Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 27806/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 2342/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der im Verfahren nur noch streitigen Mietschulden in Höhe von 4.839,60 EUR zzgl. weiterer bis Dezember 2007 fälliger Beträge nebst darauf zurückzuführender Gerichtskosten in Höhe von 543,00 EUR kommt nicht in Betracht, weil es an einem Anordnungsanspruch im Sinne von § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – fehlt.
Der Senat ist mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass eine Übernahme der genannten Schulden nach § 22 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II – bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Kosten der vom Antragsteller auch derzeit noch bewohnten Unterkunft unangemessen sind. Das Beschwerdegericht schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts zur Unangemessenheit der Wohnungskosten an und sieht insoweit entsprechend § 142 Abs. 2 S. 3 SGG von einer weiteren Begründung ab.
Eine Übernahme der Schulden kann nicht erfolgen, weil dies nicht im Sinne von § 22 Abs. 5 SGB II zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist. Nicht gerechtfertigt ist grundsätzlich eine Leistung zur Sicherung einer kostenunangemessenen Unterkunft (vgl. Berlit in LPK – SGB II, 2. Auflage, § 22 Rnd.-Nr. 112 mit weiteren Nachweisen). Denn durch die Mietschuldenübernahme soll der längerfristige Erhalt der Wohnung gesichert werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juni 2007 – L 10 B 591/07 AS ER – zitiert nach Juris). Überschreiten die Wohnungskosten – wie im vorliegenden Verfahren – das Maß des Angemessenen ganz erheblich, ist ein längerfristiger Verbleib in der Wohnung auch bei Mietschuldenfreiheit bereits deshalb nicht gesichert, weil im Rahmen des SGB II dauerhaft Leistungen für die Unterkunft nur in angemessener Höhe gewährt werden können (§ 22 Abs. 1 SGB II). Würde die Unterkunft dennoch beibehalten, wäre der Eintritt weiterer Mietschulden sowie in deren Folge ein weiteres Schuldenübernahmebegehren und - bei dessen Ablehnung - der Wohnungsverlust ohnehin zu befürchten. Ist mithin ein Umzug aller Voraussicht nach auch bei vorübergehender Mietschuldenfreiheit nicht zu vermeiden, besteht grundsätzlich nicht die Notwendigkeit, durch öffentliche Mittel den Zeitpunkt des Umzugs lediglich hinauszuschieben.
Eine andere Beurteilung ist nicht aufgrund der Regelung in § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II geboten. Danach sind zwar auch unangemessene Kosten für in der Regel längstens 6 Monate zu übernehmen, bis dass es dem Hilfebedürftigen möglich oder zumutbar ist, seine Unterkunftsaufwendungen zu senken. Diese Regelung führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass neben den unangemessenen Wohnkosten auch bereits entstandene Mietschulden zu übernehmen sind. Wer erstmals – zum Beispiel nach einem Verlust des Beschäftigungsverhältnisses und der damit eintretenden Hilfsbedürftigkeit in Folge des Unvermögens, seine (Wohnungs-) Kosten aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten – Leistungen nach dem SGB II beantragt, soll die Möglichkeit haben, in einem Übergangszeitraum von in der Regel nicht mehr als 6 Monaten auch nach der Wertung des SGB II unangemessene Unterkunftskosten zu erhalten. Dies ist gerechtfertigt, weil der Betroffene nach der mitunter überraschend eintretenden Hilfebedürftigkeit einen Übergangszeitraum benötigt, um sich auf seine geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse etwa dadurch einzustellen, dass er sich um eine kostengünstigere Wohnung bemüht.
Im vorliegenden Verfahren ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller rechtzeitig ihm mögliche und zumutbare Versuche unternommen hat, seine Wohnungskosten zu senken. Offenbar aufgrund wegbleibender Einkünfte ist er bereits seit März 2007 seiner Verpflichtung zu Mietzahlungen nicht mehr nachgekommen. Dies führte zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter am 14. Juni 2007. Spätestens nach der Kündigung – wahrscheinlich aber schon viel früher (mit den ausbleibenden Mietzahlungen) – musste dem Antragsteller damit bewusst sein, dass die Kosten seiner Unterkunft seine finanziellen Möglichkeiten bei weitem übersteigen. Er hätte sich deshalb seither um kostengünstigeren Wohnraum bemühen können. Für den Lauf der Übergangsfrist im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II ist im übrigen entgegen der Auffassung des Antragstellers eine ausdrückliche formelle Kostensenkungsaufforderung nicht erforderlich (vgl. BSG B 7b AS 10/06 R -Rnd.-Nr. 29- zitiert nach Juris). Die Frist beginnt bereits dann zu laufen, wenn sich dem Hilfebedürftigen frei jeden vernünftigen Zweifels aufdrängen musste, dass die tatsächlichen Kosten seiner Wohnung eindeutig zu hoch sind (vgl. Berlit am angegeben Ort Rnd.-Nr. 64).
Aufgrund des nach wie vor entspannten Berliner Wohnungsmarkts ist auch die Übernahme der Mietschulden zur Vermeidung einer Wohnungslosigkeit nicht gerechtfertigt. Nach Angaben des Referatsleiters Wohnungspolitik bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung T B gibt es bei einem aktuellen Wohnungsleerstand in Berlin von 100.000 Wohnungen verfügbaren Wohnraum in nahezu allen Größen und Preisklassen (zitiert nach Berliner Morgenpost vom 8. Oktober 2007 – S. 13). Durch den sich abzeichnenden Verlust der unangemessenen Wohnung steht aus diesem Grund eine Wohnungslosigkeit nicht ernsthaft zu befürchten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Aus den vorgenannten Gründen musste es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die begehrte Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz mangeln (§ 73 a SGG i. V. m. § 114 ff. ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der im Verfahren nur noch streitigen Mietschulden in Höhe von 4.839,60 EUR zzgl. weiterer bis Dezember 2007 fälliger Beträge nebst darauf zurückzuführender Gerichtskosten in Höhe von 543,00 EUR kommt nicht in Betracht, weil es an einem Anordnungsanspruch im Sinne von § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – fehlt.
Der Senat ist mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass eine Übernahme der genannten Schulden nach § 22 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II – bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Kosten der vom Antragsteller auch derzeit noch bewohnten Unterkunft unangemessen sind. Das Beschwerdegericht schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts zur Unangemessenheit der Wohnungskosten an und sieht insoweit entsprechend § 142 Abs. 2 S. 3 SGG von einer weiteren Begründung ab.
Eine Übernahme der Schulden kann nicht erfolgen, weil dies nicht im Sinne von § 22 Abs. 5 SGB II zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist. Nicht gerechtfertigt ist grundsätzlich eine Leistung zur Sicherung einer kostenunangemessenen Unterkunft (vgl. Berlit in LPK – SGB II, 2. Auflage, § 22 Rnd.-Nr. 112 mit weiteren Nachweisen). Denn durch die Mietschuldenübernahme soll der längerfristige Erhalt der Wohnung gesichert werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juni 2007 – L 10 B 591/07 AS ER – zitiert nach Juris). Überschreiten die Wohnungskosten – wie im vorliegenden Verfahren – das Maß des Angemessenen ganz erheblich, ist ein längerfristiger Verbleib in der Wohnung auch bei Mietschuldenfreiheit bereits deshalb nicht gesichert, weil im Rahmen des SGB II dauerhaft Leistungen für die Unterkunft nur in angemessener Höhe gewährt werden können (§ 22 Abs. 1 SGB II). Würde die Unterkunft dennoch beibehalten, wäre der Eintritt weiterer Mietschulden sowie in deren Folge ein weiteres Schuldenübernahmebegehren und - bei dessen Ablehnung - der Wohnungsverlust ohnehin zu befürchten. Ist mithin ein Umzug aller Voraussicht nach auch bei vorübergehender Mietschuldenfreiheit nicht zu vermeiden, besteht grundsätzlich nicht die Notwendigkeit, durch öffentliche Mittel den Zeitpunkt des Umzugs lediglich hinauszuschieben.
Eine andere Beurteilung ist nicht aufgrund der Regelung in § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II geboten. Danach sind zwar auch unangemessene Kosten für in der Regel längstens 6 Monate zu übernehmen, bis dass es dem Hilfebedürftigen möglich oder zumutbar ist, seine Unterkunftsaufwendungen zu senken. Diese Regelung führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass neben den unangemessenen Wohnkosten auch bereits entstandene Mietschulden zu übernehmen sind. Wer erstmals – zum Beispiel nach einem Verlust des Beschäftigungsverhältnisses und der damit eintretenden Hilfsbedürftigkeit in Folge des Unvermögens, seine (Wohnungs-) Kosten aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten – Leistungen nach dem SGB II beantragt, soll die Möglichkeit haben, in einem Übergangszeitraum von in der Regel nicht mehr als 6 Monaten auch nach der Wertung des SGB II unangemessene Unterkunftskosten zu erhalten. Dies ist gerechtfertigt, weil der Betroffene nach der mitunter überraschend eintretenden Hilfebedürftigkeit einen Übergangszeitraum benötigt, um sich auf seine geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse etwa dadurch einzustellen, dass er sich um eine kostengünstigere Wohnung bemüht.
Im vorliegenden Verfahren ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller rechtzeitig ihm mögliche und zumutbare Versuche unternommen hat, seine Wohnungskosten zu senken. Offenbar aufgrund wegbleibender Einkünfte ist er bereits seit März 2007 seiner Verpflichtung zu Mietzahlungen nicht mehr nachgekommen. Dies führte zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter am 14. Juni 2007. Spätestens nach der Kündigung – wahrscheinlich aber schon viel früher (mit den ausbleibenden Mietzahlungen) – musste dem Antragsteller damit bewusst sein, dass die Kosten seiner Unterkunft seine finanziellen Möglichkeiten bei weitem übersteigen. Er hätte sich deshalb seither um kostengünstigeren Wohnraum bemühen können. Für den Lauf der Übergangsfrist im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II ist im übrigen entgegen der Auffassung des Antragstellers eine ausdrückliche formelle Kostensenkungsaufforderung nicht erforderlich (vgl. BSG B 7b AS 10/06 R -Rnd.-Nr. 29- zitiert nach Juris). Die Frist beginnt bereits dann zu laufen, wenn sich dem Hilfebedürftigen frei jeden vernünftigen Zweifels aufdrängen musste, dass die tatsächlichen Kosten seiner Wohnung eindeutig zu hoch sind (vgl. Berlit am angegeben Ort Rnd.-Nr. 64).
Aufgrund des nach wie vor entspannten Berliner Wohnungsmarkts ist auch die Übernahme der Mietschulden zur Vermeidung einer Wohnungslosigkeit nicht gerechtfertigt. Nach Angaben des Referatsleiters Wohnungspolitik bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung T B gibt es bei einem aktuellen Wohnungsleerstand in Berlin von 100.000 Wohnungen verfügbaren Wohnraum in nahezu allen Größen und Preisklassen (zitiert nach Berliner Morgenpost vom 8. Oktober 2007 – S. 13). Durch den sich abzeichnenden Verlust der unangemessenen Wohnung steht aus diesem Grund eine Wohnungslosigkeit nicht ernsthaft zu befürchten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Aus den vorgenannten Gründen musste es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die begehrte Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz mangeln (§ 73 a SGG i. V. m. § 114 ff. ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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