L 6 AL 391/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 785/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 AL 391/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. März 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt den Erlass eines neuen Bescheids über die Erteilung eines Bildungsgutscheins für die berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme "Servicekaufmann im Luftverkehr".

Er nahm an dieser Maßnahme, die von der T-Training und Ausbildung Cooperation GmbH (im Folgenden T) im L-Trainingszentrum B in der Zeit vom 05. Oktober 2004 bis zum 30. Juni 2006 durchgeführt wurde, erfolgreich teil; während des vorgenannten Zeitraums war er außerdem als Supervisor versicherungspflichtig im Bereich der Fluggastabfertigung im Flughafen B tätig.

Seinen am 01. Oktober 2004 gestellten Antrag auf Erteilung eines entsprechenden Bildungsgutscheins für die in Rede stehende Maßnahme lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2005 mit der Begründung ab, der Kläger sei weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht.

Die anschließend erhobene Klage vor dem Sozialgericht Berlin ist erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 21. März 2007).

Im Berufungsverfahren hat der Berichterstatter am 15. November 2007 einen Erörterungstermin durchgeführt und der Beklagten u.a. aufgegeben zu klären, ob die vom Kläger besuchte Weiterbildungsmaßnahme zertifiziert war.

Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. Januar 2008 mitgeteilt, dass die Zertifizierung von Weiterbildungsmaßnahmen durch externe fachkundige Stellen erst zum Juli 2007 vorgenommen worden sei. Zum Zeitpunkt der Beantragung des Bildungsgutscheins durch den Kläger im Jahre 2004 seien entsprechende Maßnahmen auf Antrag des Bildungsträgers durch die Agenturen für Arbeit zugelassen worden. Für die hier in Rede stehende Maßnahme sei seinerseits die Agentur für Arbeit Potsdam zuständig gewesen, die im Jahre 2004 allerdings nur Vollzeitmaßnahmen der T nicht jedoch berufsbegleitende Maßnahmen zugelassen habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. März 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag auf Erteilung eines Bildungsgutscheins für eine berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme im Bereich Servicekaufmann im Luftverkehr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid im Ergebnis für zutreffend.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, sowie die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 155 Abs. 3, 4 und 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das vom Kläger schon vor dem SG verfolgte Begehren auf Verurteilung der Beklagten zum Erlass eines Bescheidungsurteils (§ 131 Abs. 3 SGG) in Bezug auf die Erteilung eines Bildungsgutscheins, mit dem dem Arbeitnehmer gemäß § 77 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier noch gemäß § 422 Abs. 1 Nr. 3 SGB III anzuwendenden Fassung des bis zum 31. Dezember 2004 in Kraft gewesenen Gesetzes (im Folgenden ohne Zusatz zitiert) nicht nur das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung bescheinigt wird, sondern mit dem auch dokumentiert wird, dass die Beklagte von dem ihr zustehenden Ermessen (hierzu sogleich) Gebrauch gemacht hat Dieses Begehren verfolgt der Kläger zulässiger Weise im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage.

Diese Klage ist jedoch nicht begründet, da die Beklagte den vom Kläger behaupteten Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung nicht verletzt hat. Die "Unterlassung des Verwaltungsakts" (hier Erteilung eines Bildungsgutscheins) ist nicht rechtswidrig, so dass der Bescheid vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Februar 2005 rechtmäßig und die Beklagte nicht zu verpflichten war, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (§ 131 Abs. 3 SGG).

Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage. Danach können Arbeitnehmer bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung u.a. durch Übernahme der Weiterbildungskosten nur gefördert werden, wenn u.a. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind (Satz 1 Nr. 4). Aus dem Wort " können" ist zu entnehmen, dass die Förderung der Maßnahme und damit die Erteilung des Bildungsgutscheins bei Vorliegen der in § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III umschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen im Ermessen steht.

Zwar haben gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Allgemeiner Teil des Sozialgesetzbuchs (SGB I) die durch eine leistungsrechtliche Ermessensnorm des SGB - wie hier des § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III - Begünstigten gegen den zuständigen Leistungsträger - hier die Beklagte - einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens, dies aber nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Pflicht des Leistungsträgers zur Ermessensbetätigung vorliegen. Nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG unterliegt die Erfüllung der Voraussetzungen für das Bestehen der Ermessensbetätigungspflicht der vollen gerichtlichen Überprüfung. Hingegen sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit bzgl. der Ermessensbetätigung und ihres Ergebnisses, der Ermessensentscheidung, gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG darauf beschränkt zu kontrollieren, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit seiner Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch). In jedem Falle entsteht die Pflicht des Leistungsträgers zur Ermessensbetätigung und das damit korrespondierende Recht des Bürgers auf fehlerfreien Ermessensgebrauch nur, wenn alle Voraussetzungen für die Ermessensbetätigungspflicht vorliegen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Vielmehr fehlte es an der in § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III umschriebenen Fördervoraussetzung, da die vom Kläger besuchte Weiterbildungsmaßnahme nicht zur Förderung zugelassen worden ist. Dementsprechend war der Beklagten eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet, so dass es insbesondere auf die ursprünglich von den Beteiligten in den Mittelpunkt des Rechtsstreits gerückte Frage nicht ankommt, ob die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III vorlagen bzw. von der Beklagten im Klageverfahren ausdrücklich "anerkannt" worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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