L 16 RA 74/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 RA 2302/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 74/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Regelaltersrente der Klägerin, und zwar der Wert der nach § 307 b Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) festzustellenden Vergleichsrente.

Die Klägerin, geboren 1923, ist Bestandsrentnerin. Sie war in der ehemaligen DDR ab 02. Februar 1959 als Lehrerin beschäftigt gewesen, und zwar zunächst in M und ab 01. September 1963 in B-F. Ab 01. Mai 1980 bestand Teilberufsunfähigkeit, und es wurde eine Versorgung gezahlt (Versorgungsbescheid vom 21. Mai 1980).

Die Klägerin gehörte der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG -) an (Urkunde Nr. R. 25.048 vom 07. August 1964) bzw. der Zusätzlichen Versorgung für Pädagogen (Zusatzversorgungssystem Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG). Die Überführungsbescheide der Deutschen Rentenversicherung Bund – Zusatzversorgungsträger – sind bestandskräftig.

Ab 01. Juli 1990 bezog die Klägerin Regelaltersrente (u.a. Rentenbescheide vom 21. August 1996, 02. Januar 1997 und 28. Januar 1998). Mit Rentenbescheid vom 14. November 2001 stellte die Beklagte die Regelaltersrente für die Zeit ab 01. Juli 1990 neu fest. Dabei wurde eine Vergleichsrente nach § 307 b Abs. 3 SGB VI ermittelt; der Wert der Vergleichsrente ist ab 01. Januar 1992 jeweils höher als die neu berechnete Rente und der besitzgeschützte Zahlbetrag sowie die um 6,84 % erhöhte Summe aus Rente und Leistung der Zusatzversorgung für Dezember 1991. Die persönlichen Entgeltpunkte (PEP) für den Monatsbetrag der Vergleichsrente belaufen sich auf 41,3364.

Zur Begründung ihres Widerspruchs trug die Klägerin vor, dass "die Einbeziehung der Verdienste auf Seite 1 der Anlage 16 gegenüber den Werten auf Seite 2 der Anlage 2 unvollständig sei". Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 06. März 2002).

Mit der Klage hat die Klägerin beantragt, "die Rentenberechnung vom 14. November 2001, und zwar Teil 2 der Vergleichsrechnung gemäß Anlage 16 Seiten 1 bis 3 zu wiederholen, jedoch mit den gleichen Verdiensten wie im ursprünglichen Versicherungsverlauf, besonders für die Jahre 1963 bis 1971". Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass bei der von ihr gewünschten Vergleichsberechnung höhere Arbeitsverdienste für die Zeit vor dem 01. März 1971 bewilligt würden. Die Berechnungsweise der Beklagten entspreche den gesetzlichen Vorgaben in § 307 b Abs. 3 Nr. 3 SGB VI. Diese Vorschrift entspreche den Vorgaben des Bundesverfassungsge-richts (BVerfG) und verstoße daher nicht gegen das Grundgesetz – GG - (unter Bezugnahme auf das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2003 – L 1 RA 118/93 W 01).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf höhere Rentenleistungen weiter; wegen der Begründung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 25. Mai 2004, 28. September 2004, 19. Juni 2005, 17. Juli 2005, 30. Januar 2006, 15. Mai 2006, 11. März 2007, 15. März 2007 und 10. April 2007 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 14. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. März 2002 zu verurteilen, den Wert ihres Rechts auf Regelaltersrente neu festzustellen und dabei die im Versicherungsverlauf für die Zeit vom 01. Januar 1963 bis 28. Februar 1971 aufgeführten tatsächlichen Arbeitsentgelte bis zu höchstens 600,00 M monatlich bei der Feststellung des Werts der Vergleichsrente zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt zur Begründung vor: Bei der durchgeführten Vergleichsberechnung seien für die Zeit bis zum 28. Februar 1971 die tatsächlichen sozialversicherungspflichtigen Verdienste, die im Sozialversicherungsausweis eingetragen seien, berücksichtigt worden. Die Differenz zwischen dem sozialversicherungspflichtigen Verdienst aus dem Sozialversicherungsausweis und dem Betrag von 600,00 M für die Zeiten, in denen ein Anteil zur Zusatzversorgung durch den Zusatzversorgungsträger festgestellt worden sei, könne nicht berücksichtigt werden, d.h. der sozialversicherungspflichtige Verdienst aus dem Sozialversicherungsausweis und der Zusatzversorgungsanteil könnten nicht addiert werden. In der Sozialversicherung hätten nur Arbeitsverdienste von bis zu 600,00 M monatlich versichert werden können. Sei durch schwankende Bezüge in einzelnen Monaten ein Arbeitsverdienst von weniger als 600,00 M erzielt worden, hätten im Sozialversicherungsausweis auch nur diese geringeren Arbeitsverdienste eingetragen werden können.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Bezirksamt F-K von B hat auf eine Anfrage des Senats zu den dort noch für die Klägerin vorhandenen Personalunterlagen mit Fax vom 15. März 2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, geantwortet.

Die Akte des Sozialgerichts Berlin – S 13 RA 1372/97 – (L 16 RA 7/99), die Rentenakten der Beklagten (2 Bände) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Neufeststellung des Werts ihrer Regelaltersrente. Für Bestandsrentner des Beitrittsgebiets – wie die Klägerin – ergibt sich der monatliche Wert des Rechts auf Regelaltersrente nach § 307 b SGB VI idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AAÜG vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, 1939) aufgrund eines Vergleichs zwischen vier unterschiedlichen Werten: 1. dem Wert der nach den Vorschriften des SGB VI zu berechnenden Rente (§ 307 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI), 2. dem Wert des "weiterzuzahlenden Betrages" (§ 307 b Abs. 4 Satz 1 SGB VI), 3. dem Wert des besitzgeschützten Zahlbetrages (§ 307 b Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 SGB VI) und 4. dem Wert der nach § 307 b Abs. 3 SGB VI festzustellenden Vergleichsrente (siehe dazu BSG SozR 3–2600 § 307 b Nr. 9). Bei dem danach in dem angefochtenen Bescheid vom 14. November 2001 ermittelten höchsten Rentenwert der so genannten Vergleichsrente (§ 307 b Abs. 3 SGB VI) hat die Beklagte zurecht für die streitigen Zeiten von 1963 bis Februar 1971 nur die im Sozialversicherungsausweis der Klägerin aufgeführten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverdienste berücksichtigt.

Die Beklagte war als Rentenversicherungsträger bei der Entscheidung, welche Verdienste den Pflichtbeitragszeiten konkret zugrunde zu legen sind, zwar nicht an die bestandskräftigen Entscheidungen des Zusatzversorgungsträgers gebunden (§ 77 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Denn die Entscheidung darüber, welcher Verdienst den Pflichtbeitragszeiten zugrunde zu legen ist, ist allein dem Rentenversicherungsträger vorbehalten (BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 2). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ergibt sich aber keinerlei Anhalt dafür, dass die im Sozialversicherungsausweis der Klägerin bescheinigten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverdienste nicht den von ihr in den jeweiligen Monaten erzielten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverdiensten entsprechen könnten.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung ist bei der nach § 307 b Abs. 3 SGB VI vorzunehmenden Vergleichsberechnung nicht auf die tatsächlichen Jahresarbeitsverdienste abzustellen. Die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte gehören zwar zu den von dem Zusatzversorgungsträger nach § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG festzustellenden Daten, die der Versorgungsträger dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen hat (§ 8 Abs. 2 AAÜG); an die in dem Bescheid des Versorgungsträgers festgestellten Daten ist der Rentenversicherungsträger auch gebunden (§ 8 Abs. 5 Satz 2 AAÜG). Welche Arbeitsentgelte bei der Feststellung des Werts der Vergleichsrente zu berücksichtigen sind, bestimmt sich aber allein nach § 307 b Abs. 3 SGB VI. Gemäß § 307 b Abs. 3 Nr. 3 SGB VI ergeben sich die durchschnittlichen Entgeltpunkte pro Monat, wenn auf der Grundlage der letzten 20 Kalenderjahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit die Summe der Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen, vervielfältigt mit 240 und geteilt durch die Anzahl der dabei berücksichtigten Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, durch das Gesamtdurchschnittseinkommen aus Anlage 12 und durch 12 geteilt wird. Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen sind für Zeiten vor dem 01. März 1971 bis zu höchstens 600,00 Mark für jeden belegten Kalendermonat zu berücksichtigen. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 307 b Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 SGB VI kommt es mithin nicht darauf an, welcher Jahresarbeitsverdienst nachgewiesen wurde, sondern ausschließlich auf die in den einzelnen Kalendermonaten jeweils erzielten versicherungspflichtigen Arbeitsentgelte. Dass die nachgewiesenen tatsächlichen Jahresarbeitsverdienste der Klägerin von 1963 bis 1968 unterhalb der für das jeweilige Kalenderjahr geltenden Versicherungspflichtgrenze von 7.200,00 Mark (= 12 x 600,00 Mark) lagen, ist deshalb unerheblich. Denn maßgeblich ist nicht der Arbeitsverdienst im jeweiligen Kalenderjahr, sondern ausschließlich der versicherungspflichtige Arbeitsverdienst in den einzelnen Kalendermonaten (BSG, Urteil vom 31. März 2004 – B 4 RA 11/03 R – veröffentlicht in: juris).

Dass im Sozialversicherungsausweis der Klägerin in den streitigen Zeiten für die Jahre 1963 bis 1968 niedrigere sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelte ausgewiesen sind, obwohl die in den einzelnen Jahren erzielten tatsächlichen Jahresarbeitsverdienste ebenfalls unter der Sozialversicherungspflichtgrenze der DDR von 7.200,00 Mark lagen, lässt sich nur – darauf weist die Beklagte zurecht hin – damit erklären, dass die Klägerin von Monat zu Monat schwankende sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelte erzielte, also in manchen Kalendermonaten die monatliche Sozialversicherungspflichtgrenze von 600,00 Mark überschritten wurde und deshalb die über 600,00 Mark erzielten tatsächlichen Arbeitsverdienste als sozialversicherungspflichtiger Verdienst keine Berücksichtigung finden konnten.

Höhere monatliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelte der Klägerin als die in ihrem Sozialversicherungsausweis bescheinigten haben sich indes für die Zeit von 1963 bis Februar 1971 trotz entsprechender Ermittlungen des Senats nicht feststellen lassen. Die Klägerin selbst hat Gehaltsunterlagen zu den streitigen Zeiten nicht vorlegen können. Das Bezirksamt F-K von B hat auf Anfrage des Senats mit Fax vom 15. März 2007 mitgeteilt, dass Unterlagen über die monatliche Vergütung der Klägerin in den streitigen Zeiten auch nach umfangreichen Recherchen im Archiv des ehemaligen Rates des Stadtbezirks B-F nicht hatten aufgefunden werden können.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin in den streitigen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste bei der Rentenneufeststellung in dem angefochtenen Rentenbescheid vom 14. November 2001 nicht etwa unberücksichtigt geblieben sind. Denn bei dem Rentenwert, der gemäß § 307 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach den Vorschriften des SGB VI festzustellen ist, hat die Beklagte diese – höheren – Arbeitsverdienste in die Rentenberechnung eingestellt. Die von der Klägerin gerügte Benachteiligung oder aber eine Ungleichbehandlung mit den nicht zusatzversicherten Bestandsrentnern, deren Bestandsrenten nach § 307 a SGB VI umgewertet worden sind, liegen überdies nicht vor. Da sich § 307 b Abs. 3 SGB VI an die in § 307 a SGB VI für die nicht zusatzversorgten Bestandsrentner getroffenen Regelungen anlehnt und sowohl bei der Umwertung nach § 307 a SGB VI als auch bei der Feststellung der Vergleichsrente für zusatzversorgte Bestandsrentner nach § 307 b Abs. 3 SGB VI der monatliche versicherungspflichtige Arbeitsverdienst zugrunde zu legen ist, werden die nicht zusatzversorgten Bestandsrentner und die zusatzversorgten Bestandsrentner in dieser Hinsicht nicht ungleich, sondern gleich behandelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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