L 10 B 1591/07 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AS 263/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 1591/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 08. August 2007 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Neuruppin Prozesskostenhilfe bewilligt und seine Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwältin A R, B , S, beigeordnet. Monatsraten oder Beiträge aus dem Vermögen sind nicht zu zahlen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Dem Kläger ist Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung der im Tenor bezeichneten Prozessbevollmächtigten zu gewähren, da er nach seinen - hier mit Blick auf § 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 127 Abs 1 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht näher darzulegenden - persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung auch nur teilweise oder in Raten aufzubringen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114, 115 ZPO).

Der Kläger verfolgt mit seiner Klage verschiedene Ansprüche. Zum einen wird von ihm im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ein Anspruch auf Leistungen der Erstausstattung seiner Wohnung in Höhe von 2695,00 EUR als verlorener Zuschuss erhoben (Klageantrag zu 1), nachdem die Beklagte ihm - auf seinen entsprechenden Zuschussantrag vom 19. September 2006 (Schreiben vom 18. September 2006; Bl 128 VA) hin - lediglich ein zweckgebundenes Darlehen in Höhe von 115,00 EUR zur Anschaffung bestimmter Haushaltsgegenstände gewährt hat (Bescheid vom 16. November 2006 (Bl 165 ff der Verwaltungsakte; VA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2007 (Bl 243 ff VA)). Zum anderen beansprucht der Kläger - für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1 - im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage höhere Leistungen "zur Finanzierung einer Wohnungseinrichtung" als Darlehen in Höhe von 2.695,00 EUR (Klageantrag zu 2). Schließlich wendet sich der Kläger mit der isolierten Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 28. November 2006 (Bl 178ff VA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2007 (Bl 243 VA), mit dem die Beklagte die Entscheidung ihm für die Zeit von Juni 2006 bis einschließlich September 2006 bewilligten Leistungen (hier die Kosten der Unterkunft (KdU)) teilweise aufgehoben und von ihm eine Erstattung in Höhe von 666,33 EUR verlangt hat (Klageantrag zu 3).

Der Klage kann auch eine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO) nicht abgesprochen werden. Hinreichend ist die Erfolgsaussicht bereits dann, wenn sie nur für einen Teil des geltend gemachten Anspruchs besteht (Knittel in Hennig ua, SGG, RdNr 13 zu § 73a). Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg ist gegeben, wenn bei summarischer Prüfung des Sach- und Streitstandes eine "reale Chance zum Obsiegen" besteht, während sie bei einer "nur entfernten Erfolgschance" abzulehnen ist.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts (SG) rechtfertigt der bisherige Sachstand die Ablehnung der Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht, weil zumindest für den vom Kläger anhängig gemachten Klageanspruch zu 3 eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht.

Denn derzeit lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob der in Rede stehende Teilaufhebungs- und Erstattungsbescheid rechtmäßig ist. Ob die für den streitigen Zeitraum von Juli bis einschließlich September 2006 erfolgte Bewilligung der KdU (§ 22 Abs 1 SGB II) teilweise rechtswidrig gewesen ist (so dass Ermächtigungsgrundlage für die Teilaufhebungsentscheidung § 40 Abs 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) iVm § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wäre) oder nachträglich rechtswidrig geworden ist (so die Auffassung der Beklagten, so dass Maßstabstabsnorm für die Teilaufhebungssentscheidung § 40 Abs 1 SGB II iVm § 48 SGB X wäre), weil der Kläger im vorgenannten Zeitraum mit J F(JF) zusammen in einer Wohnung in der S Straße in P gewohnt hat, so dass entgegen der für diesen Zeitraum vorliegenden Bewilligung eine Aufteilung der KdU nach Kopfteilen notwendig wäre (zur so genannten Aufteilung nach " Kopfzahlen": Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 1/06 R, juris RdNr 28 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 3 RdNr 28 f ), wird sich erst nach einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme beurteilen lassen, in deren Rahmen das SG zumindest JF und KR (KR), die mit Bescheinigung vom 18. August 2007 (Bl 20 PKH-Retent) bestätigt hat, dass JF bei ihr in der Zeit vom 01. Juni 2006 bis zum 31. August 2006 gewohnt hat, als Zeugen wird vernehmen müssen. Ist nämlich zur Klärung des Sachverhalts eine Beweisaufnahme - so wie hier - erforderlich oder ist sie auch nur ernsthaft in Betracht zu ziehen und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen wird, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens PKH zu verweigern (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 03. Juni 2003- 1 BvR 1355/02, juris RdNr 11). Dieser zuletzt beschriebene Ausnahmefall liegt ersichtlich nicht vor. Entgegen der Auffassung des SG lassen die im angefochtenen Beschluss (dort Seite 4) aufgezeigten tatsächlichen Umstände es eben nicht zweifelsfrei erscheinen, dass der Kläger und JF im streitigen Zeitraum zusammengelebt haben, zumal, was das SG möglicherweise im Abhilfeverfahren übersehen hat, der Kläger mit der Beschwerde KR als Zeugin für das von ihm behauptete anderweitige Wohnen des JF benannt hat.

Der Kläger wird jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass die Bewilligung der PKH aufgehoben werden kann, wenn sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass er durch eine unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der PKH maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 124 Nr 1 ZPO).

Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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