Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 RJ 2494/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 94/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1947 geborene Klägerin ist ohne Berufsausbildung. Bis Ende 1999 war sie in verschiedenen Bereichen beschäftigt, so etwa als Bandarbeiterin, als Montiererin, als Stanzerin, als Reinigerin, als Hauswartin und zuletzt, bis Dezember 1999, als Handwerkshelferin im Zählerwerk bei der. In den Jahren 2003 und 2004 ist die Klägerin noch für 12 Monate in der Anmeldung einer physiotherapeutischen Praxis überwiegend als Telefonistin für 20 Stunden im Monat tätig gewesen.
Nachdem zuvor schon ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 bestanden hatte, stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – mit Bescheid vom 26. Juli 2005 bei der Klägerin einen GdB von 50 fest. Dem lagen folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
a) Schulter-Arm-Syndrom beidseits, wiederkehrende Ellenbogenschmerzen, Hüft- und Knieschmerzen, Zustand nach Knieoperation links mit Restbeschwerden, Fußfehlform, Steißbeinschmerzen, Krampfaderleiden, Knorpelschaden, b) Wirbelsäulenleiden mit wiederkehrenden Reizzuständen, c) Zustand nach Gallenblasenoperation, Narbenbruch, Zustand nach Fundoplicatio bei Refluxkrankheit, Neigung zu Magenschleimhautentzündung, d) Seelische Leiden, e) Lungenleiden, allergische Diathese, f) Sulcus ulnaris Syndrom, g) Diabetes mellitus, tablettenpflichtig, h) Beeinträchtigung des Sehvermögens.
Am 30. April 2001 beantragte die Klägerin die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte stellte das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Antragszeitpunkt fest und veranlasste die ärztliche Begutachtung der Klägerin durch den Internisten Dr. F. In seinem am 13. Juli 2001 abgeschlossenen Gutachten diagnostizierte dieser bei der Klägerin:
1. obstruktive Ventilationsstörung bei Nikotinkonsum, 2. arterielle Hypertonie, 3. rezidivierendes HWS/LWS-Syndrom, 4. Fundoplicatio (1996) bei Hiatushernie und Barrett-Ösophagus, 5. multiple Arthralgien, 6. Adipositas, 7. Hyperurikämie.
Unter kontinuierlicher bronchospasmolytischer Therapie sowie Nikotinkarenz und Gewichtsreduktion bestehe damit für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 23. Juli 2001 ab, weil die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin, den diese unter Vorlage ärztlicher Unterlagen mit orthopädischen und seelischen Problemen begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2001 zurück.
Mit der am 2. November 2001 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie sieht ihr Leistungsvermögen durch die Beklagte nicht zutreffend beurteilt und hält sich für erwerbsgemindert. Sie verweist auf orthopädische, internistische und psychiatrische Leiden sowie auf ein Lungenleiden. Hinzugetreten sei eine Netzhautablösung. Ihre Kniebeschwerden hätten sich verschlimmert.
Das Sozialgericht Berlin hat zunächst Befundberichte und Unterlagen der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt (K P, Internist, vom 28. Januar 2002 [Frage: "Ist die Klägerin in der Lage, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten?" Antwort: "Ja."]; S T, Orthopäde, vom 6. Februar 2002 [Frage: "Ist die Klägerin in der Lage, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten?" Antwort: "Nein, erhebliche Belastbarkeitsminderung durch Gelenkleiden und Rückenleiden."]; augenärztliches Attest Dr. W vom 11. Februar 2002; MRT-Bericht linkes Kniegelenk vom 11. Februar 2002, Dr. H). Hierauf hat das Sozialgericht den Arzt für Orthopädie Dr. P K mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens über die Klägerin beauftragt, welches dieser am 23. Juli 2002 vorgelegt hat. Der Gutachter hat auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt:
- Lumbalgien (Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule) ohne Hinweiszeichen für das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls, - Tendinosis calcarea im Bereich beider Schultergelenke (schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Schultergelenke bei Nachweis von Kalkeinlagerungen), - Dorsolumbalgien (Rückenschmerzen) bei Rundrücken, - Osteopenie/Osteoporose (Minderung des Knochenmineralsalzgehaltes), - Initiale Protrusionskoxarthrose (beginnender Hüftverschleiß mit Tendenz zur Ausdünnung des Pfannenbodens) mit Koxalgie (Hüftschmerzen), - Verdacht auf primäre chronische Polyarthritis (Erkrankung des rheumatischen Formenkreises), - Tietze-Syndrom (kostosternales Syndrom - schmerzhafte Schwellung im Bereich der knorpeligen Verbindung zwischen Sternum und Rippen), - Arthralgien (Gelenkschmerzen), - Initiale Gonarthrose (degenerative Veränderungen) im Bereich des linken Kniegelenkes bei medialer Meniskopathie, Valgus-Fehlstellung beider Beine und Zustand nach operativer Behandlung einer Patellaluxation mit MRT-Nachweis von chondropathischen und chondromalazischen (Knorpelschäden) Veränderungen im Bereich der linken Kniescheibe.
Im Vordergrund der aktuellen Beschwerdesymptomatik stehe dabei die Problematik des linken Kniegelenks, das bereits 1987 operativ habe behandelt werden müssen. Die MRT-Untersuchung vom 7. Februar 2002 belege initiale degenerative Veränderungen, postoperative und posttraumatische Folgeschäden. Der belastungslimitierende Faktor neben der Kniegelenkserkrankung linksseitig sei die schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich beider Schultergelenke, die Tendinosis calcarea. Diese beiden Gesundheitsstörungen stellten die belastungslimitierenden Faktoren zum Gutachtenzeitpunkt dar. Unter Beachtung im Einzelnen aufgeführter qualitativer Leistungseinschränkungen könne die Klägerin damit vollschichtig noch leichte Arbeiten verrichten. Im November 2002 unterzog die Klägerin sich in der Schlossparkklinik einer arthroskopischen Behandlung des linken Kniegelenks. Hierauf hat das Sozialgericht Berlin noch einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. M vom 21. Februar 2003 zu den Akten genommen. Dieser hat u.a. erklärt, die volle Beweglichkeit des linken Kniegelenks sei frühestens sechs Monate nach der Operation zu erwarten. Bis dahin sei die Klägerin nicht fähig, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten; dies sei aber allein wegen des Kniegelenks nicht auf Dauer so zu sehen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das Sozialgericht sodann den Arzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. K R mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens über die Klägerin beauftragt, welches dieser am 30. Oktober 2003 vorgelegt hat. Bei der Untersuchung habe die Klägerin über Beschwerden und Einschränkungen geklagt, die schon seit Jahren bestünden. Sowohl bei der körperlichen Untersuchung als auch bei den röntgenologischen Befunden falle eine Diskrepanz zwischen objektivierbaren Einschränkungen bzw. Veränderungen und den geklagten Beschwerden auf. Ausnahme sei der Befund am linken Kniegelenk. Der Gutachter hat auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen aufgestellt:
- chronisches PHS-Syndrom beiderseits (Periarthritis-humero-scapularis), - chronisch rezidivierende Dorso-Lumbalgie bei Rundrücken, - iniziale Coxarthrose rechts bei Protrusion beiderseits, - Gonarthrose links mit Bewegungseinschränkung, - multiple Arthralgien.
Soweit die Beweglichkeit der Halswirbelsäule eingeschränkt sei, sei dies altersentsprechend. Die Röntgenaufnahmen zeigten insoweit nur geringfügige degenerative Veränderungen. Im Bereich beider Schultergelenke sei die Beweglichkeit beim Vor- und Seitheben der Arme eingeschränkt. Die aktuellen Röntgenaufnahmen zeigten insoweit jedoch keinerlei periartikuläre Verkalkungen, wie sie in den Unterlagen beschrieben worden seien. Der röntgenologische Befund beider Schultergelenke sei altersentsprechend. An der Wirbelsäule bestehe bei verstärktem Rundrücken eine mittelgradige Bewegungseinschränkung in allen Ebenen. Auch dieser Befund sei aber nicht neu und habe sich kaum verschlechtert. Auch hier zeigten die Röntgenaufnahmen neben der verstärkten Kyphose keine auffälligen degenerativen Veränderungen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule gebe es lediglich geringfügige Degenerationszeichen. Die Untersuchung beider Hüftgelenke habe ein altersentsprechendes Bewegungsausmaß ergeben. In Bezug auf die Kniegelenksoperation vom November 2002 erwarte der nachbehandelnde Orthopäde eine zeitgerechte Verbesserung des postoperativen Befundes. Er erwarte eine volle Beweglichkeit des operierten Kniegelenkes frühestens sechs Monate nach der Operation. Bei der jetzigen Untersuchung sei das linke Kniegelenk schmerzhaft bewegungseingeschränkt gewesen. Die Beugefähigkeit sei mit 20 Grad deutlich vermindert gewesen. Damit stelle der Befund am linken Kniegelenk nach erfolgter Operation eine neue Situation dar. Auch zehn Monate nach der Operation sei das linke Knie in seiner Funktion eingeschränkt. Es zeigten sich allerdings keine akuten Entzündungszeichen. Bei der Untersuchung habe die Klägerin einen starken Funktionsschmerz angegeben. Mit dem aktuellen Kniegelenksbefund sei die Klägerin derzeit nicht arbeitsfähig. Die Befunde sprächen aber dafür, dass eine Besserung eintreten werde. Es könnten dann noch regelmäßig leichte Arbeiten bis zu sechs Stunden täglich verrichtet werden. Im Einzelnen aufgeführte qualitative Einschränkungen seien zu beachten. Aufgrund der Multimorbidität werde das verbliebene Restleistungsvermögen nur für eine maximale tägliche Arbeitszeit von sechs Stunden für ausreichend gehalten. Voraussetzung sei eine Verbesserung des Kniegelenksbefundes der linken Seite. Denkbar seien dann vorwiegend sitzende Tätigkeiten mit einer täglichen Arbeitszeit von maximal sechs Stunden. Damit sei die derzeit bestehende Leistungsminderung vom Kniegelenksbefund abhängig. Die übrigen orthopädischen Leiden seien chronisch und hätten sich gegenüber den Vorbefunden nicht wesentlich verschlechtert. Die Einschätzung für eine Besserung des Lokalbefundes am linken Knie sei noch schwierig. Unter geeigneten Behandlungsmaßnahmen solle es möglich sein, die Beweglichkeit und die Funktion des Kniegelenks zu verbessern. Weil der operative Eingriff bereits zehn Monate zurückliege, werde ein weiterer Zeitraum von sechs bis zehn Monaten abzuwarten sein.
Der ärztliche Dienst der Beklagten hat in einer Stellungnahme durch Dr. H, Facharzt für Chirurgie, vom 17. Februar 2004 hierzu erklärt: Zwar möge, wie der Gutachter feststelle, Arbeitsunfähigkeit gegeben sein, doch liege keine Erwerbsunfähigkeit vor, weil die Klägerin weiterhin vollschichtig für leichte Arbeiten einsetzbar sei. Die demonstrierte Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks auf 20 Grad Beugung bei freier Streckung müsse als sehr unwahrscheinlich angesehen werden. Es fehlten jegliche Angaben bezüglich eines daraus folgenden stark auffälligen Gangbildes. Unklar sei auch, warum die Klägerin dann keine Unterarmgehstütze benutze. Es liege nahe, dass die Bewegungseinschränkung bei auch weitestgehend unauffälligen Röntgenbildern von der Versicherten demonstriert worden sei.
In einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 18. Mai 2004 hat der Gutachter R hierauf entgegnet: Der Röntgenbefund allein spiegele das Ausmaß der degenerativen Veränderungen im Kniegelenk nicht ausreichend wider. Auch dem MRT vom Februar 2002 seien die deutlichen Knorpelschäden zu entnehmen. Seit dem operativen Eingriff im November 2002 sei die Klägerin arbeitsunfähig gewesen, was im Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung im September 2003 angehalten habe. Auch für die Folgezeit habe von weiterer Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden müssen. Die Klägerin sei seit November 2002 zeitlich begrenzt bis November 2004 "arbeitsunfähig und somit erwerbsunfähig".
Für die ärztliche Abteilung der Beklagten hat Dr. H hierzu am 8. Juni 2004 im Wesentlichen erklärt: Das Gutachten von Dr. R sei weiterhin nicht nachvollziehbar und offenbare sozialmedizinisch unzulässige Schlussfolgerungen. Weil beim normalen Laufen keine Auffälligkeiten beschrieben worden seien, müsse davon ausgegangen werden, dass die demonstrierte Bewegungseinschränkung von 20 Grad so nicht bestehe. Das MRT vom 11. Februar 2002 helfe nicht weiter, weil es keine Schlussfolgerung auf eine weitgehende Bewegungseinschränkung zulasse. Am Ende schließe der Gutachter bei länger andauernden Arbeitsunfähigkeiten zwangsläufig auf eine entsprechend lange andauernde Erwerbsunfähigkeit, was unzulässig sei.
Mit Urteil vom 20. September 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zur Überzeugung der Kammer sei die Klägerin noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen unter Berücksichtigung der übereinstimmend in den Gutachten der Sachverständigen Dr. K und Dr. R festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr auszuüben. Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. K stünden bei der Klägerin die Gesundheitsstörungen im Bereich des Bewegungsapparats im Vordergrund, vor allem die aktuelle Beschwerdesymptomatik im Hinblick auf das linke Kniegelenk. Eine quantitativ geminderte Leistungsfähigkeit habe der Gutachter Dr. K unter ausführlicher Würdigung der Beschwerden der Klägerin nicht erkennen können. Soweit der Orthopäde Dr. R dagegen aufgrund der von ihm erhobenen Befunde zu einem derzeit und weiter für die Dauer von sechs bis zehn Monaten aufgehobenen Leistungsvermögen komme, vermöge die Kammer dem nicht zu folgen. Der Gutachter habe die Funktionseinschränkung des linken Kniegelenks für entscheidend für eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben angesehen. Allerdings begründe der Gutachter die von ihm angenommene quantitative Leistungsminderung nicht schlüssig. Wie die Beklagte zutreffend eingewandt habe, habe auch dieser Gutachter nämlich keine Auffälligkeiten beim normalen Laufen festgestellt und auch bei der Messung der beiden Beide keine wesentlichen Defizite gesehen. Es gebe keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine Leistungsfähigkeit der Klägerin von unter sechs Stunden täglich. Auch Dr. R habe festgehalten, dass sowohl bei der körperlichen Untersuchung als auch bei den röntgenologischen Befunden eine Diskrepanz zwischen objektivierbaren Einschränkungen bzw. Veränderungen und den geklagten Beschwerden aufgefallen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Gutachter nach der von ihm vorgenommenen Untersuchung ein aufgehobenes Leistungsvermögen behaupte. Die Angaben der Klägerin selbst zum Laufen auf der Ebene, maximal 15 Minuten ohne Schmerzen, sowie zum Treppensteigen ließen nicht darauf schließen, dass eine rentenrechtlich relevante Verminderung der Wegefähigkeit vorliege, die Klägerin benutze trotz der geltend gemachten Schmerzen aufgrund Überlastung des rechten Beines keine Hilfsmittel. Gegen die Einschätzung Dr. R spreche außerdem, dass die Klägerin ausweislich der eingeholten Arbeitgeberauskunft seit August 2003 im Sitzen Telefondienste und Schreibarbeiten verrichte; der Arbeitgeberauskunft könnten Besonderheiten bzw. Einschränkungen im Bezug auf die ausgeübte Beschäftigung nicht entnommen werden. Damit folge die Kammer den ausführlichen und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. K, wonach die Klägerin in der Lage sei, körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr auszuüben. Aufgrund ihrer Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe auch keine Berufsunfähigkeit.
Gegen das ihr am 6. Januar 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Januar 2005 Berufung eingelegt. Sie meint nach wie vor, aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen, vor allem im Bereich des linken Knies, erwerbsgemindert zu sein.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. April 2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das mit der Berufung angegriffene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt (K P, Internist, vom 25. Mai 2005; Dr. H-G, Dermatologin, vom 27. Mai 2005; Dr. M, Orthopäde, vom 1. Juni 2005; Dr. W, Augenarzt, vom 16. Juni 2005; Bericht der Charité-Augenklinik vom 20. Juli 2005).
Nachdem der Senat keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen veranlasst hat, ist der Arzt für Allgemeinmedizin und Anästhesiologie Dr. I S auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG mit der Erstellung eines allgemeinmedizinischen Gutachtens beauftragt worden, welches dieser am 4. August 2006 als "orthopädisch-chirurgisches und schmerztherapeutisches Gutachten" vorgelegt hat. Der Sachverständige meint, die Vorgutachten von Dr. K und Dr. R entsprächen nicht den gestellten Anforderungen, wiesen viele fachliche und logische Fehler auf und seien daher irrelevant; viele Befunde entsprächen nicht der Wirklichkeit und seien frei erfunden. Das internistische Gutachten von Dr. F sei nicht mehr aktuell. Folgende Diagnosen hat der Sachverständige formuliert:
- Wirbelsäulensyndrome mit Wurzelreizungen (C5-Th1 bds., Th4-8 bds., L5-S1 bds.; motorische Schwäche in C6 re.) in allen Abschnitten bei degenerativen WS-Veränderungen, Neuroforaminaengen (C5/C6, C6/C7) und Osteoporose; - schmerzhafte Gelenkfunktionsstörungen bei degenerativen Veränderungen in folgenden Gelenken: Kniegelenke bds., ISG bds., Costosternalgelenke bds., ACG li., Schultergelenke re. ) li., Hüftgelenke bds.; Daumensattelgelenk rechts. Tietze-Syndrom; Z.n. Knie-OP li. 2002, Knie-OP re. 2006; - chronisches Schmerzsyndrom Stad. III nach Gerbershagen; algogenes Psychosyndrom; - Barrett-Oesophagitis-Rezidiv und Hiatushernie; Z.n. Fundoplikatio 1996; Leberverfettung bei dringendem Va chron. Alkoholkonsum; Narbenhernie re. OB (Z.n. Cholezystektomie); Leistenhernie li.; - obstruktive Lungenfunktionsstörungen, Emphysem; - Hypertonie mit Linksherzhyperthrophie und Aortensclerose; - Diabetes mellitus (tablettenpflichtig); schlecht eingestellt, Insulinresistenz; - metabolisches Syndrom; - Augenfunktionsstörungen bei Glaucom, Netzhautablösung; - arterielle Durchblutungsstörungen der unteren Extremitäten.
Damit könne die Klägerin nur noch körperlich sehr leichte Arbeiten täglich unter drei Stunden verrichten. Eine Strecke von viermal täglich mehr als 500 m in jeweils höchstens 20 Minuten könne die Klägerin nicht zurücklegen. Nach 10 Minuten müsse sie eine 15minütige Pause aufgrund ihrer Atembeschwerden einlegen. Abgesehen davon sei die Strecke aufgrund der arteriellen Durchblutungsstörungen der Beine sowie der LWS- und der Kniebeschwerden nicht in 20 Minuten zu bewältigen. Die quantitativen Leistungseinschränkungen bestünden seit etwa Anfang 2001. Es bestehe keine Aussicht, dass die Leistungsminderung ganz oder teilweise behoben werden könne. Wörtlich heißt es abschließend: "Gründe: zu weit fortgeschrittene Leiden (Schmerzkrankheit, innere Krankheiten, psychiatrische Krankheiten) und das existierende GKV (gesetzliche Krankenversicherung) – System (= "ausreichende (Note 4), wirtschaftliche und zweckmäßige Behandlung" für GKV-Versicherten; SGB V)."
Die Beklagte ist diesem Gutachten durch ärztliche Stellungnahmen von Dr. D (Internist), Dr. H (Chirurg) und Dr. S-B (Psychiaterin) entgegengetreten. Letztere hat betont, es seien keine neurologischen Defizite beschrieben worden, die zu einer quantitativen Leistungsminderung führen könnten. Die Schmerzsymptomatik werde nicht ausreichend behandelt. Dr. D hat angeführt, im Hinblick auf die Lungenfunktion seien die antiobstruktiven Möglichkeiten therapeutisch bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Insgesamt sei eine neue zusammenfassende internistische Begutachtung empfehlenswert. Dr. H hat im Wesentlichen ausgeführt, das Gutachten des Sachverständigen Dr. S weise sowohl formale als auch inhaltliche Mängel auf. Obwohl er Facharzt für Allgemeinmedizin und Anästhesiologie sei, habe er ein "orthopädisch-chirurgisches" Gutachten erstellt; die Bezeichnung als schmerztherapeutisches Gutachten sei zumindest problematisch. Therapeutische Anliegen seien nämlich mit den gutachterlichen Aufgaben nicht in Einklang zu bringen. Weil schon bei der Befunddarstellung Auswertungen vorgenommen würden, sei kaum zu unterscheiden, ob es sich um festgestellte Befunde oder um Interpretationen handele. Ein Großteil des Gutachtens bestehe aus der Schmerzanamnese; dabei handele es sich nicht um objektive Befunde, sondern um subjektive Angaben der zu Begutachtenden. Auch sei die Befundauswertung mangelhaft, denn der Gutachter nenne u. a. starke degenerative Veränderungen in beiden Kniegelenken, doch deuteten die von ihm befundeten Röntgenbilder vom September 2003 lediglich auf eine beidseitige geringe bis mäßige Gonarthrose. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung sei insgesamt nicht nachvollziehbar, sodass weiterhin von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen sei.
Hierauf hat der Sachverständige Dr. S am 18. September 2006 eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme abgegeben. Darin heißt es u. a., Dr. H verfüge nicht über die erforderliche Ausbildung und ihm unterliefen viele fachliche und logische Fehler. Seine eigene orthopädische Qualifikation resultiere aus umfangreicher Gutachtenpraxis; er habe mehr orthopädisch-chirurgische Befunde bei der Klägerin erhoben als alle Orthopäden zuvor. Die Erstellung eines schmerztherapeutischen Gutachtens sei im Falle der Klägerin sachgerecht gewesen. Die Kritik von Dr. H sei nicht tragfähig, weil er auf dem Gebiet der modernen Begutachtung von schmerz- und orthopädischen Leiden keine Kompetenz besitze. Auch die Hälfte der Behauptungen von Dr. D entspreche nicht den wahren Gegebenheiten. Schließlich sei auch die Stellungnahme von Dr. S-B weder fachlich noch logisch nachvollziehbar. Ihr fehlten Kenntnisse über die Schmerzkrankheit. Pro Jahr bereiteten in Deutschland 2000 bis 3000 Menschen ihrem Leben selbst ein Ende, weil sie ihre Schmerzen nicht weiter ertragen könnten. Die Klägerin habe seit über 15 Jahren keine ausreichende Schmerztherapie erhalten. Insgesamt hätten die drei Ärzte der Beklagten Kleinigkeiten herausgepickt, ohne auf das Gesamtbild der Behinderungen der Klägerin einzugehen.
In weiteren Stellungnahmen vom 30. Oktober 2006, 22. November 2006 und 24. November 2006 haben sich Dres. H, D und S-B abschließend hierzu geäußert.
Der Senat hat schließlich noch den Internisten Dr. J F mit der Erstellung eines internistischen Gutachtens über die Klägerin beauftragt, welches dieser am 2. Mai 2007 vorgelegt hat. Im Vordergrund sieht der Sachverständige die Diagnosen von Seiten des orthopädischen Fachgebietes, nämlich degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit belastungsabhängiger Beschwerdesymptomatik sowie multiple Gelenkbeschwerden, vorwiegend von Seiten beider Kniegelenke bei Zustand nach nunmehr beidseits durchgeführten Arthroskopien.
Auf internistischem Fachgebiet formuliert der Sachverständige folgende Diagnosen:
- Adipositas, - Diabetes mellitus, - Fettstoffwechselstörung, - Fettleber, - Hyperurikämie, - Hypertonus, - chronische Gastritis und Ösophagitis bei Zustand nach durch Fundoplicatio versorgter Hiatushernie und Barrett-Ösophagus, - chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei anhaltendem Zigarettenabusus.
Im Februar 2006 sei die Klägerin auch am rechten Knie operiert worden. In einer Arthroskopie seien freie Gelenkkörper beseitigt, außerdem sei eine Knorpelglättung und eine Teilsynophektomie erfolgt. Auch insoweit halte er die Klägerin aber für in der Lage, leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zu einem gelegentlichen Wechsel der Haltungsarten vollschichtig zu verrichten. Im Einzelnen aufgeführte weitere qualitative Beeinträchtigungen seien zu beachten. Für den Weg zur Arbeitsstelle sollten der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Kniegelenksbeschwerden keine längeren Fußmärsche zugemutet werden. Sie sei jedoch in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von mehr als 500 m in jeweils höchstens 20 Minuten zurückzulegen. Gegenüber der internistischen Begutachtung durch Dr. F im Juli 2001 hätten sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Von den zwischenzeitlich arthroskopisch durchgeführten Kniegelenksoperationen habe die Klägerin sich mittlerweile so weit stabilisiert, dass ihr nunmehr eine leichte, z.B. aufsichtsführende Tätigkeit wieder vollschichtig zumutbar sei. Zu den, soweit sie das internistische Fachgebiet beträfen, wenig qualifizierten Ausführungen des schmerztherapeutischen Gutachters Dr. S habe der Internist der Beklagten, Dr. D, korrekte Stellungnahmen abgegeben, denen nichts hinzuzufügen sei.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2007 ist der Klägerin Rente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. November 2007 bewilligt worden.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte (2 Bände) sowie der Rentenakte der Beklagten nebst ärztlichem Teil und Reha-Akte Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht Berlin beurteilt die Sach- und Rechtslage in seinem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 20. September 2004 zutreffend. Auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert. Ein Rentenanspruch besteht nicht.
Ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit hat, bemisst sich nach § 43 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung, denn der Rentenantrag ist am 30. April 2001 und damit unter der Geltung des neuen Erwerbsminderungsrechts gestellt worden (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).
Danach hat derjenige Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI diejenigen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nicht erwerbsgemindert ist hingegen nach § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Gemessen daran ist die Klägerin, die die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung bei Antragstellung erfüllte, trotz der unzweifelhaft bei ihr vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme ist sie nämlich zur Überzeugung des Senats in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Seine Entscheidung stützt der Senat vor allen Dingen auf die Einschätzungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. K – Orthopäde – vom 23. Juli 2002 und Dr. F – Internist – vom 2. Mai 2007.
Beide Sachverständige halten die Klägerin vor dem Hintergrund der jeweils im Tatbestand wiedergegebenen körperlichen Leiden für vollschichtig belastbar mit körperlich leichten Tätigkeiten. Zu beachten seien nur im Einzelnen aufgeführte qualitative Leistungseinschränkungen. Beide Gutachten sind in sich schlüssig und trennen die Befunderhebung einerseits von den mit dem Gutachtenauftrag nachgefragten Schlussfolgerungen zur körperlichen Belastbarkeit andererseits. Dr. K hat die Erkrankung des linken Kniegelenks im Vordergrund gesehen, auch insoweit aber keine quantitative Leistungseinschränkung beschrieben; die Gebrauchsminderung des linken Kniegelenks sei nicht vollständig rückbildbar, es bestehe das Erfordernis ständiger ärztlicher Behandlung. Nachvollziehbar korrespondieren hiermit die von Dr. K genannten qualitativen Leistungseinschränkungen, die im Wesentlichen auf eine Minderbelastbarkeit der Beine und eine freie Wahl der Haltungsart zielen. Keines der anderen körperlichen Leiden – auch nicht die schmerzhafte Bewegungseinschränkung der beiden Schultergelenke – machte es erforderlich, eine quantitative Leistungsminderung anzunehmen. Insoweit ist Dr. K Gutachten nachvollziehbar und überzeugend.
Auch und gerade der zuletzt mit einer Gutachtenerstellung beauftragte internistische Gutachter Dr. F hat den Senat davon überzeugt, dass bei der Klägerin lediglich qualitative Leistungseinbußen gegeben sind. Nach sorgfältiger Befunderhebung, Anamnese und Würdigung der Vorgutachten beschreibt dieser Gutachter im Wesentlichen schon bekannte Leiden der Klägerin, sieht aber auch die Knieproblematik im Vordergrund; die internistischen Leiden hätten auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin keine Auswirkung. Im Februar 2006 sei es zu einer Arthroskopie nun auch am rechten Knie gekommen. Insoweit fällt auf, dass die Klägerin diesen Umstand dem Senat nicht gesondert mitgeteilt hat, obwohl wiederholt dazu Gelegenheit gewesen wäre, so etwa bei Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 27. Januar 2006 am 23. März 2006. Auch der Sachverständige Dr. S hebt nur die linke Kniearthroskopie hervor (Gutachten Bl. 3), so dass anzunehmen ist, dass die Klägerin die Operation am rechten Knie dort nicht weiter zur Sprache brachte. Daraus schließt der Senat, dass sich aus dem Leiden am rechten Knie und dem entsprechenden operativen Eingriff keine Folgen für die quantitative Belastbarkeit der Klägerin ergeben; weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen waren insoweit jedenfalls nicht angezeigt. Plausibel erscheint vor diesem Hintergrund die Einschätzung des Sachverständigen Dr. F, es bestehe vollschichtige Belastbarkeit für leichte, z.B. aufsichtsführende Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zu einem gelegentlichen Wechsel der Haltungsart, denn nach den beiden Kniearthroskopien habe sich die Klägerin inzwischen wieder stabilisiert.
Keine wesentliche Abweichung hierzu enthält das Gutachten des nach § 109 SGG auf Antrag der Klägerin bestellten orthopädischen Sachverständigen Dr. R vom 30. Oktober 2003. In Diagnosen und Befunderhebungen zeigt sich keine wesentliche Abweichung gegenüber dem orthopädischen Vorgutachter Dr. K. Dr. R erhebt weitestgehend altersentsprechende Befunde, erkennt eine deutliche Diskrepanz zwischen geklagten Beschwerden und objektivierbaren Einschränkungen bzw. Veränderungen und sieht allein die Kniegelenkserkrankung als besonders erwähnenswert und erhebliche Leistungseinschränkungen nach sich ziehend an. Mit dem aktuellen Kniegelenksbefund, zehn Monate nach dem arthroskopischen Eingriff, sah der Gutachter die Klägerin für noch mindestens sechs Monate als arbeitsunfähig an, womit er sich der Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. M anschloss. Abgesehen von qualitativen Leistungseinschränkungen und der Prognose zur Arbeitsunfähigkeit lässt das Gutachten von Dr. R keine Schlussfolgerung auf eine quantitative Leistungsminderung zu; hierfür enthält es keine Anhaltspunkte, auch nicht in Bezug auf die Knieproblematik. Dass der Gutachter in seiner weiteren Stellungnahme vom 18. Mai 2004 gleichwohl ausdrücklich Arbeitsunfähigkeit mit Erwerbsunfähigkeit gleichsetzte, beruht zur Überzeugung des Senats auf einem terminologischen Irrtum im Sinne sozialmedizinisch verfehlten Sprachgebrauchs.
Den auf eine quantitative Leistungseinschränkung deutenden Einschätzungen des auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG bestellten Sachverständigen Dr. S vermochte der Senat schließlich nicht zu folgen. Das Gutachten verliert schon dadurch an Wert, dass es nicht, dem Gutachtenauftrag entsprechend, als allgemeinmedizinisches Gutachten erstellt wurde, sondern als "orthopädisch-chirurgisches und schmerztherapeutisches" Gutachten. Mit einem orthopädisch-chirurgischem Gutachten hätte der Senat den Allgemeinmediziner und Anästhesisten Dr. S nicht beauftragt, unabhängig vom zumindest problematischen Ansatz einer auch schmerztherapeutischen Begutachtung, die der Senat bislang nur gezielt in wenigen Einzelfällen veranlasst hat. Dr. S hat sich als fachfremder Arzt eine Gutachtenerstellung angemaßt, die nur einem entsprechenden Facharzt zugekommen wäre, nämlich einem Chirurgen oder Orthopäden. Ob Dr. S, wie behauptet, regelmäßig auch für Behörden und Gerichte als orthopädischer Gutachter tätig wird, kann und muss der Senat nicht weiter überprüfen, denn es ist ohne weiteres sachgerecht und auch üblich, einen Gutachtenauftrag an die entsprechende Facharzteigenschaft des Sachverständigen zu koppeln, weil nur diese eine besondere Gewähr für Fachkompetenz darstellt. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. S verliert aber nicht nur deshalb an Wert, weil es sich eine bestimmte, dem Facharzt fremde Fachrichtung anmaßt; es ist auch deshalb schon im Ansatz wenig überzeugend, weil es einen übertrieben apodiktischen Tonfall aufweist, der dem Senat in seiner langjährigen Rechtsprechung auf dem Gebiet des Rentenrechts so noch nicht begegnet ist und der sich in der harschen Abqualifizierung der Vorgutachter wiederum selbst disqualifiziert. So erscheint es schlechthin unannehmbar, Vorgutachter eines anderen Fachgebiets abzuwerten, indem ausgeführt wird, deren Gutachten entsprächen nicht den gestellten Anforderungen, seien irrelevant, und Befunde seien frei erfunden; dies wäre allein von dem Gericht zu beurteilen, das den jeweiligen Gutachtenauftrag erteilt hat. Derartige unsachliche Angriffe, die auf Dr. S zurückfallen, erstreckten sich nicht nur auf die gerichtlichen Vorgutachter, sondern auch auf die Fachärzte im medizinischen Dienst der Beklagten, die auf unangemessene Weise verbal abqualifiziert wurden.
Bestehen nach alledem erhebliche grundsätzliche Zweifel am Beweiswert des Gutachtens von Dr. S, erscheint das Gutachten auch inhaltlich nicht überzeugend. Vor allem werden Schlussfolgerungen gezogen, die keine oder nur eine schwache Beziehung zu entsprechenden Befunden oder Diagnosen aufweisen. Mit den im Tatbestand aufgeführten Diagnosen sieht Dr. S die Klägerin als nicht mehr erwerbsfähig an, die Leistungsfähigkeit auch für körperlich sehr leichte Arbeiten sei unter drei Stunden täglich gesunken. Diese Einschätzung ist schon deshalb fragwürdig, weil Dr. S der im Gutachtenauftrag so nicht nachgefragten und allein auf subjektiven Angaben der Klägerin beruhenden "Schmerzanamnese" zentralen Raum gegeben hat. In diesem Zusammenhang macht der Gutachter auch einen voreingenommenen Eindruck, weil schon im statuserhebenden Teil des Gutachtens vom "Hauptbehinderungssyndrom Schmerz" die Rede ist (Bl. 1 und Bl. 5); im Gesamtduktus des Gutachtens entsteht so der Eindruck, dass der Gutachter von vornherein wusste, wonach er suchte, und das Vorliegen gravierender Schmerzen von Anfang an zugunsten der Klägerin unterstellte – und sich nach der "Schmerzanamnese" auch unkritisch auf die subjektiven Angaben der Klägerin bezog. Abschließend entwertet das Gutachten sich aufs Neue selbst, indem die der Klägerin im Rechtsstreit günstige Leistungsbeurteilung unsachlich und kaum nachvollziehbar begründet wird mit: "Gründe: zu weit fortgeschrittene Leiden (Schmerzkrankheit, innere Krankheiten, psychiatrische Krankheiten) und das existierende GKV (gesetzliche Krankenversicherung) – System (= "ausreichende (Note 4), wirtschaftliche und zweckmäßige Behandlung" für GKV-Versicherten; SGB V)."
Der Senat hält es danach nicht für erforderlich, auf weitere Einzelheiten der Begutachtung durch Dr. S einzugehen, da sein Gutachten aus den genannten Gründen nur untergeordneten Beweiswert besitzt. Ebenso wenig bestand Veranlassung, den nicht weiter substantiierten Beweisanregungen der Klägerin nachzugehen.
Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin weder teilweise noch vollständig gemindert ist.
Die Arbeitsmarktlage ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3, 2. Halbs. SGB VI); es ist also unerheblich, ob die Klägerin noch einen leidensgerechten Arbeitsplatz finden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht gegeben sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1947 geborene Klägerin ist ohne Berufsausbildung. Bis Ende 1999 war sie in verschiedenen Bereichen beschäftigt, so etwa als Bandarbeiterin, als Montiererin, als Stanzerin, als Reinigerin, als Hauswartin und zuletzt, bis Dezember 1999, als Handwerkshelferin im Zählerwerk bei der. In den Jahren 2003 und 2004 ist die Klägerin noch für 12 Monate in der Anmeldung einer physiotherapeutischen Praxis überwiegend als Telefonistin für 20 Stunden im Monat tätig gewesen.
Nachdem zuvor schon ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 bestanden hatte, stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales – Versorgungsamt – mit Bescheid vom 26. Juli 2005 bei der Klägerin einen GdB von 50 fest. Dem lagen folgende Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
a) Schulter-Arm-Syndrom beidseits, wiederkehrende Ellenbogenschmerzen, Hüft- und Knieschmerzen, Zustand nach Knieoperation links mit Restbeschwerden, Fußfehlform, Steißbeinschmerzen, Krampfaderleiden, Knorpelschaden, b) Wirbelsäulenleiden mit wiederkehrenden Reizzuständen, c) Zustand nach Gallenblasenoperation, Narbenbruch, Zustand nach Fundoplicatio bei Refluxkrankheit, Neigung zu Magenschleimhautentzündung, d) Seelische Leiden, e) Lungenleiden, allergische Diathese, f) Sulcus ulnaris Syndrom, g) Diabetes mellitus, tablettenpflichtig, h) Beeinträchtigung des Sehvermögens.
Am 30. April 2001 beantragte die Klägerin die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte stellte das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Antragszeitpunkt fest und veranlasste die ärztliche Begutachtung der Klägerin durch den Internisten Dr. F. In seinem am 13. Juli 2001 abgeschlossenen Gutachten diagnostizierte dieser bei der Klägerin:
1. obstruktive Ventilationsstörung bei Nikotinkonsum, 2. arterielle Hypertonie, 3. rezidivierendes HWS/LWS-Syndrom, 4. Fundoplicatio (1996) bei Hiatushernie und Barrett-Ösophagus, 5. multiple Arthralgien, 6. Adipositas, 7. Hyperurikämie.
Unter kontinuierlicher bronchospasmolytischer Therapie sowie Nikotinkarenz und Gewichtsreduktion bestehe damit für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 23. Juli 2001 ab, weil die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin, den diese unter Vorlage ärztlicher Unterlagen mit orthopädischen und seelischen Problemen begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2001 zurück.
Mit der am 2. November 2001 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie sieht ihr Leistungsvermögen durch die Beklagte nicht zutreffend beurteilt und hält sich für erwerbsgemindert. Sie verweist auf orthopädische, internistische und psychiatrische Leiden sowie auf ein Lungenleiden. Hinzugetreten sei eine Netzhautablösung. Ihre Kniebeschwerden hätten sich verschlimmert.
Das Sozialgericht Berlin hat zunächst Befundberichte und Unterlagen der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt (K P, Internist, vom 28. Januar 2002 [Frage: "Ist die Klägerin in der Lage, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten?" Antwort: "Ja."]; S T, Orthopäde, vom 6. Februar 2002 [Frage: "Ist die Klägerin in der Lage, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten?" Antwort: "Nein, erhebliche Belastbarkeitsminderung durch Gelenkleiden und Rückenleiden."]; augenärztliches Attest Dr. W vom 11. Februar 2002; MRT-Bericht linkes Kniegelenk vom 11. Februar 2002, Dr. H). Hierauf hat das Sozialgericht den Arzt für Orthopädie Dr. P K mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens über die Klägerin beauftragt, welches dieser am 23. Juli 2002 vorgelegt hat. Der Gutachter hat auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt:
- Lumbalgien (Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule) ohne Hinweiszeichen für das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls, - Tendinosis calcarea im Bereich beider Schultergelenke (schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Schultergelenke bei Nachweis von Kalkeinlagerungen), - Dorsolumbalgien (Rückenschmerzen) bei Rundrücken, - Osteopenie/Osteoporose (Minderung des Knochenmineralsalzgehaltes), - Initiale Protrusionskoxarthrose (beginnender Hüftverschleiß mit Tendenz zur Ausdünnung des Pfannenbodens) mit Koxalgie (Hüftschmerzen), - Verdacht auf primäre chronische Polyarthritis (Erkrankung des rheumatischen Formenkreises), - Tietze-Syndrom (kostosternales Syndrom - schmerzhafte Schwellung im Bereich der knorpeligen Verbindung zwischen Sternum und Rippen), - Arthralgien (Gelenkschmerzen), - Initiale Gonarthrose (degenerative Veränderungen) im Bereich des linken Kniegelenkes bei medialer Meniskopathie, Valgus-Fehlstellung beider Beine und Zustand nach operativer Behandlung einer Patellaluxation mit MRT-Nachweis von chondropathischen und chondromalazischen (Knorpelschäden) Veränderungen im Bereich der linken Kniescheibe.
Im Vordergrund der aktuellen Beschwerdesymptomatik stehe dabei die Problematik des linken Kniegelenks, das bereits 1987 operativ habe behandelt werden müssen. Die MRT-Untersuchung vom 7. Februar 2002 belege initiale degenerative Veränderungen, postoperative und posttraumatische Folgeschäden. Der belastungslimitierende Faktor neben der Kniegelenkserkrankung linksseitig sei die schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich beider Schultergelenke, die Tendinosis calcarea. Diese beiden Gesundheitsstörungen stellten die belastungslimitierenden Faktoren zum Gutachtenzeitpunkt dar. Unter Beachtung im Einzelnen aufgeführter qualitativer Leistungseinschränkungen könne die Klägerin damit vollschichtig noch leichte Arbeiten verrichten. Im November 2002 unterzog die Klägerin sich in der Schlossparkklinik einer arthroskopischen Behandlung des linken Kniegelenks. Hierauf hat das Sozialgericht Berlin noch einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. M vom 21. Februar 2003 zu den Akten genommen. Dieser hat u.a. erklärt, die volle Beweglichkeit des linken Kniegelenks sei frühestens sechs Monate nach der Operation zu erwarten. Bis dahin sei die Klägerin nicht fähig, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten; dies sei aber allein wegen des Kniegelenks nicht auf Dauer so zu sehen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das Sozialgericht sodann den Arzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. K R mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens über die Klägerin beauftragt, welches dieser am 30. Oktober 2003 vorgelegt hat. Bei der Untersuchung habe die Klägerin über Beschwerden und Einschränkungen geklagt, die schon seit Jahren bestünden. Sowohl bei der körperlichen Untersuchung als auch bei den röntgenologischen Befunden falle eine Diskrepanz zwischen objektivierbaren Einschränkungen bzw. Veränderungen und den geklagten Beschwerden auf. Ausnahme sei der Befund am linken Kniegelenk. Der Gutachter hat auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen aufgestellt:
- chronisches PHS-Syndrom beiderseits (Periarthritis-humero-scapularis), - chronisch rezidivierende Dorso-Lumbalgie bei Rundrücken, - iniziale Coxarthrose rechts bei Protrusion beiderseits, - Gonarthrose links mit Bewegungseinschränkung, - multiple Arthralgien.
Soweit die Beweglichkeit der Halswirbelsäule eingeschränkt sei, sei dies altersentsprechend. Die Röntgenaufnahmen zeigten insoweit nur geringfügige degenerative Veränderungen. Im Bereich beider Schultergelenke sei die Beweglichkeit beim Vor- und Seitheben der Arme eingeschränkt. Die aktuellen Röntgenaufnahmen zeigten insoweit jedoch keinerlei periartikuläre Verkalkungen, wie sie in den Unterlagen beschrieben worden seien. Der röntgenologische Befund beider Schultergelenke sei altersentsprechend. An der Wirbelsäule bestehe bei verstärktem Rundrücken eine mittelgradige Bewegungseinschränkung in allen Ebenen. Auch dieser Befund sei aber nicht neu und habe sich kaum verschlechtert. Auch hier zeigten die Röntgenaufnahmen neben der verstärkten Kyphose keine auffälligen degenerativen Veränderungen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule gebe es lediglich geringfügige Degenerationszeichen. Die Untersuchung beider Hüftgelenke habe ein altersentsprechendes Bewegungsausmaß ergeben. In Bezug auf die Kniegelenksoperation vom November 2002 erwarte der nachbehandelnde Orthopäde eine zeitgerechte Verbesserung des postoperativen Befundes. Er erwarte eine volle Beweglichkeit des operierten Kniegelenkes frühestens sechs Monate nach der Operation. Bei der jetzigen Untersuchung sei das linke Kniegelenk schmerzhaft bewegungseingeschränkt gewesen. Die Beugefähigkeit sei mit 20 Grad deutlich vermindert gewesen. Damit stelle der Befund am linken Kniegelenk nach erfolgter Operation eine neue Situation dar. Auch zehn Monate nach der Operation sei das linke Knie in seiner Funktion eingeschränkt. Es zeigten sich allerdings keine akuten Entzündungszeichen. Bei der Untersuchung habe die Klägerin einen starken Funktionsschmerz angegeben. Mit dem aktuellen Kniegelenksbefund sei die Klägerin derzeit nicht arbeitsfähig. Die Befunde sprächen aber dafür, dass eine Besserung eintreten werde. Es könnten dann noch regelmäßig leichte Arbeiten bis zu sechs Stunden täglich verrichtet werden. Im Einzelnen aufgeführte qualitative Einschränkungen seien zu beachten. Aufgrund der Multimorbidität werde das verbliebene Restleistungsvermögen nur für eine maximale tägliche Arbeitszeit von sechs Stunden für ausreichend gehalten. Voraussetzung sei eine Verbesserung des Kniegelenksbefundes der linken Seite. Denkbar seien dann vorwiegend sitzende Tätigkeiten mit einer täglichen Arbeitszeit von maximal sechs Stunden. Damit sei die derzeit bestehende Leistungsminderung vom Kniegelenksbefund abhängig. Die übrigen orthopädischen Leiden seien chronisch und hätten sich gegenüber den Vorbefunden nicht wesentlich verschlechtert. Die Einschätzung für eine Besserung des Lokalbefundes am linken Knie sei noch schwierig. Unter geeigneten Behandlungsmaßnahmen solle es möglich sein, die Beweglichkeit und die Funktion des Kniegelenks zu verbessern. Weil der operative Eingriff bereits zehn Monate zurückliege, werde ein weiterer Zeitraum von sechs bis zehn Monaten abzuwarten sein.
Der ärztliche Dienst der Beklagten hat in einer Stellungnahme durch Dr. H, Facharzt für Chirurgie, vom 17. Februar 2004 hierzu erklärt: Zwar möge, wie der Gutachter feststelle, Arbeitsunfähigkeit gegeben sein, doch liege keine Erwerbsunfähigkeit vor, weil die Klägerin weiterhin vollschichtig für leichte Arbeiten einsetzbar sei. Die demonstrierte Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks auf 20 Grad Beugung bei freier Streckung müsse als sehr unwahrscheinlich angesehen werden. Es fehlten jegliche Angaben bezüglich eines daraus folgenden stark auffälligen Gangbildes. Unklar sei auch, warum die Klägerin dann keine Unterarmgehstütze benutze. Es liege nahe, dass die Bewegungseinschränkung bei auch weitestgehend unauffälligen Röntgenbildern von der Versicherten demonstriert worden sei.
In einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 18. Mai 2004 hat der Gutachter R hierauf entgegnet: Der Röntgenbefund allein spiegele das Ausmaß der degenerativen Veränderungen im Kniegelenk nicht ausreichend wider. Auch dem MRT vom Februar 2002 seien die deutlichen Knorpelschäden zu entnehmen. Seit dem operativen Eingriff im November 2002 sei die Klägerin arbeitsunfähig gewesen, was im Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung im September 2003 angehalten habe. Auch für die Folgezeit habe von weiterer Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden müssen. Die Klägerin sei seit November 2002 zeitlich begrenzt bis November 2004 "arbeitsunfähig und somit erwerbsunfähig".
Für die ärztliche Abteilung der Beklagten hat Dr. H hierzu am 8. Juni 2004 im Wesentlichen erklärt: Das Gutachten von Dr. R sei weiterhin nicht nachvollziehbar und offenbare sozialmedizinisch unzulässige Schlussfolgerungen. Weil beim normalen Laufen keine Auffälligkeiten beschrieben worden seien, müsse davon ausgegangen werden, dass die demonstrierte Bewegungseinschränkung von 20 Grad so nicht bestehe. Das MRT vom 11. Februar 2002 helfe nicht weiter, weil es keine Schlussfolgerung auf eine weitgehende Bewegungseinschränkung zulasse. Am Ende schließe der Gutachter bei länger andauernden Arbeitsunfähigkeiten zwangsläufig auf eine entsprechend lange andauernde Erwerbsunfähigkeit, was unzulässig sei.
Mit Urteil vom 20. September 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zur Überzeugung der Kammer sei die Klägerin noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen unter Berücksichtigung der übereinstimmend in den Gutachten der Sachverständigen Dr. K und Dr. R festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr auszuüben. Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. K stünden bei der Klägerin die Gesundheitsstörungen im Bereich des Bewegungsapparats im Vordergrund, vor allem die aktuelle Beschwerdesymptomatik im Hinblick auf das linke Kniegelenk. Eine quantitativ geminderte Leistungsfähigkeit habe der Gutachter Dr. K unter ausführlicher Würdigung der Beschwerden der Klägerin nicht erkennen können. Soweit der Orthopäde Dr. R dagegen aufgrund der von ihm erhobenen Befunde zu einem derzeit und weiter für die Dauer von sechs bis zehn Monaten aufgehobenen Leistungsvermögen komme, vermöge die Kammer dem nicht zu folgen. Der Gutachter habe die Funktionseinschränkung des linken Kniegelenks für entscheidend für eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben angesehen. Allerdings begründe der Gutachter die von ihm angenommene quantitative Leistungsminderung nicht schlüssig. Wie die Beklagte zutreffend eingewandt habe, habe auch dieser Gutachter nämlich keine Auffälligkeiten beim normalen Laufen festgestellt und auch bei der Messung der beiden Beide keine wesentlichen Defizite gesehen. Es gebe keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine Leistungsfähigkeit der Klägerin von unter sechs Stunden täglich. Auch Dr. R habe festgehalten, dass sowohl bei der körperlichen Untersuchung als auch bei den röntgenologischen Befunden eine Diskrepanz zwischen objektivierbaren Einschränkungen bzw. Veränderungen und den geklagten Beschwerden aufgefallen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Gutachter nach der von ihm vorgenommenen Untersuchung ein aufgehobenes Leistungsvermögen behaupte. Die Angaben der Klägerin selbst zum Laufen auf der Ebene, maximal 15 Minuten ohne Schmerzen, sowie zum Treppensteigen ließen nicht darauf schließen, dass eine rentenrechtlich relevante Verminderung der Wegefähigkeit vorliege, die Klägerin benutze trotz der geltend gemachten Schmerzen aufgrund Überlastung des rechten Beines keine Hilfsmittel. Gegen die Einschätzung Dr. R spreche außerdem, dass die Klägerin ausweislich der eingeholten Arbeitgeberauskunft seit August 2003 im Sitzen Telefondienste und Schreibarbeiten verrichte; der Arbeitgeberauskunft könnten Besonderheiten bzw. Einschränkungen im Bezug auf die ausgeübte Beschäftigung nicht entnommen werden. Damit folge die Kammer den ausführlichen und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. K, wonach die Klägerin in der Lage sei, körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr auszuüben. Aufgrund ihrer Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe auch keine Berufsunfähigkeit.
Gegen das ihr am 6. Januar 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Januar 2005 Berufung eingelegt. Sie meint nach wie vor, aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen, vor allem im Bereich des linken Knies, erwerbsgemindert zu sein.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. April 2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das mit der Berufung angegriffene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt (K P, Internist, vom 25. Mai 2005; Dr. H-G, Dermatologin, vom 27. Mai 2005; Dr. M, Orthopäde, vom 1. Juni 2005; Dr. W, Augenarzt, vom 16. Juni 2005; Bericht der Charité-Augenklinik vom 20. Juli 2005).
Nachdem der Senat keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen veranlasst hat, ist der Arzt für Allgemeinmedizin und Anästhesiologie Dr. I S auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG mit der Erstellung eines allgemeinmedizinischen Gutachtens beauftragt worden, welches dieser am 4. August 2006 als "orthopädisch-chirurgisches und schmerztherapeutisches Gutachten" vorgelegt hat. Der Sachverständige meint, die Vorgutachten von Dr. K und Dr. R entsprächen nicht den gestellten Anforderungen, wiesen viele fachliche und logische Fehler auf und seien daher irrelevant; viele Befunde entsprächen nicht der Wirklichkeit und seien frei erfunden. Das internistische Gutachten von Dr. F sei nicht mehr aktuell. Folgende Diagnosen hat der Sachverständige formuliert:
- Wirbelsäulensyndrome mit Wurzelreizungen (C5-Th1 bds., Th4-8 bds., L5-S1 bds.; motorische Schwäche in C6 re.) in allen Abschnitten bei degenerativen WS-Veränderungen, Neuroforaminaengen (C5/C6, C6/C7) und Osteoporose; - schmerzhafte Gelenkfunktionsstörungen bei degenerativen Veränderungen in folgenden Gelenken: Kniegelenke bds., ISG bds., Costosternalgelenke bds., ACG li., Schultergelenke re. ) li., Hüftgelenke bds.; Daumensattelgelenk rechts. Tietze-Syndrom; Z.n. Knie-OP li. 2002, Knie-OP re. 2006; - chronisches Schmerzsyndrom Stad. III nach Gerbershagen; algogenes Psychosyndrom; - Barrett-Oesophagitis-Rezidiv und Hiatushernie; Z.n. Fundoplikatio 1996; Leberverfettung bei dringendem Va chron. Alkoholkonsum; Narbenhernie re. OB (Z.n. Cholezystektomie); Leistenhernie li.; - obstruktive Lungenfunktionsstörungen, Emphysem; - Hypertonie mit Linksherzhyperthrophie und Aortensclerose; - Diabetes mellitus (tablettenpflichtig); schlecht eingestellt, Insulinresistenz; - metabolisches Syndrom; - Augenfunktionsstörungen bei Glaucom, Netzhautablösung; - arterielle Durchblutungsstörungen der unteren Extremitäten.
Damit könne die Klägerin nur noch körperlich sehr leichte Arbeiten täglich unter drei Stunden verrichten. Eine Strecke von viermal täglich mehr als 500 m in jeweils höchstens 20 Minuten könne die Klägerin nicht zurücklegen. Nach 10 Minuten müsse sie eine 15minütige Pause aufgrund ihrer Atembeschwerden einlegen. Abgesehen davon sei die Strecke aufgrund der arteriellen Durchblutungsstörungen der Beine sowie der LWS- und der Kniebeschwerden nicht in 20 Minuten zu bewältigen. Die quantitativen Leistungseinschränkungen bestünden seit etwa Anfang 2001. Es bestehe keine Aussicht, dass die Leistungsminderung ganz oder teilweise behoben werden könne. Wörtlich heißt es abschließend: "Gründe: zu weit fortgeschrittene Leiden (Schmerzkrankheit, innere Krankheiten, psychiatrische Krankheiten) und das existierende GKV (gesetzliche Krankenversicherung) – System (= "ausreichende (Note 4), wirtschaftliche und zweckmäßige Behandlung" für GKV-Versicherten; SGB V)."
Die Beklagte ist diesem Gutachten durch ärztliche Stellungnahmen von Dr. D (Internist), Dr. H (Chirurg) und Dr. S-B (Psychiaterin) entgegengetreten. Letztere hat betont, es seien keine neurologischen Defizite beschrieben worden, die zu einer quantitativen Leistungsminderung führen könnten. Die Schmerzsymptomatik werde nicht ausreichend behandelt. Dr. D hat angeführt, im Hinblick auf die Lungenfunktion seien die antiobstruktiven Möglichkeiten therapeutisch bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Insgesamt sei eine neue zusammenfassende internistische Begutachtung empfehlenswert. Dr. H hat im Wesentlichen ausgeführt, das Gutachten des Sachverständigen Dr. S weise sowohl formale als auch inhaltliche Mängel auf. Obwohl er Facharzt für Allgemeinmedizin und Anästhesiologie sei, habe er ein "orthopädisch-chirurgisches" Gutachten erstellt; die Bezeichnung als schmerztherapeutisches Gutachten sei zumindest problematisch. Therapeutische Anliegen seien nämlich mit den gutachterlichen Aufgaben nicht in Einklang zu bringen. Weil schon bei der Befunddarstellung Auswertungen vorgenommen würden, sei kaum zu unterscheiden, ob es sich um festgestellte Befunde oder um Interpretationen handele. Ein Großteil des Gutachtens bestehe aus der Schmerzanamnese; dabei handele es sich nicht um objektive Befunde, sondern um subjektive Angaben der zu Begutachtenden. Auch sei die Befundauswertung mangelhaft, denn der Gutachter nenne u. a. starke degenerative Veränderungen in beiden Kniegelenken, doch deuteten die von ihm befundeten Röntgenbilder vom September 2003 lediglich auf eine beidseitige geringe bis mäßige Gonarthrose. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung sei insgesamt nicht nachvollziehbar, sodass weiterhin von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen sei.
Hierauf hat der Sachverständige Dr. S am 18. September 2006 eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme abgegeben. Darin heißt es u. a., Dr. H verfüge nicht über die erforderliche Ausbildung und ihm unterliefen viele fachliche und logische Fehler. Seine eigene orthopädische Qualifikation resultiere aus umfangreicher Gutachtenpraxis; er habe mehr orthopädisch-chirurgische Befunde bei der Klägerin erhoben als alle Orthopäden zuvor. Die Erstellung eines schmerztherapeutischen Gutachtens sei im Falle der Klägerin sachgerecht gewesen. Die Kritik von Dr. H sei nicht tragfähig, weil er auf dem Gebiet der modernen Begutachtung von schmerz- und orthopädischen Leiden keine Kompetenz besitze. Auch die Hälfte der Behauptungen von Dr. D entspreche nicht den wahren Gegebenheiten. Schließlich sei auch die Stellungnahme von Dr. S-B weder fachlich noch logisch nachvollziehbar. Ihr fehlten Kenntnisse über die Schmerzkrankheit. Pro Jahr bereiteten in Deutschland 2000 bis 3000 Menschen ihrem Leben selbst ein Ende, weil sie ihre Schmerzen nicht weiter ertragen könnten. Die Klägerin habe seit über 15 Jahren keine ausreichende Schmerztherapie erhalten. Insgesamt hätten die drei Ärzte der Beklagten Kleinigkeiten herausgepickt, ohne auf das Gesamtbild der Behinderungen der Klägerin einzugehen.
In weiteren Stellungnahmen vom 30. Oktober 2006, 22. November 2006 und 24. November 2006 haben sich Dres. H, D und S-B abschließend hierzu geäußert.
Der Senat hat schließlich noch den Internisten Dr. J F mit der Erstellung eines internistischen Gutachtens über die Klägerin beauftragt, welches dieser am 2. Mai 2007 vorgelegt hat. Im Vordergrund sieht der Sachverständige die Diagnosen von Seiten des orthopädischen Fachgebietes, nämlich degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit belastungsabhängiger Beschwerdesymptomatik sowie multiple Gelenkbeschwerden, vorwiegend von Seiten beider Kniegelenke bei Zustand nach nunmehr beidseits durchgeführten Arthroskopien.
Auf internistischem Fachgebiet formuliert der Sachverständige folgende Diagnosen:
- Adipositas, - Diabetes mellitus, - Fettstoffwechselstörung, - Fettleber, - Hyperurikämie, - Hypertonus, - chronische Gastritis und Ösophagitis bei Zustand nach durch Fundoplicatio versorgter Hiatushernie und Barrett-Ösophagus, - chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei anhaltendem Zigarettenabusus.
Im Februar 2006 sei die Klägerin auch am rechten Knie operiert worden. In einer Arthroskopie seien freie Gelenkkörper beseitigt, außerdem sei eine Knorpelglättung und eine Teilsynophektomie erfolgt. Auch insoweit halte er die Klägerin aber für in der Lage, leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zu einem gelegentlichen Wechsel der Haltungsarten vollschichtig zu verrichten. Im Einzelnen aufgeführte weitere qualitative Beeinträchtigungen seien zu beachten. Für den Weg zur Arbeitsstelle sollten der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Kniegelenksbeschwerden keine längeren Fußmärsche zugemutet werden. Sie sei jedoch in der Lage, viermal täglich einen Fußweg von mehr als 500 m in jeweils höchstens 20 Minuten zurückzulegen. Gegenüber der internistischen Begutachtung durch Dr. F im Juli 2001 hätten sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Von den zwischenzeitlich arthroskopisch durchgeführten Kniegelenksoperationen habe die Klägerin sich mittlerweile so weit stabilisiert, dass ihr nunmehr eine leichte, z.B. aufsichtsführende Tätigkeit wieder vollschichtig zumutbar sei. Zu den, soweit sie das internistische Fachgebiet beträfen, wenig qualifizierten Ausführungen des schmerztherapeutischen Gutachters Dr. S habe der Internist der Beklagten, Dr. D, korrekte Stellungnahmen abgegeben, denen nichts hinzuzufügen sei.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2007 ist der Klägerin Rente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. November 2007 bewilligt worden.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte (2 Bände) sowie der Rentenakte der Beklagten nebst ärztlichem Teil und Reha-Akte Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht Berlin beurteilt die Sach- und Rechtslage in seinem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 20. September 2004 zutreffend. Auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert. Ein Rentenanspruch besteht nicht.
Ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit hat, bemisst sich nach § 43 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung, denn der Rentenantrag ist am 30. April 2001 und damit unter der Geltung des neuen Erwerbsminderungsrechts gestellt worden (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).
Danach hat derjenige Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI diejenigen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI diejenigen, die nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Nicht erwerbsgemindert ist hingegen nach § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Gemessen daran ist die Klägerin, die die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung bei Antragstellung erfüllte, trotz der unzweifelhaft bei ihr vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme ist sie nämlich zur Überzeugung des Senats in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Seine Entscheidung stützt der Senat vor allen Dingen auf die Einschätzungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. K – Orthopäde – vom 23. Juli 2002 und Dr. F – Internist – vom 2. Mai 2007.
Beide Sachverständige halten die Klägerin vor dem Hintergrund der jeweils im Tatbestand wiedergegebenen körperlichen Leiden für vollschichtig belastbar mit körperlich leichten Tätigkeiten. Zu beachten seien nur im Einzelnen aufgeführte qualitative Leistungseinschränkungen. Beide Gutachten sind in sich schlüssig und trennen die Befunderhebung einerseits von den mit dem Gutachtenauftrag nachgefragten Schlussfolgerungen zur körperlichen Belastbarkeit andererseits. Dr. K hat die Erkrankung des linken Kniegelenks im Vordergrund gesehen, auch insoweit aber keine quantitative Leistungseinschränkung beschrieben; die Gebrauchsminderung des linken Kniegelenks sei nicht vollständig rückbildbar, es bestehe das Erfordernis ständiger ärztlicher Behandlung. Nachvollziehbar korrespondieren hiermit die von Dr. K genannten qualitativen Leistungseinschränkungen, die im Wesentlichen auf eine Minderbelastbarkeit der Beine und eine freie Wahl der Haltungsart zielen. Keines der anderen körperlichen Leiden – auch nicht die schmerzhafte Bewegungseinschränkung der beiden Schultergelenke – machte es erforderlich, eine quantitative Leistungsminderung anzunehmen. Insoweit ist Dr. K Gutachten nachvollziehbar und überzeugend.
Auch und gerade der zuletzt mit einer Gutachtenerstellung beauftragte internistische Gutachter Dr. F hat den Senat davon überzeugt, dass bei der Klägerin lediglich qualitative Leistungseinbußen gegeben sind. Nach sorgfältiger Befunderhebung, Anamnese und Würdigung der Vorgutachten beschreibt dieser Gutachter im Wesentlichen schon bekannte Leiden der Klägerin, sieht aber auch die Knieproblematik im Vordergrund; die internistischen Leiden hätten auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin keine Auswirkung. Im Februar 2006 sei es zu einer Arthroskopie nun auch am rechten Knie gekommen. Insoweit fällt auf, dass die Klägerin diesen Umstand dem Senat nicht gesondert mitgeteilt hat, obwohl wiederholt dazu Gelegenheit gewesen wäre, so etwa bei Beantwortung der gerichtlichen Anfrage vom 27. Januar 2006 am 23. März 2006. Auch der Sachverständige Dr. S hebt nur die linke Kniearthroskopie hervor (Gutachten Bl. 3), so dass anzunehmen ist, dass die Klägerin die Operation am rechten Knie dort nicht weiter zur Sprache brachte. Daraus schließt der Senat, dass sich aus dem Leiden am rechten Knie und dem entsprechenden operativen Eingriff keine Folgen für die quantitative Belastbarkeit der Klägerin ergeben; weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen waren insoweit jedenfalls nicht angezeigt. Plausibel erscheint vor diesem Hintergrund die Einschätzung des Sachverständigen Dr. F, es bestehe vollschichtige Belastbarkeit für leichte, z.B. aufsichtsführende Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zu einem gelegentlichen Wechsel der Haltungsart, denn nach den beiden Kniearthroskopien habe sich die Klägerin inzwischen wieder stabilisiert.
Keine wesentliche Abweichung hierzu enthält das Gutachten des nach § 109 SGG auf Antrag der Klägerin bestellten orthopädischen Sachverständigen Dr. R vom 30. Oktober 2003. In Diagnosen und Befunderhebungen zeigt sich keine wesentliche Abweichung gegenüber dem orthopädischen Vorgutachter Dr. K. Dr. R erhebt weitestgehend altersentsprechende Befunde, erkennt eine deutliche Diskrepanz zwischen geklagten Beschwerden und objektivierbaren Einschränkungen bzw. Veränderungen und sieht allein die Kniegelenkserkrankung als besonders erwähnenswert und erhebliche Leistungseinschränkungen nach sich ziehend an. Mit dem aktuellen Kniegelenksbefund, zehn Monate nach dem arthroskopischen Eingriff, sah der Gutachter die Klägerin für noch mindestens sechs Monate als arbeitsunfähig an, womit er sich der Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. M anschloss. Abgesehen von qualitativen Leistungseinschränkungen und der Prognose zur Arbeitsunfähigkeit lässt das Gutachten von Dr. R keine Schlussfolgerung auf eine quantitative Leistungsminderung zu; hierfür enthält es keine Anhaltspunkte, auch nicht in Bezug auf die Knieproblematik. Dass der Gutachter in seiner weiteren Stellungnahme vom 18. Mai 2004 gleichwohl ausdrücklich Arbeitsunfähigkeit mit Erwerbsunfähigkeit gleichsetzte, beruht zur Überzeugung des Senats auf einem terminologischen Irrtum im Sinne sozialmedizinisch verfehlten Sprachgebrauchs.
Den auf eine quantitative Leistungseinschränkung deutenden Einschätzungen des auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG bestellten Sachverständigen Dr. S vermochte der Senat schließlich nicht zu folgen. Das Gutachten verliert schon dadurch an Wert, dass es nicht, dem Gutachtenauftrag entsprechend, als allgemeinmedizinisches Gutachten erstellt wurde, sondern als "orthopädisch-chirurgisches und schmerztherapeutisches" Gutachten. Mit einem orthopädisch-chirurgischem Gutachten hätte der Senat den Allgemeinmediziner und Anästhesisten Dr. S nicht beauftragt, unabhängig vom zumindest problematischen Ansatz einer auch schmerztherapeutischen Begutachtung, die der Senat bislang nur gezielt in wenigen Einzelfällen veranlasst hat. Dr. S hat sich als fachfremder Arzt eine Gutachtenerstellung angemaßt, die nur einem entsprechenden Facharzt zugekommen wäre, nämlich einem Chirurgen oder Orthopäden. Ob Dr. S, wie behauptet, regelmäßig auch für Behörden und Gerichte als orthopädischer Gutachter tätig wird, kann und muss der Senat nicht weiter überprüfen, denn es ist ohne weiteres sachgerecht und auch üblich, einen Gutachtenauftrag an die entsprechende Facharzteigenschaft des Sachverständigen zu koppeln, weil nur diese eine besondere Gewähr für Fachkompetenz darstellt. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. S verliert aber nicht nur deshalb an Wert, weil es sich eine bestimmte, dem Facharzt fremde Fachrichtung anmaßt; es ist auch deshalb schon im Ansatz wenig überzeugend, weil es einen übertrieben apodiktischen Tonfall aufweist, der dem Senat in seiner langjährigen Rechtsprechung auf dem Gebiet des Rentenrechts so noch nicht begegnet ist und der sich in der harschen Abqualifizierung der Vorgutachter wiederum selbst disqualifiziert. So erscheint es schlechthin unannehmbar, Vorgutachter eines anderen Fachgebiets abzuwerten, indem ausgeführt wird, deren Gutachten entsprächen nicht den gestellten Anforderungen, seien irrelevant, und Befunde seien frei erfunden; dies wäre allein von dem Gericht zu beurteilen, das den jeweiligen Gutachtenauftrag erteilt hat. Derartige unsachliche Angriffe, die auf Dr. S zurückfallen, erstreckten sich nicht nur auf die gerichtlichen Vorgutachter, sondern auch auf die Fachärzte im medizinischen Dienst der Beklagten, die auf unangemessene Weise verbal abqualifiziert wurden.
Bestehen nach alledem erhebliche grundsätzliche Zweifel am Beweiswert des Gutachtens von Dr. S, erscheint das Gutachten auch inhaltlich nicht überzeugend. Vor allem werden Schlussfolgerungen gezogen, die keine oder nur eine schwache Beziehung zu entsprechenden Befunden oder Diagnosen aufweisen. Mit den im Tatbestand aufgeführten Diagnosen sieht Dr. S die Klägerin als nicht mehr erwerbsfähig an, die Leistungsfähigkeit auch für körperlich sehr leichte Arbeiten sei unter drei Stunden täglich gesunken. Diese Einschätzung ist schon deshalb fragwürdig, weil Dr. S der im Gutachtenauftrag so nicht nachgefragten und allein auf subjektiven Angaben der Klägerin beruhenden "Schmerzanamnese" zentralen Raum gegeben hat. In diesem Zusammenhang macht der Gutachter auch einen voreingenommenen Eindruck, weil schon im statuserhebenden Teil des Gutachtens vom "Hauptbehinderungssyndrom Schmerz" die Rede ist (Bl. 1 und Bl. 5); im Gesamtduktus des Gutachtens entsteht so der Eindruck, dass der Gutachter von vornherein wusste, wonach er suchte, und das Vorliegen gravierender Schmerzen von Anfang an zugunsten der Klägerin unterstellte – und sich nach der "Schmerzanamnese" auch unkritisch auf die subjektiven Angaben der Klägerin bezog. Abschließend entwertet das Gutachten sich aufs Neue selbst, indem die der Klägerin im Rechtsstreit günstige Leistungsbeurteilung unsachlich und kaum nachvollziehbar begründet wird mit: "Gründe: zu weit fortgeschrittene Leiden (Schmerzkrankheit, innere Krankheiten, psychiatrische Krankheiten) und das existierende GKV (gesetzliche Krankenversicherung) – System (= "ausreichende (Note 4), wirtschaftliche und zweckmäßige Behandlung" für GKV-Versicherten; SGB V)."
Der Senat hält es danach nicht für erforderlich, auf weitere Einzelheiten der Begutachtung durch Dr. S einzugehen, da sein Gutachten aus den genannten Gründen nur untergeordneten Beweiswert besitzt. Ebenso wenig bestand Veranlassung, den nicht weiter substantiierten Beweisanregungen der Klägerin nachzugehen.
Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin weder teilweise noch vollständig gemindert ist.
Die Arbeitsmarktlage ist in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3, 2. Halbs. SGB VI); es ist also unerheblich, ob die Klägerin noch einen leidensgerechten Arbeitsplatz finden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
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