L 5 AS 62/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 1321/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 62/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von dem Beklagten bewilligten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2005 streitig.

Der 1949 geborene alleinstehende Kläger ist schwerbehindert; im November 2001 wurde ein Grad der Behinderung von 80 festgestellt. Bis zum 31. Dezember 2004 bezog der Kläger Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von 137,27 Euro wöchentlich. Am 24. August 2004 beantragte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab dabei unter Vorlage seines Mietvertrags die Kosten seiner Unterkunft wie folgt an: Nettokaltmiete 155,00 Euro, Vorauszahlung für Heiz- und Warmwasserkosten 25,00 Euro und Vorauszahlung für die übrigen Betriebskosten 30,00 Euro, insgesamt monatlich 210,00 Euro. Bei der Antragstellung strich der Kläger den Abschnitt IV des Antragsformulars, der mit Leistungen für besondere Mehrbedarfe überschrieben ist.

Mit Bescheid vom 07. Dezember 2004 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 546,00 Euro monatlich. Der Betrag ergab sich durch Addition der pauschalierten monatlichen Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für erwerbsfähige Hilfebedürftige in Höhe von 345,00 Euro und eines Unterkunftsbedarfs in Höhe von 201,00 Euro, der auch in dem als Anlage beigefügten Berechnungsbogen nicht näher erläutert ist.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2004, bei dem Beklagten eingegangen am 21. Dezember 2004, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 07. Dezember 2004 ein und führte zur Begründung aus, er habe, wie auch dem vorgelegten Mietvertrag zu entnehmen sei, 210,00 Euro an Miete zu zahlen. Soweit der Beklagte den Unterkunftsbedarf mit 201,00 Euro angegeben habe, gehe er daher zunächst davon aus, dass es sich um einen Zahlendreher handele, dessen umgehende Korrektur er erbitte. Im Übrigen habe der Beklagte übersehen, dass er schwerbehindert sei, obwohl der Ausweis und der Bescheid des Versorgungsamts in beglaubigter Kopie vorlägen. Da nach § 21 Abs. 4 SGB II einem hilfebedürftigen schwerbehinderten Leistungsempfänger ein Zuschlag in Höhe von 35 v.H. des Grundbetrags zustehe, habe er Anspruch auf weitere 120,75 Euro monatlich, insgesamt seien mithin 675,75 Euro zu bewilligen. Mit Schreiben vom 25. Januar 2005 ergänzte der Kläger seinen Widerspruch dahingehend, dass auch die Regelleistungen zu niedrig bemessen seien. In Vergleich zu dem, was er bislang als Alhi erhalten habe, falle der jetzige "Regelsatz" um 45 % niedriger aus. Dadurch verstoße die Entscheidung des Beklagten gegen das Rückwirkungsverbot, das Gleichheitsgebot und die Menschenwürde.

Mit Bescheid vom 07. Februar 2005 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung unter anderem aus, dass nach der im Bereich des SGB II analog anzuwendenden Regelsatzverordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII (Regelsatzverordnung) die in den Regelleistungen enthaltenen Anteile der so genannten Energiepauschale abzusetzen seien, soweit gleichartige Kosten im Rahmen der Unterkunftskosten berücksichtigt würden. Nach den vorliegenden Unterlagen seien die Kosten der Warmwasseraufbereitung Bestandteil der vom Vermieter erhobenen Heiz- und Warmwasserkosten. Die für Warmwasser in den Regelleistungen enthaltenen Anteile betrügen für alleinstehende Personen monatlich 9,00 Euro, so dass entsprechend der Regelsatzverordnung dieser Betrag von den Kosten der Unterkunft abzusetzen sei. Für Kosten der Unterkunft ergebe sich danach ein Betrag in Höhe von monatlich 201,00 Euro. Soweit der Kläger einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II geltend gemacht habe, komme die Gewährung nicht in Betracht, weil Voraussetzung für die Bewilligung nicht allein das Vorliegen einer Behinderung, sondern gleichzeitig eine daraus folgende Beeinträchtigung des Hilfesuchenden bei der Teilhabe am Arbeitsleben und die Erbringung von Hilfen zum Ausgleich dieser Beeinträchtigungen sei. Da der Kläger weder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben noch sonstige Hilfen für die Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Hilfen zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit erhalte, scheide die Gewährung eines Mehrbedarfs in Höhe von 35 v.H. der maßgeblichen Regelleistungen aus. Soweit er schließlich die Bewilligung höherer Leistungen mit der Begründung begehre, die pauschalierten Regelleistungen seien verfassungswidrig niedrig, könne er damit nicht durchdringen, weil im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nur die richtige Anwendung des Gesetzes und nicht das Vorliegen einer Verfassungswidrigkeit des Gesetzes selbst zu prüfen sei. Nach dem Ergebnis der Überprüfung entspreche der Bescheid den gesetzlichen Bestimmungen des SGB II.

Daraufhin hat der Kläger am 11. März 2005 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, die "analoge" Anwendung der Regelsatzverordnung entbehre jeglicher Rechtsgrundlage. Nach § 22 SGB II seien die tatsächlichen Aufwendungen ohne Abzüge zu berücksichtigen. Dass er Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II habe, ergebe sich daraus, dass er schwerbehindert sei, was dem Beklagten seit Jahren bekannt sei. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien ihm nie angeboten worden, darauf könne es in diesem Zusammenhang auch nicht ankommen. Schließlich sei, wie er bereits ausgeführt habe, die Höhe der Regelleistung verfassungsrechtlich bedenklich, insbesondere bei einem Vergleich mit der bislang erhaltenen Alhi. Er rüge auch die Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Personen, die bislang Sozialhilfe erhalten hätten. Während diese nun wesentlich mehr als den bisherigen Regelsatz erhielten, bekomme er weniger.

Der Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 27. Mai 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und ausgeführt, sie sei zwar als Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässig, aber nicht begründet. Soweit der Kläger meine, an Kosten der Unterkunft seien 210,00 Euro zu berücksichtigen, könne ihm nicht gefolgt werden, denn von diesem Betrag seien die Kosten für die Aufbereitung von Warmwasser, die bereits durch die Regelleistungen abgegolten seien, abzusetzen. Dabei sei der von dem Beklagten vorgenommene Abzug in Höhe von 9,00 Euro gerechtfertigt. Die Bemessung der Regelsätze beruhe auf Erfahrungswerten, die der Regelsatzverordnung zu § 40 SGB XII zugrunde lägen. Auf dieser Grundlage sei zuletzt mit dem Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz vom 11. November 2004 ein Regelsatzanteil für Warmwasser von 12,15 Euro bei einem Ein-Personenhaushalt angesetzt worden. Ein Abzug von nur 9,00 Euro könne daher nicht beanstandet werden, zumal es allgemeinen Erfahrungswerten entspreche, dass der durchschnittliche Warmwasserverbrauch in den meisten Fällen tatsächlich höher liege. Soweit der Kläger für sich einen behinderungebedingten Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 SGB II in Anspruch nehme, könne auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids verwiesen werden. Schließlich bleibe der Klage auch insoweit der Erfolg versagt, als der Kläger geltend mache, dass die Regelleistungen verfassungswidrig seien, weil sie in einer dem Grundsatz der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip widersprechenden Weise zu niedrig bemessen seien. Die Regelleistungen des § 20 SGB II blieben nicht hinter dem aus Artikel 1 Abs. 1, 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) folgenden Auftrag des Gesetzgebers, ein menschenwürdiges Dasein zu gewährleisten, zurück.

Gegen das am 13. Juni 2005 zugestellte Urteil, in welchem das Gericht die Berufung zugelassen hat, hat der Kläger am 16. Juni 2005 Berufung eingelegt und zunächst sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.

Im Frühjahr 2006 hat der Kläger ein von der Fachärztin für Innere Medizin Dr. P am 18. Januar 2006 für die Agentur für Arbeit M erstelltes Gutachten zum positiven und negativen Leistungsbild übersandt, in welchem es heißt, es bestünden unter anderem eine dialysepflichtige chronische Nierenerkrankung mit Funktionsstörung, Bluthochdruck sowie eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße mit Zustand nach Herzinfarkt vor vielen Jahren und Einlage von Dehnungsröhrchen (Stents) in 2000. Da sich aus dem Gutachten ergebe, dass er unter Krankheiten leide, die einen höheren Kostenaufwand bei der Ernährung nach sich zögen, habe er, so führte der Kläger aus, Anspruch auf die Gewährung höherer Leistungen wegen Mehrbedarfen im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II. Im Juli 2006 hat der Kläger eine von dem Internisten Dr. Schmidt am 09. Juni 2006 ausgestellte ärztliche Bescheinigung in Ablichtung zu den Akten gereicht, derzufolge bei ihm unter anderem eine koronare Herzkrankheit bei/mit Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung – beide als Dauererkrankungen – bestehen. Von den in dem Formular aufgeführten, eine besondere Krankenkost erforderlich machenden Erkrankungen sind angekreuzt: Hyperlipidämie, Niereninsuffizienz mit Hämodialysebehandlung und Hypertonie / kardiale/renale Ödeme (Nrn 1, 6 und 7). Abschließend heißt es in der Bescheinigung, die Kostform für die angekreuzten Erkrankungen unter den Nrn 6 und 7 werde aus ärztlicher Sicht ausgehend vom Datum der Ausstellung verordnet für einen Zeitraum von 60 Monaten.

Daraufhin erließ der Beklagte am 28. August 2006 einen Änderungsbescheid, in welchem es unter anderem heißt: "Für Sie werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.07.2006 bis 31.12.2006 in folgender Höhe bewilligt: Folgende Änderungen sind eingetreten: Nachzahlung für den Mehrbedarf kostenaufwändiger Ernährung ab 01.01.2005. Im beigefügten Berechnungsbogen finden Sie Einzelheiten zur Berechnung und Änderung der Leistungshöhe. Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen werden insoweit aufgehoben." In dem Berechnungsbogen, der dem Bescheid beigefügt ist, heißt es, die Berechnung der Leistung gelte für den Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 31.12.2006. Im Einzelnen würden monatlich zuerkannt Regelleistungen in Höhe von 345,00 Euro, Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in angemessener Höhe von 61,36 Euro sowie 201,00 Euro an anerkannten monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, insgesamt mithin 607,36 Euro. Unter anderem gegen diesen Bescheid vom 28. August 2006 legte der Kläger unter dem 09. September 2006 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Bewilligung gemessen am höchsten Kostensatz (61,36 Euro für Dialysediät bei Niereninsuffizienz mit Hämodialysebehandlung) sei nicht richtig. Jede krankheitsbedingte und medizinisch indizierte besondere Ernährungsform bilde eine Besonderheit, so dass eine Addition der verschiedenen Mehrbedarfe erforderlich sei.

Am 15. September 2006 hat der Kläger im Hinblick auf den Bescheid vom 28. August 2006 den Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrags von monatlich 61,36 Euro als Mehrbedarf in der Hauptsache für erledigt erklärt; entsprechende Nachzahlungen hat er erhalten.

Nachdem der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Frage, ob und in welcher Höhe die Regelleistungen bereits einen Anteil für die Kosten der Warmwasseraufbereitung enthalten und ob daher bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung ein Pauschalbetrag in Abzug gebracht werden kann, mit dem Beklagten verglichen hat, beantragt er, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2005 abzuändern, den Bescheid des Beklagten vom 7. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2005 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2005 monatlich weitere 96,05 Euro (33,30 Euro erhöhter Regelsatz, 61,35 Euro zusätzlicher Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung und 1,40 Euro Mehrbedarf für Dialyseernährung) zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Regelungen des SGB II nicht für verfassungswidrig. Hinsichtlich der Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung ist der Beklagte der Auffassung, dass diese nicht kumulativ zu berücksichtigen sind, sondern beim Nachweis des Vorliegens mehrerer eine kostenaufwändige Ernährung auslösender Erkrankungen lediglich der Mehrbedarf zu gewähren ist, der dem höchsten durch den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten Kostensatz entspricht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten () verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 7. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Februar 2005 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Eine analoge Anwendung des § 96 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume (hier ab Juli 2005) kommt bei Leistungen nach dem SGB II nicht in Betracht (Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 23. November 2006, B 11b AS 9/06 R, SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 13 f). In der Sache ist damit ausschließlich über höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2005 zu entscheiden, weil die Leistungen nur für sechs Kalendermonate bewilligt worden sind.

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung von Leistungen für Mehrbedarfe wegen krankheitsbedingt kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II weder bei Antragstellung noch im Verwaltungsverfahren oder im Klageverfahren begehrt hatte, sondern erstmals im Frühjahr 2005 während des Berufungsverfahrens. Bei einem Streit um höhere Leistungen sind nämlich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Streitgegenstand sind mithin nicht allein die Regelleistungen, sondern die Grundsicherungsleistungen im Ganzen (BSG, aaO, RdNr 16 mwN).

Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte müsse unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verpflichtet werden, ihm um 33,30 Euro monatlich höhere Regelleistungen zu gewähren, weil die Regelungen des SGB II insbesondere bezüglich der Höhe der pauschalierten Regelleistungen, die hinter der ihm bislang bewilligten Alhi zurückbleibe, verfassungswidrig seien, ist die Berufung nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Entscheidung des Beklagten, dem Kläger als in Berlin lebendem Alleinstehenden gemäß § 20 Abs. 2 SGB II monatliche pauschalierte Regelleistungen in Höhe von 345,00 Euro zu gewähren, bestätigt.

Dass und warum die diesbezüglichen Vorschriften des SGB II mit dem Grundgesetz im Einklang stehen, hat das BSG in seinem Urteil vom 23. November 2006 (B 11b AS 1/06 R, SozR 4-4200 § 20 Nr 3) ausführlich erörtert. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf diese Ausführungen, denen der Senat nichts hinzuzufügen vermag, verwiesen. Die Auffassung des BSG hat das Bundesverfassungsgericht durch die Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde gegen eine auf dieser Grundlage ergangene Entscheidung des BSG bestätigt (vgl. den Beschluss vom 7. November 2007, 1 BvR 1840/07, zitiert nach www.bundesverfassungsgericht.de).

Einen Anspruch auf die Anerkennung eines höheren Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung als 61,36 Euro monatlich hat der Kläger nicht. Leistungen für Mehrbedarfe umfassen gemäß § 21 Abs. 1 SGB II Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 5, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind. Nach Abs. 5 der Vorschrift erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Dass der Kläger Anspruch auf über die Regelleistungen hinausgehende Leistungen in diesem Sinne hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig; der Kläger erhält auch seit Beginn des Bezugs von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende derartige Leistungen in Höhe von 61,36 Euro monatlich. Soweit er unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin weitere 1,40 Euro monatlich sowie wegen neben einer Niereninsuffizienz mit Hämodialysebehandlung bestehender Erkrankungen weitere 61,35 Euro monatlich fordert, besteht indessen schon deshalb kein Anspruch, weil in keiner Weise erkennbar geworden ist, dass der Kläger zur Deckung seines Bedarfs weiterer Leistungen bedarf. Dass der gewährte Betrag unangemessen (niedrig) wäre, ist ebenso wenig dargelegt wie Angaben dazu gemacht worden sind, warum ein höherer Betrag angemessen wäre.

Auf die Bitte des Gerichts, die Besonderheiten seiner Ernährung, insbesondere hinsichtlich zu vermeidender Produkte einerseits und zu seiner Kost gehörender Lebensmittel andererseits darzulegen, hat der Kläger ausgeführt, er dürfe bzw. könne Butter und Mayonnaise, normales Mischbrot, bestimmte Fischarten (Aal, Heringe, Bücklinge und Makrelen), Weintrauben und Hülsenfrüchte nicht essen. Ebenso solle er keinen Alkohol trinken. Mit Kaffee und Gewürzen müsse er sparsam umgehen und auf Produkte mit tierischen Fetten möglichst verzichten. Sein Arzt habe ihm zum Verzehr von Kartoffeln und Nudeln, magerem Fleisch und fettarmer Milch geraten. Huhn und Ente dürfe er essen, allerdings ohne Haut. Statt des Mischbrots, von welchem er Übelkeit und Durchfall bekomme, müsse er im Reformhaus Körnerbrot kaufen, das teurer sei.

Für den Senat ist nicht erkennbar, dass die von dem Kläger selbst in nachvollziehbarer Weise geschilderte Ernährung kostenaufwändiger wäre als die eines gesunden Hilfebedürftigen. Mit Ausnahme des Körnerbrots hat der Kläger kein einziges Produkt genannt, dessen Erwerb zusätzliche Kosten verursacht. Im Gegenteil gehören teure Lebens- bzw. Genussmittel wie Alkohol, Kaffee und Gewürze aus medizinischen Gründen nicht bzw. nur in gegenüber dem Üblichen eingeschränktem Umfang zu seiner Kost.

Angesichts dessen kann dahinstehen, ob, wie der Kläger unter Bezugnahme auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin meint, die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typischen Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen zur Höhe der Krankenkostzulage hinsichtlich der Regelwerte (jährlich) fortzuschreiben sind. Dahinstehen kann bei dieser Fallgestaltung auch, ob die Regelwerte überhaupt kumulativ berücksichtigt werden können, was der Beklagte bestreitet. Auch weiterer Ermittlungen oder der Einholung eines medizinischen oder ökotrophologischen Sachverständigengutachtens bedarf es im vorliegenden Fall nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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