Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 RJ 1634/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 96/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente an den Kläger.
Der im Jahr 1950 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Nach dem Besuch der Sonderschule bis zur 8. Klasse war der Kläger von 1965 bis 1985 als Produktionshelfer in metallverarbeitenden Betrieben tätig. Von 1986 bis 1998 war er Staplerfahrer bei der Firma S AG. Seit 1999 ist er arbeitslos.
Am 27. Februar 2003 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er leide an Gelenksrheuma und sei deshalb nicht mehr in der Lage, zu arbeiten.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch die Ärztin für Innere Medizin /Rheumatologie (Sozialmedizin) Dr. R. Diese gelangte in ihrem Gutachten vom 24. April 2003 zu den Diagnosen: Fingergelenksarthrosen ohne Reizzustand, Epicondylitis rechter Ellenbogen, Senk- Spreizfußbeschwerden, Hypertonie, blande HWS- und LWS –Syndrome bei altersgemäßen degenerativen Veränderungen, Minderbegabung, Leberschaden. Für eine Erkrankung aus dem entzündlich- rheumatischen Formenkreis fand die Sachverständige keinen Anhalt. Sie vertrat die Ansicht, der Kläger könne mit gewissen Einschränkungen täglich noch mehr als 6 Stunden körperlich leichte Arbeiten verrichten.
Dem schloss sich die Ärztin für Innere Medizin (Sozialmedizin) Dr. W in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme vom 25. April 2003 im Wesentlichen an.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 29. April 2003 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab. Der Kläger könne noch mehr als 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten und sei deshalb weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2003 zurückgewiesen.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat das SG Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und sodann den Arzt für Orthopädie (Rheumatologie, Handchirurgie und physikalische Medizin) Professor Dr. S mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.
In seinem Gutachten vom 21. September 2004 hat der Sachverständige auf orthopädisch- rheumatologischem Gebiet folgende Diagnosen gestellt: beginnende Arthrosen kleiner und großer Gelenke im Sinne einer beginnenden Polyarthrose, geringgradige Epicondylitis beidseits, Senk- Spreiz- Knickfuß, Überlastungssyndrom der unteren Lendenwirbelsäule. Die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis habe er nicht vorgefunden.
Die Berücksichtigung der vorgefundenen Leiden wirkten sich nach Auskunft des Sachverständigen im folgenden Maße auf die Leistungsfähigkeit des Klägers aus: Er könne noch leichte und mittelschwere Männerarbeiten verrichten, er könne in geschlossenen Räumen arbeiten, ein Ausschluss von Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft sei nicht erforderlich, die Haltungsarten müssten nicht frei gewechselt werden, er könne überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen arbeiten. Einseitige körperliche Belastungen seien nicht mehr zumutbar. Deshalb könne der Kläger in festgelegten Arbeitsrhythmen und an laufenden Maschinen nur dann arbeiten, wenn ein abwechslungsreiches Bewegungsspiel möglich sei. Er könne nicht mehr im Akkord und am Fließband arbeiten. Lasten bis zu 15 kg könnten gehoben und getragen werden. Wechsel und Nachtschichten seien zumutbar. Auf Leitern und Gerüsten könne er nicht mehr arbeiten. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht wesentlich herabgesetzt. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule sei gemindert, die Belastbarkeit der Arme und der Beine sei geringgradig herabgesetzt. Das Leistungsvermögen reiche noch für eine Arbeitszeit von mindestens 8 Stunden täglich aus.
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2005 abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Er könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mehr als 6 Stunden arbeiten. Insoweit folge das Gericht den Ausführungen des Sachverständigen Prof. S. Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 S. 1 SGB VI sowie des § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI für das Vorliegen von voller beziehungsweise teilweiser Erwerbsminderung seien nicht gegeben. Auch Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der Senat hat erneut Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und sodann Prof. S um Mitteilung gebeten, ob die Befundberichte der behandelnden Ärzte geeignet seien, eine andere Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers herbeizuführen, als dies im Gutachten vom 21. September 2004 geschehen sei. Professor S hat in seiner Stellungnahme vom 25.9.2006 ausgeführt, dass neue medizinische Befunde nicht vorgetragen seien, insbesondere sei eine destruktive entzündliche Erkrankung im Bereich der Gelenke eindeutig ausgeschlossen. Eine erneute Untersuchung des Klägers sei nicht geboten. Auch nach Übersendung einer Kernspintomographie des linken Fußes und von Röntgenaufnahmen beider oberer Sprunggelenke blieb der Sachverständige bei seiner Überzeugung, dass derzeit eine wesentliche mechanische Störung in den Sprunggelenken nicht bestehe. Es bleibe bei den ursprünglichen Leistungseinschränkungen, wie sie bereits 2004 formuliert worden seien.
Auf Verlangen des Klägers hat das Gericht gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein weiteres Sachverständigengutachten des Internisten und Rheumatologen Dr. H eingeholt.
In dessen Gutachten vom 19.9.2007 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: 1. seronegative rheumatoide Arthritis in Remission/blande Verlaufsform 2. Periarthrosis humeroscapularis der Schultergelenke, links mehr als rechts, 3. Schmerzsyndrom der Hals- Brust- und Lendenwirbelsäule bei beginnenden degenerativen Veränderungen und Überlastung durch Adipositas, arterieller Hypertonie und Hyperurikämie/Glukosetoleranzstörung, 4. anamnestisch Fettleber, Fettstoffwechselstörung.
Diese Leiden wirkten sich auf die Leistungsfähigkeit des Klägers wie folgt aus: Er könne ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten täglich regelmäßig noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Die Arbeiten sollten überwiegend in geschlossenen Räumen durchzuführen sein, wobei Zugluft, Kälte und Feuchtigkeit die Beschwerden verstärken würden. Die Arbeiten sollten überwiegend im Sitzen auszuführen sein, gelegentliches Gehen oder Stehen sei möglich. Ein fester Wechsel der Haltungsarten in bestimmten zeitlichen Rhythmus sei nicht erforderlich. Einseitige körperliche Belastung, Arbeit im festgelegten Arbeitsrhythmus, Arbeit unter Zeitdruck sei zu vermeiden. Das Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg sei möglich. Arbeiten in Wechselschicht seien zumutbar, jedoch nicht Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht beeinträchtigt, jedoch die grobe Kraft der Hände. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule und der Arme sei reduziert, die Beine seien normal belastbar. Körperliche Einschränkungen für Computerarbeiten seien nicht erkennbar, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Berufsausbildung habe und nur die Sonderschule besucht habe. Geistige Arbeiten mit höheren Anforderungen seien deshalb ausgeschlossen. Das Hörvermögen sei nicht erkennbar eingeschränkt, das Sehvermögen durch eine Brille auszugleichen. Die Anpassung- und Umstellungsfähigkeit sowie das Arbeiten im Publikumsverkehr seien nicht eingeschränkt. Es müsse aber auch hierbei der geringe Ausbildungsgrad des Klägers Berücksichtigung finden. Das Leistungsvermögen reiche für die volle übliche Arbeitszeit von 8 Stunden täglich aus.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat zu dem Gutachten Stellung genommen und gemeint wegen der Minderbegabung des Klägers müsse von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ausgegangen werden, die die Nennung von Verweisungstätigkeiten erfordere. Es werde die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens beantragt, durch das geklärt werden könne, ob der Kläger noch zumutbar auf Sortier-, Montier- und Archivierungsarbeiten verwiesen werden könne.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Verwaltungsakten der Beklagten zur Versicherungsnummer haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das SG davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI für das Vorliegen von voller Erwerbsminderung ebenso wenig gegeben sind, wie die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI für eine teilweise Erwerbsminderung.
Der Kläger kann nach den ärztlichen Zeugnissen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig, d.h. 8 Stunden täglich tätig sein. Damit ist er weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Der Senat folgt bei dieser Einschätzung den sachverständigen Äußerungen sowohl des Sachverständigen Prof. S als auch denjenigen des nach § 109 SGG angehörten Sachverständigen Dr. H. Beide sind insoweit zu übereinstimmenden Erkenntnissen gekommen, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne.
Der Benennung eines Verweisungsberufes bedarf es im Falle des Klägers nicht, denn es bestehen keine ernsthaften Zweifel, dass er zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig werden kann. Deshalb bedarf es auch nicht der von der Bevollmächtigten des Klägers angeregten weiteren Beweisaufnahme auf berufskundlichem Gebiet.
Zwar hält der Arbeitsmarkt für Versicherte mit einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder mit schweren spezifischen Leistungsbehinderungen möglicherweise keine Arbeitsstelle bereit, was leistungsrechtlich von Bedeutung wäre (vgl. BSG GS 2/95 v. 19.12.1996= SozR 3- 2600 § 44 Nr. 8).
Diese Voraussetzungen liegen jedoch hier nicht vor.
Als Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen beziehungsweise schwere spezifische Leistungsbehinderung hat das BSG bisher u.a. angesehen:
Besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz ( BSG v. 01.03.1984- 4 RJ 43/83 = SozR 2200 § 1246 Nr. 117). Solche Schwierigkeiten haben die Sachverständigen im Falle des Klägers verneint. Allein der niedrige Bildungsgrad vermag dies im Falle des Klägers nicht zu begründen; denn der Kläger hat immerhin damit mehr als 30 Jahre ohne Schwierigkeiten im Berufsleben verbracht.
Die Erforderlichkeit von zusätzlichen Arbeitspausen (BSG v. 06.06.1986 -5b RJ 42/85 = SozR 2200 § 1246 Nr. 136) Im Falle des Klägers liegt ein solches Erfordernis nicht vor.
Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, halbstündiger Wechsel von Sitzen und Gehen ( BSG vom 28.08.1991 -13/5 RJ 47/90 = SozR 3- 2200 § 1247 Nr. 8. Im Falle des Klägers liegen solche Einschränkungen nicht vor. Die Reduzierung der groben Kraft der Hände und die eingeschränkte Belastbarkeit der Arme stellen solche Einschränkungen nicht dar, zumal die Fingergeschicklichkeit voll erhalten ist.
Sehstörungen, Beweglichkeitseinschränkungen der Hände, Arbeiten unter Ausschluss bestimmter Umwelteinflüsse, wie Kälte, Nässe oder Staub ( BSG v. 11.05.99 –B 13 RJ 71/97 R = SozR 3- 2600 § 43 Nr. 21). Auch diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; denn Beweglichkeitseinschränkungen der Hände sind nicht diagnostiziert worden. Zwar würden die o. a. Umwelteinflüsse die Beschwerden verstärken, es ist jedoch nach dem Gutachten von Dr. H ausreichend, dass überwiegend unter Ausschluss dieser Einflüsse in geschlossenen Räumen gearbeitet wird. Prof. S hat solche Beeinträchtigungen im Hinblick auf den Ausschluss eines Rheumaleidens überhaupt nicht gesehen.
Nach alledem steht fest, dass der Kläger derzeit weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert ist. Auch Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI liegt nicht vor, weil der Kläger als Ungelernter keinen geschützten Beruf erlernt oder auch nur ausgeübt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund nach § 160 SGG hierfür nicht vorliegt.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente an den Kläger.
Der im Jahr 1950 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Nach dem Besuch der Sonderschule bis zur 8. Klasse war der Kläger von 1965 bis 1985 als Produktionshelfer in metallverarbeitenden Betrieben tätig. Von 1986 bis 1998 war er Staplerfahrer bei der Firma S AG. Seit 1999 ist er arbeitslos.
Am 27. Februar 2003 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er leide an Gelenksrheuma und sei deshalb nicht mehr in der Lage, zu arbeiten.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch die Ärztin für Innere Medizin /Rheumatologie (Sozialmedizin) Dr. R. Diese gelangte in ihrem Gutachten vom 24. April 2003 zu den Diagnosen: Fingergelenksarthrosen ohne Reizzustand, Epicondylitis rechter Ellenbogen, Senk- Spreizfußbeschwerden, Hypertonie, blande HWS- und LWS –Syndrome bei altersgemäßen degenerativen Veränderungen, Minderbegabung, Leberschaden. Für eine Erkrankung aus dem entzündlich- rheumatischen Formenkreis fand die Sachverständige keinen Anhalt. Sie vertrat die Ansicht, der Kläger könne mit gewissen Einschränkungen täglich noch mehr als 6 Stunden körperlich leichte Arbeiten verrichten.
Dem schloss sich die Ärztin für Innere Medizin (Sozialmedizin) Dr. W in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme vom 25. April 2003 im Wesentlichen an.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 29. April 2003 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab. Der Kläger könne noch mehr als 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten und sei deshalb weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2003 zurückgewiesen.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat das SG Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und sodann den Arzt für Orthopädie (Rheumatologie, Handchirurgie und physikalische Medizin) Professor Dr. S mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.
In seinem Gutachten vom 21. September 2004 hat der Sachverständige auf orthopädisch- rheumatologischem Gebiet folgende Diagnosen gestellt: beginnende Arthrosen kleiner und großer Gelenke im Sinne einer beginnenden Polyarthrose, geringgradige Epicondylitis beidseits, Senk- Spreiz- Knickfuß, Überlastungssyndrom der unteren Lendenwirbelsäule. Die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis habe er nicht vorgefunden.
Die Berücksichtigung der vorgefundenen Leiden wirkten sich nach Auskunft des Sachverständigen im folgenden Maße auf die Leistungsfähigkeit des Klägers aus: Er könne noch leichte und mittelschwere Männerarbeiten verrichten, er könne in geschlossenen Räumen arbeiten, ein Ausschluss von Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft sei nicht erforderlich, die Haltungsarten müssten nicht frei gewechselt werden, er könne überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen arbeiten. Einseitige körperliche Belastungen seien nicht mehr zumutbar. Deshalb könne der Kläger in festgelegten Arbeitsrhythmen und an laufenden Maschinen nur dann arbeiten, wenn ein abwechslungsreiches Bewegungsspiel möglich sei. Er könne nicht mehr im Akkord und am Fließband arbeiten. Lasten bis zu 15 kg könnten gehoben und getragen werden. Wechsel und Nachtschichten seien zumutbar. Auf Leitern und Gerüsten könne er nicht mehr arbeiten. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht wesentlich herabgesetzt. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule sei gemindert, die Belastbarkeit der Arme und der Beine sei geringgradig herabgesetzt. Das Leistungsvermögen reiche noch für eine Arbeitszeit von mindestens 8 Stunden täglich aus.
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2005 abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Er könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mehr als 6 Stunden arbeiten. Insoweit folge das Gericht den Ausführungen des Sachverständigen Prof. S. Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 S. 1 SGB VI sowie des § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI für das Vorliegen von voller beziehungsweise teilweiser Erwerbsminderung seien nicht gegeben. Auch Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der Senat hat erneut Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und sodann Prof. S um Mitteilung gebeten, ob die Befundberichte der behandelnden Ärzte geeignet seien, eine andere Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers herbeizuführen, als dies im Gutachten vom 21. September 2004 geschehen sei. Professor S hat in seiner Stellungnahme vom 25.9.2006 ausgeführt, dass neue medizinische Befunde nicht vorgetragen seien, insbesondere sei eine destruktive entzündliche Erkrankung im Bereich der Gelenke eindeutig ausgeschlossen. Eine erneute Untersuchung des Klägers sei nicht geboten. Auch nach Übersendung einer Kernspintomographie des linken Fußes und von Röntgenaufnahmen beider oberer Sprunggelenke blieb der Sachverständige bei seiner Überzeugung, dass derzeit eine wesentliche mechanische Störung in den Sprunggelenken nicht bestehe. Es bleibe bei den ursprünglichen Leistungseinschränkungen, wie sie bereits 2004 formuliert worden seien.
Auf Verlangen des Klägers hat das Gericht gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein weiteres Sachverständigengutachten des Internisten und Rheumatologen Dr. H eingeholt.
In dessen Gutachten vom 19.9.2007 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: 1. seronegative rheumatoide Arthritis in Remission/blande Verlaufsform 2. Periarthrosis humeroscapularis der Schultergelenke, links mehr als rechts, 3. Schmerzsyndrom der Hals- Brust- und Lendenwirbelsäule bei beginnenden degenerativen Veränderungen und Überlastung durch Adipositas, arterieller Hypertonie und Hyperurikämie/Glukosetoleranzstörung, 4. anamnestisch Fettleber, Fettstoffwechselstörung.
Diese Leiden wirkten sich auf die Leistungsfähigkeit des Klägers wie folgt aus: Er könne ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten täglich regelmäßig noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Die Arbeiten sollten überwiegend in geschlossenen Räumen durchzuführen sein, wobei Zugluft, Kälte und Feuchtigkeit die Beschwerden verstärken würden. Die Arbeiten sollten überwiegend im Sitzen auszuführen sein, gelegentliches Gehen oder Stehen sei möglich. Ein fester Wechsel der Haltungsarten in bestimmten zeitlichen Rhythmus sei nicht erforderlich. Einseitige körperliche Belastung, Arbeit im festgelegten Arbeitsrhythmus, Arbeit unter Zeitdruck sei zu vermeiden. Das Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg sei möglich. Arbeiten in Wechselschicht seien zumutbar, jedoch nicht Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Die Fingergeschicklichkeit sei nicht beeinträchtigt, jedoch die grobe Kraft der Hände. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule und der Arme sei reduziert, die Beine seien normal belastbar. Körperliche Einschränkungen für Computerarbeiten seien nicht erkennbar, es sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger keine Berufsausbildung habe und nur die Sonderschule besucht habe. Geistige Arbeiten mit höheren Anforderungen seien deshalb ausgeschlossen. Das Hörvermögen sei nicht erkennbar eingeschränkt, das Sehvermögen durch eine Brille auszugleichen. Die Anpassung- und Umstellungsfähigkeit sowie das Arbeiten im Publikumsverkehr seien nicht eingeschränkt. Es müsse aber auch hierbei der geringe Ausbildungsgrad des Klägers Berücksichtigung finden. Das Leistungsvermögen reiche für die volle übliche Arbeitszeit von 8 Stunden täglich aus.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat zu dem Gutachten Stellung genommen und gemeint wegen der Minderbegabung des Klägers müsse von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ausgegangen werden, die die Nennung von Verweisungstätigkeiten erfordere. Es werde die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens beantragt, durch das geklärt werden könne, ob der Kläger noch zumutbar auf Sortier-, Montier- und Archivierungsarbeiten verwiesen werden könne.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Verwaltungsakten der Beklagten zur Versicherungsnummer haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das SG davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI für das Vorliegen von voller Erwerbsminderung ebenso wenig gegeben sind, wie die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI für eine teilweise Erwerbsminderung.
Der Kläger kann nach den ärztlichen Zeugnissen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig, d.h. 8 Stunden täglich tätig sein. Damit ist er weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Der Senat folgt bei dieser Einschätzung den sachverständigen Äußerungen sowohl des Sachverständigen Prof. S als auch denjenigen des nach § 109 SGG angehörten Sachverständigen Dr. H. Beide sind insoweit zu übereinstimmenden Erkenntnissen gekommen, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne.
Der Benennung eines Verweisungsberufes bedarf es im Falle des Klägers nicht, denn es bestehen keine ernsthaften Zweifel, dass er zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig werden kann. Deshalb bedarf es auch nicht der von der Bevollmächtigten des Klägers angeregten weiteren Beweisaufnahme auf berufskundlichem Gebiet.
Zwar hält der Arbeitsmarkt für Versicherte mit einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder mit schweren spezifischen Leistungsbehinderungen möglicherweise keine Arbeitsstelle bereit, was leistungsrechtlich von Bedeutung wäre (vgl. BSG GS 2/95 v. 19.12.1996= SozR 3- 2600 § 44 Nr. 8).
Diese Voraussetzungen liegen jedoch hier nicht vor.
Als Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen beziehungsweise schwere spezifische Leistungsbehinderung hat das BSG bisher u.a. angesehen:
Besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz ( BSG v. 01.03.1984- 4 RJ 43/83 = SozR 2200 § 1246 Nr. 117). Solche Schwierigkeiten haben die Sachverständigen im Falle des Klägers verneint. Allein der niedrige Bildungsgrad vermag dies im Falle des Klägers nicht zu begründen; denn der Kläger hat immerhin damit mehr als 30 Jahre ohne Schwierigkeiten im Berufsleben verbracht.
Die Erforderlichkeit von zusätzlichen Arbeitspausen (BSG v. 06.06.1986 -5b RJ 42/85 = SozR 2200 § 1246 Nr. 136) Im Falle des Klägers liegt ein solches Erfordernis nicht vor.
Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, halbstündiger Wechsel von Sitzen und Gehen ( BSG vom 28.08.1991 -13/5 RJ 47/90 = SozR 3- 2200 § 1247 Nr. 8. Im Falle des Klägers liegen solche Einschränkungen nicht vor. Die Reduzierung der groben Kraft der Hände und die eingeschränkte Belastbarkeit der Arme stellen solche Einschränkungen nicht dar, zumal die Fingergeschicklichkeit voll erhalten ist.
Sehstörungen, Beweglichkeitseinschränkungen der Hände, Arbeiten unter Ausschluss bestimmter Umwelteinflüsse, wie Kälte, Nässe oder Staub ( BSG v. 11.05.99 –B 13 RJ 71/97 R = SozR 3- 2600 § 43 Nr. 21). Auch diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; denn Beweglichkeitseinschränkungen der Hände sind nicht diagnostiziert worden. Zwar würden die o. a. Umwelteinflüsse die Beschwerden verstärken, es ist jedoch nach dem Gutachten von Dr. H ausreichend, dass überwiegend unter Ausschluss dieser Einflüsse in geschlossenen Räumen gearbeitet wird. Prof. S hat solche Beeinträchtigungen im Hinblick auf den Ausschluss eines Rheumaleidens überhaupt nicht gesehen.
Nach alledem steht fest, dass der Kläger derzeit weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert ist. Auch Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI liegt nicht vor, weil der Kläger als Ungelernter keinen geschützten Beruf erlernt oder auch nur ausgeübt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund nach § 160 SGG hierfür nicht vorliegt.
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