuschläge zusammen und forderte vom Kläger 24.495,16 EUR.
Mit Schreiben vom 28. April 2006, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 29. Mai 2006, legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. April 2006 ein. Ergänzend übersandte er einen Vertretungsvertrag vom 2. Juni 1998 zwischen der Hamburg-Mannheimer Sachversicherungs-AG und ihm. In § 4 des Vertrages ist eine Ausschließlichkeitsvereinbarung enthalten, mit der sich der Antragsteller verpflichtet, während der Dauer des Vertragsverhältnisses in den von der Hamburg-Mannheimer Sachversicherungs-AG und ihren Kooperationspartnern betriebenen Versicherungszweigen weder unmittelbar noch mittelbar für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden; in den Versicherungszweigen, welche die Hamburg-Mannheimer Sachversicherungs-AG und ihre Kooperationspartner nicht betreiben, und bei der Vermittlung von Risiken, welche sie grundsätzlich nicht zeichnen, für Konkursunternehmen nur über die Hamburg-Mannheimer Versicherungs- und Finanzierungsvermittlungs- GmbH tätig zu werden. In der Anlage des Vertrages ist eine Liste der Kooperationspartner enthalten (insoweit wird auf Blatt 93 der Verwaltungsakte verwiesen).
Die Antragsgegnerin wertete diesen Widerspruch gegen den Forderungsbescheid auch als Überprüfungsantrag hinsichtlich des Bescheides vom 10. März 2006, mit dem die Versicherungspflicht des Antragstellers (nach Ansicht der Antragsgegnerin) bereits bindend festgestellt worden war.
Mit Bescheid vom 01. September 2006 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, eine Rücknahme des Bescheides vom 10. März 2006 und des Forderungsbescheides vom 25. April 2006 könne nicht erfolgen, da diese Bescheide rechtmäßig seien. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 20. September 2006 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27. Dezember 2006 zurückwies.
Am 18. Januar 2007 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20. September 2006 gegen die von der Antragsgegnerin erlassenen Bescheide entfalle zwar nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie sei jedoch durch das Gericht nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen. An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte bestünden erhebliche Zweifel. Insbesondere deshalb, weil der Antragsteller tatsächlich – entgegen den Feststellungen der Antragsgegnerin – keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe.
Erstinstanzlich hat der Antragsteller beantragt:
1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20.09.2006 gegen den Bescheid vom 01.09.2006 anzuordnen.
2. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20.09.2006 gegen den Bescheid vom 06.03.2006 anzuordnen.
3. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.04.2006 gegen den Bescheid vom 25.04.2006 anzuordnen.
4. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20.09.2006 gegen den Bescheid vom 10.03.2006 anzuordnen.
Mit Beschluss vom 20. April 2007 hat das Sozialgericht den Erlass der beantragten Anordnung abgelehnt, entschieden, dass die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten hätten und den Streitwert auf 6.123,79 Euro festgesetzt:
Der am 18. Januar 2007 bei Gericht eingegangene Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche vom 28. April 2006 und 20. September 2006 sei nach Erlass des Widerspruchsbescheides am 27. Dezember 2006 bereits unzulässig. Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfalle die für Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich geregelte aufschiebende Wirkung u.a. bei der Entscheidung über die Anforderung von Beiträgen. Einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung habe der Antragsteller zwar am 18. Januar 2007 – jedoch nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2006 gestellt. Grundsätzlich könne die Anordnung der aufschiebenden Wirkung schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides bzw. vor Klageerhebung beantragt werden, so dass es grundsätzlich möglich sei, nach Erlass des Widerspruchsbescheides und vor Klageerhebung einen Antrag – dann allerdings auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage – zu stellen. Vorliegend war und konnte der nach Erlass des Widerspruchsbescheides gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche auch nicht in einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage umgedeutet werden. Der Antrag sei eindeutig formuliert und einer Auslegung nicht zugänglich, zum anderen sei eine Klage innerhalb der Klagefrist nicht erhoben worden, so dass ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer nicht vorliegenden Klage auch nicht möglich wäre. Die Kostenentscheidung folge aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trage dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Die Festsetzung des Streitwertes beruhe auf § 53 Abs. 3 Nr. 4 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004. Danach sei der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes setze das Gericht entsprechend dem in der Verwaltungsgerichtsbarkeit geltenden Streitwertkatalog diesen auf ein Viertel der Forderung fest.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 24. April 2007 zugestellte Beschluss richtet sich die am 24. Mai 2007 beim Sozialgericht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der dieses nicht abgeholfen hat. Hinsichtlich der Forderungen der Beklagten verweise er auf sein Vorbringen im Antragsverfahren. Das Sozialgericht habe zutreffend erkannt, dass gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 keine Klage eingereicht worden sei, augenscheinlich aufgrund der Unkenntnis von der Erteilung des Widerspruchsbescheides. Das Sozialgericht hätte jedenfalls den erstinstanzlichen Vortrag als Klage gegen den Widerspruchsbescheid auslegen müssen oder den Antragsteller zur Ergänzung auffordern müssen. Jedenfalls werde nunmehr – ebenfalls unter dem 24. Mai 2007 – Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 erhoben. Die Beschwerdegegnerin werde gebeten, den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 vorzulegen und mitzuteilen, wann genau dieser unter welcher Adresse zugestellt worden sei. Das Sozialgericht hätte auch darlegen müssen, ob mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 sämtliche Widersprüche zurückgewiesen worden seien, wenn nein hätte es zumindest die aufschiebende Wirkung der übrigen Widersprüche anordnen müssen.
Der Senat hat die Antragsgegnerin aufgefordert, einen Zustellungsnachweis zum Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 vorzulegen. Mit Schriftsatz vom 1. August 2007 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass die Nachforschung hinsichtlich der Zustellung negativ verlaufen sei. Von der Deutschen Post könne die ordnungsgemäße Auslieferung der Sendung nicht belegt werden. Einen Bescheid vom 6. März 2006 habe sie nicht erteilt, insoweit handele es sich um das Vollstreckungsersuchen. Zudem sei dem Antragsteller am 23. April 2007 verbindlich mitgeteilt worden, dass das Forderungsverfahren bis zur Beendigung des anhängigen Rechtsstreits ausgesetzt sei und keine Vollstreckung vor Beendigung des Klageverfahrens erfolgen werde. Insoweit bedürfe es keines einstweiligen Rechtsschutzes mittels Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Über dies sei der gegen den Bescheid vom 10. März 2006 erhobene Widerspruch vom 20. September 2006 verfristet. Zwar sei über diesen Widerspruch noch nicht entschieden, jedoch sei er offensichtlich unzulässig und daher nicht geeignet, die begehrte Anordnung zu tragen. Mit diesem Bescheid sei nochmals über die Versicherungspflicht dem Grunde nach sowie die fälligen zur Rentenversicherung zu zahlenden Pflichtbeiträge entschieden worden. Der Bescheid vom 25. April 2006 regele lediglich die Forderung von Säumniszuschlägen. Der hiergegen am 29. Mai 2006 erhobene Widerspruch sei ebenfalls noch nicht abschließend entschieden. Wie zugesagt, werde eine Vollstreckung hieraus jedoch bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens bzw. bis zur Beendigung des Rechtsstreits nicht erfolgen. Mit Bescheid vom 1. September 2006 sei der gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellte Antrag auf Überprüfung der Versicherungspflicht sowie der hieraus resultierenden Beitragspflicht und Forderungen beschieden. Auf den Widerspruch vom 20 September 2006 sei am 27. Dezember 2006 der zurückweisende Widerspruchsbescheid erteilt worden.
Die den Antragsteller betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (Versicherungsnummer ) sind vom Senat beigezogen worden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, soweit sie den Bescheid vom 10. März 2006 betrifft. Mit diesem Bescheid hat die Antraggegnerin nach Ihrem Vortrag nochmals über die Versicherungspflicht und die daraus resultierenden Beitragsforderungen entschieden.
Unter dem Datum des 10. März 2006 sind in den Akten der Antragsgegnerin zwei Bescheide enthalten. Der erste Bescheid (Blatt 64 Verwaltungsakte) hat folgenden Wortlaut:
Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 des SGB VI sind Personen versicherungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 630,00 DM im Monat übersteigt, sowie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind (Selbständige mit einem Auftraggeber).
In der Zeit vom 01.11.2000 bis 31.12.2000 bestand zwar Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI; da die Beiträge für diese zeit bereits nach § 25 des SGB IV verjährt sind, können diese nach § 197 Abs. 1 SGB VI auch nicht mehr wirksam gezahlt werden.
In der Zeit vom 01.01.2001 bis 31.12.2001 bestand zwar Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9SGB VI; da die Beiträge für diese Zeit bereits nach § 25 des SGB IV verjährt sind, können diese nach § 197 Abs. 1 SGB VI auch nicht mehr wirksam gezahlt werden.
Die Beiträge ab dem 01.01.2002 sind noch nicht verjährt und sind noch zu zahlen.
Der zweite Bescheid vom 10. März 2006 (Blatt 65, 66 der Verwaltungsakte) enthält Ausführungen zur Berechnung der Beitragshöhe und eine Beitragsabrechnung für die Zeit ab Januar 2002 bis März 2006 mit einer Gesamtforderung von 19.869,12 Euro. Ein Zustellungsnachweis oder ein Absendevermerk konkret bezogen auf die Bescheide vom 10. März 2006 ist den Akten nicht zu entnehmen. Auf Blatt 63 der Verwaltungsakte ist lediglich ein "Freigabeprotokoll" in Bezug auf das Konto des Antragstellers mit den entsprechenden Beiträgen, wo es abschließend heißt,
"versandt an: Versicherten Versandart: Druckausgabe am Arbeitsplatz."
Dieses "Freigabeprotokoll" ist auf der Rückseite mit dem Datum 10. März 2006 von einem Hauptsachbearbeiter der Antragsgegnerin und dem Zusatz "sachlich und rechnerisch richtig" unterschrieben. Der Senat kann aus diesen Unterlagen weder die Tatsache der Absendung des Bescheides, noch ein entsprechendes Absendedatum entnehmen.
Der Zeitpunkt der Bekanntgabe nach § 37 Abs. 2 SGB X ist jedenfalls offen. Da eine Übersendung durch Einschreiben oder gegen sonstigen Nachweis nicht vermerkt ist, dürfte der Nachweis des Zeitpunkts der Bekanntgabe auch kaum gelingen. Von daher ist die seitens der Antragsgegnerin angenommene Verfristung des Widerspruchs gegen den/die Bescheid(e) vom 10. März 2006 nicht ersichtlich.
Da die Antragsgegnerin nach eigenem Vortrag mit Bescheid vom 10. März 2006 "nochmals" über die Versicherungspflicht entschieden hat, beruht auch die daraus resultierende Beitragsforderung auf dieser nochmaligen Entscheidung. Die Ausführungen zur Versicherungspflicht im Bescheid vom 10. März 2006 tragen jedoch die Annahme der Versicherungspflicht nicht. Insoweit beschränkt sich der Bescheid vom 10. März 2006 auf die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Aufgrund dieses Bescheides ist es nicht möglich, das Bestehen der Versicherungspflicht nachzuvollziehen. Insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes (§ 86a Abs. 3 Satz 2 SGG). Es liegt an der Antragsgegnerin, diese Zweifel bei Erteilung des Widerspruchsbescheides – gegebenenfalls durch Bezugnahme auf die Feststellungen des Bescheides vom 17. August 2000 – auszuräumen. Erst nach Erteilung eines Widerspruchsbescheides hierzu kann im Übrigen beurteilt werden, ob weiterhin "ernstliche Zweifel" bestehen, die dann die Anordnung einer aufschiebenden Wirkung einer dagegen zu erhebenden Klage rechtfertigen. Hierüber ist jetzt nicht zu entscheiden.
Weil mit Bescheid vom 25. April 2006 (Blatt 73 und 74 Verwaltungsakte) Säumniszuschläge auf der Grundlage des Bescheides vom 10. März 2006 geltend gemacht werden, hat der Antragsteller auch dagegen Widerspruch eingelegt. Auch insoweit ist dementsprechend aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, denn die Säumniszuschläge teilen das Schicksal der ihnen zugrunde liegenden Forderung.
Soweit sich der Antragsteller gegen die Vollstreckung aus einem Bescheid vom 10. März 2006 wendet, liegt auch ihm ein entsprechender Bescheid nicht vor. Ein auszusetzender Verwaltungsakt ist dementsprechend nicht ersichtlich. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 6. Juli 2007 darauf hingewiesen, dass das am 6. März 2006 eingeleitete Vollstreckungsersuchen (erfolglos war und) inzwischen erledigt sei. Eine gegen die Vollstreckung gerichtete Klage sei nicht anhängig gewesen. Unter diesen Umständen kann die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen nicht vorhandenen Verwaltungsakt nicht angeordnet werden. Es ist Sache des Antragstellers, sich gegebenenfalls mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen im Wege der Zwangsvollstreckung zur Wehr zu setzen.
Soweit sich der Antragsteller gegen den Bescheid vom 1. September 2006 wendet, über den nach Auffassung des Sozialgerichts durch Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 entschieden wurde, geht der Antrag auf Anordnung einer aufschiebenden Wirkung ins Leere. Der Bescheid vom 1. September 2006 entscheidet nicht über "Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten" oder die Anforderung von entsprechenden Beiträgen (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG), sondern über die Rücknahme von Bescheiden nach § 44 SGB X. Der Widerspruch gegen einen solchen Bescheid hat ohnehin aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG. Dies hilft dem Antragsteller vorliegend allerdings nicht, denn er steht allenfalls so, als wenn der (Überprüfungs-)Bescheid vom 1. September 2006 noch nicht erlassen wäre.
Unter diesen Umständen ist es unerheblich, ob und gegebenenfalls wann der Bescheid vom 27. Dezember 2006 bekannt gegeben wurde. Da das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 10. März 2006 – wie dargelegt – noch offen ist, dürfte ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X zu diesen Bescheiden ohnehin nicht erforderlich sein.
Soweit der Antragsteller hilfsweise die Feststellung der aufschiebenden Wirkung einer von ihm gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 erhobenen Klage geltend macht, gilt unabhängig davon, ob der Bescheid vom 27. Dezember 2006 wirksam bekannt gegeben und damit eine Klage überhaupt zulässig ist, nichts anderes als hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 1. September 2006. Auch insoweit mag aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG eingetreten sein, diese entfaltet jedoch keine dem Kläger günstigen Wirkungen in Bezug auf den zu überprüfenden Bescheid.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Entgegen dem angefochtenen Beschluss handelt es sich vorliegend nicht um ein Verfahren nach § 197a SGG, denn der Antragsteller wendet sich gegen seine eigene Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, das Verfahren ist dementsprechend gemäß § 193 SGG für ihn als "Versicherte" kostenfrei. Dementsprechend war auch die Streitwertfestsetzung im angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Die Kostenerstattung zu zwei Dritteln rechtfertigt sich daraus, dass der Antragsteller zwar nur mit seinen Anträgen zu 3) und 4) erfolgreich war, die mit den entsprechenden Bescheiden auferlegten Zahlungspflichten jedoch den überwiegenden Teil seiner Beschwer ausmachen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177SGG).
Gründe:
I.
Das Sozialgericht hat – nach Überprüfung durch den Senat zutreffend – folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche.
Mit Bescheid vom 17. August 2000 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er der Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nummer 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterliege. Die Höhe der zu zahlenden Beiträge sei nach dem Regelbeitrag zu bestimmen, sofern er nicht innerhalb der nächsten drei Wochen einen anders lautenden Antrag stelle. Sofern er von der Befreiungsmöglichkeit nach dem Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 Gebrauch machen wolle, werde um Rückäußerung gebeten.
Mit weiterem Bescheid vom 4. Dezember 2000 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die der Beitragsforderung für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. Oktober 2000 (15.952,46 DM, beziehungsweise 8.156,46 Euro) mit.
Am 6. März 2006 ersuchte die Antragsgegnerin das Hauptzollamt Potsdam um Vollstreckung.
Mit Bescheid vom 10. März 2006 bestätigte die Antragsgegnerin erneut die Versicherungspflicht des Antragstellers und fordert die noch nicht verjährten Beiträge ab 1. Januar 2002 in Höhe von 19.869,12 EUR (bis einschließlich 31. März 2006) nach.
Mit Bescheid vom 25. April 2006 stellte die Antragsgegnerin erneut die Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. März 2006 sowie die Säumniszuschläge zusammen und forderte vom Kläger 24.495,16 EUR.
Mit Schreiben vom 28. April 2006, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 29. Mai 2006, legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. April 2006 ein. Ergänzend übersandte er einen Vertretungsvertrag vom 2. Juni 1998 zwischen der Hamburg-Mannheimer Sachversicherungs-AG und ihm. In § 4 des Vertrages ist eine Ausschließlichkeitsvereinbarung enthalten, mit der sich der Antragsteller verpflichtet, während der Dauer des Vertragsverhältnisses in den von der Hamburg-Mannheimer Sachversicherungs-AG und ihren Kooperationspartnern betriebenen Versicherungszweigen weder unmittelbar noch mittelbar für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden; in den Versicherungszweigen, welche die Hamburg-Mannheimer Sachversicherungs-AG und ihre Kooperationspartner nicht betreiben, und bei der Vermittlung von Risiken, welche sie grundsätzlich nicht zeichnen, für Konkursunternehmen nur über die Hamburg-Mannheimer Versicherungs- und Finanzierungsvermittlungs- GmbH tätig zu werden. In der Anlage des Vertrages ist eine Liste der Kooperationspartner enthalten (insoweit wird auf Blatt 93 der Verwaltungsakte verwiesen).
Die Antragsgegnerin wertete diesen Widerspruch gegen den Forderungsbescheid auch als Überprüfungsantrag hinsichtlich des Bescheides vom 10. März 2006, mit dem die Versicherungspflicht des Antragstellers (nach Ansicht der Antragsgegnerin) bereits bindend festgestellt worden war.
Mit Bescheid vom 01. September 2006 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, eine Rücknahme des Bescheides vom 10. März 2006 und des Forderungsbescheides vom 25. April 2006 könne nicht erfolgen, da diese Bescheide rechtmäßig seien. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 20. September 2006 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27. Dezember 2006 zurückwies.
Am 18. Januar 2007 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20. September 2006 gegen die von der Antragsgegnerin erlassenen Bescheide entfalle zwar nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie sei jedoch durch das Gericht nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen. An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte bestünden erhebliche Zweifel. Insbesondere deshalb, weil der Antragsteller tatsächlich – entgegen den Feststellungen der Antragsgegnerin – keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe.
Erstinstanzlich hat der Antragsteller beantragt:
1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20.09.2006 gegen den Bescheid vom 01.09.2006 anzuordnen.
2. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20.09.2006 gegen den Bescheid vom 06.03.2006 anzuordnen.
3. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.04.2006 gegen den Bescheid vom 25.04.2006 anzuordnen.
4. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20.09.2006 gegen den Bescheid vom 10.03.2006 anzuordnen.
Mit Beschluss vom 20. April 2007 hat das Sozialgericht den Erlass der beantragten Anordnung abgelehnt, entschieden, dass die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten hätten und den Streitwert auf 6.123,79 Euro festgesetzt:
Der am 18. Januar 2007 bei Gericht eingegangene Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche vom 28. April 2006 und 20. September 2006 sei nach Erlass des Widerspruchsbescheides am 27. Dezember 2006 bereits unzulässig. Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfalle die für Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich geregelte aufschiebende Wirkung u.a. bei der Entscheidung über die Anforderung von Beiträgen. Einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung habe der Antragsteller zwar am 18. Januar 2007 – jedoch nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2006 gestellt. Grundsätzlich könne die Anordnung der aufschiebenden Wirkung schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides bzw. vor Klageerhebung beantragt werden, so dass es grundsätzlich möglich sei, nach Erlass des Widerspruchsbescheides und vor Klageerhebung einen Antrag – dann allerdings auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage – zu stellen. Vorliegend war und konnte der nach Erlass des Widerspruchsbescheides gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche auch nicht in einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage umgedeutet werden. Der Antrag sei eindeutig formuliert und einer Auslegung nicht zugänglich, zum anderen sei eine Klage innerhalb der Klagefrist nicht erhoben worden, so dass ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer nicht vorliegenden Klage auch nicht möglich wäre. Die Kostenentscheidung folge aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trage dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Die Festsetzung des Streitwertes beruhe auf § 53 Abs. 3 Nr. 4 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004. Danach sei der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes setze das Gericht entsprechend dem in der Verwaltungsgerichtsbarkeit geltenden Streitwertkatalog diesen auf ein Viertel der Forderung fest.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 24. April 2007 zugestellte Beschluss richtet sich die am 24. Mai 2007 beim Sozialgericht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der dieses nicht abgeholfen hat. Hinsichtlich der Forderungen der Beklagten verweise er auf sein Vorbringen im Antragsverfahren. Das Sozialgericht habe zutreffend erkannt, dass gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 keine Klage eingereicht worden sei, augenscheinlich aufgrund der Unkenntnis von der Erteilung des Widerspruchsbescheides. Das Sozialgericht hätte jedenfalls den erstinstanzlichen Vortrag als Klage gegen den Widerspruchsbescheid auslegen müssen oder den Antragsteller zur Ergänzung auffordern müssen. Jedenfalls werde nunmehr – ebenfalls unter dem 24. Mai 2007 – Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 erhoben. Die Beschwerdegegnerin werde gebeten, den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 vorzulegen und mitzuteilen, wann genau dieser unter welcher Adresse zugestellt worden sei. Das Sozialgericht hätte auch darlegen müssen, ob mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 sämtliche Widersprüche zurückgewiesen worden seien, wenn nein hätte es zumindest die aufschiebende Wirkung der übrigen Widersprüche anordnen müssen.
Der Senat hat die Antragsgegnerin aufgefordert, einen Zustellungsnachweis zum Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 vorzulegen. Mit Schriftsatz vom 1. August 2007 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass die Nachforschung hinsichtlich der Zustellung negativ verlaufen sei. Von der Deutschen Post könne die ordnungsgemäße Auslieferung der Sendung nicht belegt werden. Einen Bescheid vom 6. März 2006 habe sie nicht erteilt, insoweit handele es sich um das Vollstreckungsersuchen. Zudem sei dem Antragsteller am 23. April 2007 verbindlich mitgeteilt worden, dass das Forderungsverfahren bis zur Beendigung des anhängigen Rechtsstreits ausgesetzt sei und keine Vollstreckung vor Beendigung des Klageverfahrens erfolgen werde. Insoweit bedürfe es keines einstweiligen Rechtsschutzes mittels Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Über dies sei der gegen den Bescheid vom 10. März 2006 erhobene Widerspruch vom 20. September 2006 verfristet. Zwar sei über diesen Widerspruch noch nicht entschieden, jedoch sei er offensichtlich unzulässig und daher nicht geeignet, die begehrte Anordnung zu tragen. Mit diesem Bescheid sei nochmals über die Versicherungspflicht dem Grunde nach sowie die fälligen zur Rentenversicherung zu zahlenden Pflichtbeiträge entschieden worden. Der Bescheid vom 25. April 2006 regele lediglich die Forderung von Säumniszuschlägen. Der hiergegen am 29. Mai 2006 erhobene Widerspruch sei ebenfalls noch nicht abschließend entschieden. Wie zugesagt, werde eine Vollstreckung hieraus jedoch bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens bzw. bis zur Beendigung des Rechtsstreits nicht erfolgen. Mit Bescheid vom 1. September 2006 sei der gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellte Antrag auf Überprüfung der Versicherungspflicht sowie der hieraus resultierenden Beitragspflicht und Forderungen beschieden. Auf den Widerspruch vom 20 September 2006 sei am 27. Dezember 2006 der zurückweisende Widerspruchsbescheid erteilt worden.
Die den Antragsteller betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (Versicherungsnummer ) sind vom Senat beigezogen worden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, soweit sie den Bescheid vom 10. März 2006 betrifft. Mit diesem Bescheid hat die Antraggegnerin nach Ihrem Vortrag nochmals über die Versicherungspflicht und die daraus resultierenden Beitragsforderungen entschieden.
Unter dem Datum des 10. März 2006 sind in den Akten der Antragsgegnerin zwei Bescheide enthalten. Der erste Bescheid (Blatt 64 Verwaltungsakte) hat folgenden Wortlaut:
Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 des SGB VI sind Personen versicherungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 630,00 DM im Monat übersteigt, sowie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind (Selbständige mit einem Auftraggeber).
In der Zeit vom 01.11.2000 bis 31.12.2000 bestand zwar Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI; da die Beiträge für diese zeit bereits nach § 25 des SGB IV verjährt sind, können diese nach § 197 Abs. 1 SGB VI auch nicht mehr wirksam gezahlt werden.
In der Zeit vom 01.01.2001 bis 31.12.2001 bestand zwar Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9SGB VI; da die Beiträge für diese Zeit bereits nach § 25 des SGB IV verjährt sind, können diese nach § 197 Abs. 1 SGB VI auch nicht mehr wirksam gezahlt werden.
Die Beiträge ab dem 01.01.2002 sind noch nicht verjährt und sind noch zu zahlen.
Der zweite Bescheid vom 10. März 2006 (Blatt 65, 66 der Verwaltungsakte) enthält Ausführungen zur Berechnung der Beitragshöhe und eine Beitragsabrechnung für die Zeit ab Januar 2002 bis März 2006 mit einer Gesamtforderung von 19.869,12 Euro. Ein Zustellungsnachweis oder ein Absendevermerk konkret bezogen auf die Bescheide vom 10. März 2006 ist den Akten nicht zu entnehmen. Auf Blatt 63 der Verwaltungsakte ist lediglich ein "Freigabeprotokoll" in Bezug auf das Konto des Antragstellers mit den entsprechenden Beiträgen, wo es abschließend heißt,
"versandt an: Versicherten Versandart: Druckausgabe am Arbeitsplatz."
Dieses "Freigabeprotokoll" ist auf der Rückseite mit dem Datum 10. März 2006 von einem Hauptsachbearbeiter der Antragsgegnerin und dem Zusatz "sachlich und rechnerisch richtig" unterschrieben. Der Senat kann aus diesen Unterlagen weder die Tatsache der Absendung des Bescheides, noch ein entsprechendes Absendedatum entnehmen.
Der Zeitpunkt der Bekanntgabe nach § 37 Abs. 2 SGB X ist jedenfalls offen. Da eine Übersendung durch Einschreiben oder gegen sonstigen Nachweis nicht vermerkt ist, dürfte der Nachweis des Zeitpunkts der Bekanntgabe auch kaum gelingen. Von daher ist die seitens der Antragsgegnerin angenommene Verfristung des Widerspruchs gegen den/die Bescheid(e) vom 10. März 2006 nicht ersichtlich.
Da die Antragsgegnerin nach eigenem Vortrag mit Bescheid vom 10. März 2006 "nochmals" über die Versicherungspflicht entschieden hat, beruht auch die daraus resultierende Beitragsforderung auf dieser nochmaligen Entscheidung. Die Ausführungen zur Versicherungspflicht im Bescheid vom 10. März 2006 tragen jedoch die Annahme der Versicherungspflicht nicht. Insoweit beschränkt sich der Bescheid vom 10. März 2006 auf die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Aufgrund dieses Bescheides ist es nicht möglich, das Bestehen der Versicherungspflicht nachzuvollziehen. Insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes (§ 86a Abs. 3 Satz 2 SGG). Es liegt an der Antragsgegnerin, diese Zweifel bei Erteilung des Widerspruchsbescheides – gegebenenfalls durch Bezugnahme auf die Feststellungen des Bescheides vom 17. August 2000 – auszuräumen. Erst nach Erteilung eines Widerspruchsbescheides hierzu kann im Übrigen beurteilt werden, ob weiterhin "ernstliche Zweifel" bestehen, die dann die Anordnung einer aufschiebenden Wirkung einer dagegen zu erhebenden Klage rechtfertigen. Hierüber ist jetzt nicht zu entscheiden.
Weil mit Bescheid vom 25. April 2006 (Blatt 73 und 74 Verwaltungsakte) Säumniszuschläge auf der Grundlage des Bescheides vom 10. März 2006 geltend gemacht werden, hat der Antragsteller auch dagegen Widerspruch eingelegt. Auch insoweit ist dementsprechend aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, denn die Säumniszuschläge teilen das Schicksal der ihnen zugrunde liegenden Forderung.
Soweit sich der Antragsteller gegen die Vollstreckung aus einem Bescheid vom 10. März 2006 wendet, liegt auch ihm ein entsprechender Bescheid nicht vor. Ein auszusetzender Verwaltungsakt ist dementsprechend nicht ersichtlich. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 6. Juli 2007 darauf hingewiesen, dass das am 6. März 2006 eingeleitete Vollstreckungsersuchen (erfolglos war und) inzwischen erledigt sei. Eine gegen die Vollstreckung gerichtete Klage sei nicht anhängig gewesen. Unter diesen Umständen kann die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen nicht vorhandenen Verwaltungsakt nicht angeordnet werden. Es ist Sache des Antragstellers, sich gegebenenfalls mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen im Wege der Zwangsvollstreckung zur Wehr zu setzen.
Soweit sich der Antragsteller gegen den Bescheid vom 1. September 2006 wendet, über den nach Auffassung des Sozialgerichts durch Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 entschieden wurde, geht der Antrag auf Anordnung einer aufschiebenden Wirkung ins Leere. Der Bescheid vom 1. September 2006 entscheidet nicht über "Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten" oder die Anforderung von entsprechenden Beiträgen (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG), sondern über die Rücknahme von Bescheiden nach § 44 SGB X. Der Widerspruch gegen einen solchen Bescheid hat ohnehin aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG. Dies hilft dem Antragsteller vorliegend allerdings nicht, denn er steht allenfalls so, als wenn der (Überprüfungs-)Bescheid vom 1. September 2006 noch nicht erlassen wäre.
Unter diesen Umständen ist es unerheblich, ob und gegebenenfalls wann der Bescheid vom 27. Dezember 2006 bekannt gegeben wurde. Da das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 10. März 2006 – wie dargelegt – noch offen ist, dürfte ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X zu diesen Bescheiden ohnehin nicht erforderlich sein.
Soweit der Antragsteller hilfsweise die Feststellung der aufschiebenden Wirkung einer von ihm gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2006 erhobenen Klage geltend macht, gilt unabhängig davon, ob der Bescheid vom 27. Dezember 2006 wirksam bekannt gegeben und damit eine Klage überhaupt zulässig ist, nichts anderes als hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 1. September 2006. Auch insoweit mag aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG eingetreten sein, diese entfaltet jedoch keine dem Kläger günstigen Wirkungen in Bezug auf den zu überprüfenden Bescheid.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Entgegen dem angefochtenen Beschluss handelt es sich vorliegend nicht um ein Verfahren nach § 197a SGG, denn der Antragsteller wendet sich gegen seine eigene Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, das Verfahren ist dementsprechend gemäß § 193 SGG für ihn als "Versicherte" kostenfrei. Dementsprechend war auch die Streitwertfestsetzung im angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Die Kostenerstattung zu zwei Dritteln rechtfertigt sich daraus, dass der Antragsteller zwar nur mit seinen Anträgen zu 3) und 4) erfolgreich war, die mit den entsprechenden Bescheiden auferlegten Zahlungspflichten jedoch den überwiegenden Teil seiner Beschwer ausmachen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177SGG).
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