L 3 U 40/04 -16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 218/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 40/04 -16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1947 geborene Kläger ist seit März 1992 anerkannter Behinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 wegen Abnutzungserscheinungen an Wirbelsäule und Gelenken sowie Neigung zu nervösen Dysregulationen (Bescheid des Versorgungsamts II B vom 23. März 1992). Er erlitt am 10. Dezember 1999 einen Arbeitsunfall, als er auf dem Weg zu seiner Tätigkeit als Angestellter im M-museum beim Umsteigen am S-Bahnhof Fstr. auf der Treppe ausrutschte und auf die rechte Schulter fiel. Er zog sich dabei eine subcapitale Humerusfraktur rechts mit Tuberculum majus-Beteiligung zu (Durchgangsarztbericht von Dr. A vom E-Krankenhaus vom 10. Dezember 1999). Die Verletzung wurde stationär mit einer Osteosynthese (Helix Wire) versorgt. Der den Kläger ambulant weiterbehandelnde Chirurg Dr. M berichtete in seinem Nachschaubericht vom 03. Januar 2000 von einer Fraktur, die in praktisch perfekter Stellung mit einem Spiraldraht versorgt sei. Die Röntgenkontrolle ergab eine feste Durchbauung der Fraktur. Ab dem 03. April 2000 bestand wieder Arbeitsfähigkeit. In seinem Nachschaubericht vom 12. April 2000 teilte Dr. A mit, der Kläger klage subjektiv jetzt wenig über Beschwerden im ehemaligen Verletzungsbereich. Er gebe an, insbesondere nach der Schmerztherapie sei eine deutliche Besserung eingetreten, so dass die Beschwerden nach der Verletzung nicht mehr der Hauptgrund für die Nichtaufnahme der Arbeit seien. Es bestünden jetzt vielmehr eine allgemeine Mattigkeit und Schwäche sowie lumbalartige Beschwerden im Rückenbereich. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde mit unter 10 v.H. eingeschätzt. In einem ausführlichen Krankheitsbericht vom 02. Mai 2000 gab der den Kläger seit 06. Januar 2000 behandelnde Internist Dr. B an, nach Beendigung der Therapie bestehe eine volle und schmerzfreie Beweglichkeit im Bereich des rechten Arms ohne sensomotorische Ausfälle. Unfallunabhängig leide der Kläger an einem chronischen LWS-Syndrom.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 v.H. Er bezog sich auf ein Attest von Dr. B vom 11. Juli 2000, in dem der Arzt u.a. ausführte, bei dem Kläger bestehe ein ausgeprägtes Schmerzsyndrom im verletzten Schulterbereich sowie im LWS-Bereich. Aus einem MRT-Befund vom 28. Mai 1999 gehe hervor, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt unter anderem eine fortgeschrittene Diskusabflachung und Bandscheibenprotrusion bei L 5/S 1 bestanden habe, wobei zum damaligen Zeitpunkt noch keine wesentliche Schmerzsymptomatik vorhanden gewesen sei. Es sei zweifellos, dass der Unfall vom 10. Dezember 1999 parallel zur Traumatisierung der Wirbelsäule zu der jetzt erstmalig aufgetretenen Wurzelreizsymptomatik L 5/S 1 rechtsseitig geführt habe. Wegen des unfallbedingten LWS-Syndroms mit nicht nachlassenden lumboischialgieformen Schmerzen rechts sei am 03. Mai 2000 eine erneute CT-Untersuchung vorgenommen worden, die eine knöcherne spinale Stenose von L 3 bis S 1 und eine Bandscheibenzerrüttung an der Etage L 5/S 1 ergeben habe, die zweifelsfrei in einem Kausalzusammenhang mit dem Unfall vom 10. Dezember 1999 stehe.

Mit Bescheid vom 10. August 2000 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1999 ab, da die Erwerbsfähigkeit nicht in rentenberechtigendem Grade gemindert sei. Es bestehe noch eine leichte Einschränkung der Beweglichkeit im rechten Schultergelenk nach in guter Stellung verheilter subcapitaler Humerusfrak-tur bei noch liegendem Osteosynthesematerial. Als Folge des Versicherungsfalls werde das chronische LWS-Syndrom mit Wurzelreizsymptomatik L 5/S 1 rechts bei knöcherner spinaler Stenose L 3/ S 1, Bandscheibenzerrüttung L 5/S 1 und einer chronisch-entzündlich-rheumatischen Erkrankung der Wirbelsäule nicht anerkannt. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, in dem er sich erneut auf das Attest von Dr. B vom 11. Juli 2000 bezog. Die Beklagte veranlasste deshalb ein Erstes Rentengutachten, das am 10. Januar 2001 von dem Chirurgen Dr. H von der Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaften B e. V. erstattet wurde. Er kam zu dem Ergebnis, die Beweglichkeit im rechten Schul-tergelenk sei nur noch endgradig eingeschränkt. Nacken- und Schürzenbindegriff könnten richtig und kraftvoll gezeigt werden, Griffstörungen der rechten Hand bestünden nicht. Die Röntgenkontrolle habe eine erkennbare vollständige Ausheilung der subcapitalen Oberarmfraktur rechts in guter Stellung ohne Arthrose mit noch reizlos liegender Drahtspirale gezeigt. Die Röntgenbilder der Halswirbelsäule zeigten eine beginnende Osteochondrose der mittleren und unteren HWS mit Verkalkungsfiguren im vorderen Längsband. Außerdem zeigten die Bilder eine schwere Osteochondrose mit Bandscheibenschäden an der unteren Brust- und oberen Lendenwirbelsäule. Es bestehe eine Steilstellung der gesamten Lendenwirbelsäule wie bei einem Reizzustand. Es handele sich dabei um unfallfremde Verschleißbefunde nach früher durchgemachtem Morbus Scheuermann. Eine unfallbedingte Verschlimmerung an der Len-denwirbelsäule sei ebenfalls nicht feststellbar. Die MdE betrage ab dem 03. April 2000 und bis auf weiteres 10 v.H. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2001 zurück.

Mit seiner bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel, die Gewährung einer Verletztenrente zu erreichen, mit der Begrünung weiterverfolgt, die Wirbelsäulenschäden stünden in einem ursächlichen Zusammenhang mit seinem Arbeitsunfall.

Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht Befundberichte von dem Orthopäden Dr. B als Praxisnachfolger von Dr. G, dem Orthopäden Dr. M, beide vom 14. Juni 2001, und Dr. B vom 12. Juli 2001 eingeholt und Kopien aus der beigezogenen Schwerbehindertenakte gefertigt.

Dann hat das Sozialgericht den Orthopäden Dr. Z mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. In seinem Gutachten vom 01. Februar 2002 hat der Sachverständige festgestellt, der Kläger leide an einem schmerzhaften Lendenwirbelsäulensyndrom bei Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule und Bandscheibenschädigung ohne neurologische Ausfallerscheinungen, einer Wirbelsäulenfehlstatik und ausgeprägter Haltungsschwäche, einem Zustand nach Wegeunfall und Humerusschaftfraktur rechts sowie einer Bindegewebsschwäche mit Manifestation durch Krampfaderleiden und Spreiz-Senk-Fuß-Bildung. Ursächlich auf den Unfall zurückzuführen sei die Humerusfraktur auf der rechten Seite mit operativer Versorgung und beschriebener Ausheilung. Das vorliegende Rückenleiden mit bereits deutlich vor dem Unfall dokumentierter multimorbider Lendenwirbelsäule und ausgeprägter Osteochondrose L 5/S 1 sei nicht als Unfallfolge, auch nicht im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens, anzusehen. Es bestehe eine anlagebedingte Schädigung des Achsorgans bei erheblicher, ausgeprägter, seit Jahren bestehender Haltungsschwäche, deren Anamnese bis in die 80iger Jahre zurückreiche. Es sei nicht einmal eine Wirbelsäulenprellung im Erstbefund oder im Rahmen der Nachschaubefunde festgestellt worden. Bezüglich der Lendenwirbelsäule sei deshalb keine unfallbedingte MdE festzustellen.

Mit Gerichtsbescheid vom 12. Mai 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des am 10. Dezember 1999 erlittenen Arbeitsunfalls. Die rechtsseitige Oberarm-/Schulterverletzung, die er durch den Unfall erlitten habe, sei spätestens Anfang April 2000 soweit ausgeheilt gewesen, dass nur noch geringfügige funktionelle Einschränkungen bestanden hätten. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Arztberichten von Dr. M, dem im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. H und dem Sachverständigengutachten von Dr. Z. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Z seien keine relevanten Beschränkungen der Funktionalität des rechten Oberarms bzw. der rechten Schulter mehr festzustellen gewesen. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf ein ärztliches Attest von Dr. B vom 11. Juli 2000 auch seine Lendenwirbelsäulenbeschwerden auf den Arbeitsunfall vom 10. Dezember 1999 zurückführe, könne dem nicht gefolgt werden. Warum und mit welcher Begründung Dr. B seine ursprüngliche Bewertung, das Lendenwirbelsäulenleiden sei unfallunabhängig, geändert habe, sei nicht nachvollziehbar. Weder nach dem Hergang des Unfalls, bei dem der Kläger auf die rechte Körperseite gefallen sei, noch nach den unmittelbar und in den Monaten nach dem Unfall erhobenen ärztlichen Befunden sei irgend ein Anhaltspunkt für eine Unfallbeteiligung und traumatische Schädigung der Strukturen der Lendenwirbelsäule oder auch nur eine traumatisch bedingte Verschlechterung eines vorbestehenden Lendenwirbelsäulenleidens fest-zustellen gewesen. Dass bei dem Kläger bereits vor dem Unfall schwergradige degenerativ bedingte Schäden im Bereich der gesamten Lendenwirbelsäule, insbesondere auch des Segments L 5/S 1, und der unteren Brustwirbelsäule bestanden hätten, sei durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen und Arztberichte eindeutig dokumentiert. Insbesondere der MRT-Befund vom 28. Mai 1999 belege bereits dehydrierte Bandscheiben und Osteochondrosen der gesamten Lenden- und unteren Brustwirbelsäule mit ausgeprägter Osteochondrose bei L 5/S 1. Diese Schäden seien entgegen der Darstellung des Klägers bis zum 10. Dezember 1999 auch keineswegs im Wesentlichen klinisch stumm gewesen. Die Befundberichte von Dr. B und Dr. M sowie die beigezogene Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes einschließlich eines Befundberichtes des Orthopäden Dr. G vom 28. Februar 1995 belegten ein bereits seit 1985 bestehendes Lendenwirbelsäulen-Syndrom mit im Laufe der 90iger Jahre immer häufiger werdenden massiven Beschwerden. Da insgesamt keine Anhaltspunkte für einen irgendwie gearteten Zusammenhang zwischen den Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und dem Unfall vom 10. Dezember 1999 bestünden, sei die Klage abzuweisen gewesen, ohne dass es weiterer Ermittlungen bedurft hätte.

Gegen den am 24. Mai 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 21. Juni 2004 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er weiterhin geltend macht, die Lendenwirbelsäulenbeschwerden seien Folge des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 2000. Dass bereits degenerative Vorschädigungen bestanden hätten, werde nicht bestritten. Es werde jedoch geltend gemacht, dass unfallbedingt eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei, wie sie in dem Attest von Dr. B vom 11. Juli 2000 dargestellt worden sei. Insbesondere sei er durch die Schmerztherapie und die Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter unmittelbar nach dem Unfall längere Zeit an der Durchführung seiner Wirbelsäulengymnastik gehindert gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2001 zu verurteilen, die Lendenwirbelsäulenbeschwerden als Folge des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1999 anzuerkennen und ihm ab dem 03. April 2000 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Orthopäde und Chirurg Dr. G am 16. Juni 2005 ein Gutachten erstattet. Er ist darin zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach Oberarmkopffraktur und Versorgung mit einer atypischen Osteosynthese, Subluxationsstellung im Gelenk und geringgradiger Bewegungsein-schränkung rechts gegenüber links, eine Überlastung der Halswirbelsäule mit daraus resultierender Bandscheibenschädigung C 5/C 6 rechts und radikulärer Symptomatik, eine deutliche Verkalkung und massive Versteifung der mittleren Brustwirbelsäule mit ausgeprägter Rundrü-ckenbildung, der eigentlich einem Morbus Scheuermann ähnlich sehe, aber als Morbus Forestier einzustufen sei, eine chronisch rezidivierende Lumboischialgie mit einer Bandscheibenschädigung im lumbosakralen Übergang sowie ein Krampfaderleiden. Die Problematik im Bereich der rechten Schulter sei auf den Unfall zurückzuführen. Bei der Teilversteifung der Brustwirbelsäule handele es sich um eine Anlagestörung, die als völlig unfallunabhängig einzustufen sei. Unfallunabhängig sei ebenfalls der Zustand der Lendenwirbelsäule. Die MdE betrage 100 v.H. für ca. 8 bis 12 Wochen ab dem Tag des Unfalls, dann 50 v.H. für weitere 6 Wochen, dann 30 v.H. für weitere 4 Wochen und anschließend unter 20 v.H. Im ersten Jahr solle die Zahlung einer Rente nach einer MdE von 30 v.H. erfolgen, die nach einem Jahr wiederum herabgestuft werde, wobei immer noch die Option offen sei, ob eine Befundverschlechterung eintrete, denn es seien radiologische und klinische Veränderungen im Bereich der rechten Schulter vorhanden, die ausschließlich durch den Unfall bedingt seien. Nicht unfallbedingt seien die Veränderungen im Bereich der unteren Wirbelsäule und der Brustwirbelsäule. Der Zusammenhang zwischen der Problematik der Halswirbelsäule bei nachgewiesenem Bandscheibenprolaps C 5/C 6 rechts sei schwierig, weil traumatische Bandscheibenschäden so gut wie ausgeschlossen seien.

Die Beklagte hat einen Zwischenbericht des Chirurgen G vom 08. Februar 2005 vorgelegt, in dem dieser bei dem Kläger eine freie Beweglichkeit im rechten Schultergelenk ohne Schmerzangabe und ohne neurologische Ausfälle im rechten Arm bestätigt. Die jetzt geklagten Beschwerden stünden in keinem Zusammenhang mit der ursprünglichen Verletzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Lendenwirbelsäulenbeschwerden als Folge des am 10. Dezember 1999 erlittenen Arbeitsunfalls und damit auch nicht auf Gewährung von Verletztenrente.

Gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle eines Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 4 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit, § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Versicherte Tätigkeit ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).

Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass die Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und letzteres einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung der Verletztenrente (so BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m.w.N.). Die versicherte Tätigkeit, der Unfall und die Gesundheitsschädigung müssen i.S. des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (BSG SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 16 m.w.N.). Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei Abwägung der für den Zusammenhang sprechenden Faktoren diese so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung des Gerichts gegründet werden kann.

Dass der Kläger am 10. Dezember 1999, als er auf dem Weg zur Arbeit stürzte, einen versicherten Wegeunfall erlitten hat, ist unstreitig und von der Beklagten auch anerkannt worden. Der Senat hält es nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen aber nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass bei dem Kläger noch Unfallfolgen vorliegen, die ab dem Beginn seiner Arbeitsfähigkeit am 03. April 2000 seine Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. mindern. Insbesondere ist nicht wahrscheinlich, dass die Lendenwirbelsäulenbeschwerden auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.

Die nach der Humerusfraktur noch vorliegenden Funktionseinschränkungen im Bereich des rechten Oberarms sind, wie sämtliche gutachterlichen Untersuchungen belegen, nur noch geringfügig und rechtfertigen deshalb keine MdE von wenigstens 20 v.H. Die massiven Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule des Klägers, insbesondere im Bereich der unteren Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule, sind entgegen der Auffassung des Klägers nicht unfallbedingt, auch nicht im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines anlagebedingten Leidens, und können deshalb als Unfallfolge nicht anerkannt werden. Sie sind daher bei der Bewertung der unfallbedingten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht zu berücksichtigen. Dies ergibt sich ebenfalls aus den vorliegenden Gutachten von Dr. H vom 10. Januar 2001 und Dr. Z vom 01. Februar 2002. Das Sozialgericht hat diese im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren erstellten Gutachten, die medizinischen Befunde und beigezogenen Berichte der den Kläger behandelnden Ärzte sorgfältig ausgewertet und seine Schlussfolgerungen hinsichtlich der sich daraus ergebenden Folgen in seinem Urteil überzeugend dargelegt. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte, die es rechtfertigen könnten, davon abzuweichen. Er sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Kläger hat sich im Berufungsverfahren darauf beschränkt, erneut auf das Attest von Dr. B vom 11. Juli 2000 Bezug zu nehmen. Das Sozialgericht hat aber bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Auffassung von Dr. B, das Lendenwirbelsäulensyndrom mit nicht nachlassenden lumboischialgieformen Schmerzen rechts sei unfallbedingt, nicht gefolgt werden kann. Die durch keine medizinischen Argumente belegte Behauptung eines Ursachenzusammenhangs des nachgewiesenen massiven Vorschadens im Bereich von Brust- und Lendenwirbelsäule des Klägers mit dem Arbeitsunfall steht in einem nicht nachzuvollziehenden Wider-spruch zu der Erklärung des Arztes in seinem Krankheitsbericht vom 02. Mai 2000, in dem er das chronische LWS-Syndrom noch als unfallunabhängig beschrieben hat. Sie hat in den Gutachten von Dr. H und Dr. Z auch keine Bestätigung gefunden.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Gutachten von Dr. G vom 16. Juni 2005 berufen. Soweit das wirre Gutachten überhaupt verständlich ist, kann der Beantwortung der Beweisfragen entnommen werden, dass er die Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter als nur geringgradig bewertet. In der Befunderhebung des Sachverständigen ergeben sich aber bei den nach der Neutral-Null-Methode gemessenen Bewegungsausmaßen im Bereich der rechten oberen Extremität keine Unterschiede zur linken Seite. Die Abschwächung des Reflexes rechts gegenüber links führt er auf die Bandscheibenschädigung C 5/C 6 zurück. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die unfallbedingten Funktionsstörungen im Bereich der rechten oberen Extremität folgenlos ausgeheilt sind. Dies wird bestätigt durch den Zwischenbericht des Chirurgen G vom 08. Februar 2005, der ebenfalls eine freie Beweglichkeit ohne Schmerzangabe im Bereich des rechten Oberarms und Schultergelenks festgestellt hat und röntgenologisch keine Fehlstellung des Oberarmknochens hat nachweisen können.

Die Beschwerden im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule hält Dr. G in Übereinstimmung mit Dr. H und Dr. Z ebenfalls für eine anlagebedingte Störung, die nicht mit dem Arbeitsunfall in einem Zusammenhang steht. Hinsichtlich der Beschwerden der Halswirbelsäule sind seine Ausführungen zum Teil nicht nachvollziehbar. Er verweist darauf, dass bei dem Kläger ein Bandscheibenprolaps bei C 5/C 6 rechts vorliege, eine traumatische Bandscheibenschädigung aber so gut wie ausgeschlossen sei. Allerdings ist er der Auffassung, dass der Kläger auf Grund seiner eingeschränkten Beweglichkeit und seiner ständigen Schmerzen im Bereich der rechten Schulter nur einen Teil seiner Muskulatur habe belasten können. Er bezieht wohl deshalb, ohne dass dies hinreichend deutlich wird, die Beschwerden in der Halswirbelsäule auf den Arbeitsunfall. Ob dem gefolgt werden kann, kann jedoch dahinstehen, denn daraus resultiert keine Verletztenrente. Nach den eigenen Angaben des Sachverständigen soll die MdE wegen der Unfallfolgen für die ersten 8 bis 12 Wochen 100 v.H. betragen, für weitere 6 Wochen 50 v.H., dann für weitere 4 Wochen 30 v.H. und anschließend unter 20 v.H. Nach § 56 Abs. 1 SGB VII ist jedoch Voraussetzung, dass die rentenberechtigende MdE über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus besteht. Bei dem Zeitrahmen, den Dr. G angegeben hat, handelt es sich aber um einen Zeitraum von nur 22 Wochen, so dass auch nach den diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen eine Rentengewährung nicht in Betracht kommt. Soweit Dr. G aber zum Schluss des Gutachtens darlegt, im ersten Jahr solle eine Rentenzahlung nach einer MdE von 30 v.H. erfolgen, die dann nach einem Jahr herabgestuft werde, stehen diese Ausführungen im Widerspruch zu dem vorher Gesagten, ohne dass Dr. G den Widerspruch aufklärt. Nach den vorliegenden Befunden, die Dr. M und Dr. A in dem ersten Jahr nach dem Unfall erhoben haben, ist jedoch die Gewährung einer Verletztenrente, und schon erst recht nicht nach einer MdE von 30 v.H., nicht gerechtfertigt, denn nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 Anmerkung 8.4.4.) ist eine MdE von 20 bzw. 30 v.H. nur bei einer Schultergelenkversteifung oder bei einer Bewegungseinschränkung mit einer Vorhebung nur bis 90 Grad begründet. Die Bewegungsausmaße des Klägers waren aber in diesem Zeitraum bereits deutlich besser. Die Zusammenhänge, die der Kläger zwischen der Behandlung mit - schmerzstillenden - Spritzen sowie der fehlenden Rückengymnastik in der ersten Zeit nach dem Unfall und mit seinem Gesamtgesundheitszustand sowie den Lendenwirbelsäulenbeschwerden vermutet, sind weder durch medizinische Befunde noch durch die medizinischen Gutachten belegt.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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