Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AL 65/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 AL 98/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Novem-ber 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist – im Rahmen eines Zugunstenverfahrens - die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 6. März 2003 bis 21. August 2003.
Der 1940 geborene Kläger meldete sich am 7. September 2001 (persönlich) arbeitslos. Er war zuletzt vom 1. August 2000 bis zum 31. Juli 2001 als Kanzleihelfer beschäftigt gewesen. Die Beklagte bewilligte Arbeitslosengeld ab dem 7. September 2001 in Höhe von 68,39 Euro wöchentlich bis zum 5. März 2002. Ab dem 6. März 2002 bewilligte sie antragsgemäß Arbeits-losenhilfe in Höhe von 59,01 bzw. später 58,73 Euro wöchentlich, die Arbeitslosenhilfe wurde – wie bewilligt - bis zum 5. März 2003 gezahlt.
Im Zusammenhang mit einem Fortzahlungsantrag vom 6. März 2003 gab der Kläger an, dass er eine Beschäftigung/Tätigkeit ausübe. Später konkretisierte er seine Angaben dahingehend, dass er seit dem 1. Februar 2003 einer Hauswarttätigkeit nachgehe, für die er 1.250 Euro monatlich erhalte. Durch Bescheid vom 10. April 2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslo-senhilfe ab dem 6. März 2003 mangels Bedürftigkeit ab und hörte den Kläger durch Schreiben vom selben Tage zur Aufhebung und Rückforderung der für die Zeit vom 1. Februar 2003 bis 5. März 2003 bewilligten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 276,87 Euro sowie Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 47,62 Euro an. Ein entsprechender Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erging am 5. Juni 2003. Der Kläger habe gewusst oder aufgrund des ihm ausgehändigten Merkblattes für Arbeitslose "Ihre Rechte – Ihre Pflichten" wissen müssen, dass er ab dem 1. Februar 2003 keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe.
Am 22. August 2003 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Er legte (später) einen zwischen ihm und der Wohnungseigentümerge-meinschaft B, vertreten durch die R KG, geschlossenen Hauswart-Dienstleistungsvertrag v. 22. Januar 2003 sowie eine fristlose Kündigung dieses Vertrages durch die R KG vom 15. August 2003 vor, die mit der Ankündigung verbunden war, dass die Vergütung für August 2003 wegen vollumfänglicher Nichterfüllung der Leistungen nicht gezahlt werde. Die Beklagte bewilligte am 20. Oktober 2003 wieder Arbeitslosenhilfe ab dem 22. August 2003.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 beantragte der Kläger rückwirkend die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Februar 2003. Die Arbeitslosenhilfe sei wegen fortbestehender Arbeitslosigkeit weiter zu bewilligen gewesen.
Durch Bescheide vom 20. Oktober 2003 lehnte die Beklagte die Rücknahme der Bescheide vom 10. April 2003 und 5. Juni 2003 ab, weil diese nicht rechtswidrig seien. Die dagegen er-hobenen Widersprüche blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheide vom 3. Dezember 2003). Die Beklagte führte aus, dass sie zwar zunächst versäumt habe zu klären, ob die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers mehr als 15 Stunden betragen habe. Daran bestehe aber aufgrund einer telefonischen Auskunft der R KG und der Höhe des gezahlten Entgeltes - vor dem Hintergrund eines tariflichen Stundenlohnes von 12,41 Euro - kein Zweifel.
Mit der am 7. Januar 2004 bei dem Sozialgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit von Februar bis November 2003 verlangt. Später hat er den streitigen Zeitraum auf die Zeit bis zum 21. August 2003 beschränkt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht die Zahlung von Arbeitslosenhilfe auf seinen Antrag vom 6. März 2003 hin beantragt. Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger ausgeführt, dass er ab dem 1. September 2001 Räumlichkeiten angemietet hatte, um sie nach Renovierung an Berlin-Touristen zu vermieten. Ab April 2002 habe er für die Räume Miete in Höhe von 1.112,57 Euro zahlen müssen; die Vermietung an die Touristen habe sich aber nur schleppend vollzogen, so dass nur mit Mühe die Kosten gedeckt worden sein. Der tägliche Ar-beitsaufwand habe eine Stunde betragen. Wegen Verschlechterung der Einnahmesituation im Winter 2002 habe er dann die Hauswarttätigkeit übernommen. Von dem Honorar in Höhe von 1.250,- Euro sei zunächst die Miete für die Hauswartwohnung (monatlich 535,27 Euro) abzu-ziehen. Die verbleibenden 714,73 Euro habe er zur Deckung seiner Kosten aus der Vermietung verwendet, so dass ihm kein positiver Saldo verblieben sei. Für die Hauswarttätigkeit sei ein täglicher Arbeitsaufwand von einer bis eineinhalb Stunden angefallen. Dies könne sein Sohn bestätigen, der vor ihm zwei Jahre lang die Hauswarttätigkeit ausgeführt habe.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem es von der R KG die schriftliche Aus-kunft erhalten hatte, dass für die Hauswarttätigkeit eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stun-den als erforderlich anzusehen sei (Urteil vom 25. November 2004). Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger nicht arbeitslos gewesen sei, da er als Hauswart in einem Beschäftigungsverhältnis mit einem Umfang von mehr als 15 Wochenstunden gestanden habe. Für den Umfang der Arbeitszeit sei auf die vertraglichen Vereinbarungen abzustellen, welche sich – entsprechend der Auskunft des Auftraggebers – auf eine wöchentliche Arbeits-zeit von 20 Stunden bezogen hätten.
Gegen das ihm am 11. Dezember 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 27. Dezember 2004. Er macht geltend, dass er als Hauswart nicht Arbeitnehmer gewesen sei, sondern in einem Auftragsverhältnis gestanden habe. Eine Tätigkeitsdauer von 20 Stunden wöchentlich sei in dem Dienstleistungsvertrag nicht festgelegt worden. Die entsprechende Kal-kulation sei Sache des Auftragnehmers. Soweit die für die Tätigkeit gezahlten 1.250,- Euro monatlich als Einkommen angesehen würden, seien kaufmännische Grundsätze und Regularien außer Acht gelassen. Er benenne seinen Sohn als Zeugen dafür, dass dieser vor ihm dieselbe Hauswarttätigkeit in einer dreiviertel bis einer Stunde täglich verrichtet habe. Er habe die Hauswartwohnung renovieren müssen, um sie an Touristen vermieten zu können. Aus diesem Grund sei er nicht mehr dazu gekommen, seine anderen Zimmer zu vermieten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 10. April 2003 zurückzunehmen und ihm vom 6. März 2003 bis zum 21. August 2003 Ar-beitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat bei der Gebäudereiniger-Innung B wegen des erforderlichen Zeitaufwandes für die in dem Hauswart-Dienstleistungsvertrag beschriebenen Hauswarttätigkeiten angefragt. Nach Einschätzung der Innung ist - abhängig von dem Verschmutzungsgrad - ein zeitlicher Aufwand von 12 ½ bis 15 Stunden anzusetzen (Schreiben vom 23. Januar 2007).
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts - soweit in ihm die auf Gewäh-rung von Arbeitslosenhilfe ab dem 6. März 2003 gerichtete Klage abgewiesen wird - ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der Kläger, welcher die Zahlung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 6. März 2003 bis zum 21. August 2003 erreichen will, begehrt die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 10. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2003 und macht einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 10. April 2003 geltend. Das mit der Kla-ge verfolgte Ziel könnte sich nur im Wege eines Anspruches aus § 44 Abs. 1 des Sozialgesetz-buchs, Zehntes Buch - SGB X - ergeben. Denn der Bescheid vom 10. April 2003, mit dem die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 6. März 2003 abgelehnt hat, ist bereits bestandskräftig geworden.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzu-nehmen, soweit bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Daraus ergibt sich indessen kein Anspruch des Klägers auf Rücknahme, weil die Beklagte mit Recht durch Bescheid vom 10. April 2003 die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 6. März 2003 abgelehnt hat. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.
Nach § 190 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs, Drittes Buch - SGB III - in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung setzte der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitslosigkeit voraus. Arbeitslos ist nach §§ 198 Satz 2 iVm 118 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der vorü-bergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Eine laufende Beschäftigung schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn sie weniger als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt wird, mehrere Beschäftigungen sind zusammen zu rechnen (§§ 198 Satz 2 iVm 118 Abs. 2 SGB III). Dabei stehen selbständige Tätigkeiten einer Beschäftigung gleich (§§ 198 Satz 2 iVm 118 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Nach diesen Vorschriften scheitert der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 6. März 2003 bis 21. August 2003 daran, dass der Kläger in diesem Zeitraum mehreren selbständigen Tätig-keiten nachging, welche zusammen mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassten.
Der Kläger war zunächst auf der Grundlage eines Hauswart-Dienstleistungsvertrages vom 22. Januar 2003 tätig. In diesem Vertrag hatte er sich gegenüber der von der R KG vertretenen Eigentümergemeinschaft verpflichtet, näher bezeichnete Hauswarttätigkeiten auszuüben. Diese Verpflichtung bestand bis zur (fristlosen) Kündigung des Vertrages im August 2003. Maßge-bend für den zeitlichen Umfang einer selbständigen Tätigkeit ist nicht die jeweils tatsächlich aufgewandte Zeit, sondern der nach durchschnittlichen Maßstäben für die Erledigung der über-nommenen Aufgaben anfallende Arbeitsaufwand (BSG, Urt. v. 28. Oktober 1987 – 7 RAr 28/86 -). Danach kommt es nicht darauf an, wie intensiv der Kläger sich der Hausreinigung gewidmet hat, ebenso ist unerheblich, ob sein Sohn, der die Hauswarttätigkeit vorher ausgeübt hatte, für die Hausreinigung nur täglich eine dreiviertel bis eine Stunde aufwandte. Aus diesem Grund hat der Senat auch davon abgesehen, dem Antrag des Klägers zu entsprechen und seinen Sohn als Zeugen zu vernehmen. Dass der tatsächlich durch den Kläger erbrachte Arbeitsauf-wand nicht dem vertraglichen Maß genügt hat, liegt indessen nahe, weil der Auftraggeber den Vertrag wegen Nicht- bzw. Schlechterfüllung gekündigt hat, ohne dass der Kläger – soweit ersichtlich – die Berechtigung dieser Kündigung in Frage gestellt hätte. Der Senat hat keine Bedenken, für die Schätzung des erforderlichen Zeitaufwandes der von ihm eingeholten Aus-kunft der Gebäudereiniger-Innung Berlin zu folgen, der die vertragliche Beschreibung der zu erledigenden Aufgaben vorgelegen hat. Danach war für die Reinigungstätigkeiten ein wöchent-licher Zeitaufwand von 12,5 bis 15 Stunden erforderlich, wobei der Senat zugunsten des Klä-gers von der unteren Grenze ausgeht und 12,5 Stunden wöchentlich veranschlagt.
Neben der Hauswart-Tätigkeit hat der Kläger als weitere selbständige Tätigkeit die Vermietung von Zimmern an B-Touristen betrieben. Das ergibt sich aus seinem Vortrag, dass er ab Sep-tember 2001 mit der Vermietung begonnen habe. Die Aufnahme der Hauswart-Tätigkeit hat daran nichts geändert. Zwar sollte sie nach den Angaben des Klägers dazu dienen, die schlech-ten Erträge aus der Vermietung insbesondere in den Wintermonaten auszugleichen. Der Fort-bestand der Absicht, als Vermieter für Touristen am Markt bleiben zu wollen, ergibt sich aber insbesondere daraus, dass der Kläger die Hauswartswohnung, deren Übernahme mit der ent-sprechenden Tätigkeit verbunden war, nach eigenen Angaben herrichtete, um sie ebenfalls vermieten zu können. In Bezug auf den zeitlichen Aufwand für die Vermietung geht der Senat von den Angaben in der Klageschrift aus, in der er auf eine Stunde am Tag angesetzt wird. Selbst wenn damit nur die üblichen Arbeitstage gemeint sein sollten, ergibt sich daraus ein Gesamtaufwand von 5 Stunden wöchentlich. Die sonstigen Angaben des Klägers sind nicht geeignet, einen geringeren Zeitaufwand für die Vermietertätigkeit zu belegen. Insbesondere fällt der streitgegenständliche Zeitraum nicht in die Wintermonate, in denen das Geschäft nach dem Vortrag des Klägers schwächer war. Auch die nach Übernahme der Hauswart-Tätigkeit unternommene Renovierung der Dienstwohnung belegt eher eine stärkere zeitliche Belastung, welche der Vermietertätigkeit zuzuschlagen ist, da die Wohnung nicht privat vom Kläger ge-nutzt, sondern an Touristen vermietet werden sollte. Wenn die Renovierungsarbeiten – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat – so zeitaufwendig wa-ren, dass er nicht mehr dazu kam, Zimmer an Touristen zu vermieten, ist auch nicht ersichtlich, dass er daneben noch in der Lage gewesen sein könnte, eine abhängige Beschäftigung von mehr als 15 Stunden Dauer aufzunehmen. Auch der Hinweis auf den Ausbruch der Schuppen-flechte ändert daran nichts. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Kläger derentwegen die Renovierungsarbeiten einstellte. Dass ihm die Renovierung wegen des Auftretens der Erkran-kung beschwerlicher wurde, wird die aufzuwendende Arbeitszeit eher verlängert haben.
Mit den dem Bereich der Vermietung zuzuordnenden Tätigkeiten ist der Kläger zusammen mit der Hauswart-Tätigkeit jedenfalls 17,5 Stunden erwerbstätig gewesen und hat damit die auch für selbständige Tätigkeiten geltende 15-Stunden-Grenze überschritten, so dass mangels des Vorliegens von Arbeitslosigkeit kein Anspruch auf Rücknahme des die Gewährung von Ar-beitslosenhilfe ablehnenden Bescheides bestehen kann. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe kann erst nach Beendigung der Tätigkeiten und erneuter Arbeitslosmeldung (§§ 198 Satz 2 iVm 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III) wieder bestanden haben, mithin nicht vor dem 22. August 2003.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - unter Berück-sichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision entsprechend § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Streitig ist – im Rahmen eines Zugunstenverfahrens - die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 6. März 2003 bis 21. August 2003.
Der 1940 geborene Kläger meldete sich am 7. September 2001 (persönlich) arbeitslos. Er war zuletzt vom 1. August 2000 bis zum 31. Juli 2001 als Kanzleihelfer beschäftigt gewesen. Die Beklagte bewilligte Arbeitslosengeld ab dem 7. September 2001 in Höhe von 68,39 Euro wöchentlich bis zum 5. März 2002. Ab dem 6. März 2002 bewilligte sie antragsgemäß Arbeits-losenhilfe in Höhe von 59,01 bzw. später 58,73 Euro wöchentlich, die Arbeitslosenhilfe wurde – wie bewilligt - bis zum 5. März 2003 gezahlt.
Im Zusammenhang mit einem Fortzahlungsantrag vom 6. März 2003 gab der Kläger an, dass er eine Beschäftigung/Tätigkeit ausübe. Später konkretisierte er seine Angaben dahingehend, dass er seit dem 1. Februar 2003 einer Hauswarttätigkeit nachgehe, für die er 1.250 Euro monatlich erhalte. Durch Bescheid vom 10. April 2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslo-senhilfe ab dem 6. März 2003 mangels Bedürftigkeit ab und hörte den Kläger durch Schreiben vom selben Tage zur Aufhebung und Rückforderung der für die Zeit vom 1. Februar 2003 bis 5. März 2003 bewilligten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 276,87 Euro sowie Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 47,62 Euro an. Ein entsprechender Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erging am 5. Juni 2003. Der Kläger habe gewusst oder aufgrund des ihm ausgehändigten Merkblattes für Arbeitslose "Ihre Rechte – Ihre Pflichten" wissen müssen, dass er ab dem 1. Februar 2003 keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe.
Am 22. August 2003 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Er legte (später) einen zwischen ihm und der Wohnungseigentümerge-meinschaft B, vertreten durch die R KG, geschlossenen Hauswart-Dienstleistungsvertrag v. 22. Januar 2003 sowie eine fristlose Kündigung dieses Vertrages durch die R KG vom 15. August 2003 vor, die mit der Ankündigung verbunden war, dass die Vergütung für August 2003 wegen vollumfänglicher Nichterfüllung der Leistungen nicht gezahlt werde. Die Beklagte bewilligte am 20. Oktober 2003 wieder Arbeitslosenhilfe ab dem 22. August 2003.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 beantragte der Kläger rückwirkend die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Februar 2003. Die Arbeitslosenhilfe sei wegen fortbestehender Arbeitslosigkeit weiter zu bewilligen gewesen.
Durch Bescheide vom 20. Oktober 2003 lehnte die Beklagte die Rücknahme der Bescheide vom 10. April 2003 und 5. Juni 2003 ab, weil diese nicht rechtswidrig seien. Die dagegen er-hobenen Widersprüche blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheide vom 3. Dezember 2003). Die Beklagte führte aus, dass sie zwar zunächst versäumt habe zu klären, ob die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers mehr als 15 Stunden betragen habe. Daran bestehe aber aufgrund einer telefonischen Auskunft der R KG und der Höhe des gezahlten Entgeltes - vor dem Hintergrund eines tariflichen Stundenlohnes von 12,41 Euro - kein Zweifel.
Mit der am 7. Januar 2004 bei dem Sozialgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit von Februar bis November 2003 verlangt. Später hat er den streitigen Zeitraum auf die Zeit bis zum 21. August 2003 beschränkt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht die Zahlung von Arbeitslosenhilfe auf seinen Antrag vom 6. März 2003 hin beantragt. Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger ausgeführt, dass er ab dem 1. September 2001 Räumlichkeiten angemietet hatte, um sie nach Renovierung an Berlin-Touristen zu vermieten. Ab April 2002 habe er für die Räume Miete in Höhe von 1.112,57 Euro zahlen müssen; die Vermietung an die Touristen habe sich aber nur schleppend vollzogen, so dass nur mit Mühe die Kosten gedeckt worden sein. Der tägliche Ar-beitsaufwand habe eine Stunde betragen. Wegen Verschlechterung der Einnahmesituation im Winter 2002 habe er dann die Hauswarttätigkeit übernommen. Von dem Honorar in Höhe von 1.250,- Euro sei zunächst die Miete für die Hauswartwohnung (monatlich 535,27 Euro) abzu-ziehen. Die verbleibenden 714,73 Euro habe er zur Deckung seiner Kosten aus der Vermietung verwendet, so dass ihm kein positiver Saldo verblieben sei. Für die Hauswarttätigkeit sei ein täglicher Arbeitsaufwand von einer bis eineinhalb Stunden angefallen. Dies könne sein Sohn bestätigen, der vor ihm zwei Jahre lang die Hauswarttätigkeit ausgeführt habe.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem es von der R KG die schriftliche Aus-kunft erhalten hatte, dass für die Hauswarttätigkeit eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stun-den als erforderlich anzusehen sei (Urteil vom 25. November 2004). Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger nicht arbeitslos gewesen sei, da er als Hauswart in einem Beschäftigungsverhältnis mit einem Umfang von mehr als 15 Wochenstunden gestanden habe. Für den Umfang der Arbeitszeit sei auf die vertraglichen Vereinbarungen abzustellen, welche sich – entsprechend der Auskunft des Auftraggebers – auf eine wöchentliche Arbeits-zeit von 20 Stunden bezogen hätten.
Gegen das ihm am 11. Dezember 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 27. Dezember 2004. Er macht geltend, dass er als Hauswart nicht Arbeitnehmer gewesen sei, sondern in einem Auftragsverhältnis gestanden habe. Eine Tätigkeitsdauer von 20 Stunden wöchentlich sei in dem Dienstleistungsvertrag nicht festgelegt worden. Die entsprechende Kal-kulation sei Sache des Auftragnehmers. Soweit die für die Tätigkeit gezahlten 1.250,- Euro monatlich als Einkommen angesehen würden, seien kaufmännische Grundsätze und Regularien außer Acht gelassen. Er benenne seinen Sohn als Zeugen dafür, dass dieser vor ihm dieselbe Hauswarttätigkeit in einer dreiviertel bis einer Stunde täglich verrichtet habe. Er habe die Hauswartwohnung renovieren müssen, um sie an Touristen vermieten zu können. Aus diesem Grund sei er nicht mehr dazu gekommen, seine anderen Zimmer zu vermieten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 10. April 2003 zurückzunehmen und ihm vom 6. März 2003 bis zum 21. August 2003 Ar-beitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat bei der Gebäudereiniger-Innung B wegen des erforderlichen Zeitaufwandes für die in dem Hauswart-Dienstleistungsvertrag beschriebenen Hauswarttätigkeiten angefragt. Nach Einschätzung der Innung ist - abhängig von dem Verschmutzungsgrad - ein zeitlicher Aufwand von 12 ½ bis 15 Stunden anzusetzen (Schreiben vom 23. Januar 2007).
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts - soweit in ihm die auf Gewäh-rung von Arbeitslosenhilfe ab dem 6. März 2003 gerichtete Klage abgewiesen wird - ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der Kläger, welcher die Zahlung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 6. März 2003 bis zum 21. August 2003 erreichen will, begehrt die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 10. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2003 und macht einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 10. April 2003 geltend. Das mit der Kla-ge verfolgte Ziel könnte sich nur im Wege eines Anspruches aus § 44 Abs. 1 des Sozialgesetz-buchs, Zehntes Buch - SGB X - ergeben. Denn der Bescheid vom 10. April 2003, mit dem die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 6. März 2003 abgelehnt hat, ist bereits bestandskräftig geworden.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzu-nehmen, soweit bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Daraus ergibt sich indessen kein Anspruch des Klägers auf Rücknahme, weil die Beklagte mit Recht durch Bescheid vom 10. April 2003 die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 6. März 2003 abgelehnt hat. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.
Nach § 190 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs, Drittes Buch - SGB III - in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung setzte der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitslosigkeit voraus. Arbeitslos ist nach §§ 198 Satz 2 iVm 118 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der vorü-bergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Eine laufende Beschäftigung schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn sie weniger als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt wird, mehrere Beschäftigungen sind zusammen zu rechnen (§§ 198 Satz 2 iVm 118 Abs. 2 SGB III). Dabei stehen selbständige Tätigkeiten einer Beschäftigung gleich (§§ 198 Satz 2 iVm 118 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Nach diesen Vorschriften scheitert der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 6. März 2003 bis 21. August 2003 daran, dass der Kläger in diesem Zeitraum mehreren selbständigen Tätig-keiten nachging, welche zusammen mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassten.
Der Kläger war zunächst auf der Grundlage eines Hauswart-Dienstleistungsvertrages vom 22. Januar 2003 tätig. In diesem Vertrag hatte er sich gegenüber der von der R KG vertretenen Eigentümergemeinschaft verpflichtet, näher bezeichnete Hauswarttätigkeiten auszuüben. Diese Verpflichtung bestand bis zur (fristlosen) Kündigung des Vertrages im August 2003. Maßge-bend für den zeitlichen Umfang einer selbständigen Tätigkeit ist nicht die jeweils tatsächlich aufgewandte Zeit, sondern der nach durchschnittlichen Maßstäben für die Erledigung der über-nommenen Aufgaben anfallende Arbeitsaufwand (BSG, Urt. v. 28. Oktober 1987 – 7 RAr 28/86 -). Danach kommt es nicht darauf an, wie intensiv der Kläger sich der Hausreinigung gewidmet hat, ebenso ist unerheblich, ob sein Sohn, der die Hauswarttätigkeit vorher ausgeübt hatte, für die Hausreinigung nur täglich eine dreiviertel bis eine Stunde aufwandte. Aus diesem Grund hat der Senat auch davon abgesehen, dem Antrag des Klägers zu entsprechen und seinen Sohn als Zeugen zu vernehmen. Dass der tatsächlich durch den Kläger erbrachte Arbeitsauf-wand nicht dem vertraglichen Maß genügt hat, liegt indessen nahe, weil der Auftraggeber den Vertrag wegen Nicht- bzw. Schlechterfüllung gekündigt hat, ohne dass der Kläger – soweit ersichtlich – die Berechtigung dieser Kündigung in Frage gestellt hätte. Der Senat hat keine Bedenken, für die Schätzung des erforderlichen Zeitaufwandes der von ihm eingeholten Aus-kunft der Gebäudereiniger-Innung Berlin zu folgen, der die vertragliche Beschreibung der zu erledigenden Aufgaben vorgelegen hat. Danach war für die Reinigungstätigkeiten ein wöchent-licher Zeitaufwand von 12,5 bis 15 Stunden erforderlich, wobei der Senat zugunsten des Klä-gers von der unteren Grenze ausgeht und 12,5 Stunden wöchentlich veranschlagt.
Neben der Hauswart-Tätigkeit hat der Kläger als weitere selbständige Tätigkeit die Vermietung von Zimmern an B-Touristen betrieben. Das ergibt sich aus seinem Vortrag, dass er ab Sep-tember 2001 mit der Vermietung begonnen habe. Die Aufnahme der Hauswart-Tätigkeit hat daran nichts geändert. Zwar sollte sie nach den Angaben des Klägers dazu dienen, die schlech-ten Erträge aus der Vermietung insbesondere in den Wintermonaten auszugleichen. Der Fort-bestand der Absicht, als Vermieter für Touristen am Markt bleiben zu wollen, ergibt sich aber insbesondere daraus, dass der Kläger die Hauswartswohnung, deren Übernahme mit der ent-sprechenden Tätigkeit verbunden war, nach eigenen Angaben herrichtete, um sie ebenfalls vermieten zu können. In Bezug auf den zeitlichen Aufwand für die Vermietung geht der Senat von den Angaben in der Klageschrift aus, in der er auf eine Stunde am Tag angesetzt wird. Selbst wenn damit nur die üblichen Arbeitstage gemeint sein sollten, ergibt sich daraus ein Gesamtaufwand von 5 Stunden wöchentlich. Die sonstigen Angaben des Klägers sind nicht geeignet, einen geringeren Zeitaufwand für die Vermietertätigkeit zu belegen. Insbesondere fällt der streitgegenständliche Zeitraum nicht in die Wintermonate, in denen das Geschäft nach dem Vortrag des Klägers schwächer war. Auch die nach Übernahme der Hauswart-Tätigkeit unternommene Renovierung der Dienstwohnung belegt eher eine stärkere zeitliche Belastung, welche der Vermietertätigkeit zuzuschlagen ist, da die Wohnung nicht privat vom Kläger ge-nutzt, sondern an Touristen vermietet werden sollte. Wenn die Renovierungsarbeiten – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat – so zeitaufwendig wa-ren, dass er nicht mehr dazu kam, Zimmer an Touristen zu vermieten, ist auch nicht ersichtlich, dass er daneben noch in der Lage gewesen sein könnte, eine abhängige Beschäftigung von mehr als 15 Stunden Dauer aufzunehmen. Auch der Hinweis auf den Ausbruch der Schuppen-flechte ändert daran nichts. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Kläger derentwegen die Renovierungsarbeiten einstellte. Dass ihm die Renovierung wegen des Auftretens der Erkran-kung beschwerlicher wurde, wird die aufzuwendende Arbeitszeit eher verlängert haben.
Mit den dem Bereich der Vermietung zuzuordnenden Tätigkeiten ist der Kläger zusammen mit der Hauswart-Tätigkeit jedenfalls 17,5 Stunden erwerbstätig gewesen und hat damit die auch für selbständige Tätigkeiten geltende 15-Stunden-Grenze überschritten, so dass mangels des Vorliegens von Arbeitslosigkeit kein Anspruch auf Rücknahme des die Gewährung von Ar-beitslosenhilfe ablehnenden Bescheides bestehen kann. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe kann erst nach Beendigung der Tätigkeiten und erneuter Arbeitslosmeldung (§§ 198 Satz 2 iVm 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III) wieder bestanden haben, mithin nicht vor dem 22. August 2003.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - unter Berück-sichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision entsprechend § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved