Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 100 AS 33024/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 238/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2008 wird, soweit sie den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft, zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag des Antragstellers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2008 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab dem 01. August 2007 vorläufig höhere Leistungen zur Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren,
ist zulässig gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), aber nicht begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruches (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung – ZPO -).
Hiervon ausgehend ist für die Zeit vor der Beschwerdeentscheidung des Senats (19. Februar 2008) jedenfalls der Anordnungsgrund und für die Zeit danach jedenfalls der Anordnungsanspruch zu verneinen:
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 05. Februar 2008, Az: L 25 B 146/08 AS ER, vom 23. Januar 2008, Az: L 25 B 43/08 AS ER, und vom 16. Januar 2008, Az: L 25 B 2274/07 AS ER) beurteilt sich in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann.
Die rückwirkende Feststellung einer – einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden – besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im – grundsätzlich vorrangigen – Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02 – und vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine – stattgebende – Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen.
Dies zugrunde gelegt, drohen dem Antragsteller keine schweren und unzumutbaren Nachteile, wenn seinem Begehren auf Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen für vergangene Zeiträume nicht sofort entsprochen wird. Weder aufgrund des Vortrags des Antragstellers noch sonst sind schwerwiegende Nachteile ersichtlich, die ausnahmsweise in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Sachprüfung eines Anspruchs auch für vergangene Zeiträume rechtfertigen könnten. Insbesondere hat der Antragsteller weder vorgetragen noch gar glaubhaft gemacht, dass die rückwirkende Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung ihm gegenwärtig noch einen rechtlich relevanten Vorteil verschaffen könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass die Übernahme höherer Leistungen dieser Art für die Vergangenheit dazu führen wird, dass der Antragsteller das frühere – durch Kündigung beendete – Mietverhältnis fortsetzen bzw. erneut begründen kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine höhere Geldleistung für vergangene Zeiträume dem Antragsteller einen rechtlich relevanten Vorteil bei der Suche nach einer neuen Wohnung verschaffen kann.
2. Für die Zeit ab der Beschwerdeentscheidung des Senats (19. Februar 2008) fehlt es jedenfalls an einem Anordnungsanspruch, denn insoweit fallen für den Antragsteller derzeit keine Kosten der Unterkunft mehr an. Das Mietverhältnis des Antragstellers ist beendet, ein neues Mietverhältnis ist weder jetzt noch für die Zukunft begründet worden. Der Antragsteller hat auch keine konkreten Wohnungsangebote vorgelegt, auf die sich gegebenenfalls eine Kostenübernahmezusage des Antragsgegners beziehen könnte. Es kann dem Antragsteller nur dringend angeraten werden, schnellstmöglich Wohnungsangebote einzuholen und diese dem Antragsgegner zur Erteilung einer Kostenübernahmezusage vorzulegen.
Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht die – im Ermessen des Antragsgegners stehende – Übernahme von Mietschulden ist. Derartige Anträge hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht gestellt. Darüber hinaus fehlt derzeit insoweit noch ein Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsgegner hinsichtlich einer Mietschuldenübernahme noch keine Bescheide erteilt hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
4. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil der Beschwerde aus den vorgenannten Gründen von vornherein die hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlte und fehlt gemäß §§ 73a SGG, 114 ZPO.
Der Senat weist darauf hin, dass das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist, weil es unter einem gesonderten Aktenzeichen geführt wird, das den Beteiligten alsbald mitgeteilt werden wird.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag des Antragstellers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 08. Januar 2008 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab dem 01. August 2007 vorläufig höhere Leistungen zur Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren,
ist zulässig gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), aber nicht begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruches (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung – ZPO -).
Hiervon ausgehend ist für die Zeit vor der Beschwerdeentscheidung des Senats (19. Februar 2008) jedenfalls der Anordnungsgrund und für die Zeit danach jedenfalls der Anordnungsanspruch zu verneinen:
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 05. Februar 2008, Az: L 25 B 146/08 AS ER, vom 23. Januar 2008, Az: L 25 B 43/08 AS ER, und vom 16. Januar 2008, Az: L 25 B 2274/07 AS ER) beurteilt sich in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann.
Die rückwirkende Feststellung einer – einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden – besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im – grundsätzlich vorrangigen – Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02 – und vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine – stattgebende – Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen.
Dies zugrunde gelegt, drohen dem Antragsteller keine schweren und unzumutbaren Nachteile, wenn seinem Begehren auf Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen für vergangene Zeiträume nicht sofort entsprochen wird. Weder aufgrund des Vortrags des Antragstellers noch sonst sind schwerwiegende Nachteile ersichtlich, die ausnahmsweise in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Sachprüfung eines Anspruchs auch für vergangene Zeiträume rechtfertigen könnten. Insbesondere hat der Antragsteller weder vorgetragen noch gar glaubhaft gemacht, dass die rückwirkende Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung ihm gegenwärtig noch einen rechtlich relevanten Vorteil verschaffen könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass die Übernahme höherer Leistungen dieser Art für die Vergangenheit dazu führen wird, dass der Antragsteller das frühere – durch Kündigung beendete – Mietverhältnis fortsetzen bzw. erneut begründen kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine höhere Geldleistung für vergangene Zeiträume dem Antragsteller einen rechtlich relevanten Vorteil bei der Suche nach einer neuen Wohnung verschaffen kann.
2. Für die Zeit ab der Beschwerdeentscheidung des Senats (19. Februar 2008) fehlt es jedenfalls an einem Anordnungsanspruch, denn insoweit fallen für den Antragsteller derzeit keine Kosten der Unterkunft mehr an. Das Mietverhältnis des Antragstellers ist beendet, ein neues Mietverhältnis ist weder jetzt noch für die Zukunft begründet worden. Der Antragsteller hat auch keine konkreten Wohnungsangebote vorgelegt, auf die sich gegebenenfalls eine Kostenübernahmezusage des Antragsgegners beziehen könnte. Es kann dem Antragsteller nur dringend angeraten werden, schnellstmöglich Wohnungsangebote einzuholen und diese dem Antragsgegner zur Erteilung einer Kostenübernahmezusage vorzulegen.
Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht die – im Ermessen des Antragsgegners stehende – Übernahme von Mietschulden ist. Derartige Anträge hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht gestellt. Darüber hinaus fehlt derzeit insoweit noch ein Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsgegner hinsichtlich einer Mietschuldenübernahme noch keine Bescheide erteilt hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
4. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil der Beschwerde aus den vorgenannten Gründen von vornherein die hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlte und fehlt gemäß §§ 73a SGG, 114 ZPO.
Der Senat weist darauf hin, dass das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist, weil es unter einem gesonderten Aktenzeichen geführt wird, das den Beteiligten alsbald mitgeteilt werden wird.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.
Rechtskraft
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