Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 422/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 1353/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anwendung von § 307 b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI – in der Fassung des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) auch für Zeiten vor dem 01. Mai 1999 und insofern eine Nachzahlung.
Die Klägerinnen sind die Töchter und Alleinerben der 1924 geborenen und 2000 verstorbenen Versicherten K S. Die Versicherte bezog in der DDR seit dem 01. August 1984 eine Altersrente aus der Sozialversicherung und seit dem 01. November 1984 eine Altersrente aus der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS (Zusatzversorgungssystem Nr. 27 der Anlage I zum AAÜG). Die Renten betrugen anfangs 398,00 bzw. 1.300,00 Mark. Mit der Umstellung auf DM wurden zum 01. Juli 1990 als SV-Rente 641,00 DM und als ZV-Rente 1.160,00 DM gezahlt. Der sich daraus ergebende Zahlbetrag von insgesamt 1.801,00 DM veränderte sich bis zum 31. Dezember 1991 nicht, da die Erhöhung der SV-Rente auf die Zusatzversorgung angerechnet wurde (sogenannte Abschmelzung). Mit Bescheid vom 28. November 1991 nahm die Beklagte eine (pauschale und vorläufige) Umwertung und Anpassung der Rente aufgrund des ab 01. Januar 1992 geltenden Rentenrechts vor; die bisherige Versichertenrente wurde nunmehr als Regelaltersrente geleistet. Nachdem die Beklagte auf den Widerspruch der Versicherten mit Schreiben vom 17. Juni 1992 die Rechtslage erläutert und auf die noch ausstehende endgültige Neuberechnung verwiesen und die Versicherte auf Durchführung des Widerspruchsverfahrens bestanden hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 1993 den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies zur Erläuterung unter anderem auf die noch ausstehende endgültige Regelung. Neben der Regelaltersrente erhielt die Klägerin weiterhin eine Zusatzversorgung in Höhe von 952,00 DM monatlich, die von der PDS in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger gezahlt wurde. Im Ergebnis ergab sich dadurch bis auf geringfügige Änderungen wegen des wechselnden Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 01. Januar 1992 keine Änderung der eigenen Altersversorgung der Versicherten.
Nach Erlass des Entgelt-/Überführungsbescheides der PDS vom 18. April 1996, den die Versicherte nicht angriff, stellte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 die Regelaltersrente der Versicherten unter Einbeziehung der Feststellungen der PDS nach dem AAÜG nach den Vorschriften des SGB VI neu fest für Zeiten ab 01. Juli 1990; es ergab sich zur laufenden Zahlung ab 01. Dezember 1996 ein Rentenanspruch von 2.075,37 DM mit einem Zahlbetrag von 1.923,03 DM und einer Nachzahlung für die Vergangenheit. Die Versicherte legte gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch ein; sie reagierte darauf mit Schreiben vom 21. Oktober 1996 und verwies darauf, dass sie außerdem eine große Witwenrente beziehe. Diese wurde zum 01. August 1995 mit einem Zahlbetrag von 3.158,87 DM und ab 01. November 1995 mit einem Betrag von 1.887,18 DM, jeweils einschließlich einer Entschädigungsrente von 800,00 DM, bewilligt (Bescheid vom 22. November 1996); dabei wurde eine Überzahlung im Hinblick auf die nachträgliche Erhöhung der Versichertenrente festgestellt. Aufgrund der Änderung des AAÜG ergab sich die Notwendigkeit einer Neufeststellung der Versichertenrente ab 01. Januar 1997 (Zahlbetrag 2.217,63 DM) mit entsprechender Anrechnung auf die Witwenrente.
Auf die Anfrage der Klägerin zu 1) namens der Versicherten hinsichtlich der Umsetzung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 erläuterte die Beklagte den weiteren Ablauf und verwies auf insbesondere noch ausstehende gesetzliche Regelungen; gleichzeitig wies sie darauf hin, dass eine rückwirkende Berücksichtigung nur bei noch nicht bindenden Bescheiden möglich sei und veranlasste eine Überprüfung der Feststellungen nach dem AAÜG. Seitens der Versicherten wurde ergänzend das Schreiben der PDS als Zusatzversorgungsträger vom 04. Mai 2000 vorgelegt, in dem zu ihrer Anfrage dargelegt wurde, dass der Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden sei, da die Versicherte keine Rechtsmittel eingelegt hätte und deshalb insoweit nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein Anspruch auf Nachzahlung nicht bestünde. Außerdem hat sie eine von der "Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde" ausgestellte Bestätigung vom 30. März 1992 vorgelegt, mit der die Teilnahme an der Verfassungsbeschwerde gegen das Rentenüberleitungsgesetz, die vorbereitet und eingereicht werde, bescheinigt wird.
Mit Schreiben vom 13. Februar 2001 meldete sich die Klägerin zu 1) bei der Beklagten und zeigte an, dass sie auch namens ihrer Schwester als Rechtsnachfolgerinnen die Überprüfung der der Versicherten bis zu ihrem Tode zustehenden Rentenansprüche fortsetzen und eine volle Neuberechnung seit 1992 beanspruchen wollten. Die Versicherte hätte seinerzeit wiederholt Widersprüche gegen Rentenbescheide eingelegt und sei auch an einer Sammelklage zur Verfassungsbeschwerde über die damalige Rentenregelung beteiligt gewesen. Die Beklagte verwies in ihrer Antwort darauf, dass eine abschließende gesetzliche Regelung noch nicht vorliege und im Übrigen nach Aktenlage nur ein Widerspruch vom 27. Januar 1992 feststellbar sei, der mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 1993 zurückgewiesen worden sei. Am 30. Dezember 2002 beantragte die Klägerin zu 1) förmlich die Überprüfung und Neuberechnung sowohl der Versicherten- als auch der Witwenrente. Nachdem die Beklagte in ihrer Funktion als Zusatzversorgungsträger, inzwischen auch zuständig für die Zusatzversorgung nach Nr. 27 der Anlage I zum AAÜG, geänderte Feststellungen zu den für die Rentenberechnung maßgebenden Daten nach dem AAÜG getroffen hatte, nahm die Beklagte mit Rentenbescheid vom 11. Juli 2003 eine Neufeststellung der Regelaltersrente der Versicherten für die Zeiten vom 01. Mai 1999 bis 30. September 2000 vor; die sogenannte Vergleichsrente führte zum höchsten Zahlbetrag. Es ergab sich eine Nachzahlung von 4.469,73 Euro zuzüglich Zinsen. Zur Erläuterung führte sie aus, dass die gesetzliche Neuregelung für die Versicherte erst ab 01. Mai 1999 wirksam werde, weil der bisherige Rentenbescheid am 28. April 1999 bindend gewesen sei.
Den dagegen gerichteten Widerspruch, mit dem das bisherige Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt wurde, die Versicherte habe davon ausgehen müssen, mit ihrem Schreiben vom 13. Juli 1992 und ihrer Teilnahme an der Verfassungsbeschwerde alles Nötige getan zu haben, um sich gegen die Kürzungen ihrer Bezüge im erwähnten Rentenbescheid zu wehren, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2003 zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass gegen den Neufeststellungsbescheid gemäß § 307 b SGB VI vom 10. Oktober 1996 ein Rechtsbehelf nicht eingelegt worden sei und dass die Beteiligung an einer allgemein zugänglichen Verfassungsbeschwerde kein gültiger Rechtsbehelf mit fristwahrender Wirkung in einem individuellen Verfahren nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches sei.
Gegen den am 19. Dezember 2003 zugegangenen Widerspruchsbescheid haben sich die Klägerinnen mit ihrer am 19. Januar 2004 zum Sozialgericht – SG – Berlin erhobenen Klage gewandt und die Neufeststellung der Regelaltersrente der Versicherten auch für Rentenbezugszeiten vor dem 01. Mai 1999 beansprucht. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wird dazu vorgetragen, dass die Versicherte ab 1996 zunehmend unter Altersdemenz gelitten habe. Es sei ein schleichender Prozess gewesen, den sie selbst – die Klägerinnen – erst ca. 1997 gemerkt hätten, da die Versicherte teilweise nicht mehr im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte gewesen sei. Ab 1998 sei die Krankheit medizinisch dokumentiert. Die Versicherte sei deshalb nicht in der Lage gewesen, gegen den Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 Widerspruch einzulegen, und es werde deshalb Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 15. Juli 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe auf den Überprüfungsantrag die Regelaltersrente der Versicherten zutreffend neu festgestellt. Sie habe dies richtig in Anwendung des § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes getan. Sie habe in diesem Zusammenhang insbesondere auch eine Vergleichsrente auf der Grundlage der Entgelte der letzten 20 Kalenderjahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit ermittelt. Zu beanstanden sei auch nicht, dass die Neufeststellung erst für die Zeit ab dem 01. Mai 1999 erfolgt sei. Maßgeblich sei insoweit Art. 12 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes. Nach dieser Vorschrift könnten u. a. Rentenbescheide nach § 307 b SGB VI, die am 28. April 1999 unanfechtbar gewesen seien, nur mit Wirkung für die Zeit nach dem 30. April 1999 nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, soweit sie auf einer Rechtsnorm beruhten, die nach dem Erlass dieser Bescheide für mit dem Grundgesetz unvereinbar oder nichtig erklärt worden sei. Diese Regelung finde vorliegend Anwendung. Der Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 habe auf der vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 28. April 1999 für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Regelung des § 307 b Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes beruht. Er sei bereits vor dem 28. April 1999 unanfechtbar geworden, da die Versicherte gegen ihn nicht binnen eines Monats Widerspruch eingelegt gehabt hätte. Aus § 77 SGG ergebe sich, dass nur durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den konkreten Verwaltungsakt, nicht aber durch Erhebung einer gegen ein Gesetz gerichteten Verfassungsbeschwerde der Eintritt der Unanfechtbarkeit (Bestandskraft) des angegriffenen Verwaltungsaktes verhindert werden könne. Darüber hinaus sei § 307 b SGB VI n. F. für die Versicherte gemäß Art. 13 Abs. 1 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes überhaupt erst mit Wirkung vom 01. Mai 1999 in Kraft getreten. Die Ausnahmevorschrift des Art. 13 Abs. 5 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (Inkrafttreten des § 307 b SGB VI n. F. bereits zum 01. Januar 1992) finde nur für diejenigen Personen Anwendung, für die am 28. April 1999 ein Rentenbescheid noch nicht bindend gewesen sei. Der Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 sei jedoch bereits mit Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist und damit lange vor dem 28. April 1999 bestandskräftig geworden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezogen auf den versäumten Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 komme nicht in Betracht. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert gewesen sei, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag sei binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Innerhalb der Antragsfrist sei die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist sei der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen sei (§ 67 Abs. 3 SGG). Vorliegend sei die Jahresfrist längst abgelaufen, sodass der Antrag auf Wiedereinsetzung bereits unzulässig sei. Darüber hinaus sei die versäumte Handlung (das Einlegen des Widerspruchs) auch bis jetzt nicht nachgeholt worden. Außerdem sei es der Klägerin nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass die Versicherte ohne eigenes Verschulden daran gehindert gewesen sei, Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 einzulegen. Es sei zwar vorgetragen, dass die Versicherte seit dem Jahre 1996 zunehmend unter Altersdemenz gelitten habe, zugleich sei jedoch auch angegeben worden, dass sie (die Klägerin zu 1) erstmals im Jahre 1997 die zunehmenden Ausfallerscheinungen gemerkt habe. Es sei daher nicht überwiegend wahrscheinlich gemacht, dass es der Versicherten unmöglich gewesen sei, Widerspruch gegen den Rentenbescheid einzulegen oder jemanden mit der Wahrnehmung ihrer Rechte zu beauftragen.
Hiergegen haben sich die Klägerinnen mit ihrer Berufung gewandt, mit der weiterhin eine Neufeststellung der Altersrente der Versicherten bereits für Zeiten vor dem 01. Mai 1999 beansprucht wird. Die Versicherte habe sehr wohl mit Widerspruch auf den Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 reagiert und zwar umgehend am 21. Oktober 1996, dem Tag, an dem der Bescheid bei ihr eingegangen sei. Hintergrund dieses Schreibens sei der Erhalt der großen Witwenrente, der der Versicherten mit Bescheid vom 30. August 1996 bestätigt worden sei. Im Zusammenhang mit ihrer Zusatzversorgung durch die PDS sei diese große Witwenrente von ihr offenbar als Überzahlung interpretiert worden, mit der sie sich strafbar zu machen geglaubt habe. Sie hätte bereits mit Schreiben vom 11. Oktober 1996 die BfA darauf hingewiesen. Die Versicherte habe das Schreiben vom 21. Oktober 1996 zwar nicht als Widerspruch tituliert, vielleicht selbst gar nicht als solchen angesehen; doch objektiv gehe klar daraus hervor, dass sie mit den im Rentenbescheid genannten Beträgen nicht einverstanden gewesen sei. Deshalb müsse dieses Schreiben juristisch als vollgültiger Widerspruch gewertet werden. Die scheinbar neben der Sache liegende Begründung zur Frage der Witwenrente ändere an dieser Bewertung nichts.
Die Klägerinnen beantragen nach ihrem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2005 aufzuheben, sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die der Versicherten gewährte Altersrente unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 10. Oktober 1996 bereits ab Rentenbeginn neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, das der Sach- und Rechtslage entspreche.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte (Versicherungsnummer: 65 100824 B 521), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, da sich die Beteiligten mit diesem Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch, die aufgrund der Änderungen durch das 2. AAÜG-Änderungsgesetz durchgeführte Neufeststellung der Altersrente der Versicherten auch für Zeiten vor dem 01. Mai 1999 und damit eine weitere Nachzahlung zu erhalten.
Streitig ist nur die Frage, ob die Neufeststellung auch für Zeiten vor dem 01. Mai 1999 vorzunehmen ist. Dass die Beklagte mit dem angefochtenen Rentenbescheid vom 11. Juli 2003 die der Versicherten bis einschließlich September 2000 zustehende Altersrente nach Maßgabe der geänderten Vorschriften richtig berechnet hat, ist nicht streitig. Die Klägerinnen als Rechtsnachfolgerinnen der Versicherten machen dies nicht geltend, und auch für den Senat ergeben sich aus den Akten keine Anhaltspunkte, dass die Berechnung fehlerhaft sein könnte.
Das SG weist in seinem Urteil richtig darauf hin, dass die hier zur Neufeststellung und Bewilligung einer höheren Altersrente führende Neufassung des § 307b SGB VI nach der Grundregel des Artikel 13 Abs. 1 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1939) mit Wirkung vom 01. Mai 1999 in Kraft getreten ist. Ein Sachverhalt, der vorliegend ein früheres Inkrafttreten der Neufassung des § 307b SGB VI (durch Artikel 2 Nr. 5 des Änderungsgesetzes) ermöglichen würde, liegt nicht vor, weil für die Versicherte am 28. April 1999 der Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 gem. § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend war (vgl. Art. 13 Abs. 5 AAÜG-Änderungsgesetz). Dieser Rentenbescheid ist der Versicherten zugegangen, und auf diesen Bescheid hat sie mit Schreiben vom 21. Oktober 1996 reagiert. Zweck dieses Schreibens war ausschließlich der Hinweis auf den Bezug zweier Rentenleistungen, nämlich einer eigenen Versichertenrente und einer Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann, um sich nicht dem Vorwurf der Verletzung ihr auferlegter Mitteilungspflichten auszusetzen. Einen entsprechenden Hinweis hatte die Klägerin zuvor bereits der ihre Witwenrente bearbeitenden Stelle gegeben. Dieses Schreiben lässt sich entgegen den Ausführungen der Klägerinnen nicht als – dann noch unbeschiedener – Widerspruch gegen die Rentenberechnung verstehen. Denn mit diesem Hinweisschreiben hat die Versicherte in keiner Weise Zweifel an der nunmehr vorgenommenen Rentenberechnung, die zu einem erhöhten Zahlbetrag und einer Nachzahlung für die Vergangenheit geführt hat, auch nur angedeutet. Unabhängig davon, dass dieser (neue) Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 die frühere nur pauschale Umwertung und Anpassung ab 01. Januar 1992 mit Bescheid vom 28. November 1991 ersetzt hat, kann auf den früheren Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. November 1991 nicht zurückgegriffen werden, da der Widerspruch gerade auch auf Drängen der Versicherten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 1993 abschlägig beschieden und daran anschließend kein Gerichtsverfahren geführt worden war. Auch dieser Bescheid vom 28. November 1991 war damit in Bindung erwachsen (§ 77 SGG). Diese Bindungswirkung wird auch nicht durch die nicht näher dargestellte Beteiligung an einer vorgesehenen Verfassungsbeschwerde gegen die "Rentenüberleitung" gehindert. Denn grundsätzlich kann nur eine nach Ausschöpfung des Rechtsweges eingelegte Verfassungsbeschwerde im Falle ihres Erfolges zu einer rückwirkenden Korrektur führen (vgl. § 95 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG –). Hingegen bleiben bei einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz nicht mehr anfechtbare Entscheidungen unberührt, es sei denn, der Gesetzgeber trifft insofern eine besondere abweichende Regelung (§ 95 Abs. 3 i. V. m. § 79 Abs. 2 BVerfGG). Eine abweichende Regelung zugunsten abgeschlossener Fälle hat der Gesetzgeber jedoch, wie bereits erwähnt, nicht getroffen.
Das klägerische Vorbringen hindert angesichts der verständigen Reaktion der Versicherten nicht die Annahme eines wirksamen Zugangs des Rentenbescheides vom 10. Oktober 1996 und gibt auch keinen Anlass zur Anwendung des § 67 SGG, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Regelung des § 44 SGB X, wie das SG richtig dargelegt hat. Unabhängig davon, ob § 79 Abs. 2 BVerfGG nicht bereits eine darüber hinausgehende zeitliche Rückwirkung einer Korrektur sperrt (vgl. dazu Steinwedel in Kasseler Kommentar, Rdnr. 9 zu § 44 mwN), hat der Gesetzgeber in Art. 11 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes eine dem § 44 Abs. 4 SGB X vorgehende Übergangsregelung getroffen, die die zeitliche Rückwirkung der Korrektur abweichend von § 44 Abs. 4 SGB X auf die Zeit nach dem 30. April 1999 begrenzt. Schon insofern ist auch unerheblich, ob, wie das SG annimmt, erst mit am 30. Dezember 2002 eingegangenem Schreiben der Klägerin zu 1) ein Überprüfungsantrag vorliegt oder nicht bereits das namens der Versicherten im Schreiben der Klägerin zu 1) vom 07. März 2000 geäußerte Ansinnen einen solchen Überprüfungsantrag darstellt, das bei deren Vorsprache am 25. August 2000 noch einmal betont und mit Schreiben vom 23. März 2001 namens der Klägerinnen als Rechtsnachfolgerinnen weiter verfolgt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe zur Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Anwendung von § 307 b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI – in der Fassung des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) auch für Zeiten vor dem 01. Mai 1999 und insofern eine Nachzahlung.
Die Klägerinnen sind die Töchter und Alleinerben der 1924 geborenen und 2000 verstorbenen Versicherten K S. Die Versicherte bezog in der DDR seit dem 01. August 1984 eine Altersrente aus der Sozialversicherung und seit dem 01. November 1984 eine Altersrente aus der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS (Zusatzversorgungssystem Nr. 27 der Anlage I zum AAÜG). Die Renten betrugen anfangs 398,00 bzw. 1.300,00 Mark. Mit der Umstellung auf DM wurden zum 01. Juli 1990 als SV-Rente 641,00 DM und als ZV-Rente 1.160,00 DM gezahlt. Der sich daraus ergebende Zahlbetrag von insgesamt 1.801,00 DM veränderte sich bis zum 31. Dezember 1991 nicht, da die Erhöhung der SV-Rente auf die Zusatzversorgung angerechnet wurde (sogenannte Abschmelzung). Mit Bescheid vom 28. November 1991 nahm die Beklagte eine (pauschale und vorläufige) Umwertung und Anpassung der Rente aufgrund des ab 01. Januar 1992 geltenden Rentenrechts vor; die bisherige Versichertenrente wurde nunmehr als Regelaltersrente geleistet. Nachdem die Beklagte auf den Widerspruch der Versicherten mit Schreiben vom 17. Juni 1992 die Rechtslage erläutert und auf die noch ausstehende endgültige Neuberechnung verwiesen und die Versicherte auf Durchführung des Widerspruchsverfahrens bestanden hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 1993 den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies zur Erläuterung unter anderem auf die noch ausstehende endgültige Regelung. Neben der Regelaltersrente erhielt die Klägerin weiterhin eine Zusatzversorgung in Höhe von 952,00 DM monatlich, die von der PDS in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger gezahlt wurde. Im Ergebnis ergab sich dadurch bis auf geringfügige Änderungen wegen des wechselnden Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 01. Januar 1992 keine Änderung der eigenen Altersversorgung der Versicherten.
Nach Erlass des Entgelt-/Überführungsbescheides der PDS vom 18. April 1996, den die Versicherte nicht angriff, stellte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 die Regelaltersrente der Versicherten unter Einbeziehung der Feststellungen der PDS nach dem AAÜG nach den Vorschriften des SGB VI neu fest für Zeiten ab 01. Juli 1990; es ergab sich zur laufenden Zahlung ab 01. Dezember 1996 ein Rentenanspruch von 2.075,37 DM mit einem Zahlbetrag von 1.923,03 DM und einer Nachzahlung für die Vergangenheit. Die Versicherte legte gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch ein; sie reagierte darauf mit Schreiben vom 21. Oktober 1996 und verwies darauf, dass sie außerdem eine große Witwenrente beziehe. Diese wurde zum 01. August 1995 mit einem Zahlbetrag von 3.158,87 DM und ab 01. November 1995 mit einem Betrag von 1.887,18 DM, jeweils einschließlich einer Entschädigungsrente von 800,00 DM, bewilligt (Bescheid vom 22. November 1996); dabei wurde eine Überzahlung im Hinblick auf die nachträgliche Erhöhung der Versichertenrente festgestellt. Aufgrund der Änderung des AAÜG ergab sich die Notwendigkeit einer Neufeststellung der Versichertenrente ab 01. Januar 1997 (Zahlbetrag 2.217,63 DM) mit entsprechender Anrechnung auf die Witwenrente.
Auf die Anfrage der Klägerin zu 1) namens der Versicherten hinsichtlich der Umsetzung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 erläuterte die Beklagte den weiteren Ablauf und verwies auf insbesondere noch ausstehende gesetzliche Regelungen; gleichzeitig wies sie darauf hin, dass eine rückwirkende Berücksichtigung nur bei noch nicht bindenden Bescheiden möglich sei und veranlasste eine Überprüfung der Feststellungen nach dem AAÜG. Seitens der Versicherten wurde ergänzend das Schreiben der PDS als Zusatzversorgungsträger vom 04. Mai 2000 vorgelegt, in dem zu ihrer Anfrage dargelegt wurde, dass der Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden sei, da die Versicherte keine Rechtsmittel eingelegt hätte und deshalb insoweit nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein Anspruch auf Nachzahlung nicht bestünde. Außerdem hat sie eine von der "Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde" ausgestellte Bestätigung vom 30. März 1992 vorgelegt, mit der die Teilnahme an der Verfassungsbeschwerde gegen das Rentenüberleitungsgesetz, die vorbereitet und eingereicht werde, bescheinigt wird.
Mit Schreiben vom 13. Februar 2001 meldete sich die Klägerin zu 1) bei der Beklagten und zeigte an, dass sie auch namens ihrer Schwester als Rechtsnachfolgerinnen die Überprüfung der der Versicherten bis zu ihrem Tode zustehenden Rentenansprüche fortsetzen und eine volle Neuberechnung seit 1992 beanspruchen wollten. Die Versicherte hätte seinerzeit wiederholt Widersprüche gegen Rentenbescheide eingelegt und sei auch an einer Sammelklage zur Verfassungsbeschwerde über die damalige Rentenregelung beteiligt gewesen. Die Beklagte verwies in ihrer Antwort darauf, dass eine abschließende gesetzliche Regelung noch nicht vorliege und im Übrigen nach Aktenlage nur ein Widerspruch vom 27. Januar 1992 feststellbar sei, der mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 1993 zurückgewiesen worden sei. Am 30. Dezember 2002 beantragte die Klägerin zu 1) förmlich die Überprüfung und Neuberechnung sowohl der Versicherten- als auch der Witwenrente. Nachdem die Beklagte in ihrer Funktion als Zusatzversorgungsträger, inzwischen auch zuständig für die Zusatzversorgung nach Nr. 27 der Anlage I zum AAÜG, geänderte Feststellungen zu den für die Rentenberechnung maßgebenden Daten nach dem AAÜG getroffen hatte, nahm die Beklagte mit Rentenbescheid vom 11. Juli 2003 eine Neufeststellung der Regelaltersrente der Versicherten für die Zeiten vom 01. Mai 1999 bis 30. September 2000 vor; die sogenannte Vergleichsrente führte zum höchsten Zahlbetrag. Es ergab sich eine Nachzahlung von 4.469,73 Euro zuzüglich Zinsen. Zur Erläuterung führte sie aus, dass die gesetzliche Neuregelung für die Versicherte erst ab 01. Mai 1999 wirksam werde, weil der bisherige Rentenbescheid am 28. April 1999 bindend gewesen sei.
Den dagegen gerichteten Widerspruch, mit dem das bisherige Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt wurde, die Versicherte habe davon ausgehen müssen, mit ihrem Schreiben vom 13. Juli 1992 und ihrer Teilnahme an der Verfassungsbeschwerde alles Nötige getan zu haben, um sich gegen die Kürzungen ihrer Bezüge im erwähnten Rentenbescheid zu wehren, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2003 zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass gegen den Neufeststellungsbescheid gemäß § 307 b SGB VI vom 10. Oktober 1996 ein Rechtsbehelf nicht eingelegt worden sei und dass die Beteiligung an einer allgemein zugänglichen Verfassungsbeschwerde kein gültiger Rechtsbehelf mit fristwahrender Wirkung in einem individuellen Verfahren nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches sei.
Gegen den am 19. Dezember 2003 zugegangenen Widerspruchsbescheid haben sich die Klägerinnen mit ihrer am 19. Januar 2004 zum Sozialgericht – SG – Berlin erhobenen Klage gewandt und die Neufeststellung der Regelaltersrente der Versicherten auch für Rentenbezugszeiten vor dem 01. Mai 1999 beansprucht. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wird dazu vorgetragen, dass die Versicherte ab 1996 zunehmend unter Altersdemenz gelitten habe. Es sei ein schleichender Prozess gewesen, den sie selbst – die Klägerinnen – erst ca. 1997 gemerkt hätten, da die Versicherte teilweise nicht mehr im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte gewesen sei. Ab 1998 sei die Krankheit medizinisch dokumentiert. Die Versicherte sei deshalb nicht in der Lage gewesen, gegen den Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 Widerspruch einzulegen, und es werde deshalb Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 15. Juli 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe auf den Überprüfungsantrag die Regelaltersrente der Versicherten zutreffend neu festgestellt. Sie habe dies richtig in Anwendung des § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes getan. Sie habe in diesem Zusammenhang insbesondere auch eine Vergleichsrente auf der Grundlage der Entgelte der letzten 20 Kalenderjahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit ermittelt. Zu beanstanden sei auch nicht, dass die Neufeststellung erst für die Zeit ab dem 01. Mai 1999 erfolgt sei. Maßgeblich sei insoweit Art. 12 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes. Nach dieser Vorschrift könnten u. a. Rentenbescheide nach § 307 b SGB VI, die am 28. April 1999 unanfechtbar gewesen seien, nur mit Wirkung für die Zeit nach dem 30. April 1999 nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, soweit sie auf einer Rechtsnorm beruhten, die nach dem Erlass dieser Bescheide für mit dem Grundgesetz unvereinbar oder nichtig erklärt worden sei. Diese Regelung finde vorliegend Anwendung. Der Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 habe auf der vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 28. April 1999 für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Regelung des § 307 b Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes beruht. Er sei bereits vor dem 28. April 1999 unanfechtbar geworden, da die Versicherte gegen ihn nicht binnen eines Monats Widerspruch eingelegt gehabt hätte. Aus § 77 SGG ergebe sich, dass nur durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den konkreten Verwaltungsakt, nicht aber durch Erhebung einer gegen ein Gesetz gerichteten Verfassungsbeschwerde der Eintritt der Unanfechtbarkeit (Bestandskraft) des angegriffenen Verwaltungsaktes verhindert werden könne. Darüber hinaus sei § 307 b SGB VI n. F. für die Versicherte gemäß Art. 13 Abs. 1 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes überhaupt erst mit Wirkung vom 01. Mai 1999 in Kraft getreten. Die Ausnahmevorschrift des Art. 13 Abs. 5 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (Inkrafttreten des § 307 b SGB VI n. F. bereits zum 01. Januar 1992) finde nur für diejenigen Personen Anwendung, für die am 28. April 1999 ein Rentenbescheid noch nicht bindend gewesen sei. Der Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 sei jedoch bereits mit Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist und damit lange vor dem 28. April 1999 bestandskräftig geworden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezogen auf den versäumten Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 komme nicht in Betracht. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert gewesen sei, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag sei binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Innerhalb der Antragsfrist sei die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist sei der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen sei (§ 67 Abs. 3 SGG). Vorliegend sei die Jahresfrist längst abgelaufen, sodass der Antrag auf Wiedereinsetzung bereits unzulässig sei. Darüber hinaus sei die versäumte Handlung (das Einlegen des Widerspruchs) auch bis jetzt nicht nachgeholt worden. Außerdem sei es der Klägerin nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass die Versicherte ohne eigenes Verschulden daran gehindert gewesen sei, Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 einzulegen. Es sei zwar vorgetragen, dass die Versicherte seit dem Jahre 1996 zunehmend unter Altersdemenz gelitten habe, zugleich sei jedoch auch angegeben worden, dass sie (die Klägerin zu 1) erstmals im Jahre 1997 die zunehmenden Ausfallerscheinungen gemerkt habe. Es sei daher nicht überwiegend wahrscheinlich gemacht, dass es der Versicherten unmöglich gewesen sei, Widerspruch gegen den Rentenbescheid einzulegen oder jemanden mit der Wahrnehmung ihrer Rechte zu beauftragen.
Hiergegen haben sich die Klägerinnen mit ihrer Berufung gewandt, mit der weiterhin eine Neufeststellung der Altersrente der Versicherten bereits für Zeiten vor dem 01. Mai 1999 beansprucht wird. Die Versicherte habe sehr wohl mit Widerspruch auf den Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 reagiert und zwar umgehend am 21. Oktober 1996, dem Tag, an dem der Bescheid bei ihr eingegangen sei. Hintergrund dieses Schreibens sei der Erhalt der großen Witwenrente, der der Versicherten mit Bescheid vom 30. August 1996 bestätigt worden sei. Im Zusammenhang mit ihrer Zusatzversorgung durch die PDS sei diese große Witwenrente von ihr offenbar als Überzahlung interpretiert worden, mit der sie sich strafbar zu machen geglaubt habe. Sie hätte bereits mit Schreiben vom 11. Oktober 1996 die BfA darauf hingewiesen. Die Versicherte habe das Schreiben vom 21. Oktober 1996 zwar nicht als Widerspruch tituliert, vielleicht selbst gar nicht als solchen angesehen; doch objektiv gehe klar daraus hervor, dass sie mit den im Rentenbescheid genannten Beträgen nicht einverstanden gewesen sei. Deshalb müsse dieses Schreiben juristisch als vollgültiger Widerspruch gewertet werden. Die scheinbar neben der Sache liegende Begründung zur Frage der Witwenrente ändere an dieser Bewertung nichts.
Die Klägerinnen beantragen nach ihrem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2005 aufzuheben, sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2003 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die der Versicherten gewährte Altersrente unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 10. Oktober 1996 bereits ab Rentenbeginn neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, das der Sach- und Rechtslage entspreche.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte (Versicherungsnummer: 65 100824 B 521), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, da sich die Beteiligten mit diesem Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch, die aufgrund der Änderungen durch das 2. AAÜG-Änderungsgesetz durchgeführte Neufeststellung der Altersrente der Versicherten auch für Zeiten vor dem 01. Mai 1999 und damit eine weitere Nachzahlung zu erhalten.
Streitig ist nur die Frage, ob die Neufeststellung auch für Zeiten vor dem 01. Mai 1999 vorzunehmen ist. Dass die Beklagte mit dem angefochtenen Rentenbescheid vom 11. Juli 2003 die der Versicherten bis einschließlich September 2000 zustehende Altersrente nach Maßgabe der geänderten Vorschriften richtig berechnet hat, ist nicht streitig. Die Klägerinnen als Rechtsnachfolgerinnen der Versicherten machen dies nicht geltend, und auch für den Senat ergeben sich aus den Akten keine Anhaltspunkte, dass die Berechnung fehlerhaft sein könnte.
Das SG weist in seinem Urteil richtig darauf hin, dass die hier zur Neufeststellung und Bewilligung einer höheren Altersrente führende Neufassung des § 307b SGB VI nach der Grundregel des Artikel 13 Abs. 1 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1939) mit Wirkung vom 01. Mai 1999 in Kraft getreten ist. Ein Sachverhalt, der vorliegend ein früheres Inkrafttreten der Neufassung des § 307b SGB VI (durch Artikel 2 Nr. 5 des Änderungsgesetzes) ermöglichen würde, liegt nicht vor, weil für die Versicherte am 28. April 1999 der Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 gem. § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend war (vgl. Art. 13 Abs. 5 AAÜG-Änderungsgesetz). Dieser Rentenbescheid ist der Versicherten zugegangen, und auf diesen Bescheid hat sie mit Schreiben vom 21. Oktober 1996 reagiert. Zweck dieses Schreibens war ausschließlich der Hinweis auf den Bezug zweier Rentenleistungen, nämlich einer eigenen Versichertenrente und einer Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann, um sich nicht dem Vorwurf der Verletzung ihr auferlegter Mitteilungspflichten auszusetzen. Einen entsprechenden Hinweis hatte die Klägerin zuvor bereits der ihre Witwenrente bearbeitenden Stelle gegeben. Dieses Schreiben lässt sich entgegen den Ausführungen der Klägerinnen nicht als – dann noch unbeschiedener – Widerspruch gegen die Rentenberechnung verstehen. Denn mit diesem Hinweisschreiben hat die Versicherte in keiner Weise Zweifel an der nunmehr vorgenommenen Rentenberechnung, die zu einem erhöhten Zahlbetrag und einer Nachzahlung für die Vergangenheit geführt hat, auch nur angedeutet. Unabhängig davon, dass dieser (neue) Rentenbescheid vom 10. Oktober 1996 die frühere nur pauschale Umwertung und Anpassung ab 01. Januar 1992 mit Bescheid vom 28. November 1991 ersetzt hat, kann auf den früheren Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. November 1991 nicht zurückgegriffen werden, da der Widerspruch gerade auch auf Drängen der Versicherten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 1993 abschlägig beschieden und daran anschließend kein Gerichtsverfahren geführt worden war. Auch dieser Bescheid vom 28. November 1991 war damit in Bindung erwachsen (§ 77 SGG). Diese Bindungswirkung wird auch nicht durch die nicht näher dargestellte Beteiligung an einer vorgesehenen Verfassungsbeschwerde gegen die "Rentenüberleitung" gehindert. Denn grundsätzlich kann nur eine nach Ausschöpfung des Rechtsweges eingelegte Verfassungsbeschwerde im Falle ihres Erfolges zu einer rückwirkenden Korrektur führen (vgl. § 95 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG –). Hingegen bleiben bei einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz nicht mehr anfechtbare Entscheidungen unberührt, es sei denn, der Gesetzgeber trifft insofern eine besondere abweichende Regelung (§ 95 Abs. 3 i. V. m. § 79 Abs. 2 BVerfGG). Eine abweichende Regelung zugunsten abgeschlossener Fälle hat der Gesetzgeber jedoch, wie bereits erwähnt, nicht getroffen.
Das klägerische Vorbringen hindert angesichts der verständigen Reaktion der Versicherten nicht die Annahme eines wirksamen Zugangs des Rentenbescheides vom 10. Oktober 1996 und gibt auch keinen Anlass zur Anwendung des § 67 SGG, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Regelung des § 44 SGB X, wie das SG richtig dargelegt hat. Unabhängig davon, ob § 79 Abs. 2 BVerfGG nicht bereits eine darüber hinausgehende zeitliche Rückwirkung einer Korrektur sperrt (vgl. dazu Steinwedel in Kasseler Kommentar, Rdnr. 9 zu § 44 mwN), hat der Gesetzgeber in Art. 11 des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes eine dem § 44 Abs. 4 SGB X vorgehende Übergangsregelung getroffen, die die zeitliche Rückwirkung der Korrektur abweichend von § 44 Abs. 4 SGB X auf die Zeit nach dem 30. April 1999 begrenzt. Schon insofern ist auch unerheblich, ob, wie das SG annimmt, erst mit am 30. Dezember 2002 eingegangenem Schreiben der Klägerin zu 1) ein Überprüfungsantrag vorliegt oder nicht bereits das namens der Versicherten im Schreiben der Klägerin zu 1) vom 07. März 2000 geäußerte Ansinnen einen solchen Überprüfungsantrag darstellt, das bei deren Vorsprache am 25. August 2000 noch einmal betont und mit Schreiben vom 23. März 2001 namens der Klägerinnen als Rechtsnachfolgerinnen weiter verfolgt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe zur Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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