L 1 KR 515/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 89 KR 3624/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 515/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Fachberater für Labordiagnostik beziehungsweise als Medizinproduktberater, die er bei der Beigeladenen zu 3) ausübt, der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

Der 1964 geborene Kläger ist seit April 1992 approbierter Tierarzt. Er arbeitete zunächst bei der Firma B GmbH, als Tierarzt und wurde von der Beigeladenen zu 1) mit Wirkung zum 01. Dezember 1992 von der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung befreit, da er einem berufsständischen Versorgungswerk, nämlich der Tierärzteversorgung, angehörte. Dementsprechend zahlte der Kläger Beiträge an die Beigeladene zu 2).

Mit vom 25. September 2001 und 16. Oktober 2001 datiertem Anstellungsvertrag nahm der Kläger ab 01. Januar 2001 eine Tätigkeit als Fachberater für Labordiagnostik bei der Beigeladenen zu 3) auf. Diese Tätigkeit trägt nunmehr die Bezeichnung "Medizinproduktberater" bei unveränderten Arbeitsaufgaben. Nach einer Tätigkeitsbeschreibung der Arbeitgeberin vom 22. September 2003, ausgestellt von der "Leitung Verkauf", handelt es sich bei dem Produktsortiment um labordiagnostische Verbrauchsmaterialien und Geräte für die Mikrobiologie, die der Anzucht, Identifizierung und Resistenzprüfung von Mikroorganismen dienen. Der Kläger sei im Rahmen seiner Tätigkeit für die fachliche Betreuung der Kunden der GmbH, nämlich Tierärzte, Biologen und medizinisch-technische Assistenten in mikrobiologischen Laboratorien, zuständig. Neben der inhaltlichen Beratung demonstriere er die Produkte. Die Voraussetzungen für die hierfür notwendige Arbeit mit Mikroorganismen bringe er durch seine veterinärmedizinische Ausbildung und seine Tätigkeit als Labortierarzt in einem mikrobiologischen Labor mit. Auf eine entsprechende Anfrage der Beigeladenen zu 3) hin wandte sich die Beklagte an die Beigeladenen zu 1) und zu 2) bezüglich der Beurteilung der Tätigkeit des Klägers. Die Beigeladene zu 2) vertrat die Auffassung, der Kläger sei approbierter Tierarzt und als solcher bei ihr weiterhin Mitglied. Die Beigeladene zu 1) hingegen meinte, die Befreiung habe sich auf die Tätigkeit als Tierarzt, hier konkret als Labortierarzt, beschränkt. Nunmehr sei mit Wegfall dieser Tätigkeit und Aufnahme einer berufsfremden Tätigkeit die Befreiung kraft Gesetzes weggefallen mit der Folge, dass wieder Versicherungspflicht bestünde.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2003 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) ab dem 01. Januar 2002 in der Gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sei.

Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 22. Oktober 2003: Er zahle Rentenversicherungsbeiträge an das Versorgungswerk der Landestierärztekammer Mecklenburg-Vorpommern. Die Tätigkeitsbestätigung seines Arbeitgebers verweise auf die Notwendigkeit seiner veterinärmedizinischen Ausbildung und Fähigkeiten und seine Visitenkarte von der Arbeitgeberin weise ihn als Tierarzt aus.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2004 zurück und begründete dies damit, die von der Beigeladenen zu 1) vorgenommene Befreiung sei auf die Tätigkeit als Labortierarzt bezogen gewesen und habe damit durch die Aufnahme einer berufsfremden Tätigkeit ihre Wirkung verloren.

Hiergegen hat sich die am 19. November 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der der Kläger seine Auffassung wiederholt hat. Seiner Auffassung nach könne nicht ausschließlich auf die Bezeichnung der Tätigkeit im Arbeitsvertrag abgestellt werden.

Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden entgegengetreten und die Beigeladene zu 1) hat sich dem angeschlossen, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Auch die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24. Oktober 2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach der Definition des tierärztlichen Berufes in § 2 Abs. 1 der Berufsordnung der Tierärztekammer Berlin sei der Tierarzt dazu berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestandes beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken. Die Tätigkeit als Fachberater für Labordiagnostik sei von dieser Legaldefinition nicht erfasst.

Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 13. November 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 11. Dezember 2006 mit der darauf hingewiesen wird, dass nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der Berufsordnung, auf die sich das Sozialgericht stütze, geregelt sei, dass jede Tätigkeit die Ausübung des tierärztlichen Berufes sei, bei der die durch ein abgeschlossenes veterinärmedizinisches Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet werden.

Der Kläger beantragt,

auf die Berufung des Klägers und Berufungsklägers das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2006, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 13. November 2006, Az.: S 89 KR 3624/04, aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2004 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Medizinproduktberater nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung über die Berufung erklärt.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Akte die Beklagten zum streitigen Vorgang verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.

Über sie konnte der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben (§§ 124 Abs. 2, 155 Sozialgerichtsgesetz SGG ).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Der Kläger unterliegt seit 01. Januar 2002 der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung als Angestellter, so dass die dies aussprechenden Bescheide und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen.

Die Beklagte war als Einzugsstelle nach §§ 28 h Abs. 2 und 28 i Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für die Entscheidung über die Rentenversicherungspflicht des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) zuständig. Diese Zuständigkeit der Einzugsstelle besteht auch dann, wenn darüber zu entscheiden ist, ob eine vom Rentenversicherungsträger ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht bei ihm sich auf eine neue Tätigkeit weiter erstreckt.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) werden Beschäftigte von der Versicherungspflicht befreit, wenn sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung zu beschränken.

Dies bedeutet, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht kraft Gesetzes am 31. Dezember 2001 endete und eine erneute Beurteilung der Versicherungspflicht für die neue Tätigkeit vorzunehmen ist.

Die entscheidende Frage ist demnach, ob die Tätigkeit nunmehr als Medizinproduktberater bei der Beigeladenen zu 3) der Berufsgruppe der Tierärzte zuzurechnen ist oder nicht. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei § 6 SGB VI um eine Ausnahmevorschrift handelt, die einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich und eng auszulegen ist (vgl. BSGE 51, 157).

Schon aus der Arbeitsplatzbeschreibung der Arbeitgeberin und deren Mitteilung, dass eine Vielzahl von Berufen zur Ausübung der Tätigkeit als Medizinproduktberater qualifizieren, zeigt sich, dass der Kläger nicht mehr der Berufsgruppe der Tierärzte angehört, sondern derjenigen der angestellten Medizinproduktberater. Dass es dabei Überschneidungen insoweit gibt, als dass ein geringer Teil der tierärztlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für diese Tätigkeit nützlich ist, vermag sie noch nicht zu der eines Tierarztes machen. Wenn, wie die Beklagte angibt, auch Diplombiologen, medizinisch-technische Assistenten, Lehrer aus dem Bereich der medizinisch-technischen Assistenten und Biologen diese Tätigkeit ausüben, so zeigt dies, dass der Beruf des Tierarztes weder Voraussetzung für diese Tätigkeit ist, noch dass der tierärztliche Anteil dieser Tätigkeit ihr das wesentliche Gepräge gibt. Dem steht auch der vom Kläger zitierte § 1 der Berufsordnung nicht entgegen, wonach tierärztliche Tätigkeit jede ist, in der die Qualifikationen eines Tierarztes angewandt wird. Zum einen handelt es sich bei der Berufsordnung um eine untergesetzliche Norm, die lediglich ergänzend zur Auslegung des Begriffs der Berufsgruppe in § 6 SGB VI heranzuziehen ist. Nur eine Auslegung dahingehend, die § 1 der Berufsordnung so interpretiert, dass der tierärztliche Anteil einer Tätigkeit der überwiegende sein muss, kann den dargelegten Maßgaben entsprechen. Dies ist jedoch beim Kläger erkennbar nicht der Fall.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision ist keiner der in § 160 Abs. 2 SGG bezeichneten Gründe gegeben.
Rechtskraft
Aus
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