Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 80 AL 1191/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 B 1/05 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerden des Klägers und seines Bevollmächtigten wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2004 aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2004, mit dem dieses den Beschwerdeführer zu 2.) als Bevollmächtigten des Klägers aus dem Verfahren ausgeschlossen hat. In der Sache ficht der Kläger drei Aufhebungs- und Erstattungsbescheide der Beklagten in der Gestalt zweier Widerspruchsbescheide an, mit denen die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für Zeiträume zwischen August und Dezember 1995 aufgehoben und die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 2.204,10 DM zzgl. von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 115,79 DM gefordert hat.
Der Kläger, der seine Klage im Wesentlichen auf angeblich eingetretene Verjährung stützt, ließ diese durch den Beschwerdeführer zu 2.) erheben, der zugleich eine entsprechende Vollmacht vorlegte. Auf Bitte des Sozialgerichts, seine Vertretungsbefugnis nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) darzulegen, teilte der Beschwerdeführer zu 2.) mit, dass er mit dem nicht ausreichend rechtskundigen Kläger befreundet und von ihm gebeten worden sei, ihm in der vorliegenden Sache zur Seite zu stehen. Es handele sich ausnahmslos um eine kostenfreie Hilfeleistung im Rahmen einer Freundschaft. Es bedürfe daher keiner besonderen Vertretungsberechtigung, zumal er nicht geschäftsmäßig vor Gericht auftrete. Mit Schreiben vom 21. Juni 2001 vertrat das Sozialgericht Berlin hingegen die Auffassung, dass seine wiederholten Schriftsätze im Verwaltungs- und Klageverfahren für ein geschäftsmäßiges Auftreten sprächen. Zugleich regte es an, die Bevollmächtigung zu beenden, was die Beschwerdeführer ablehnten.
Nachdem der Kläger – in Begleitung seines Bevollmächtigten - und die Beklagte zwischenzeitlich vor Gericht einen Vergleich geschlossen, beide Seiten diesen schließlich widerrufen hatten, über Monate hinweg nur noch Schriftsätze ausgetauscht worden waren, in denen es um die Sache selbst ging, und die Beklagte mit verschiedenen Bescheiden die ursprünglich angefochtenen geändert hatte, teilte das Gericht schließlich dem Beschwerdeführer zu 2.) mit Schreiben vom 21. Juni 2004 mit, dass es beabsichtige, ihn als Bevollmächtigten des Klägers zurückzuweisen. Es sei von einem geschäftsmäßigen Betreiben fremder Rechtsangelegenheiten auszugehen, da er nach Aktenlage in mindestens fünf gerichtlichen Verfahren als Bevollmächtigter aufgetreten sei. Darüber hinaus dürfte sein Tätigwerden gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen. Hiergegen wandte der Beschwerdeführer zu 2.) ein, dass er nur für den Kläger tätig werde. Dass dies in mehreren Verfahren der Fall sei, müsse unerheblich sein.
Mit Beschluss vom 19. November 2004 hat das Sozialgericht Berlin den Bevollmächtigten des Klägers von dem Verfahren ausgeschlossen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dieser entgegen Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG geschäftsmäßig Rechtsberatung betreibe, ohne hierzu berechtigt zu sein. In der Sache stehe die Klärung rechtlicher Verhältnisse im Vordergrund, sodass zur Besorgung der – für den Beschwerdeführer zu 2.) – fremden Rechtsangelegenheiten eine Erlaubnis erforderlich sei, die dieser nicht habe. Zwar könne sich nach § 73 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – ein Beteiligter durch jede prozessfähige Privatperson vertreten lassen. Dies gelte allerdings nur innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung von Art. 2 Abs. 1 2. Halbsatz des Grundgesetzes. Zur verfassungsmäßigen Ordnung gehöre die Vorschrift des Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG. Vor diesem Hintergrund werde das Gericht weiteren Schriftverkehr nur noch mit dem Kläger führen.
Gegen diesen dem Kläger und dem Beschwerdeführer zu 2.) jeweils am 26. November 2004 zugestellten Beschluss richten sich ihre am 13. Dezember bzw. 30. November 2004 eingelegten Beschwerden. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, dass mit der Vorsitzenden der 80. Kammer nicht die gesetzliche Richterin entschieden habe. Bei Klageeingang sei die 51. Kammer für die Sache zuständig gewesen. Weiter sei die Entscheidung auch in der Sache falsch. Nachdem das Gericht den Beschwerdeführer zu 2.) im Termin als Vertreter akzeptiert habe, wirke dies für das gesamte Verfahren und könne nicht nach Belieben korrigiert werden. Auch müsse dem erklärten Willen des Klägers, von dem Beschwerdeführer zu 2.) vertreten zu werden, Vorrang vor etwaigen nicht einschlägigen Meinungen des Gerichts zukommen. Das Gericht habe sich auf Rechtsprechung bezogen, die nicht einschlägig sei, was im Einzelnen dargelegt wird. Schließlich liege keine Geschäftsmäßigkeit vor, da der Beschwerdeführer zu 2.) den Kläger zwar in mehreren Verfahren, aber auch nur ihn aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses vertreten habe.
Nach den Ermittlungen des Senats ist der Beschwerdeführer zu 2.) vor dem Sozialgericht Berlin ausschließlich für den Kläger als Bevollmächtigter aufgetreten.
II.
Die Beschwerden des Klägers und seines Bevollmächtigten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2004 sind gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 SGG zulässig. Durch den Ausschluss des von ihm ausgewählten Bevollmächtigten aus dem Verfahren ist nicht nur der Kläger beschwert, sondern auch der Bevollmächtigte selbst. Sie sind damit beide zur Beschwerde berechtigt.
Weiter sind ihre Beschwerden begründet. Zwar hat der Senat keine Bedenken, dass die erstinstanzliche Entscheidung durch die Vorsitzende der zuständigen Kammer erfolgt ist. Er vermag ihr jedoch nicht zu folgen, dass der Beschwerdeführer zu 2.) wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz vom Verfahren vollständig auszuschließen ist.
Der Senat hat bereits Bedenken, ob es überhaupt eine hinreichende Rechtsgrundlage dafür gibt, einen Bevollmächtigten – so wie es das Sozialgericht Berlin getan hat – nicht nur von der Verhandlung, sondern vollständig aus dem Verfahren auszuschließen. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG können sich die Beteiligten in jeder Lage des Verfahrens durch prozessfähige Bevollmächtigte vertreten lassen. Ausgeschlossen sind nach § 73 Abs. 6 Satz 1 und 3 SGG i.V.m. § 157 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) lediglich Personen, die nicht Rechtsanwälte oder Angehörige der in § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG benannten Gruppen sind und die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben. Dem Wortlaut der Norm zufolge sind jedoch auch diese lediglich als Bevollmächtigte und Beistände in der Verhandlung ausgeschlossen (so auch Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 73 Rn. 11; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 157 Rn. 2). Soweit teilweise unter Berufung auf den Wortlaut des § 157 Abs. 1 ZPO die gegenteilige Auffassung, also vertreten wird, dass der Ausschluss sich auch auf schriftliche Prozesshandlungen beziehe, hält der Senat dies angesichts der Formulierung "in der Verhandlung" für sehr bedenklich. Ebenso hat er erhebliche Zweifel, ob bei Bestehen einer gesetzlichen Grundlage, die die Folgen einer – unberechtigten – geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ausdrücklich regelt und einen wohl nur partiellen Ausschluss vorsieht, darüber hinausgehend ein Ausschluss vom gesamten Verfahren möglich sein soll, wenn denn ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliegt (so Keller/Leitherer, a.a.O., Rn. 11d; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 12.09.2003, - 2 BvR 1311/03 – zitiert nach juris, Rn. 7; a.A. Zeihe, Sozialgerichtsgesetz, § 73 Rn. 38a). Letztlich bedarf all dies im vorliegenden Fall jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer zu 2.) überhaupt geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt, was nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG eine Erlaubnis voraussetzte, über die er unstreitig nicht verfügt. Zweifelsohne verfolgt der Beschwerdeführer zu 2.) zwar im vorliegenden Verfahren für ihn fremde Rechtsangelegenheiten, nämlich die des Klägers. Nicht hingegen ist der Senat davon überzeugt, dass er dies geschäftsmäßig tut.
Geschäftsmäßigkeit erfordert eine selbständige, mit Wiederholungsabsicht betriebene, nicht nur aus Gefälligkeit ausgeübte Tätigkeit. Nicht erforderlich ist dafür, dass die Tätigkeit gewerbs- oder berufsmäßig oder entgeltlich erfolgt. Es kommt insoweit jeweils auf den Einzelfall an, wobei das Vorliegen unter Berücksichtigung der durch das Gesetz geschützten Belange – dem Schutz des Rechtsuchenden und der geordneten Rechtspflege -, der Grundrechte des Einzelnen sowie unter Beachtung der "Veränderungen der Lebenswirklichkeit" zu prüfen ist (vgl. Keller/Leitherer, a.a.O., Rn. 10; BVerfG, Beschluss vom 29.07.2004 – 1 BvR 737/00 – zitiert nach juris, Rn. 11; BVerfG, Beschluss vom 16.02.2006 – 2 BvR 951 und 1087/04 – zitiert nach juris, Rn. 22 ff.). Erforderlich für die Annahme von Geschäftsmäßigkeit ist eine Tätigkeit, bei der der Handelnde beabsichtigt, sie – sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit – in gleicher Art zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. Vorausgesetzt wird daher ein Hinausgehen über den aus besonderen Gründen ausgeübten Gelegenheitsfall. Wer eine Tätigkeit der in Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG aufgeführten Art nur gelegentlich, insbesondere nicht im Rahmen seines Berufes vornimmt, handelt hingegen nicht geschäftsmäßig (Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz, Rechtsberatungsgesetz, 9. Aufl., Art. 1 § 1 Rn. 64). Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich das Vorgehen des Beschwerdeführers zu 2.) zur Überzeugung des Senats nicht als geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar. Der Beschwerdeführer zu 2.) ist vor dem Sozialgericht Berlin bisher – wenn auch in mehreren Verfahren – ausschließlich für den Kläger und dies – wie beide übereinstimmend und durchaus glaubhaft bekundet haben – ausschließlich auf freundschaftlicher Grundlage und unentgeltlich tätig geworden. Anhaltspunkte dafür, dass der Vertretung des Klägers die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers zu 2.) zugrunde liegen könnte, aufgrund derer er – gleichsam als Annex – die Rechtsvertretung des Klägers mit übernommen hätte, liegen hingegen nicht vor, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass er für den Kläger "im Rahmen seines Berufes" tätig wird. Auch gebietet weder der Schutz des rechtsuchenden Klägers noch das Interesse an einer geordneten Rechtspflege eine Auslegung der Vorschrift dahin, das Vorgehen des Beschwerdeführers zu 2.) als relevant im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG anzusehen. Soweit es um die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege geht, ist zu berücksichtigen, dass in Verfahren vor den Sozial- und Landessozialgerichten kein Anwaltszwang besteht. Der Gesetzgeber geht mithin davon aus, dass eine Kommunikation auf Seiten jedenfalls eines der Verfahrensbeteiligten mit Personen zu erfolgen hat, die nicht rechtskundig sind. Der Senat vermag vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen, warum die Rechtspflege beeinträchtigt werden sollte, wenn statt der klagenden Person selbst eine andere für diese tätig wird, selbst wenn diese nicht rechtskundig ist. Auch besteht in Fällen wie dem vorliegenden zur Überzeugung des Senats kein Anlass, im Hinblick auf eine besondere Schutzbedürftigkeit des Vertretenen einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz anzunehmen. Vielmehr geht er davon aus, dass die - sei es aus Kostengründen, sei es aus freundschaftlichen oder sonstigen Erwägungen heraus getroffene – Entscheidung des Klägers, seine Interessen durch den Beschwerdeführer zu 2.) vertreten zu lassen, hinzunehmen ist. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer zu 2.) z.B. durch Anzeigen, Werbeschreiben oder die Einrichtung eines Büros zu erkennen gegeben haben könnte, den Willen zu haben, fremde Rechtsangelegenheiten zu verfolgen. Auch ist es zu dieser offensichtlich nicht aufgrund einer sonstigen beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers zu 2.) gekommen, die den Anschein besonderer Fachkenntnisse begründen könnte. Nur aber wenn dies der Fall wäre, bestünde möglicherweise Bedarf, den Kläger zu schützen. Ist für ein entsprechendes Vorgehen aber nichts ersichtlich, muss der Vertretene nicht gleichsam vor der von ihm bevollmächtigten Person geschützt werden. Es ist vielmehr die freie Entscheidung hier des Klägers, der Sachkunde des Beschwerdeführers zu 2.) mehr zu vertrauen als seiner eigenen und sich von der Vertretung seiner Angelegenheiten durch diesen mehr zu versprechen als von der durch einen Rechtsanwalt. Auch dass in diesen Fällen berechtigte Interessen der Rechtsanwälte verletzt würden, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2004, mit dem dieses den Beschwerdeführer zu 2.) als Bevollmächtigten des Klägers aus dem Verfahren ausgeschlossen hat. In der Sache ficht der Kläger drei Aufhebungs- und Erstattungsbescheide der Beklagten in der Gestalt zweier Widerspruchsbescheide an, mit denen die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für Zeiträume zwischen August und Dezember 1995 aufgehoben und die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 2.204,10 DM zzgl. von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 115,79 DM gefordert hat.
Der Kläger, der seine Klage im Wesentlichen auf angeblich eingetretene Verjährung stützt, ließ diese durch den Beschwerdeführer zu 2.) erheben, der zugleich eine entsprechende Vollmacht vorlegte. Auf Bitte des Sozialgerichts, seine Vertretungsbefugnis nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) darzulegen, teilte der Beschwerdeführer zu 2.) mit, dass er mit dem nicht ausreichend rechtskundigen Kläger befreundet und von ihm gebeten worden sei, ihm in der vorliegenden Sache zur Seite zu stehen. Es handele sich ausnahmslos um eine kostenfreie Hilfeleistung im Rahmen einer Freundschaft. Es bedürfe daher keiner besonderen Vertretungsberechtigung, zumal er nicht geschäftsmäßig vor Gericht auftrete. Mit Schreiben vom 21. Juni 2001 vertrat das Sozialgericht Berlin hingegen die Auffassung, dass seine wiederholten Schriftsätze im Verwaltungs- und Klageverfahren für ein geschäftsmäßiges Auftreten sprächen. Zugleich regte es an, die Bevollmächtigung zu beenden, was die Beschwerdeführer ablehnten.
Nachdem der Kläger – in Begleitung seines Bevollmächtigten - und die Beklagte zwischenzeitlich vor Gericht einen Vergleich geschlossen, beide Seiten diesen schließlich widerrufen hatten, über Monate hinweg nur noch Schriftsätze ausgetauscht worden waren, in denen es um die Sache selbst ging, und die Beklagte mit verschiedenen Bescheiden die ursprünglich angefochtenen geändert hatte, teilte das Gericht schließlich dem Beschwerdeführer zu 2.) mit Schreiben vom 21. Juni 2004 mit, dass es beabsichtige, ihn als Bevollmächtigten des Klägers zurückzuweisen. Es sei von einem geschäftsmäßigen Betreiben fremder Rechtsangelegenheiten auszugehen, da er nach Aktenlage in mindestens fünf gerichtlichen Verfahren als Bevollmächtigter aufgetreten sei. Darüber hinaus dürfte sein Tätigwerden gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen. Hiergegen wandte der Beschwerdeführer zu 2.) ein, dass er nur für den Kläger tätig werde. Dass dies in mehreren Verfahren der Fall sei, müsse unerheblich sein.
Mit Beschluss vom 19. November 2004 hat das Sozialgericht Berlin den Bevollmächtigten des Klägers von dem Verfahren ausgeschlossen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dieser entgegen Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG geschäftsmäßig Rechtsberatung betreibe, ohne hierzu berechtigt zu sein. In der Sache stehe die Klärung rechtlicher Verhältnisse im Vordergrund, sodass zur Besorgung der – für den Beschwerdeführer zu 2.) – fremden Rechtsangelegenheiten eine Erlaubnis erforderlich sei, die dieser nicht habe. Zwar könne sich nach § 73 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – ein Beteiligter durch jede prozessfähige Privatperson vertreten lassen. Dies gelte allerdings nur innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung von Art. 2 Abs. 1 2. Halbsatz des Grundgesetzes. Zur verfassungsmäßigen Ordnung gehöre die Vorschrift des Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG. Vor diesem Hintergrund werde das Gericht weiteren Schriftverkehr nur noch mit dem Kläger führen.
Gegen diesen dem Kläger und dem Beschwerdeführer zu 2.) jeweils am 26. November 2004 zugestellten Beschluss richten sich ihre am 13. Dezember bzw. 30. November 2004 eingelegten Beschwerden. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, dass mit der Vorsitzenden der 80. Kammer nicht die gesetzliche Richterin entschieden habe. Bei Klageeingang sei die 51. Kammer für die Sache zuständig gewesen. Weiter sei die Entscheidung auch in der Sache falsch. Nachdem das Gericht den Beschwerdeführer zu 2.) im Termin als Vertreter akzeptiert habe, wirke dies für das gesamte Verfahren und könne nicht nach Belieben korrigiert werden. Auch müsse dem erklärten Willen des Klägers, von dem Beschwerdeführer zu 2.) vertreten zu werden, Vorrang vor etwaigen nicht einschlägigen Meinungen des Gerichts zukommen. Das Gericht habe sich auf Rechtsprechung bezogen, die nicht einschlägig sei, was im Einzelnen dargelegt wird. Schließlich liege keine Geschäftsmäßigkeit vor, da der Beschwerdeführer zu 2.) den Kläger zwar in mehreren Verfahren, aber auch nur ihn aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses vertreten habe.
Nach den Ermittlungen des Senats ist der Beschwerdeführer zu 2.) vor dem Sozialgericht Berlin ausschließlich für den Kläger als Bevollmächtigter aufgetreten.
II.
Die Beschwerden des Klägers und seines Bevollmächtigten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2004 sind gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 SGG zulässig. Durch den Ausschluss des von ihm ausgewählten Bevollmächtigten aus dem Verfahren ist nicht nur der Kläger beschwert, sondern auch der Bevollmächtigte selbst. Sie sind damit beide zur Beschwerde berechtigt.
Weiter sind ihre Beschwerden begründet. Zwar hat der Senat keine Bedenken, dass die erstinstanzliche Entscheidung durch die Vorsitzende der zuständigen Kammer erfolgt ist. Er vermag ihr jedoch nicht zu folgen, dass der Beschwerdeführer zu 2.) wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz vom Verfahren vollständig auszuschließen ist.
Der Senat hat bereits Bedenken, ob es überhaupt eine hinreichende Rechtsgrundlage dafür gibt, einen Bevollmächtigten – so wie es das Sozialgericht Berlin getan hat – nicht nur von der Verhandlung, sondern vollständig aus dem Verfahren auszuschließen. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG können sich die Beteiligten in jeder Lage des Verfahrens durch prozessfähige Bevollmächtigte vertreten lassen. Ausgeschlossen sind nach § 73 Abs. 6 Satz 1 und 3 SGG i.V.m. § 157 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) lediglich Personen, die nicht Rechtsanwälte oder Angehörige der in § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG benannten Gruppen sind und die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben. Dem Wortlaut der Norm zufolge sind jedoch auch diese lediglich als Bevollmächtigte und Beistände in der Verhandlung ausgeschlossen (so auch Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 73 Rn. 11; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 157 Rn. 2). Soweit teilweise unter Berufung auf den Wortlaut des § 157 Abs. 1 ZPO die gegenteilige Auffassung, also vertreten wird, dass der Ausschluss sich auch auf schriftliche Prozesshandlungen beziehe, hält der Senat dies angesichts der Formulierung "in der Verhandlung" für sehr bedenklich. Ebenso hat er erhebliche Zweifel, ob bei Bestehen einer gesetzlichen Grundlage, die die Folgen einer – unberechtigten – geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ausdrücklich regelt und einen wohl nur partiellen Ausschluss vorsieht, darüber hinausgehend ein Ausschluss vom gesamten Verfahren möglich sein soll, wenn denn ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliegt (so Keller/Leitherer, a.a.O., Rn. 11d; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 12.09.2003, - 2 BvR 1311/03 – zitiert nach juris, Rn. 7; a.A. Zeihe, Sozialgerichtsgesetz, § 73 Rn. 38a). Letztlich bedarf all dies im vorliegenden Fall jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer zu 2.) überhaupt geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt, was nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG eine Erlaubnis voraussetzte, über die er unstreitig nicht verfügt. Zweifelsohne verfolgt der Beschwerdeführer zu 2.) zwar im vorliegenden Verfahren für ihn fremde Rechtsangelegenheiten, nämlich die des Klägers. Nicht hingegen ist der Senat davon überzeugt, dass er dies geschäftsmäßig tut.
Geschäftsmäßigkeit erfordert eine selbständige, mit Wiederholungsabsicht betriebene, nicht nur aus Gefälligkeit ausgeübte Tätigkeit. Nicht erforderlich ist dafür, dass die Tätigkeit gewerbs- oder berufsmäßig oder entgeltlich erfolgt. Es kommt insoweit jeweils auf den Einzelfall an, wobei das Vorliegen unter Berücksichtigung der durch das Gesetz geschützten Belange – dem Schutz des Rechtsuchenden und der geordneten Rechtspflege -, der Grundrechte des Einzelnen sowie unter Beachtung der "Veränderungen der Lebenswirklichkeit" zu prüfen ist (vgl. Keller/Leitherer, a.a.O., Rn. 10; BVerfG, Beschluss vom 29.07.2004 – 1 BvR 737/00 – zitiert nach juris, Rn. 11; BVerfG, Beschluss vom 16.02.2006 – 2 BvR 951 und 1087/04 – zitiert nach juris, Rn. 22 ff.). Erforderlich für die Annahme von Geschäftsmäßigkeit ist eine Tätigkeit, bei der der Handelnde beabsichtigt, sie – sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit – in gleicher Art zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. Vorausgesetzt wird daher ein Hinausgehen über den aus besonderen Gründen ausgeübten Gelegenheitsfall. Wer eine Tätigkeit der in Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG aufgeführten Art nur gelegentlich, insbesondere nicht im Rahmen seines Berufes vornimmt, handelt hingegen nicht geschäftsmäßig (Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz, Rechtsberatungsgesetz, 9. Aufl., Art. 1 § 1 Rn. 64). Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich das Vorgehen des Beschwerdeführers zu 2.) zur Überzeugung des Senats nicht als geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar. Der Beschwerdeführer zu 2.) ist vor dem Sozialgericht Berlin bisher – wenn auch in mehreren Verfahren – ausschließlich für den Kläger und dies – wie beide übereinstimmend und durchaus glaubhaft bekundet haben – ausschließlich auf freundschaftlicher Grundlage und unentgeltlich tätig geworden. Anhaltspunkte dafür, dass der Vertretung des Klägers die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers zu 2.) zugrunde liegen könnte, aufgrund derer er – gleichsam als Annex – die Rechtsvertretung des Klägers mit übernommen hätte, liegen hingegen nicht vor, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass er für den Kläger "im Rahmen seines Berufes" tätig wird. Auch gebietet weder der Schutz des rechtsuchenden Klägers noch das Interesse an einer geordneten Rechtspflege eine Auslegung der Vorschrift dahin, das Vorgehen des Beschwerdeführers zu 2.) als relevant im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG anzusehen. Soweit es um die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege geht, ist zu berücksichtigen, dass in Verfahren vor den Sozial- und Landessozialgerichten kein Anwaltszwang besteht. Der Gesetzgeber geht mithin davon aus, dass eine Kommunikation auf Seiten jedenfalls eines der Verfahrensbeteiligten mit Personen zu erfolgen hat, die nicht rechtskundig sind. Der Senat vermag vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen, warum die Rechtspflege beeinträchtigt werden sollte, wenn statt der klagenden Person selbst eine andere für diese tätig wird, selbst wenn diese nicht rechtskundig ist. Auch besteht in Fällen wie dem vorliegenden zur Überzeugung des Senats kein Anlass, im Hinblick auf eine besondere Schutzbedürftigkeit des Vertretenen einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz anzunehmen. Vielmehr geht er davon aus, dass die - sei es aus Kostengründen, sei es aus freundschaftlichen oder sonstigen Erwägungen heraus getroffene – Entscheidung des Klägers, seine Interessen durch den Beschwerdeführer zu 2.) vertreten zu lassen, hinzunehmen ist. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer zu 2.) z.B. durch Anzeigen, Werbeschreiben oder die Einrichtung eines Büros zu erkennen gegeben haben könnte, den Willen zu haben, fremde Rechtsangelegenheiten zu verfolgen. Auch ist es zu dieser offensichtlich nicht aufgrund einer sonstigen beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers zu 2.) gekommen, die den Anschein besonderer Fachkenntnisse begründen könnte. Nur aber wenn dies der Fall wäre, bestünde möglicherweise Bedarf, den Kläger zu schützen. Ist für ein entsprechendes Vorgehen aber nichts ersichtlich, muss der Vertretene nicht gleichsam vor der von ihm bevollmächtigten Person geschützt werden. Es ist vielmehr die freie Entscheidung hier des Klägers, der Sachkunde des Beschwerdeführers zu 2.) mehr zu vertrauen als seiner eigenen und sich von der Vertretung seiner Angelegenheiten durch diesen mehr zu versprechen als von der durch einen Rechtsanwalt. Auch dass in diesen Fällen berechtigte Interessen der Rechtsanwälte verletzt würden, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved