Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 R 1053/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1817/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. November 2005 wird geändert: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2005 verurteilt, den Bescheid vom 18. Januar 1988 zurückzunehmen und für die Klägerin glaubhaft gemachte Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit von Juni 1938 bis September 1939 festzustellen und ihre Rente dementsprechend neu zu berechnen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten noch höheres Altersruhegeld unter der Zugrundelegung von Beitragszeiten von Juni 1938 bis September 1939.
Die 1922 geborene Klägerin ist rassisch Verfolgte des Nationalsozialismus und lebt nunmehr im Staat I, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Aufgrund der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge seit Januar 1956 bezieht sie von der Beklagten Altersruhegeld ab 01. August 1987 (Bescheid vom 18. Januar 1988).
Am 13. August 1990 beantragte die Klägerin die Anerkennung von Beitragszeiten nach § 17 Abs. 1 b Fremdrentengesetz - FRG -.
Im Fragebogen 5.7920, den die Klägerin am 16. Oktober 1990 in H in polnischer Sprache ausfüllte, befindet sich eine deutsche Übersetzung, nach der die Klägerin von 1937 bis 1940 bei einem staatlichen Unternehmen der Kohlewirtschaft als Beschäftigte und Putzfrau tätig gewesen sei. Sie habe bei den Eltern gewohnt und 50 Stunden wöchentlich gearbeitet. Diese Tätigkeit sei unterbrochen worden, als die Deutschen kamen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. Dezember 1990 die Anerkennung von Beitrags- oder Versicherungszeiten von Januar 1937 bis Dezember 1940 ab, da diese weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien.
Am 12. Dezember 1990 beantragte eine neue Bevollmächtigte für die Klägerin wiederum die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten. Hierzu trug die Klägerin in dem am 27. Dezember 1990 in T ausgefüllten Fragebogen ein, sie habe von Januar 1937 bis September 1939 im Schuh- und Lederwarengeschäft A in S gearbeitet. Von September 1939 bis Dezember 1940 sei sie in S Zwangsarbeiten im Bereich der Kohlewirtschaft eingesetzt gewesen und im Januar 1941 sei sie in die S geflohen.
Das diesbezüglich durchgeführte Verwaltungsverfahren und das Klageverfahren (Sozialgericht Berlin S 14 AN L 25/92) endeten mit einer Erledigung nach Teilanerkenntnis.
Am 13. April 2004 beantragte die Klägerin erneut eine Überprüfung des Ausgangsbescheides nach § 44 SGB X unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem FRG für den Zeitraum Januar 1937 bis September 1939. Sie habe nunmehr einen weiteren Zeugen ausfindig gemacht. Dieser, Herr S K bestätigte am 07. März 2004 vor einem Rechtsanwalt in T, dass die Klägerin von 1937 bis zum Kriegsausbruch im Schuhgeschäft A tätig gewesen sei und dafür ein Gehalt bezogen habe.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2004 ab und begründete dies damit, die Klägerin habe selbst widersprüchliche Angaben zu ihrer Tätigkeit im streitigen Zeitraum gemacht, so dass eine Glaubhaftmachung für eine versicherungspflichtige Tätigkeit nicht gelungen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2005 zurück.
Hiergegen hat sich die am 28. Februar 2005 vor dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin ihren Vortrag wiederholt hat, sie sei von Januar 1937 bis zum Einmarsch deutscher Truppen im September 1939 als Verkäuferin im Schuh- und Lederwarengeschäft A in S tätig gewesen und habe für diese Arbeit Entgelt bezogen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 08. November 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Nachweis einer versicherungspflichtigen Tätigkeit sei nicht erfolgt und auch eine Glaubhaftmachung sei nicht gelungen. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin vor dem deutschen Einmarsch in dem Schuhwarengeschäft als Verkäuferin gearbeitet habe, weil eine zweijährige Arbeit gerade auch nicht nach einem langen Zeitraum dergestalt in Vergessenheit gerate, dass sie dann wenige Wochen später wieder erinnerlich sei.
Gegen diesen, dem Bevollmächtigten der Klägerin am 23. November 2005 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom gleichen Tage. Aufgrund der beigebrachten Aussagen von drei Zeugen und den eigenen Angaben der Klägerin sei überwiegend wahrscheinlich, dass diese zunächst als Verkäuferin gearbeitet habe und diese Tätigkeit der Versicherungspflicht unterlegen habe. Diese Tätigkeit habe dann durch die Zwangsarbeit in der Kohlewirtschaft im September 1939 geendet. Die zunächst erfolgte Verwechslung der beiden Tätigkeiten durch die Klägerin sei berichtigt.
Nachdem der Bevollmächtigte der Klägerin davon Kenntnis erlangt hatte, dass Versicherungspflicht in P im streitigen Zeitraum erst ab Vollendung des 16. Lebensjahres bestanden hat, hat er die Klage insoweit zurückgenommen und beantragt sinngemäß noch,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. November 2005 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 13. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2005 zu verurteilen, bei der Klägerin glaubhaft gemachte Beitragszeiten für die Zeit von Juni 1938 bis September 1939 anzuerkennen und ihre Rente dementsprechend neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat versucht, den Zeugen S K durch die zuständigen i Justizbehörden über das Arbeitsleben der Klägerin in P vernehmen zu lassen. Dies ist daran gescheitert, dass der Zeuge zwischenzeitlich verstorben ist.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist in dem Umfang, in dem sie noch verfolgt wird, auch begründet.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, wenn dieses Gesetz Anwendung findet. Dies ist nach § 17 Abs. 1 Buchstabe b FRG dann der Fall, wenn die Tätigkeit in den eingegliederten Ostgebieten zurückgelegt wurde. S gehörte zu diesem Bereich, so dass das Fremdrentengesetz grundsätzlich anwendbar ist.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG genügt es für die Feststellung der nach dem Fremdrentengesetz erheblichen Tatsachen, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache dann, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Hier ist zur Überzeugung des Senats überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin von 1937 bis 1939 als Schuhverkäuferin im Schuhgeschäft A in S tätig war, und dass diese Tätigkeit durch die sofort nach dem deutschen Einmarsch einsetzenden Verfolgungsmaßnahmen beendet wurde und die Klägerin anschließend zu Zwangsarbeiten im Bereich der Kohlewirtschaft in Seingesetzt war, bis ihr dann im Januar 1941 die Flucht in die Sowjetunion gelang. Dieser Sachverhalt entspricht in Bezug auf die Beendigung der Tätigkeit und die feststehende anschließende Flucht den gerichtsbekannten Tatsachen in P nach dem deutschen Einmarsch und ist für die Zeit bis zum Kriegsausbruch durch drei Zeugen bestätigt. Auch wenn die Zeugen, wie das Sozialgericht zu Recht feststellt, dort Angaben gemacht haben, die offenkundig außerhalb ihres Wahrnehmungsbereichs waren, nämlich, dass die Klägerin regelmäßig Gehalt bezogen und Beiträge abgeführt hat, so ergibt sich doch insbesondere aus den Angaben der Schwester der Klägerin aber auch aus den anderen Zeugenerklärungen übereinstimmend die Grundtatsache, dass die Klägerin vollzeitig in einem Schuh- und Lederwarengeschäft in S gearbeitet hat. Die Klägerin selbst hat diese Angaben im Dezember 1990, wenige Wochen nach den Angaben im Oktober 1990 gemacht. Dass die Klägerin, die aus ihrer Sicht eine Entschädigungsrente vom Verfolgerstaat haben wollte, zunächst den Fragebogen nicht richtig verstanden hat und auf die Zwangsarbeit abgestellt und dann im Fragebogen diese unzutreffend auch auf die Zeit vor dem deutschen Einmarsch datiert hat, erscheint in Anbetracht des Zeitablaufs, des Lebensalters der Klägerin und ihren Vorstellungen darüber, worauf es ankommt, nicht unwahrscheinlich. Die Annahme der Beklagten und des Sozialgerichts hingegen als richtig vorausgesetzt, müsste die Klägerin als Jüdin in den besetzten p Gebieten die Tätigkeit, die sie im Jahr 1937 aufgenommen hatte, unangefochten bis zum Dezember 1940 ausgeübt haben. Diese Annahme ist jedoch unwahrscheinlicher als die Annahme, dass die Angaben der Klägerin und der von ihr beigebrachten Zeugen zutreffen. Schließlich macht auch nur in Bezug auf die Tätigkeit als Verkäuferin deren Beendigung aufgrund der deutschen Besetzung Sinn. Denn eine Tätigkeit, die bis Ende 1940 dauerte, konnte nicht durch den Einmarsch, sondern allenfalls durch Maßnahme der folgenden Verwaltung in den eingegliederten Ostgebieten, zu denen Suwalki gehörte, beendet werden. Die Klägerin hatte aber bereits im Fragebogen vom Oktober 1990 angegeben, die dort angegebene Tätigkeit sei infolge des Einmarsches beendet worden. Auch dies deutet auf eine Verwechslung der freien Arbeit als Verkäuferin und der folgenden Zwangsarbeit hin. War die Klägerin jedoch versicherungspflichtig tätig, so ist auch die Abführung von Beiträgen überwiegend wahrscheinlich.
Daraus ergibt sich die Überzeugung des Senats, dass die jetzigen Angaben überwiegend wahrscheinlich sind, so dass die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zugelassen, da keiner in § 160 Abs. 2 SGG hierfür dargelegten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten noch höheres Altersruhegeld unter der Zugrundelegung von Beitragszeiten von Juni 1938 bis September 1939.
Die 1922 geborene Klägerin ist rassisch Verfolgte des Nationalsozialismus und lebt nunmehr im Staat I, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Aufgrund der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge seit Januar 1956 bezieht sie von der Beklagten Altersruhegeld ab 01. August 1987 (Bescheid vom 18. Januar 1988).
Am 13. August 1990 beantragte die Klägerin die Anerkennung von Beitragszeiten nach § 17 Abs. 1 b Fremdrentengesetz - FRG -.
Im Fragebogen 5.7920, den die Klägerin am 16. Oktober 1990 in H in polnischer Sprache ausfüllte, befindet sich eine deutsche Übersetzung, nach der die Klägerin von 1937 bis 1940 bei einem staatlichen Unternehmen der Kohlewirtschaft als Beschäftigte und Putzfrau tätig gewesen sei. Sie habe bei den Eltern gewohnt und 50 Stunden wöchentlich gearbeitet. Diese Tätigkeit sei unterbrochen worden, als die Deutschen kamen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. Dezember 1990 die Anerkennung von Beitrags- oder Versicherungszeiten von Januar 1937 bis Dezember 1940 ab, da diese weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien.
Am 12. Dezember 1990 beantragte eine neue Bevollmächtigte für die Klägerin wiederum die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten. Hierzu trug die Klägerin in dem am 27. Dezember 1990 in T ausgefüllten Fragebogen ein, sie habe von Januar 1937 bis September 1939 im Schuh- und Lederwarengeschäft A in S gearbeitet. Von September 1939 bis Dezember 1940 sei sie in S Zwangsarbeiten im Bereich der Kohlewirtschaft eingesetzt gewesen und im Januar 1941 sei sie in die S geflohen.
Das diesbezüglich durchgeführte Verwaltungsverfahren und das Klageverfahren (Sozialgericht Berlin S 14 AN L 25/92) endeten mit einer Erledigung nach Teilanerkenntnis.
Am 13. April 2004 beantragte die Klägerin erneut eine Überprüfung des Ausgangsbescheides nach § 44 SGB X unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem FRG für den Zeitraum Januar 1937 bis September 1939. Sie habe nunmehr einen weiteren Zeugen ausfindig gemacht. Dieser, Herr S K bestätigte am 07. März 2004 vor einem Rechtsanwalt in T, dass die Klägerin von 1937 bis zum Kriegsausbruch im Schuhgeschäft A tätig gewesen sei und dafür ein Gehalt bezogen habe.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2004 ab und begründete dies damit, die Klägerin habe selbst widersprüchliche Angaben zu ihrer Tätigkeit im streitigen Zeitraum gemacht, so dass eine Glaubhaftmachung für eine versicherungspflichtige Tätigkeit nicht gelungen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2005 zurück.
Hiergegen hat sich die am 28. Februar 2005 vor dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin ihren Vortrag wiederholt hat, sie sei von Januar 1937 bis zum Einmarsch deutscher Truppen im September 1939 als Verkäuferin im Schuh- und Lederwarengeschäft A in S tätig gewesen und habe für diese Arbeit Entgelt bezogen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 08. November 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Nachweis einer versicherungspflichtigen Tätigkeit sei nicht erfolgt und auch eine Glaubhaftmachung sei nicht gelungen. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin vor dem deutschen Einmarsch in dem Schuhwarengeschäft als Verkäuferin gearbeitet habe, weil eine zweijährige Arbeit gerade auch nicht nach einem langen Zeitraum dergestalt in Vergessenheit gerate, dass sie dann wenige Wochen später wieder erinnerlich sei.
Gegen diesen, dem Bevollmächtigten der Klägerin am 23. November 2005 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom gleichen Tage. Aufgrund der beigebrachten Aussagen von drei Zeugen und den eigenen Angaben der Klägerin sei überwiegend wahrscheinlich, dass diese zunächst als Verkäuferin gearbeitet habe und diese Tätigkeit der Versicherungspflicht unterlegen habe. Diese Tätigkeit habe dann durch die Zwangsarbeit in der Kohlewirtschaft im September 1939 geendet. Die zunächst erfolgte Verwechslung der beiden Tätigkeiten durch die Klägerin sei berichtigt.
Nachdem der Bevollmächtigte der Klägerin davon Kenntnis erlangt hatte, dass Versicherungspflicht in P im streitigen Zeitraum erst ab Vollendung des 16. Lebensjahres bestanden hat, hat er die Klage insoweit zurückgenommen und beantragt sinngemäß noch,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. November 2005 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 13. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2005 zu verurteilen, bei der Klägerin glaubhaft gemachte Beitragszeiten für die Zeit von Juni 1938 bis September 1939 anzuerkennen und ihre Rente dementsprechend neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat versucht, den Zeugen S K durch die zuständigen i Justizbehörden über das Arbeitsleben der Klägerin in P vernehmen zu lassen. Dies ist daran gescheitert, dass der Zeuge zwischenzeitlich verstorben ist.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist in dem Umfang, in dem sie noch verfolgt wird, auch begründet.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, wenn dieses Gesetz Anwendung findet. Dies ist nach § 17 Abs. 1 Buchstabe b FRG dann der Fall, wenn die Tätigkeit in den eingegliederten Ostgebieten zurückgelegt wurde. S gehörte zu diesem Bereich, so dass das Fremdrentengesetz grundsätzlich anwendbar ist.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG genügt es für die Feststellung der nach dem Fremdrentengesetz erheblichen Tatsachen, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache dann, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Hier ist zur Überzeugung des Senats überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin von 1937 bis 1939 als Schuhverkäuferin im Schuhgeschäft A in S tätig war, und dass diese Tätigkeit durch die sofort nach dem deutschen Einmarsch einsetzenden Verfolgungsmaßnahmen beendet wurde und die Klägerin anschließend zu Zwangsarbeiten im Bereich der Kohlewirtschaft in Seingesetzt war, bis ihr dann im Januar 1941 die Flucht in die Sowjetunion gelang. Dieser Sachverhalt entspricht in Bezug auf die Beendigung der Tätigkeit und die feststehende anschließende Flucht den gerichtsbekannten Tatsachen in P nach dem deutschen Einmarsch und ist für die Zeit bis zum Kriegsausbruch durch drei Zeugen bestätigt. Auch wenn die Zeugen, wie das Sozialgericht zu Recht feststellt, dort Angaben gemacht haben, die offenkundig außerhalb ihres Wahrnehmungsbereichs waren, nämlich, dass die Klägerin regelmäßig Gehalt bezogen und Beiträge abgeführt hat, so ergibt sich doch insbesondere aus den Angaben der Schwester der Klägerin aber auch aus den anderen Zeugenerklärungen übereinstimmend die Grundtatsache, dass die Klägerin vollzeitig in einem Schuh- und Lederwarengeschäft in S gearbeitet hat. Die Klägerin selbst hat diese Angaben im Dezember 1990, wenige Wochen nach den Angaben im Oktober 1990 gemacht. Dass die Klägerin, die aus ihrer Sicht eine Entschädigungsrente vom Verfolgerstaat haben wollte, zunächst den Fragebogen nicht richtig verstanden hat und auf die Zwangsarbeit abgestellt und dann im Fragebogen diese unzutreffend auch auf die Zeit vor dem deutschen Einmarsch datiert hat, erscheint in Anbetracht des Zeitablaufs, des Lebensalters der Klägerin und ihren Vorstellungen darüber, worauf es ankommt, nicht unwahrscheinlich. Die Annahme der Beklagten und des Sozialgerichts hingegen als richtig vorausgesetzt, müsste die Klägerin als Jüdin in den besetzten p Gebieten die Tätigkeit, die sie im Jahr 1937 aufgenommen hatte, unangefochten bis zum Dezember 1940 ausgeübt haben. Diese Annahme ist jedoch unwahrscheinlicher als die Annahme, dass die Angaben der Klägerin und der von ihr beigebrachten Zeugen zutreffen. Schließlich macht auch nur in Bezug auf die Tätigkeit als Verkäuferin deren Beendigung aufgrund der deutschen Besetzung Sinn. Denn eine Tätigkeit, die bis Ende 1940 dauerte, konnte nicht durch den Einmarsch, sondern allenfalls durch Maßnahme der folgenden Verwaltung in den eingegliederten Ostgebieten, zu denen Suwalki gehörte, beendet werden. Die Klägerin hatte aber bereits im Fragebogen vom Oktober 1990 angegeben, die dort angegebene Tätigkeit sei infolge des Einmarsches beendet worden. Auch dies deutet auf eine Verwechslung der freien Arbeit als Verkäuferin und der folgenden Zwangsarbeit hin. War die Klägerin jedoch versicherungspflichtig tätig, so ist auch die Abführung von Beiträgen überwiegend wahrscheinlich.
Daraus ergibt sich die Überzeugung des Senats, dass die jetzigen Angaben überwiegend wahrscheinlich sind, so dass die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zugelassen, da keiner in § 160 Abs. 2 SGG hierfür dargelegten Gründe vorliegt.
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