Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 379/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 213/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Versorgung mit der Reha-Karre K.
Die 1995 geborene Klägerin, die bei der Beklagten im Rahmen der Familienversicherung krankenversichert ist, leidet an frühkindlicher Hirnschädigung mit Blindheit, Tetraspastik sowie Geh- und Stehunfähigkeit. Bei ihr liegt Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe III vor. Seit September 2003 ist sie mit dem Sitzschalen-Rollstuhl " " und einem Kinderautosicherheitssitz versorgt. Außerdem verfügt sie seit 1999 über eine Reha-Karre, die jedoch zwischenzeitlich zu klein ist.
Im Februar 2004 beantragte die Klägerin unter Vorlage der Verordnung der Fachärztin für Kinderheilkunde und Kinderchirurgie Dr. B des H-Klinikums B vom 24. November 2003 über einen Reha-Buggy mit Zubehör und des Kostenvoranschlages der P Orthopädie- und Reha-Technik GmbH vom 05. Februar 2004 über ein KStraßengestell mit Sitzaufnahme einschließlich multifunktioneller Sitzeinheit nebst Zubehör über insgesamt 3783,91 Euro die Versorgung mit dieser Reha-Karre.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil zur Mobilisation bereits ein Aktiv-Rollstuhl mit Sitzschale zur Verfügung stehe.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es gehe um den Austausch eines vorhandenen Hilfsmittels. Verschiedene Wege müssten ohne das vorhandene Kraftfahrzeug, das dem Familienoberhaupt zum Gelderwerb diene, zurückgelegt werden, wie zweimal wöchentlich der Weg zur Physiotherapie bei einer einfachen Wegstrecke von ca. 6 km. Mit dem Rollstuhl sei weder dies noch seien Spaziergänge möglich, da am Wohnort der größte Teil der Wege unbefestigt sei.
Die Beklagte zog das Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) des Arztes H vom 08. Oktober 2001 bei und wies den Widerspruch, nachdem die Klägerin bereits am 11. November 2004 beim Sozialgericht Potsdam mit dem Ziel erhoben hatte, die Beklagte zu verurteilen, den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Anschaffung einer Reha-Karre unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, mit Widerspruchsbescheid vom 06. Dezember 2004 zurück: Der Sitzschalen-Rollstuhl "" gewährleiste eine ausreichende Bewegungsfreiheit zur Erfüllung der Grundbedürfnisse. Ein weiteres Hilfsmittel sei auch nicht zur Sicherung der ärztlichen Behandlung erforderlich. Schließlich diene die Reha-Karre nicht der Erleichterung der Pflege und scheide deswegen auch als Pflegehilfsmittel aus.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Reha-Karre erlaube ihr, nicht nur ihre unmittelbare häusliche und außerhäusliche Umgebung zu erfahren, sondern sich zusammen mit ihren Eltern auch weiter vom Haus zu entfernen, um insbesondere Behandlungen in Anspruch nehmen und schwimmen gehen zu können, denn es sei möglich, die Reha-Karre an ein Fahrrad anzuhängen. Die alte Reha-Karre, aus der sie zwischenzeitlich herausgewachsen sei, werde nur noch deswegen benutzt, weil keine andere Möglichkeit bestehe, die Klägerin zum Arzt zu bringen. Sie werde zu Hause in diese Karre gesetzt und bis zum Kleinbus gerollt. Dort werde sie in den Kindersitz gesetzt und angeschnallt, während die Reha-Karre im Transporter verstaut werde. Beim Arzt angekommen, werde sie vom Kindersitz in die Reha-Karre gehoben und in die Arztpraxis geschoben. Ein Transport mittels Rollstuhl sei nicht möglich, da der Rollstuhl in dem Kleinbus nicht fest justiert werden könne. Die Reha-Karre sei auch zur Teilnahme am normalen Familienleben nötig, um die übrigen Familienmitglieder bei Spaziergängen und kurzen Fahrradfahrten in der Umgebung begleiten zu können. Die Klägerin hat verschiedene Bescheinigungen über die Teilnahme an Krankengymnastik und Arztbesuche vorgelegt.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, Fahrradfahren und Spaziergänge zählten nicht zu den Grundbedürfnissen. Zur Integration in der Familie sei die Reha-Karre nicht erforderlich. Sie diene allein der Erleichterung der Mutter der Klägerin. Da ein Autositz vorhanden sei, müsse die Klägerin während des Transports nicht im Rollstuhl sitzen.
Das Sozialgericht hat die Auskunft der Fachärztin für Pädiatrie und Kinderchirurgie Dr. B vom 31. März 2005 eingeholt, der die Epikrise des H-Klinikums B vom 07. Januar 2004 beigefügt gewesen ist.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit der Reha-Karre zu versorgen.
Mit Urteil vom 13. Dezember 2006 hat die Sozialgericht die Klage abgewiesen: Zum Zweck des Behinderungsausgleiches des Gehens und Stehens sei die Klägerin mit dem Rollstuhl versorgt. Die Reha-Karre ermögliche darüber hinaus nicht eine eigenständige Fortbewegung der Klägerin im Nahbereich, denn sie sei darauf angewiesen, dass diese Reha-Karre an das Fahrrad angehängt werde. Das Radfahren als spezielle Art der Fortbewegung gehöre nicht zum Grundbedürfnis. Da die Klägerin die Reha-Karre nicht selbständig nutzen könne, diene sie gleichfalls nicht dem Grundbedürfnis der Integration eines Jugendlichen in den Kreis von Gleichaltrigen. Dem Integrationsbedürfnis würde zudem dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin im Rollstuhl sitzend vom Fahrdienst in die Schule transportiert werde. Zwar könne die Versorgung mit Mobilitätshilfen in Betracht kommen, um bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufsuchen zu können. Allerdings müsse gerade dieser Zweck dann im Vordergrund stehen und das Hilfsmittel kostengünstiger als der Transport mit Krankenfahrzeugen sein. Im Fall der Klägerin treffe dies nicht zu, denn sie werde im familieneigenen Pkw, der mit einem speziellen Autokindersitz ausgerüstet sei, mit dem vorhandenen Rollstuhl transportiert. Im Übrigen stehe das Wirtschaftlichkeitsgebot bei überschaubarem Besuch von Ärzten (einmal monatlich) bei zusätzlichen Terminen für Physiotherapie entgegen.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 14. Februar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. Februar 2007 eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie meint, eine Teilnahme an gemeinsamen Spaziergängen und sonstigen außerhäuslichen Unternehmungen/Veranstaltungen als Teilnahme am normalen Familienleben gehöre zu den Grundbedürfnissen und erschließe ihr einen geistigen Freiraum wie die Kommunikation mit anderen Menschen. Zwar werde sie sich durch den Besitz einer Reha-Karre nicht eigenständig fortbewegen oder besser als bisher kommunizieren können. Die Reha-Karre ermögliche ihr wegen der viel besseren Einsatzfähigkeit aber ganz andere und viel zahlreichere Eindrücke als dies bei Benutzung eines Rollstuhles möglich wäre, wodurch das Wohlbefinden verbessert werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. Dezember 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2004 zu verurteilen, die Klägerin mit der Reha-Karre Kimba Cross zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Den Beteiligten ist mit Verfügung vom 17. Juli 2007 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17. August 2007 gegeben worden. Der Klägerin ist dies versehentlich nochmals bei Einräumung einer Äußerungsfrist bis zum 10. Oktober 2007 angekündigt worden (Schreiben vom 19. September 2007).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten , die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beteiligten bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben, nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2004 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, mit der Reha-Karre versorgt zu werden, denn mit dem Sitzschalen-Rollstuhl "" und dem Kinderautosicherheitssitz ist sie ausreichend mit Hilfsmitteln versorgt.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V).
Ein Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V).
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Das begehrte Hilfsmittel kommt zwar vorliegend in Betracht, um eine Behinderung auszugleichen. Es ist jedoch nicht notwendig, so dass es nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht beansprucht werden kann, denn die Klägerin verfügt bereits mit den genannten weiteren Hilfsmitteln über eine ausreichende Versorgung.
Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Eine Behinderung droht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX).
Nach dem von der Beklagten beigezogenen Gutachten des MDK des Arztes H vom 08. Oktober 2001 kann die Klägerin keine eigenen lageverändernden Bewegungen vornehmen, ihr sind selbständig koordinierte Bewegungsabläufe unmöglich. Sie ist wegen der schwersten statomotorischen und geistigen Retardierung hinsichtlich eines Gehens und Stehens auf fremde Hilfe angewiesen, so dass eine Behinderung vorliegt, die durch das begehrte Hilfsmittel ausgeglichen werden kann.
Die vorhandenen Hilfsmittel, der Sitzschalen-Rollstuhl "" und der Kinderautosicherheitssitz, erfüllen diesen Zweck jedoch in derselben Weise; einen darüber hinausgehenden Vorteil, den die gesetzliche Krankenversicherung auszugleichen hätte, wird durch die beanspruchte Reha-Karre nicht befriedigt.
Ziel der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln ist die Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 1 Satz 1 SGB IX). Im Rahmen dieser für alle behinderten Menschen geltenden Bestimmungen ist die gesetzliche Krankenversicherung allerdings nur innerhalb ihres Aufgabengebietes - Krankenhilfe und medizinische Rehabilitation - und unter ihren besonderen Voraussetzungen (§ 7 SGB IX) zur Gewährung von Hilfsmitteln verpflichtet. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Versorgung mit Hilfsmitteln nur insoweit, als sie der Sicherung eines allgemeinen Grundbedürfnisses dienen (vgl. BSG Urteil vom 06. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R in SozR 3-2500 § 33 Nr. 44). Dazu gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfasst (BSG Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 8/98 R in SozR 3-2500 § 33 Nr. 31). Das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraumes ist hierbei nur als Basisausgleich zu verstehen und bedeutet nicht die vollständige Gleichstellung mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten eines Gesunden. Soweit das allgemeine Grundbedürfnis, selbständig zu gehen, betroffen ist, fallen darunter nur diejenigen Entfernungen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Allerdings ist hierbei nicht auf Wegstrecken jeder Art und Länge abzustellen, die ein Nichtbehinderter bei normalem Gehen zu Fuß noch bewältigen kann. Zu den vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens gehört vielmehr nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Besonderheiten des Wohnortes, die ggf. das Zurücklegen weiterer Strecken oder besonderer Strecken erfordern, sind nicht maßgeblich. Zum Grundbedürfnis des Gehens gehören daher nicht das Zurücklegen längerer Wegstrecken vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer bzw. zur Unternehmung von Ausflügen in die Umgebung. Sportliche Betätigung im Freizeitbereich gehört ebenso wie das Laufen bzw. Rennen nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen bei Erwachsenen (BSG Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 8/98 R in SozR 3-2500 § 33 Nr. 31).
Wie die Fachärztin für Pädiatrie und Kinderchirurgie Dr. B in ihrer Auskunft vom 31. März 2005 ausgeführt hat, wird für die Klägerin mit der Reha-Karre gegenüber dem Sitzschalen-Rollstuhl und dem Kinderautosicherheitssitz keine selbständigere Lebensführung erreicht. Soweit die Klägerin vorträgt, die Reha-Karre könne an einem Fahrrad angehängt werden, so dass sie an Fahrradfahrten der Familie teilnehmen könne, handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der ebenso wie ihr Vorbringen, mit der Reha-Karre könne sie anders als mit dem Sitzschalen-Rollstuhl mehr als nur kurze Spaziergänge und üblicherweise nicht im Nahbereich einer Wohnung liegende Stellen (Spaziergänge im Wald) erreichen, der im Rahmen der Versorgung durch die Krankenversicherung rechtlich ohne Belang ist. Allerdings kann die Klägerin auch Orte außerhalb des Nahbereichs ihrer Wohnung erreichen, denn mit dem Sitzschalen-Rollstuhl kann sie von ihrer Wohnung zum Kleinbus ihrer Eltern befördert und dort im Kinderautosicherheitssitz zusammen mit dem Rollstuhl an solche Stellen verbracht werden. Damit können der Klägerin auch andere und viel zahlreichere Eindrücke, als dies durch Spaziergänge im Nahbereich ihrer Wohnung möglich ist, erschlossen werden, ohne dass hierfür die begehrte Reha-Karre nötig wäre. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass solche Ausflüge ungeeignet oder nicht ausreichend wären, zur Verbesserung des Wohlbefindens beizutragen. Die Teilnahme am normalen Familienleben ist damit auch insoweit hergestellt. Der Reha-Karre bedarf es nicht, um überhaupt ein normales Familienleben zu gewährleisten.
Die Zuordnung bestimmter Betätigungen zu den Grundbedürfnissen, insbesondere die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, hängt aber auch vom Lebensalter des Betroffenen ab, so dass bei Jugendlichen weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. In der Entwicklungsphase von Kindern und Jugendlichen, zumindest bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, lassen sich die Lebensbereiche nicht in der Weise wie bei Erwachsenen, nämlich in die Bereiche Beruf, Gesellschaft und Freizeit, trennen. Daher gehört nicht nur die Teilnahme am allgemeinen Schulunterricht, sondern auch die Teilnahme an der sonstigen üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses zum Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Der anzustrebende Behinderungsausgleich muss daher auf eine möglichst weitgehende Eingliederung des behinderten Kindes bzw. Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger ausgerichtet sein (BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 - B 3 KR 3/02 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 46; vgl. auch Urteil des BSG vom 10. November 2005 - B 3 KR 31/04 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 10). Dies beinhaltet die Möglichkeit, mit Gleichaltrigen zu spielen (BSG, Urteil vom 16. April 1998 - B 3 KR 9/97 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 27) und hierbei oder bei anderen Aktivitäten gesunder Jugendlicher frei und unbeobachtet solche Aktivitäten entfalten zu können, bei denen die Anwesenheit einer Begleitperson in Gestalt eines Erwachsenen von Jugendlichen üblicherweise nicht akzeptiert wird (BSG, Urteil vom 21. November 2002 - B 3 KR 8/02 R, zitiert nach juris). Die aktive Bewegung außer Haus rechnet bei Jugendlichen zum Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSG, Urteil vom 13. Mai 1998 - B 8 KN 13/97 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 28). In diesem Lebensabschnitt hängt es entscheidend davon ab, ob gesellschaftliche Kontakte aufgebaut und aufrechterhalten werden können (BSG, Urteil vom 16. April 1998 - B 3 KR 9/97 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 27).
Wie die Klägerin selbst einräumt, wird die Kommunikation mit anderen durch die Reha-Karre nicht verbessert. Da sich die Klägerin nicht eigenständig fortbewegen kann, dient die Reha-Karre auch nicht dazu, sie in den Kreis Gleichaltriger insoweit einzugliedern, als sie dadurch frei von der Anwesenheit einer Begleitperson anderen Jugendlichen vergleichbar agieren könnte.
Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählt auch das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, denn die notwendige medizinische Versorgung ist grundlegende Voraussetzung, um die elementaren Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Dabei muss aber dieser Zweck im Vordergrund stehen; das begehrte Hilfsmittel muss gerade wegen dieses Zweckes benötigt und erforderlich sein (BSG, Urteil vom 16. September 2004 - B 3 KR 19/03 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 7; BSG, Beschluss vom 27. Juli 2006 - B 3 KR 11/06 B, zitiert nach juris). Zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative SGB V dient in einem solchen Fall das Hilfsmittel jedoch nicht. Es werden insoweit lediglich solche Gegenstände erfasst, die aufgrund ihrer Hilfsmitteleigenschaft spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werden, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Hierbei reicht es zwar aus, wenn mit dem Gegenstand ein therapeutischer Erfolg angestrebt wird; er muss nicht bereits vorliegen und nur noch zu sichern sein. Allerdings werden solche Gegenstände, die eine ärztliche Behandlung überhaupt erst ermöglichen, nicht erfasst. Außerdem muss das begehrte Hilfsmittel in dem Sinne erforderlich sein, dass kein kostengünstigeres und zumindest gleich geeignetes Hilfsmittel zur Verfügung steht (BSG, Urteil vom 16. September 2004 - B 3 KR 19/03 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 7).
Anhaltspunkte dafür, dass mit der Reha-Karre der Erfolg der Krankenbehandlung gesichert werden kann, liegen nicht vor. In der Auskunft vom 31. März 2005 hat die Fachärztin für Pädiatrie und Kinderchirurgie Dr. B ausgeführt, dass damit nicht die Beschwerden der Klägerin vermindert werden können.
Die Reha-Karre ist nicht erforderlich, um Ärzte oder Therapeuten aufsuchen zu können. Zu diesem Zweck kann der Sitzschalen-Rollstuhl und der Kinderautosicherheitssitz eingesetzt werden. Wie bereits oben ausgeführt, ist damit ein Transport der Klägerin möglich. Dies wird von der Klägerin auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Sie räumt ein, dass der Rollstuhl in dem Kleinbus transportiert werden kann, wenn sie nicht darin sitzt. Da ihr der Kinderautosicherheitssitz zur Verfügung steht, ist ein Aufenthalt im Rollstuhl während des Transportes jedoch nicht erforderlich. Einer festen Justierung des Rollstuhls im Kleinbus bedarf es daher nicht, um ihn transportieren zu können.
Schließlich sind Besonderheiten des Wohnortes, insbesondere ein Wohnen im ländlichen Bereich, für die Hilfsmitteleigenschaft nicht maßgeblich. Mithin kommt es weder darauf an, ob sich tatsächlich im üblichen Nahbereich der Wohnung die genannten Stellen der Alltagsgeschäfte befinden, noch darauf, wie die individuellen Wegeverhältnisse (befestigte oder unbefestigte Wege) sind. Entscheidend ist vielmehr, dass typischerweise die genannten Stellen der Alltagsgeschäfte im Nahbereich einer Wohnung vorhanden sind und dass typischerweise diese auf befestigten Wegen zu erreichen sind. Dies folgt daraus, dass die gesetzliche Krankenversicherung keinen Ausgleich für die individuell gestalteten Wohn- und Lebensverhältnisse eines Versicherten sowie für die Folgen der Ausübung des Rechts auf freie Arzt- und Therapeutenwahl schuldet (BSG, Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 8/98 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 31; BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 KR 9/06 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 15).
Ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit der Reha-Karre folgt schließlich nicht daraus, dass der Austausch eines bereits vorhandenen Hilfsmittels begehrt wird. Bei jedem neuen Antrag auf Hilfsmittelversorgung sind die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V erneut und vollständig zu prüfen (BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 KR 9/06 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 15).
Die Berufung muss somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Versorgung mit der Reha-Karre K.
Die 1995 geborene Klägerin, die bei der Beklagten im Rahmen der Familienversicherung krankenversichert ist, leidet an frühkindlicher Hirnschädigung mit Blindheit, Tetraspastik sowie Geh- und Stehunfähigkeit. Bei ihr liegt Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe III vor. Seit September 2003 ist sie mit dem Sitzschalen-Rollstuhl " " und einem Kinderautosicherheitssitz versorgt. Außerdem verfügt sie seit 1999 über eine Reha-Karre, die jedoch zwischenzeitlich zu klein ist.
Im Februar 2004 beantragte die Klägerin unter Vorlage der Verordnung der Fachärztin für Kinderheilkunde und Kinderchirurgie Dr. B des H-Klinikums B vom 24. November 2003 über einen Reha-Buggy mit Zubehör und des Kostenvoranschlages der P Orthopädie- und Reha-Technik GmbH vom 05. Februar 2004 über ein KStraßengestell mit Sitzaufnahme einschließlich multifunktioneller Sitzeinheit nebst Zubehör über insgesamt 3783,91 Euro die Versorgung mit dieser Reha-Karre.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil zur Mobilisation bereits ein Aktiv-Rollstuhl mit Sitzschale zur Verfügung stehe.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es gehe um den Austausch eines vorhandenen Hilfsmittels. Verschiedene Wege müssten ohne das vorhandene Kraftfahrzeug, das dem Familienoberhaupt zum Gelderwerb diene, zurückgelegt werden, wie zweimal wöchentlich der Weg zur Physiotherapie bei einer einfachen Wegstrecke von ca. 6 km. Mit dem Rollstuhl sei weder dies noch seien Spaziergänge möglich, da am Wohnort der größte Teil der Wege unbefestigt sei.
Die Beklagte zog das Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) des Arztes H vom 08. Oktober 2001 bei und wies den Widerspruch, nachdem die Klägerin bereits am 11. November 2004 beim Sozialgericht Potsdam mit dem Ziel erhoben hatte, die Beklagte zu verurteilen, den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Anschaffung einer Reha-Karre unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, mit Widerspruchsbescheid vom 06. Dezember 2004 zurück: Der Sitzschalen-Rollstuhl "" gewährleiste eine ausreichende Bewegungsfreiheit zur Erfüllung der Grundbedürfnisse. Ein weiteres Hilfsmittel sei auch nicht zur Sicherung der ärztlichen Behandlung erforderlich. Schließlich diene die Reha-Karre nicht der Erleichterung der Pflege und scheide deswegen auch als Pflegehilfsmittel aus.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Reha-Karre erlaube ihr, nicht nur ihre unmittelbare häusliche und außerhäusliche Umgebung zu erfahren, sondern sich zusammen mit ihren Eltern auch weiter vom Haus zu entfernen, um insbesondere Behandlungen in Anspruch nehmen und schwimmen gehen zu können, denn es sei möglich, die Reha-Karre an ein Fahrrad anzuhängen. Die alte Reha-Karre, aus der sie zwischenzeitlich herausgewachsen sei, werde nur noch deswegen benutzt, weil keine andere Möglichkeit bestehe, die Klägerin zum Arzt zu bringen. Sie werde zu Hause in diese Karre gesetzt und bis zum Kleinbus gerollt. Dort werde sie in den Kindersitz gesetzt und angeschnallt, während die Reha-Karre im Transporter verstaut werde. Beim Arzt angekommen, werde sie vom Kindersitz in die Reha-Karre gehoben und in die Arztpraxis geschoben. Ein Transport mittels Rollstuhl sei nicht möglich, da der Rollstuhl in dem Kleinbus nicht fest justiert werden könne. Die Reha-Karre sei auch zur Teilnahme am normalen Familienleben nötig, um die übrigen Familienmitglieder bei Spaziergängen und kurzen Fahrradfahrten in der Umgebung begleiten zu können. Die Klägerin hat verschiedene Bescheinigungen über die Teilnahme an Krankengymnastik und Arztbesuche vorgelegt.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, Fahrradfahren und Spaziergänge zählten nicht zu den Grundbedürfnissen. Zur Integration in der Familie sei die Reha-Karre nicht erforderlich. Sie diene allein der Erleichterung der Mutter der Klägerin. Da ein Autositz vorhanden sei, müsse die Klägerin während des Transports nicht im Rollstuhl sitzen.
Das Sozialgericht hat die Auskunft der Fachärztin für Pädiatrie und Kinderchirurgie Dr. B vom 31. März 2005 eingeholt, der die Epikrise des H-Klinikums B vom 07. Januar 2004 beigefügt gewesen ist.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit der Reha-Karre zu versorgen.
Mit Urteil vom 13. Dezember 2006 hat die Sozialgericht die Klage abgewiesen: Zum Zweck des Behinderungsausgleiches des Gehens und Stehens sei die Klägerin mit dem Rollstuhl versorgt. Die Reha-Karre ermögliche darüber hinaus nicht eine eigenständige Fortbewegung der Klägerin im Nahbereich, denn sie sei darauf angewiesen, dass diese Reha-Karre an das Fahrrad angehängt werde. Das Radfahren als spezielle Art der Fortbewegung gehöre nicht zum Grundbedürfnis. Da die Klägerin die Reha-Karre nicht selbständig nutzen könne, diene sie gleichfalls nicht dem Grundbedürfnis der Integration eines Jugendlichen in den Kreis von Gleichaltrigen. Dem Integrationsbedürfnis würde zudem dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin im Rollstuhl sitzend vom Fahrdienst in die Schule transportiert werde. Zwar könne die Versorgung mit Mobilitätshilfen in Betracht kommen, um bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufsuchen zu können. Allerdings müsse gerade dieser Zweck dann im Vordergrund stehen und das Hilfsmittel kostengünstiger als der Transport mit Krankenfahrzeugen sein. Im Fall der Klägerin treffe dies nicht zu, denn sie werde im familieneigenen Pkw, der mit einem speziellen Autokindersitz ausgerüstet sei, mit dem vorhandenen Rollstuhl transportiert. Im Übrigen stehe das Wirtschaftlichkeitsgebot bei überschaubarem Besuch von Ärzten (einmal monatlich) bei zusätzlichen Terminen für Physiotherapie entgegen.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 14. Februar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. Februar 2007 eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie meint, eine Teilnahme an gemeinsamen Spaziergängen und sonstigen außerhäuslichen Unternehmungen/Veranstaltungen als Teilnahme am normalen Familienleben gehöre zu den Grundbedürfnissen und erschließe ihr einen geistigen Freiraum wie die Kommunikation mit anderen Menschen. Zwar werde sie sich durch den Besitz einer Reha-Karre nicht eigenständig fortbewegen oder besser als bisher kommunizieren können. Die Reha-Karre ermögliche ihr wegen der viel besseren Einsatzfähigkeit aber ganz andere und viel zahlreichere Eindrücke als dies bei Benutzung eines Rollstuhles möglich wäre, wodurch das Wohlbefinden verbessert werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. Dezember 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2004 zu verurteilen, die Klägerin mit der Reha-Karre Kimba Cross zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Den Beteiligten ist mit Verfügung vom 17. Juli 2007 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17. August 2007 gegeben worden. Der Klägerin ist dies versehentlich nochmals bei Einräumung einer Äußerungsfrist bis zum 10. Oktober 2007 angekündigt worden (Schreiben vom 19. September 2007).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten , die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beteiligten bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben, nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Dezember 2004 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, mit der Reha-Karre versorgt zu werden, denn mit dem Sitzschalen-Rollstuhl "" und dem Kinderautosicherheitssitz ist sie ausreichend mit Hilfsmitteln versorgt.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V).
Ein Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V).
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Das begehrte Hilfsmittel kommt zwar vorliegend in Betracht, um eine Behinderung auszugleichen. Es ist jedoch nicht notwendig, so dass es nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht beansprucht werden kann, denn die Klägerin verfügt bereits mit den genannten weiteren Hilfsmitteln über eine ausreichende Versorgung.
Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Eine Behinderung droht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX).
Nach dem von der Beklagten beigezogenen Gutachten des MDK des Arztes H vom 08. Oktober 2001 kann die Klägerin keine eigenen lageverändernden Bewegungen vornehmen, ihr sind selbständig koordinierte Bewegungsabläufe unmöglich. Sie ist wegen der schwersten statomotorischen und geistigen Retardierung hinsichtlich eines Gehens und Stehens auf fremde Hilfe angewiesen, so dass eine Behinderung vorliegt, die durch das begehrte Hilfsmittel ausgeglichen werden kann.
Die vorhandenen Hilfsmittel, der Sitzschalen-Rollstuhl "" und der Kinderautosicherheitssitz, erfüllen diesen Zweck jedoch in derselben Weise; einen darüber hinausgehenden Vorteil, den die gesetzliche Krankenversicherung auszugleichen hätte, wird durch die beanspruchte Reha-Karre nicht befriedigt.
Ziel der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln ist die Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 1 Satz 1 SGB IX). Im Rahmen dieser für alle behinderten Menschen geltenden Bestimmungen ist die gesetzliche Krankenversicherung allerdings nur innerhalb ihres Aufgabengebietes - Krankenhilfe und medizinische Rehabilitation - und unter ihren besonderen Voraussetzungen (§ 7 SGB IX) zur Gewährung von Hilfsmitteln verpflichtet. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Versorgung mit Hilfsmitteln nur insoweit, als sie der Sicherung eines allgemeinen Grundbedürfnisses dienen (vgl. BSG Urteil vom 06. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R in SozR 3-2500 § 33 Nr. 44). Dazu gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfasst (BSG Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 8/98 R in SozR 3-2500 § 33 Nr. 31). Das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraumes ist hierbei nur als Basisausgleich zu verstehen und bedeutet nicht die vollständige Gleichstellung mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten eines Gesunden. Soweit das allgemeine Grundbedürfnis, selbständig zu gehen, betroffen ist, fallen darunter nur diejenigen Entfernungen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Allerdings ist hierbei nicht auf Wegstrecken jeder Art und Länge abzustellen, die ein Nichtbehinderter bei normalem Gehen zu Fuß noch bewältigen kann. Zu den vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens gehört vielmehr nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Besonderheiten des Wohnortes, die ggf. das Zurücklegen weiterer Strecken oder besonderer Strecken erfordern, sind nicht maßgeblich. Zum Grundbedürfnis des Gehens gehören daher nicht das Zurücklegen längerer Wegstrecken vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer bzw. zur Unternehmung von Ausflügen in die Umgebung. Sportliche Betätigung im Freizeitbereich gehört ebenso wie das Laufen bzw. Rennen nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen bei Erwachsenen (BSG Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 8/98 R in SozR 3-2500 § 33 Nr. 31).
Wie die Fachärztin für Pädiatrie und Kinderchirurgie Dr. B in ihrer Auskunft vom 31. März 2005 ausgeführt hat, wird für die Klägerin mit der Reha-Karre gegenüber dem Sitzschalen-Rollstuhl und dem Kinderautosicherheitssitz keine selbständigere Lebensführung erreicht. Soweit die Klägerin vorträgt, die Reha-Karre könne an einem Fahrrad angehängt werden, so dass sie an Fahrradfahrten der Familie teilnehmen könne, handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der ebenso wie ihr Vorbringen, mit der Reha-Karre könne sie anders als mit dem Sitzschalen-Rollstuhl mehr als nur kurze Spaziergänge und üblicherweise nicht im Nahbereich einer Wohnung liegende Stellen (Spaziergänge im Wald) erreichen, der im Rahmen der Versorgung durch die Krankenversicherung rechtlich ohne Belang ist. Allerdings kann die Klägerin auch Orte außerhalb des Nahbereichs ihrer Wohnung erreichen, denn mit dem Sitzschalen-Rollstuhl kann sie von ihrer Wohnung zum Kleinbus ihrer Eltern befördert und dort im Kinderautosicherheitssitz zusammen mit dem Rollstuhl an solche Stellen verbracht werden. Damit können der Klägerin auch andere und viel zahlreichere Eindrücke, als dies durch Spaziergänge im Nahbereich ihrer Wohnung möglich ist, erschlossen werden, ohne dass hierfür die begehrte Reha-Karre nötig wäre. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass solche Ausflüge ungeeignet oder nicht ausreichend wären, zur Verbesserung des Wohlbefindens beizutragen. Die Teilnahme am normalen Familienleben ist damit auch insoweit hergestellt. Der Reha-Karre bedarf es nicht, um überhaupt ein normales Familienleben zu gewährleisten.
Die Zuordnung bestimmter Betätigungen zu den Grundbedürfnissen, insbesondere die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, hängt aber auch vom Lebensalter des Betroffenen ab, so dass bei Jugendlichen weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. In der Entwicklungsphase von Kindern und Jugendlichen, zumindest bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, lassen sich die Lebensbereiche nicht in der Weise wie bei Erwachsenen, nämlich in die Bereiche Beruf, Gesellschaft und Freizeit, trennen. Daher gehört nicht nur die Teilnahme am allgemeinen Schulunterricht, sondern auch die Teilnahme an der sonstigen üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses zum Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Der anzustrebende Behinderungsausgleich muss daher auf eine möglichst weitgehende Eingliederung des behinderten Kindes bzw. Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger ausgerichtet sein (BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 - B 3 KR 3/02 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 46; vgl. auch Urteil des BSG vom 10. November 2005 - B 3 KR 31/04 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 10). Dies beinhaltet die Möglichkeit, mit Gleichaltrigen zu spielen (BSG, Urteil vom 16. April 1998 - B 3 KR 9/97 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 27) und hierbei oder bei anderen Aktivitäten gesunder Jugendlicher frei und unbeobachtet solche Aktivitäten entfalten zu können, bei denen die Anwesenheit einer Begleitperson in Gestalt eines Erwachsenen von Jugendlichen üblicherweise nicht akzeptiert wird (BSG, Urteil vom 21. November 2002 - B 3 KR 8/02 R, zitiert nach juris). Die aktive Bewegung außer Haus rechnet bei Jugendlichen zum Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSG, Urteil vom 13. Mai 1998 - B 8 KN 13/97 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 28). In diesem Lebensabschnitt hängt es entscheidend davon ab, ob gesellschaftliche Kontakte aufgebaut und aufrechterhalten werden können (BSG, Urteil vom 16. April 1998 - B 3 KR 9/97 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 27).
Wie die Klägerin selbst einräumt, wird die Kommunikation mit anderen durch die Reha-Karre nicht verbessert. Da sich die Klägerin nicht eigenständig fortbewegen kann, dient die Reha-Karre auch nicht dazu, sie in den Kreis Gleichaltriger insoweit einzugliedern, als sie dadurch frei von der Anwesenheit einer Begleitperson anderen Jugendlichen vergleichbar agieren könnte.
Zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählt auch das Bedürfnis, bei Krankheit oder Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, denn die notwendige medizinische Versorgung ist grundlegende Voraussetzung, um die elementaren Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Dabei muss aber dieser Zweck im Vordergrund stehen; das begehrte Hilfsmittel muss gerade wegen dieses Zweckes benötigt und erforderlich sein (BSG, Urteil vom 16. September 2004 - B 3 KR 19/03 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 7; BSG, Beschluss vom 27. Juli 2006 - B 3 KR 11/06 B, zitiert nach juris). Zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative SGB V dient in einem solchen Fall das Hilfsmittel jedoch nicht. Es werden insoweit lediglich solche Gegenstände erfasst, die aufgrund ihrer Hilfsmitteleigenschaft spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werden, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Hierbei reicht es zwar aus, wenn mit dem Gegenstand ein therapeutischer Erfolg angestrebt wird; er muss nicht bereits vorliegen und nur noch zu sichern sein. Allerdings werden solche Gegenstände, die eine ärztliche Behandlung überhaupt erst ermöglichen, nicht erfasst. Außerdem muss das begehrte Hilfsmittel in dem Sinne erforderlich sein, dass kein kostengünstigeres und zumindest gleich geeignetes Hilfsmittel zur Verfügung steht (BSG, Urteil vom 16. September 2004 - B 3 KR 19/03 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 7).
Anhaltspunkte dafür, dass mit der Reha-Karre der Erfolg der Krankenbehandlung gesichert werden kann, liegen nicht vor. In der Auskunft vom 31. März 2005 hat die Fachärztin für Pädiatrie und Kinderchirurgie Dr. B ausgeführt, dass damit nicht die Beschwerden der Klägerin vermindert werden können.
Die Reha-Karre ist nicht erforderlich, um Ärzte oder Therapeuten aufsuchen zu können. Zu diesem Zweck kann der Sitzschalen-Rollstuhl und der Kinderautosicherheitssitz eingesetzt werden. Wie bereits oben ausgeführt, ist damit ein Transport der Klägerin möglich. Dies wird von der Klägerin auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Sie räumt ein, dass der Rollstuhl in dem Kleinbus transportiert werden kann, wenn sie nicht darin sitzt. Da ihr der Kinderautosicherheitssitz zur Verfügung steht, ist ein Aufenthalt im Rollstuhl während des Transportes jedoch nicht erforderlich. Einer festen Justierung des Rollstuhls im Kleinbus bedarf es daher nicht, um ihn transportieren zu können.
Schließlich sind Besonderheiten des Wohnortes, insbesondere ein Wohnen im ländlichen Bereich, für die Hilfsmitteleigenschaft nicht maßgeblich. Mithin kommt es weder darauf an, ob sich tatsächlich im üblichen Nahbereich der Wohnung die genannten Stellen der Alltagsgeschäfte befinden, noch darauf, wie die individuellen Wegeverhältnisse (befestigte oder unbefestigte Wege) sind. Entscheidend ist vielmehr, dass typischerweise die genannten Stellen der Alltagsgeschäfte im Nahbereich einer Wohnung vorhanden sind und dass typischerweise diese auf befestigten Wegen zu erreichen sind. Dies folgt daraus, dass die gesetzliche Krankenversicherung keinen Ausgleich für die individuell gestalteten Wohn- und Lebensverhältnisse eines Versicherten sowie für die Folgen der Ausübung des Rechts auf freie Arzt- und Therapeutenwahl schuldet (BSG, Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 8/98 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 33 Nr. 31; BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 KR 9/06 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 15).
Ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit der Reha-Karre folgt schließlich nicht daraus, dass der Austausch eines bereits vorhandenen Hilfsmittels begehrt wird. Bei jedem neuen Antrag auf Hilfsmittelversorgung sind die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V erneut und vollständig zu prüfen (BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 KR 9/06 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 33 Nr. 15).
Die Berufung muss somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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