L 15 B 1/08 AY ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 51 AY 428/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 1/08 AY ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 8. Januar 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat es mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz – AsylbLG – zu gewähren. Da der Antragsteller eine Veränderung des bisher – im von ihm gewünschten Umfang - "leistungslosen" Zustands erstrebt, kommt einstweiliger Rechtsschutz nur unter der Voraussetzung des § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Begründet ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach dieser Vorschrift, wenn sich bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung – ZPO -; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund; zusammenfassend zu den Voraussetzungen Binder in Handkommentar SGG, 2. Auflage 2006, § 86b Randnummer 33 ff.). Danach kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung hier nicht in Betracht. Es ist schon kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Antragsteller erhält derzeit Leistungen nach § 3 AsylbLG. Selbst dann, wenn im konkreten Fall die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes von Verfassungs wegen geboten ist, um Grundrechte und im besonderen die Menschenwürde zu schützen (und damit ein Anordnungsgrund "dem Grunde nach" vorliegt), ist das aber nicht gleichbedeutend damit, dass ein Berechtigter bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die begehrten Leistungen in vollem Umfang beanspruchen kann. Dem steht das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Das Gericht kann dem Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes auch in diesen Fällen dadurch Rechnung tragen, dass es Leistungen nur mit einem Abschlag zuspricht (s. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 -, Abs. 26, zitiert nach Juris). Folglich wäre besonders zu begründen, warum dem Antragsteller – wenigstens teilweise – auch die weitergehenden Leistungen nach § 2 AsylbLG in Verbindung mit dem SGB XII schon vor einer Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren sein sollten. Hierzu hat der Antragsteller jedoch weder etwas vorgetragen, noch ergibt sich dafür nach Aktenlage für das Gericht ein Anhaltspunkt. Auf den Beschluss des erkennenden Senats vom 6. September 2007 – L 15 B 12/07 AY ER – kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Im dortigen Verfahren waren die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG (in der damals geltenden Fassung vom 30. Juli 2004) nach summarischer Prüfung erfüllt, wobei die Antragsteller offenkundig über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG bezogen hatten. Gerade dies ist im vorliegenden Fall aber streitig. Nach Aktenlage hat der Antragsteller von Februar 2002 bis zu seinem im September 2005 gestellten Antrag auf Hilfegewährung nach § 2 AsylbLG lediglich eingeschränkte Leistungen nach § 1a AsylbLG bezogen, und es spricht aus den vom Sozialgericht dargelegten Gründen viel dafür, diese Zeit nicht im Rahmen des § 2 AsylbLG zu berücksichtigen (vgl. auch Birk in LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, RNr. 3 zu § 2 AsylbLG m.w.N.; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl. 2008, RNr. 14 zu § 2 AsylbLG). In diesem Fall stehen dem Antragsteller Leistungen entsprechend den Vorschriften des SGB XII frühestens ab September 2009 nach 48- monatigem Leistungsbezug nach § 3 AsylblG zu (vgl. § 2 AsylbLG in der durch Art. 6 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 19. August 2007 [BGBl. I S. 1970] mit Wirkung vom 28.August 2007 geänderten Fassung). Entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung ist die vom Antragsgegner nach Lage der Akten vor September 2005 vorgenommene Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG jedenfalls nicht nichtig. Wie das Sozialgericht auch insoweit zutreffend ausgeführt hat, führen die vom Antragsteller angegebenen Gründe wie etwaige unterlassene Anhörung oder fehlende schriftliche Begründung bzw. überhaupt fehlende Schriftform der Leistungsbewilligung hier nicht zur Nichtigkeit im Sinne des § 44 Verwaltungsverfahrensgesetz, abgesehen davon, dass bisher überhaupt nicht feststeht, dass kein schriftlich begründeter Bescheid über eine Leistungsbewilligung nur nach § 1 a AsylbLG ergangen ist, weil vom Antragsgegner die Verwaltungsvorgänge erst ab Band III (betreffend Leistungen seit Januar 2005) zum Verfahren übersandt worden sind. Die nähere Prüfung der Sach- und Rechtslage bleibt dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren vorbehalten ( vgl. zur Frage, ob Zeiten des Leistungsbezuges nach § 1a AsylbLG als "Leistungen nach § 3 AsylbLG" im Sinne des § 2 AsylbLG i.d.F. vom 30.Juli 2004 anzusehen sind, das beim BSG anhängige Revisionsverfahren B 8 AY 4/07 R). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved