L 29 B 1775/07 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 20 AS 485/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 B 1775/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin zu 1) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. August 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin zu 1) begehrt Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines erstinstanzlichen Klageverfahrens, in dem sie von dem Beklagten (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) für den Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 30. September 2005 begehrt.

Die geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter der 1996 geborenen Klägerin zu 2). Ausweislich des Mietvertrages vom 8. März 2004 mietete die Klägerin zu 1) gemeinschaftlich mit Herrn M P als Hauptmieter ab 1. Juli 2007 die Wohnung in der J in D-H an, in der neben den Klägerinnen und Herrn P auch dessen geborener Sohn P lebt.

Am 27. August 2004 beantragte die Klägerin zu 1) bei dem Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In dem Antragsformular gab sie an, mit Herrn M P in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben. Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 22. Dezember 2004 bzw. zuletzt mit Änderungsbescheid vom 11. Mai 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Zugrundelegung einer Bedarfsgemeinschaft mit M und P P. Hiergegen erhob die Klägerin zu 1) mit Schreiben vom 28. Dezember 2005 Widerspruch, in dem sie u. a. wörtlich ausführte: " Mein Partner verdient auch nicht so viel um uns (4 Personen) zu ernähren. Da mein Partner mit seiner Noch-Ehefrau noch ein gemeinsames Kind hat, was bei ihr lebt (Vaterschaftsklage), bitte ich dies zu berücksichtigen, Unterhaltstitel wird nachgereicht."

Auf den Fortzahlungsantrag vom 3. März 2005 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide 20. April 2005 und 11. Mai 2006 Leistungen für den Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 30. September 2005. Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin zu 1) Widerspruch mit Schreiben vom 4. April 2005. In diesem Schreiben führte die Klägerin zu 1) wörtlich aus: " Mein Partner ist nicht verpflichtet mein Kind S K zu unterhalten, weil es nicht sein leibliches Kind ist. Wir sind am 1. Juli 2004 zusammengezogen, aus finanziellen Gründen ist also mein Partner nicht verpflichtet mich und mein Kind zu unterhalten ...". Mit derselben Formulierung wandte sich die Klägerin zu 1) auch mit Schreiben vom 8. Mai 2005 und 21. Juli 2005 an den Beklagten. Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2006 den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin zu 1) hat am 12. Juni 2006 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben und gleichzeitig beantragt, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Sie hat im Wesentlichen ausgeführt, zwischen ihr und Herrn P bestehe keine eheähnliche Lebensgemeinschaft; sie sei sich bei Ausfüllen des Antrages über die Tragweite ihrer Erklärung nicht im Klaren gewesen.

Mit Beschluss vom 21. August 2007 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der hiergegen von der Klägerin zu 1) eingelegten Beschwerde hat das Sozialgericht nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Leistungsakten des Beklagten (03710 BG 0007511) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat mit seinem Beschluss vom 21. August 2007 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht abgelehnt. Die Klägerin zu 1) hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren.

Die Klage hat zwar nicht bereits deshalb keine hinreichenden Erfolgsaussichten, weil sie lediglich von der Klägerin zu 1) erhoben worden ist, obwohl sie erkennbar höhere Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft insgesamt begehrt. Denn unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 8/06 R – in SozR 4-4200 § 22 Nr. 1) ist ein Klagebegehren auf Leistungen nach dem SGB II nach § 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG - dahingehend auszulegen, dass nicht nur Ansprüche der Klägerin zu 1), sondern der gesamten Bedarfsgemeinschaft geltend gemacht werden sollen (so genanntes "Meistbegünstigungsprinzip "), es sei denn, einer solchen Auslegung wird durch die betroffenen Personen widersprochen beziehungsweise eine Bedarfsgemeinschaft wird bestritten oder einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind offensichtlich vom Leistungsverzug nach dem SGB II ausgeschlossen (BSG a.a.O.). Der Senat hat sich daran zu orientieren, was als Leistung möglich ist, wenn jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (BSG a.a.O.). Materiellrechtliche Grundlage für die Auslegung des Prozessrechts ist, dass das SGB II keinen Anspruch einer Bedarfsgemeinschaft als solcher, die keine juristische Person darstellt, kennt, sondern dass - außer bei ausdrücklichem gesetzlichen Ausschluss - Anspruchsinhaber jeweils alle einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind (BSGE a.a.O.). Danach ist neben der Klägerin zu 1) auch ihre geborene Tochter als Klägerin zu 2) aufzunehmen. Herr M P und dessen geborener Sohn P P sind nicht als Kläger aufzunehmen, weil insoweit das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft ausdrücklich bestritten wird. Das Aktivrubrum war daher von Amts wegen entsprechend zu berichtigen.

Demgegenüber konnte die Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. August 2007 von der Klägerin zu 1) allein erhoben werden, da auch sie allein einen Prozessbevollmächtigten beauftragen kann, um nur ihre Rechte wahrzunehmen. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes unterliegt nicht der o.g. Rechtsprechung des BSG, da diese höchstpersönlich und insoweit unabhängig vom materiellen Recht erfolgt.

Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) setzt ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe insbesondere eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung voraus. Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen (vgl. Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auflage 2005, § 73a, Rnr. 7c m.w.N.).

Wie das Sozialgericht Frankfurt (Oder) in seinem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, sind der Klage nach der im Verfahren auf Prozesskostenhilfe gebotenen summarischen Prüfung zum gegenwärtigen Zeitraum keine hinreichenden Erfolgsaussichten beizumessen, weil die Klägerin zu 1) selbst nicht nur im Antragsformular vom August 2004 eine eheähnliche Gemeinschaft mit Herrn Platz angegeben hat. Sie hat vielmehr mehrfach auch im Folgezeitraum mit Schreiben vom 28. Dezember 2004, 4. April 2005 und 21. Juli 2005 ausdrücklich Herrn P als "Partner" bezeichnet. Darüber hinaus spricht auch die Formulierung der Klägerin zu 1) im Schreiben vom 28. Dezember 2004 ("mein Partner verdient auch nicht so viel um uns (4 Personen) zu ernähren " ) für die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft.

Die nunmehr von der Klägerin zu 1) abgegebene Erklärung, sie sei sich über deren Umfang nicht im Klaren gewesen, ist nicht geeignet, die von ihr wiederholt abgegebenen Einschätzungen zum Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft infrage zu stellen. Es kann dahinstehen, ob sich die Klägerin zu 1) im Zeitpunkt der Antragstellung bei Abgabe ihrer Erklärung über deren Konsequenzen bewusst gewesen ist. Maßgeblich ist vielmehr, unter welchen tatsächlichen Bedingungen die Klägerinnen leben. Auch wenn die Klägerin zu 1) sich nicht im Klaren gewesen sein sollte, was unter dem Begriff "eheähnliche Gemeinschaft" zu verstehen sei, so ist nach ihren eigenen Erklärungen davon auszugehen, dass sie offenbar in einer solchen Partnerschaft lebt. Im Übrigen ist festzustellen, dass in dem von der Klägerin zu 1) gemeinschaftlich mit Herrn M Platz geschlossenen Mietvertrag vom 8. März 2004 als gemeinsame vorherige Anschrift beider angegeben ist "A-S-S. , B", sodass hieraus die Schlussfolgerung gezogen werden könnte, dass die Klägerin zu 1) und Herr P nicht erst seit dem 1. Juli 2004, sondern auch bereits vor diesem Zeitpunkt in einer gemeinsamen Wohnung gewohnt haben, sodass - wiederum nach der im Verfahren auf Prozesskostenhilfe gebotenen summarischen Prüfung - mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass zwischen der Klägerin zu 1) und Herrn P eine eheähnliche Gemeinschaft besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 202 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved